Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst machen wir gar nichts, und wenn es nicht mehr anders geht, machen wir einen Plan, und dann machen wir wieder gar nichts! – So beschreibt Bernd Matthies heute im „Tagesspiegel“ die Senatspolitik zur Feinstaubproblematik, und damit hat er Recht.

[Beifall bei den Grünen – Frau Dr. Klotz (Grüne): Das klingt nach Russenbande! – Weitere Zurufe]

Dem lässt sich nur noch hinzufügen: Der Luftreinhalteplan kam zu spät, nämlich als die Grenzwerte bereits überschritten waren. Die geplanten Maßnahmen kommen auch zu spät. Erst für 2008 sind sie vorgesehen. Es bleibt wahrscheinlich wieder bei Ankündungen. Ankündungen reduzieren aber nicht den Feinstaub. Die Strategie im Umgang mit der Feinstaubproblematik ist bisher immer die gleiche. Die Strategie heißt zunächst verdrängen. Das heißt, dass der Importstaub schuld ist. Um nicht vor der eigenen Tür zu kehren, schaut man zunächst einmal, was in anderen Ländern läuft, was aus anderen Ländern her

kommt, was nicht hausgemacht ist. Um auch hier nicht vor der eigenen Tür kehren zu müssen, blickt man lieber nach Polen, wo der Staub herkommen könnte.

[Beifall bei den Grünen]

Wir fordern Sie heute noch einmal auf, den Anträgen der Grünen zuzustimmen. Wir haben die Maßnahmen benannt, das Feinstaubproblem in den Griff zu bekommen und die Grenzwerte einzuhalten. Zum einen ist eine Umweltzone vorgesehen, die spätestens ab 2007 greifen soll. Das lässt den Verursachern noch Zeit, ihr Auto entsprechend umzurüsten. Eine weitere Maßnahme sieht Tempo 30, eine Routenempfehlung und Lkw-Durchfahrtsverbote vor. Das reduziert nicht nur den Staub, sondern auch den Lärm. Solche Maßnahmen helfen aber wenig, wenn im Gegenzug nicht auch kontrolliert wird, ob diese Maßnahmen auch eingehalten werden.

Eine weitere Maßnahme ist die Förderung von Filternachrüstung und -ausrüstung. Wir haben insbesondere den Hauptverursacher, Lkw und Nutzfahrzeuge, im Blick, und haben vorgeschlagen, hier Maßnahmen zu ergreifen. Die Koalition will aber lieber glatte Straßen statt gesunder Lungen oder besser gesagt: Wahlgeschenke statt Gesundheit für die Bevölkerung.

Die CDU-Lösung ist in diesem Zusammenhang auch sehr originell. Sie empfiehlt für die Silbersteinstraße und für die Frankfurter Allee einen neuen Straßenbelag.

Ja, Frau Oesterheld, da sind wir beispielhaft. Fragen Sie doch einmal bitte die letzten verbliebenen Dezernenten der Grünen für Umwelt, entweder im Ministerstatus oder auf kommunaler Ebene. Demnächst gibt es keine mehr. Ich nehme gleich einmal einen Antrag vorweg, der von Ihnen gestellt wird. Sie sagen darin, dass die 10 Millionen € für das Sonderbauprogramm dem Straßenausbau weggenommen werden sollen. Sie wissen ganz genau, dass derjenige, der die Straßen neu asphaltiert, damit eine Lärmminderung erreicht und auch eine Feinstaubminderung erzielt, weil weniger aufgewirbelt wird. Das ist nun einmal eine Maßnahme, die zieht. Kein einziger grüner Stadtrat im Land Berlin würde dem, was die Abgeordnetenhausfraktion der Grünen fordern, auch nur ansatzweise zustimmen. Das ist ziemlich peinlich für Ihre Fraktion! Das muss man einmal wirklich sagen.

Ich komme jetzt zu den Inhalten und zu Ihren Forderungen. Über Tempolimits wird man sicher einmal in Ruhe sprechen müssen. Dass Sie aber pauschal fordern, Tempo 30 über die Stadt zu verteilen, ist nun wirklich nicht mehr von dieser Welt. Sie wissen auch, dass Berlin beispielhaft ist, indem wir in den vergangenen Jahren, nicht erst in 2005, ein umfangreiches Umweltgütemessnetz in Berlin aufgebaut haben und diese Daten sogar halbstündlich für alle Berliner Bürger im Internet zur Verfügung stellen. Davon träumen viele andere Bundesländer. Hier kann man sich wirklich informieren, wie es sich gehört, Frau Kubala! Was sagen Sie denn dazu?

