Protokoll der Sitzung vom 27.10.2005

wenn wir einen solchen Antrag vorher eingebracht hätten, ohne abzuwarten, ob die Saat, die Sie gesetzt haben, auch aufgeht. Sie ist gestern aber auch aufgegangen. Dafür sind Sie mit verantwortlich! Es kann doch gar keine andere Bewertung des Sachverhalts geben.

Ihre Linkspartei ist dafür mit verantwortlich. Dieser Antrag, den wir Ihnen vorstellen, beschränkt sich wirklich in der Betonung ausschließlich auf eine Solidaritätsadresse gegenüber unseren Soldaten. Er ist enorm moderat. Er zitiert ausschließlich SPD-Leute wie Bundeskanzler Schröder oder Thierse. Er ist überhaupt nicht glorifizierend, was den Zapfenstreich angeht. Er betont das Demonstrationsrecht, beschränkt sich ausschließlich auf Solidarität gegenüber den Soldaten und die Verurteilung von Gewalt und Verunglimpfung unserer Bundeswehr. Daran kann doch nichts falsch sein. Dahinter kann sich auch der Regierende Bürgermeister stellen und die SPD.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Er ist so formuliert, dass sich ein anständiger Sozialdemokrat jederzeit dahinterstellen kann.

Wenn Sie mit mir hier mit mir die GO-Schlittenfahrt machen wollen, können Sie sie haben. Sie können den Antrag jetzt ablehnen. Sie bekommen ihn in der nächsten Sitzung wieder auf die Tagesordnung.

[Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS]

Er kommt dann in die Ausschüsse. Dann werden wir Ihnen die ganzen Pamphlete Ihres Koalitionspartners im Innenausschuss und den anderen Ausschüssen vorlegen. Am Ende wird es über den Antrag eine namentliche Abstimmung geben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Pewestorff (Linkspartei.PDS): Die Bundeswehr kann einem Leid tun!]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Lindner! – Der Kollege Gaebler hat das Wort, um gegen die Dringlichkeit zu sprechen.

Vielen Dank Her Präsident! – Herr Dr. Lindner! Ich sehe, dass Sie ein dringendes Bedürfnis haben, über dieses Thema zu reden. Ob es allerdings ein dringendes Bedürfnis ist, dass das Parlament sich damit befasst und dazu beschließt, habe ich Ihrem Beitrag nicht entnehmen können.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Ich habe nicht den Eindruck, dass es bei der Bundeswehr Zweifel daran gibt, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin und auch der Senat die Rolle der Bundeswehr in den vergangenen 50 Jahren in und für unser Gemeinwesen würdigen. Der Senat hat das durch die Teilnahme der

Bürgermeisterin und das Abgeordnetenhaus durch die Teilnahme des Parlamentspräsidenten auch bewiesen. Auch daraus erkenne ich keine Dringlichkeit, warum das Haus hier irgendetwas an der Stelle erklären müsste.

[Beifall bei der SPD]

Es ist doch hier etwas ganz Anderes, Herr Dr. Lindner. Und das hat uns dazu gebracht zu sagen, dass nun Schluss ist; wir haben die Dringlichkeit angezweifelt. Es kann nicht sein, dass Sie beim Zeitunglesen oder Fernsehen denken, dass das ein Skandal sei, dazu ein Antrag erstellt werden müsste und der am nächsten Tag ins Parlament geht. So geht es nicht!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Wir sind hier nicht Ihre Schaubude, Herr Dr. Lindner, oder die Ihrer Partei, sondern ein Parlament, das sich ernsthaft mit wichtigen Angelegenheiten der Stadt befassen sollte.

[Hahn (FDP): Was haben Sie denn für ein Parlamentsverständnis?]

