Ja! – Herr Regierender Bürgermeister! Wie finden Sie das Verhalten Ihres Fraktionskollegen Lorenz, der heute den Fraktionsvorsitzenden – und unser Geburtstagskind – Müller zum Rücktritt aufgefordert hat, weil sich dieser nicht an den Beschluss des Parteitages der SPD halten will?
Herr Kollege von Lüdeke! Der Sachzusammenhang mit der ersten Frage ist mir im Moment nicht ersichtlich.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Aufsichtsratsvorsitzenden der BVG und Finanzsenator, Herrn Dr. Sarrazin. – Morgen tagt der Aufsichtsrat der BVG. Werden Sie als Aufsichtsratsvorsitzender dafür Sorge tragen, dass das öffentliche Interesse am Erhalt und an der Unbeschadetheit des Schüler- und Geschwistertickets, das in mehrfachen Beschlüsse auch des Senats bekundet wurde, im Aufsichtsrat durchgesetzt wird? Werden Sie dafür Sorge tragen, dass dieser Bestandteil der Preissteigerungsvorlage im Aufsichtsrat so nicht beschlossen wird?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Gaebler, das ist in der Tat eine neue Information, die mir jetzt schriftlich vom Vorsitzenden des VBB zugegangen ist. Bisher war unser Kenntnis- und Verhandlungsstand dergestalt, dass die Verkehrsbetriebe
gesagt haben: Das erhöht das Risiko bei der Ausreichung des Sozialtickets, wenn DB-Regio mit einbezogen wird. Gleichzeitig haben die Verkehrsbetriebe uns versichert, dass alle Punkte in Berlin durch BVG und S-Bahn zu erreichen sind. Vor diesem Hintergrund haben wir entschieden, dass es nicht dringend erforderlich sei, den Verkehrsverbund in seiner Gesamtheit zu nutzen. Ich denke, dass es angesichts dieser neuen Information von Seiten des VBB richtig ist, noch einmal mit den Verkehrsbetrieben darüber zu reden. Sie haben sich ausdrücklich gegen die Einbeziehung des DB-Regio usw. ausgesprochen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Gaebler, davon gehe ich auf jeden Fall aus. Wir werden heute Nachmittag den Vertrag mit den Verkehrsbetrieben unterzeichnen. Damit sind die Grundlagen dafür geschaffen, dass es das Sozialticket gibt. Dass wir dann schon den DB-Regio einbeziehen, denke ich erst einmal nicht. Das braucht dann wieder eine Verhandlungsschleife, aber wichtig ist zuallererst, dass das Sozialticket zum Januar zur Verfügung steht.
Ich bin sicher, dass wir wie immer weise Entscheidungen treffen werden. Den genauen Inhalt kann ich jetzt noch nicht voraussagen, weil wir das zunächst diskutieren wollen. Ich habe aber eine dezidierte eigene Meinung. Die möchte ich erst nach der Aufsichtsratssitzung kundtun und zunächst die Diskussionen dort abwarten.
Dann frage ich Sie, ob Sie die Ansicht teilen, dass angesichts der positiven Einnahmeentwicklung bei der BVG Handlungsspielräume entstanden sind, die eine weitere Preissteigerung eigentlich gar nicht nötig machen.
Das ist auch interessant. Wir haben positive Einnahmen. Wären wir übrigens dem gefolgt, was Sie mir geraten hatten, hätten wir diese nicht, denn wir hatten in diesem Hause schon Diskussionen, dass die Preiserhöhungen alle Kunden abschrecken und dass man für positive Einnahmen Preise senken muss. Es ist das Gegenteil eingetreten. Die Dinge sind also nicht ganz so einfach. Wir müssen weiterhin positive Einnahmen haben, weil dem Unternehmen noch immer 400 Millionen € im Jahr fehlen. Da haben wir noch vieles zu tun. Wir müssen allerdings auch darauf achten, dass die BVG von möglichst vielen Gästen genutzt wird. Im Augenblick ist positiv, dass sowohl die Einnahmen steigen als auch die Zahl der Fahrgäste. Und das wollen wir beides fortsetzen.
Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Sozialsenatorin, Frau Knake-Werner. Es geht um das Sozialticket. Wir konnten den Medien entnehmen, dass sich der Verbundgeschäftsführer wundert, dass S-Bahn und BVG dieses Ticket nicht auch bei DB Regio, der Regionalbahn im Berliner Stadtgebiet, gelten lassen wollen, weil er da keine Einnahmeausfälle sieht. Wie sehen Sie die Möglichkeit, noch auf S-Bahn und BVG einzuwirken, um wirklich eine uneingeschränkte Nutzung für Berlin sicherzustellen?
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Ich möchte doch noch einmal an die Frage meines Kollegen von Lüdeke anknüpfen. Wenn Sie immer noch der Auffassung sind, dass der Palast der Republik einen Schandfleck darstellt, sind Sie dann weiterhin auch der Auffassung, dass dieser Schandfleck so schnell wie möglich und entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestages abgerissen werden soll?
Herr Präsident! Herr Fraktionsvorsitzender! Selbstverständlich bin ich der Auffassung, dass der Palast so schnell wie möglich abgerissen werden sollte.
Diese Beschlussfassung haben wir auch. Das ist auch die Vereinbarung mit dem Bund. Leider hat das Ausschreibungsverfahren zu Verzögerungen geführt, so dass der ursprünglich angedachte Termin Mitte nächsten Jahres in Frage steht, aber selbstverständlich bleibt es bei dieser Beschlussfassung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Es war vom PISA-Schock die Rede, als vor drei Jahren die ersten PISA-Ergebnisse vorgestellt wurden. PISA 2003 schreibt bedauerlicherweise mehr oder weniger die Ergebnisse fort. Das Land der Dichter und der Denker hat wieder nur mittelmäßig abgeschnitten. Das ist ein Armutszeugnis für die deutsche Bildungspolitik.
Die skandalöse Botschaft von PISA lautet: Viele junge Menschen, auf die wir dringend angewiesen sind, gehen uns auf ihrem Weg durch das deutsche Bildungswesen verloren. Gerade das Potential der so genannten sozial benachteiligten Jugendlichen und der Kinder mit Migrationshintergrund wird systematisch verschenkt. Auch an der engen Kopplung zwischen schulischer Leistung und der sozialen Herkunft hat sich leider nichts geändert. Darin sind wir bedauerlicherweise Weltmeister, und auf diesen Titel können wir getrost verzichten.
Klug reformieren, chancengerecht verteilen und mehr investieren, das sind die Aufgaben für die Bildungspolitik und für die Zukunft. Chancengerecht zu verteilen ist die zentrale Aufgabe und ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Die PISA-Studie belegt: Unsere Schulen bieten keine Chancengleichheit, sondern fördern Ungleichheit und zementieren Benachteiligungen von Generation zu Generation. Unsere Schulen gleichen die unterschiedlichen Einkommens- und Bildungshintergründe der Elternhäuser nicht aus, sondern sie schreiben sie bei den Kindern und Jugendlichen fort. In besonderem Maße sind Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund betroffen. In Anbetracht der aktuellen Debatte um Integration sage ich: Bildungspolitik ist Integrationspolitik!
Werden Sie denn auch künftig als hoffnungsfrohes Zeichen die Staatsräson über die Parteiräson stellen?
Herr Präsident! Herr Fraktionsvorsitzender! – Ich habe eben zu dem Zwischenruf von Herrn Steffel ein bisschen lächeln müssen. – Selbstverständlich haben Parteitage ihre Verpflichtung, visionär Zukunftsentscheidungen zu treffen.
Selbstverständlich haben Parlamentarier eine Verpflichtung, in ihrer Verantwortung Entscheidungen zu treffen. Und selbstverständlich hat eine Regierung eine Verpflichtung, auch im Rahmen ihrer Verantwortung Entscheidungen zu treffen. Diese drei Entscheidungsebenen können voneinander abweichen. Das ist in einer Demokratie so, und jeder hat seine Verantwortung wahrzunehmen. Selbstverständlich bin ich als guter Parteisoldat immer bemüht, vernünftige Beschlüsse meines Parteitages sofort umzusetzen.