Wir haben zusätzlich in der vergangenen Woche mit den verschiedenen Anbietern von Wohnraum, dem Berliner Mieterverein und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gesprochen. Wir haben eine Bestandsaufnahme zu der heute für Sozialhilfeberechtigte existierenden Unterkunftsregelung – ich meine damit die Regelung über die Angemessenheit der Wohnungskosten – gemacht. Diese Bilanz haben wir auch gemacht, weil wir es für sinnvoll erachten, heute, wo es darum geht, etwas neu zu schaffen, auch darüber nachzudenken, was sich bewährt
hat, was nicht und welche Konsequenzen wir daraus ziehen müssen. Das tun wir durch Thesen für eine neue „Ausführungsvorschrift Wohnkosten“. Diese werden wir morgen in unserem Haus mit den Sozialstadträtinnen und Sozialstadträten diskutieren. Auf dieser Grundlage wird danach die Ausführungsvorschrift für die künftigen Wohnungskosten formuliert.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich nenne Ihnen gerne einige Eckpunkte einer künftigen Ausführungsvorschrift: Ein Grundsatz, den ich bereits nannte, ist, dass wir keine weitere Entmischung in den Bezirken wollen. Wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Langzeitarbeitslosen über die neuen Maßnahmen des SGB II nicht langfristig in eine Situation kommt, in der die Wohnung aufgegeben werden muss. Wir wollen künftig zu einer flexibleren Anwendung von Angemessenheitskriterien kommen. Heute haben wir eine Situation bei den Sozialhilfeberechtigten, in der im sozialen Wohnungsbau, aber auch in dem darüber hinausgehenden Bereich Wohnungsgröße und Miethöhe Kriterien für die Angemessenheit der Wohnung sind. Wir halten das nicht für besonders sinnvoll. In der Vergangenheit hat sich das unserer Einschätzung nach nicht bewährt. Wir wollen diese Verknüpfung fallen lassen. Wir wollen die Wohnungsgröße nicht mehr zu einem zentralen Kriterium bei der Angemessenheit der Wohnung machen, sondern wir wollen uns im Wesentlichen auf die Miethöhe konzentrieren. Das ermöglich künftig flexiblere Entscheidungen über die Angemessenheit von Wohnraum.
1. Wie ist der Stand der Ausarbeitung der Ausführungsvorschrift zur Definition von angemessenem Wohnraum bei Bezug von Alg II?
2. Welchen Zeitrahmen sieht die Senatsverwaltung für Soziales für die Umsetzung der Ausführungsverordnung vor?
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Radziwill! Ich will es noch einmal deutlich sagen. Wir brauchen neue Ausführungsvorschriften zur Ermittlung der Angemessenheit von Wohnkosten am 1. Juli 2005. So sieht es das Gesetz vor. Zum 1. Juli 2005 werden neue Ausführungsvorschriften in Kraft treten müssen. Das habe ich den Bezirken und Arbeitsagenturen im September mitgeteilt, damit klar ist, dass bei Erstantragstellung beim Arbeitslosengeld II die anfallenden Wohnkosten in der Regel als angemessen anerkannt werden und die Wohnungswarmmieten durch die zuständigen Ämter übernommen werden. D. h. im Klartext, dass – von Einzelfällen abgesehen – niemand befürchten muss, wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II umziehen zu müssen.
Aber auch dann, wenn wir am 1. Juli 2005 eine neue Ausführungsvorschrift vorlegen, soll der Grundsatz gelten, dass der vorhandene Wohnraum zu sichern ist. Das geschieht insbesondere aus zwei Gründen: Erstens entspricht dieser Grundsatz der Philosophie des SGB II. Dieses geht davon aus, dass Menschen künftig so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt vermittelt werden sollen. Man geht im SGB II im Grundsatz davon aus, dass es sich nur um einen kurzfristigen Bezug des Arbeitslosengelds II handelt. Insofern ist es nur konsequent, nicht darauf zu bestehen, dass umgezogen werden muss. Der zweite Grund – ich denke, dazu besteht hier im Haus Einigkeit – ist, dass wir nicht wollen, dass sich die Bezirke weiter entmischen. Wir wollen vielmehr, dass es eine plurale Zusammensetzung unterschiedlichster sozialer Gruppierungen in unseren Bezirken gibt.
Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin, können Sie uns nach der durchgeführten Bilanz darstellen, nach welchen Kriterien die Zumutbarkeit geregelt wird, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass der vorhandene Wohnraum gesichert werden soll?
Zweitens glauben wir – das zeigt sich jetzt schon ein bisschen –, dass wir eine Dynamisierungsklausel in der Ausführungsvorschrift zur Angemessenheit der Wohnkosten für Bezieher von Arbeitslosengeld II brauchen. Wir denken, dass es notwendig ist, die Ausführungsvorschrift stärker an die Entwicklung des Berliner Mietspiegels anzupassen, um zu verhindern, dass das Segment, das von bedürftigen Menschen angemietet werden kann, immer kleiner wird. Wir halten es für erforderlich, die Beurteilung der Angemessenheit der Wohnkosten an die Mietpreisentwicklung anzupassen.
Der dritte Punkt: Auch dann, wenn festgestellt werden sollte, dass die Miethöhe nach den Kriterien, die wir aufstellen, zu hoch und damit nicht angemessen ist, soll es nicht automatisch zu einem Umzug kommen. Eine Umzugsentscheidung soll immer vor dem Hintergrund von
Abgeordnete! Ja, wir haben das letzte Mal schon darüber gesprochen. Deshalb habe ich auch gerade gesagt, dass wir diese Phase jetzt genutzt haben, um mit der Stadtentwicklungsverwaltung – bisher weniger mit dem Finanzsenator, das räume ich sofort ein, das wird eine Diskussion sein, die wir auch gerne führen wollen – darüber zu reden, wie es uns gelingt, das Problem der steigenden Mieten mit der neuen AV besser aufzugreifen und darauf bei der Festlegung der Angemessenheitskriterien angemessen zu reagieren. Das werten wir jetzt aus. Im Moment machen wir die Erfahrung, dass es offensichtlich Probleme in den einzelnen Sozialämtern gibt. Ich kann Ihnen dazu aber keine Zahlen nennen. Die werden nicht ermittelt, weder in der Stadtentwicklungsverwaltung noch bei uns. Das wäre dann nur in den Sozialämtern möglich. Darüber haben wir keine Angaben.
Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Habe ich Ihre Ausführungen recht verstanden, dass Sie nach der Erörterung dieser Ausführungsvorschriften einen rückwirkenden Beginn der Rechtskraft zum 1. Januar 2005 oder spätestens zum 1. Juli 2005 anstreben? Können Sie präzisieren, wann genau die Ausführungsverordnung in Kraft treten soll?
Wirtschaftlichkeitsberechnungen passieren. D. h. zum Beispiel, dass man genau schauen muss, ob die überschreitende Miethöhe über einen Zeitraum von einem Jahr größer ist als die Umzugs-, Renovierungs- und Neueinrichtungskosten. Erst nach Abwägungen kann dann eine Entscheidung fallen. Hierzu gehört auch, dass die Mieterinnen und Mieter künftig die Möglichkeit haben, aus eigner Kraft zuzuzahlen. Im Bundessozialhilfegesetz gab es bisher keine solche Möglichkeit. Wenn es künftig eine Mietüberschreitung gibt, muss den Mieterinnen und Mietern die Möglichkeit gegeben werden, den überschreitenden Betrag zuzuzahlen. Selbstverständlich wird es in dieser Ausführungsvorschrift Härtefallregelungen geben.
Ich glaube, dass es darauf ankommt, dass wir über Formulierungen nachdenken. Es ist absolut unangemessen, von einer Ausführungsvorschrift Unterkunft zu sprechen. Wir werden sie als Ausführungsvorschrift Wohnkosten bezeichnen. Die Menschen, die davon betroffen sind, werden nicht untergebracht, sondern es handelt sich um Mieterinnen und Mieter. Semantik hat bisweilen eine wichtige Bedeutung – gerade für die betroffenen Menschen.
Mit welchen Maßnahmen und ab wann werden Sie bzw. Ihre Verwaltung die Betroffenen über die Neuregelungen informieren?
Ich gehe davon aus, dass uns der Entwurf der Ausführungsvorschrift bis Ende des Jahres vorliegt, so dass zu Beginn des neuen Jahres mit vielen Verantwortlichen, die in diesem Bereich aktiv sind, diskutiert werden kann. Wenn wir dann in einem Vierteljahr eine endgültige Fassung haben, werden wir selbstverständlich auch die Betroffenen informieren.