Wenn Sie diesen Antrag ernsthaft diskutieren wollten, hätten Sie ihn ganz normal einbringen können. Dann könnte man in zwei Wochen darüber reden. Dann kann man auch in den Ausschüssen darüber reden, wenn Sie dabei Probleme sehen. Die Aufrufe, die Sie hier kritisiert haben, sind seit Wochen im Internet zu lesen. Da haben Sie offensichtlich vorher nicht hineingesehen, sonst hätten Sie den Antrag auch schon vorher mit diesen Begründungen stellen können. Die Bundeswehr ist Teil unseres demokratischen Gemeinwesens, das ist unzweifelhaft. Die freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht sind auch elementarer Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Das, Herr Dr. Lindner, bedarf einer etwas gründlicheren Diskussion, als hier hektisch durch Anträge irgendetwas zu erzwingen. Deshalb bleibt hier nur stehen: Sie instrumentalisieren die Institution Bundeswehr für Ihre Partei und Ihre tagespolitischen Zwecke. Das ist skandalös. Das ist der eigentliche Skandal, den Sie hier heute produzieren.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Da bei Herrn Dr. Lindner offensichtlich die Baldriantropfen, die wir ihm zu seinem 40. Geburtstag geschenkt haben, nicht ausgereicht haben, um sich jetzt auch einmal vor solchen Anträgen etwas zu beruhigen, werden wir ihm zum einen demnächst etwas Nachschub mitbringen, zum anderen die Gelegenheit geben, bis zur nächsten Parlamentssitzung noch einmal nachzudenken, ob der Antrag in Form und Inhalt sachgerecht ist. Deshalb sprechen wir uns heute gegen die Dringlichkeit aus. Ansonsten haben wir überhaupt keine Angst vor einer solchen Debatte. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Meine Damen und Herren! Es ist für und gegen die Dringlichkeit gesprochen worden. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP und CDU. Wer widerspricht der Dringlichkeit? – Das sind SPD, die Grünen und die

Linkspartei.PDS. Letzteres war die Mehrheit. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ich habe noch eine Mitteilung zu machen. Frau Kollegin Grütters ist heute zum letzten Mal bei uns. Mit Ablauf des Monats verlässt sie unser Haus, was wir sehr bedauern, auf der anderen Seite aber auch begrüßen, weil sie eine große Gelegenheit, eine große Chance hat. – Ich wünsche Ihnen alles Glück dazu, für Berlin und für die Kultur in Berlin in besonderer Weise im Bundestag tätig zu werden! Alles Gute! Es ist ein Abschied. Viel Erfolg im Deutschen Bundestag! Danke schön, Frau Grütters!

[Beifall]

Die lfd. Nrn. 28 und 29 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet am Donnerstag, den 10. November 2005 um 13.00 Uhr statt. – Die Sitzung ist geschlossen. Guten und sicheren Heimweg!

[Schluss der Sitzung 19.17 Uhr]

Anlage 1

Liste der Dringlichkeiten

Zu lfd. Nr. 3: Dringlicher Antrag

Einfuhrverbot für Wildvögel

Antrag der Grünen Drs 15/4351

an GesSozMiVer

Lfd. Nr. 4 d: Dringlicher Antrag

Jugendhilfe am Ende – gemeinsam Kahlschlag stoppen!

Antrag der CDU Drs 15/4349

Priorität der CDU

Lfd. Nr. 5 A a: Dringliche II. Lesung

Änderung des Landesabgeordnetengesetzes – Vertrauen ist gut, Transparenz ist besser –

Beschlussempfehlung Recht Drs 15/4353 Antrag der Grünen Drs 15/3664

mehrheitlich gegen Grüne abgelehnt

Lfd. Nr. 5 A b: Dringliche II. Lesung

Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes

Beschlussempfehlungen Recht und Haupt Drs 15/4354 Antrag der SPD, der CDU, der Linkspartei.PDS und der FDP Drs 15/4294

mehrheitlich gegen Grüne mit Änderungen angenommen

Lfd. Nr. 5 A c: Dringliche II. Lesung

Änderung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Beschlussempfehlungen Recht und Haupt Drs 15/4355 Antrag der SPD, der CDU, der Linkspartei.PDS und der FDP Drs 15/4293

mehrheitlich gegen Grüne mit neuer Nummer 3 gemäß Hauptausschuss angenommen