[Buchholz (SPD): Haarsträubend!]

Das ist natürlich ziemlich unsinnig. Damit unternimmt man nichts gegen die Feinstaubproblematik.

[Beifall bei den Grünen]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmidt?

Moment! Ich habe nur noch 60 Sekunden! – Die Feinstaubproblematik bringt erhebliche Gesundheitsbelastungen mit sich. Neue EU-Vorgaben werden auch bald zum Thema Lärmschutz kommen. Also müssen wir uns demnächst auch diesem Problem stellen.

[Gaebler (SPD): Wir stellen uns dem Problem schon!]

Einen Plan zu haben ist gut, das ist aber noch kein Grund zum Jubeln. Nun muss dieser Plan zügig umgesetzt werden. Berlin sollte sich endlich einmal an die Spitze der Bewegung stellen!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Wir fahren fort in der Rednerliste. Das Wort für die Fraktion der SPD hat der Kollege Buchholz. Da naht er. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kubala! Herr Eßer hat mir gerade zugerufen: „Nichts als Lärm und Feinstaub.“ Das ist genau das, was zu Ihrer Rede richtig ist. Es ist nichts außer Lärm und Feinstaub!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS und der FDP]

Was die Substanz angeht, bin ich wirklich schockiert. Wenn Sie sich das Protokoll dieser Sitzung noch einmal vornehmen, werden Sie hoffen, Sie könnten es löschen, aber es wird nicht funktionieren.

Frau Kubala, ich sage es nicht gern, es ist vielleicht auch ein wenig uncharmant. Was sie aber hier erzählt, ist bar jeder Realität, gerade das, was das Land Berlin betrifft. Es ist wirklich peinlich für die gesamte grüne Fraktion in Berlin.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Die Berliner rot-rote Koalition und dieser rot-rote Senat, Frau Kubala, ist tatsächlich – ich sage es betont – beispielhaft für fast alle anderen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland, was den Umgang mit dem Thema Feinstaub angeht. Das wissen Sie ziemlich genau, Frau Kubala,

[Beifall bei der SPD]

denn diese Koalition hat nicht nur ein integriertes Sicherheits- und Verkehrskonzept vorgelegt, sie sagt nicht nur, sie möchte den Fahrradverkehr in der Stadt verdoppeln, und steht auch zur Parkraumbewirtschaftung und Verkehrslenkung in der Stadt.

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

[Beifall bei der SPD – Gaebler (SPD): Frau Kubala informiert sich ja nicht!]

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Offensichtlich nichts!

Dann fordern Sie ein Sonderprogramm ausgerechnet des Landes Berlin, dass wir den Einbau von Rußfiltern fördern sollen. Das hat glücklicherweise die rot-grüne Bundesregierung auf den Weg gebracht. Das ist auch sehr gut so. Aber zu glauben, dass wir als Land Berlin noch einmal ein extra Förderprogramm benötigen, geht an der Realität vorbei. Woher wollen Sie das Geld nehmen? Spendet die Grünen-Fraktion die Mittel? Es ist mir persönlich sehr unklar.

Ich möchte auch einmal ganz offiziell sagen: Es gab vor wenigen Tagen in Stuttgart eine Gerichtsentscheidung. – Es wundert mich, dass Sie darauf nicht eingegangen sind. Ich dachte, Sie würden es tun. –, in der vom Gericht ein Aktionsplan zur Luftreinhaltung eingefordert wurde. Den hat Berlin schon zur der Bürgerbeteiligung vorgelegt. Er wurde vom Senat verabschiedet und liegt den Bürgern zur Beteiligung vor. Anschließend wird er dem Parlament vorgelegt. Uns muss man zu solchen Maßnahmen nicht verklagen. Wir haben einerseits als Land Berlin am 11. Mai eine positive Entscheidung gehabt. Die Bürger der Frankfurter Allee sind unterlegen. Frau Kubala, wenn Sie sich vorbereitet hätten, wüssten Sie, dass auch am heutigen Tag ein Berliner Gericht gesagt hat, dass das, was die Bürger fordern, in Berlin schon