Frau Senatorin! Ich wüsste von Ihnen gerne – wir haben das letzte Mal schon darüber gesprochen –, ob Sie mit der Senatsstadtentwicklungsverwaltung oder dem Finanzsenator geklärt haben, was mit den Wohnungen passiert, die Sozialwohnungen sind, deren Mieten aber längst über die AV hinausgehen. Sind da die Sozialmieter gefährdet, weil sie hinausmüssen, weil Sie die neue AV erst im nächsten Vierteljahr bringen?
Der Beginn dieser Ausführungsvorschrift ist der 1. Juli 2005. So sieht es das Gesetz vor. Im SGB II ist das so geregelt, dass das erste halbe Jahr nach Erstantragstellung immer so zu gestalten ist, dass die anfallenden Wohnkosten auch als angemessen gelten und deshalb übernommen werden. Das wird jetzt zum 1. Januar 2005 die ganze Gruppe der künftigen Arbeitslosengeld-II-Bezieher treffen. Dann wird es zum 1. Juli 2005 die neue Ausführungsvorschrift geben. Aber auch da ist es so, dass für die Erstantragsteller jeweils ein halbes Jahr zur Überprüfung gelten muss.
Danke schön, Frau Dr. KnakeWerner! – Die Fragestunde hat wegen Zeitablaufs damit ihr Ende gefunden. Die heute nicht beantworteten Fragen werden wie immer mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet.
Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Herr Wowereit, stimmen Sie der Äußerung Ihres Kultursenators Dr. Flierl zu, die in dieser Woche in der Presse zu lesen war, wonach sich Herr Dr. Flierl in der Auseinandersetzung um das Mauergedenken in Berlin gegen den Abriss des privaten Mahnmals am Checkpoint Charlie in Form von 1 065 Holzkreuzen ausgesprochen hat, und sind auch Sie gegen den Abriss?
natorin! Wie bewerten Sie die Information der Fahrgäste in Berlin wenige Tage vor dem Inkrafttreten der großen Linienreform bei der BVG? – Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die BVG bei der Ausarbeitung dieser Linienreform zugesagt hatte, dass sie sehr intensiv auf die Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs zugehen wird. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass sich jetzt aus vielen Teilen der Bevölkerung Kritik oder große Fragezeichen zeigen, was denn nun am Sonntag oder am Montag mit einigen Linien direkt vor der Tür der Bürger passiert?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pape! Nach meiner Einschätzung hat die BVG nach der Genehmigung durch uns in erheblichem Umfang Zeit gehabt, um die Informationen vorzubereiten. Die BVG hatte uns zugesichert, die entsprechenden Informationen zeitnah zum Fahrplanwechsel zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen standen in den letzten Tagen in Berlin in unterschiedlicher Weise zur Verfügung. Einige haben solche Liniennetze und Informationen im Briefkasten vorgefunden. Andere haben sie an den Schaltern oder an anderen Stellen zur Verfügung gehabt, allerdings offensichtlich nicht in der flächendeckenden Weise, wie dies ursprünglich zugesagt worden war. Ich gehe davon aus, dass es der BVG gelingt, so wie dies uns zugesagt wurde, spätestens morgen und am Sonnabend auch durch die persönliche Verteilung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort, insbesondere dort, wo es um Umsteigebeziehungen und Umsteigepunkte in Berlin geht, die hochfrequentiert sind, eine flächendeckende Information der Berlinerinnen und Berliner zu ermöglichen. Wir bestehen darauf.
Frau Senatorin! Die BVG hatte im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Liniennetzreform zugesagt, dass sie bereit ist, Erfahrungen, die sie jetzt nach dieser Umstellung macht, dort einfließen zu lassen und – sollte es in bestimmten Bereichen zu Problemen kommen – auch Veränderungen vorzunehmen. Wie werden Sie diesen Prozess – wenn das jetzt am Sonntag losgeht – begleiten, und werden Sie ihn so begleiten, dass Sie – sollten bestimmte Bereiche zu sehr vom BVG-Netz abgekoppelt sein – auf die BVG einwirken, dies möglichst schnell zu ändern?