wir wollen hier jetzt Umsetzungen sehen. Das Problem des Feinstaubs ist seit Jahren bekannt. Sie haben das ganz richtig gesagt. Es wird seit Jahren, bald Jahrzehnten an den Straßen gemessen. Alle, hoffentlich auch die im Senat Zuständigen, wussten, dass uns dieses Problem erwartet. Es wurde nichts gemacht. Heute verkünden Sie hier bloß, dass Sie einen Plan haben, halten den auch noch stolz

hoch und tun so, als ob das eine Leistung sei, die uns von Aachen, Stuttgart und Castrop-Rauxel unterscheidet. Ich bitte Sie, was ist denn das für eine Leistung für eine Hauptstadt? – Wir müssen endlich Maßnahmen umsetzen, nicht bis 2008 abwarten, sondern auch etwas tun. Ihrem Redebeitrag konnte ich nur entnehmen, dass Sie wohl nach wie vor bis 2008 abwarten wollen und gar nichts machen.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kubala, es ist immer wieder überraschend, was Sie mitunter replizieren. Vielleicht haben Sie verdrängt, dass der Herr Bundesumweltminister Trittin – Grüner – es mehrere Jahre weder geschafft hat, ein Verkehrszeichen für Umweltzonen in Städten einzuführen,

vorhanden ist. Die Klage der Anwohner wurde abgelehnt. Glauben Sie mir doch, dass ein Berlin dieses nicht einfach so entscheidet, sondern substanziell richtig entscheidet. Mit diesen Fakten des Landes Berlin müssen Sie sich auch einmal auseinandersetzen und dazu stehen und nicht irgendwelche abgehobenen Reden halten, die nichts mit der Berliner Realität zu tun haben. Das ist ziemlich traurig!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Frau Kubala, meine Zeit schwindet. Ich will mir noch kurz einen Satz zu dem ganz tollen CDU-Antrag gönnen. Das habe ich Ihnen auch schon einmal im Ausschuss gesagt. Herr Goetze, meine Herren von der CDU! Momentan sind von der CDU nur Männer anwesend. Es gibt nicht so viele Frauen in der Fraktion. Momentan ist keine Dame anwesend, so gern ich sie auch begrüßen würde. – Sie fordern im CDU-Antrag eine umweltschonende Verkehrslenkung, fordern Dinge, die wirklich alle schon komplett vom Senat angegangen wurden, was die Verbesserung des Verkehrsflusses angeht und die Instandhaltung von Straßen. Darauf bin ich eben schon eingegangen. Sie fordern aber vor allem eines im ersten Satz: Der Senat soll Maßnahmen vorsehen, die aber keine Fahrverbote und keine Straßensperrungen vorsehen. So einfach, meine Herren – und meinetwegen auch Damen – von der CDU, kann man es sich wirklich nicht machen. Da Sie in Ihrem Mitgliederverband niemand haben, der hier als Spitzenkandidat – oder vielleicht Spitzenkandidatin? – zur Verfügung stehen kann, wollen Sie vielleicht Herrn Töpfer holen. Wenn Sie ihn zum Spitzenkandidaten im Land Berlin machen wollen und ihm solche Anträge zeigen, wird er Ihnen sagen: Jungs und Mädels, zurück in die Kabine, setzt euch hin, macht das noch einmal neu, weil ihr das mit einem Spitzenkandidaten Töpfer wohl kaum durchhalten werdet! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Buchholz! – Zuerst kommt noch eine Kurzintervention der Frau Kollegin Kubala, sie hat es angemeldet. – Herr Goetze, ich bitte um Geduld. – Bitte schön, Frau Kubala, Sie haben das Wort!

[Gaebler (SPD): Fakten, wir wollen Fakten!]

Kollege Buchholz! Beispielhaft sind Sie nur beim Plänemachen. Das scheint offensichtlich der Einfluss der PDS zu sein. Aber wir sind hier nicht mehr in der Planwirtschaft,

[Zuruf der Frau Abg. Leder (SPD)]

[Doering (PDS): So kenne ich ihn nicht!]

Das kann wohl nicht die Lösung sein.

[Beifall bei den Grünen]

Herr Buchholz wartet nicht ab, sondern repliziert. – Er hat das Wort!

[Doering (PDS): Ach was? Noch einmal!]

weil Sie eben betont haben, wie lange das schon alles bekannt sei, noch hat er es im Bundeskabinett – Frau Kubala, es ist leider Realität – geschafft, eine Kennzeichnung von rußarmen Fahrzeugen vorzulegen,

[Doering (PDS): Ist nicht wahr!]