Protokoll der Sitzung vom 12.01.2006

Umso besser, dass offensichtlich auch auf der linken Seite des Hauses die Überzeugung wächst, dass die Kulturwirtschaft ein Wachstumsmotor für die Stadt und die Region ist. Noch besser wäre es, wenn sich die betroffenen Senatsverwaltungen diese Einsicht zu eigen machten. Kultur und Kunst sind nämlich nicht nur Aushängeschild der Stadt, sie sind nicht nur Magnete für den Tourismus und haben einen bildungs- und kulturpolitischen Auftrag, sondern sie haben auch eine wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt.

Dies ist nicht zu unterschätzen, wie meine Vorrednerin dies eben schon erwähnte: Über 18 000 kleine und mittelständische Unternehmen erwirtschaften fast 8 Milliarden € Umsatz. Nach unseren Berechnungen werden etwa 13,6 % des Bruttoinlandsprodukts durch die Kulturwirtschaft erbracht, und die Umsätze entsprechen in etwa der Höhe der Umsätze, die das verarbeitende Gewerbe erbringt. Im Übrigen sind 90 000 Beschäftigte in der Branche tätig, das heißt etwa 7 % der Berliner Erwerbstätigen. Führend ist dabei die Film- und Fernsehindustrie mit 33 % des Umsatzes, um den es hier geht.

Dass dies Auswirkungen haben muss, liegt auf der Hand, denn Berlin profitiert von einem einmaligen Nebeneinander von Hochkultur und Szenekultur, einem Nebeneinander von Kunst, Medien, Kulturstandorten, einem Heer kreativer, international erfahrener Freiberufler. Für die ist Berlin ein Mekka, eine pulsierende, herausfordernde Stadt der Künste.

Nun wissen Sie, dass wir einige Probleme mit der Kunst- und der Kulturförderung haben, so dass sich uns der Eindruck aufdrängt, dass diese Faktoren gerade bei diesem Senat noch viel zu stiefmütterlich behandelt werden. Wir wissen, dass diese Hauptstadt all das, was sie an Ressourcen hat, nicht ausschöpft, dass sie sich zwar gern mit Etiketten schmückt, aber nicht ansatzweise diesen Etiketten auch Substanz erlaubt. Umso erfreulicher ist der

Richtig ist auch, dass der Kulturwirtschaftsbericht eine überfällige Debatte in dieser Stadt angestoßen hat, um diesem Bereich die gebührende Aufmerksamkeit zu geben. Es gab eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss, eine Anhörung im Kulturausschuss, zwei Anhörungen speziell

zum Thema Musik und Medien auch im Ausschuss für Bundesangelegenheiten und Europafragen. Alle diese Anhörungen haben ein ganzes Reservoir an kreativen Ideen gebracht, die das Parlament auch nutzen sollte. Sie haben deutlich gemacht, mit was für einem großen Pfund wir bereits wuchern können und welch ein großes Potential noch darin steckt. Andererseits haben sie gezeigt, dass es aktuell noch eine ganze Reihe von großen Problemen gibt, mit denen diese Branche zu kämpfen hat, weil die Realität eines Großteils dieser freiberuflich oder gewerblich Tätigen überhaupt nicht auf die bisherige Wirtschaftsförderung in dieser Stadt passt.

Wer diese Selbstständigkeit fördern will, der muss sich weitgehend vom alten Bild des Unternehmers verabschieden. Wir brauchen neue Formen von Kapitalzugang, wie beispielsweise Micro-Lending. Wir müssen uns auch mit dem Thema Rechtssicherheit beschäftigen. Wir brauchen ebenfalls grundsätzlich neue Formen der sozialen Sicherung: Stichwort „Grundsicherung“. Wir brauchen gerade auch für diese Leute mehr Anstrengungen bei der Entbürokratisierung, und wir brauchen die Unterstützung dieser Menschen bei der Bildung von Netzwerken für den – auch internationalen – Marktzugang.

Es gab im Vorfeld einige Irritationen, warum es eine von allen Fraktionen gemeinsam getragene Beschlussempfehlung zur Beratung des Kulturwirtschaftsberichts gibt, gleichzeitig aber auch einen neuen Antrag der Fraktion der Grünen. Dazu will ich sagen: Zum einen ist das Thema mit dieser umfangreichen Beschlussempfehlung, die heute vorliegt, mitnichten erledigt. Vielmehr sagt die Beschlussempfehlung lediglich etwas darüber aus, wie der zukünftige Kulturwirtschaftsbericht qualifiziert werden soll, wie er sich verändern soll. Wir möchten uns aus der Opposition heraus daran beteiligen und aktiv in die Konkretisierung der Veränderung der Wirtschaftsförderung einmischen. Als Opposition bleibt uns dabei dieses Instrument, einen Antrag zu stellen.

Umstand, dass es jetzt diesen Bericht gibt – zugegebenermaßen viel zu spät. Wir begrüßen aber ausdrücklich, dass dieser Bericht vorgelegt wird, und danken den Autoren für die Ausführlichkeit.

Das kann aber nur die eine Seite der Medaille sein. Entscheidend ist, was wir aus den gewonnenen Erkenntnissen machen. Deshalb ist der Antrag der Grünen sehr vernünftig. Auch wir wollen sehen, wie das Gesamtkonzept aussieht, welche Möglichkeiten es für Hilfe suchende Institutionen gibt und wie ein Förderprogramm für betroffene Unternehmen aussieht. Im Klartext: Sie werden alle unsere Unterstützung erhalten, wenn es darum geht, die vorhandenen Potentiale entsprechend zu nutzen und neue Möglichkeiten zu finden, wirtschaftliche Chancen aufzuzeigen. Auf der anderen Seite werden wir uns gegen alle Versuche stellen, diese „creative industries“ zu behindern, weil wir wollen, dass sich diese Stadt endlich auf ihre Stärken besinnt. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Kollege Apelt! – Es folgen die Grünen mit Frau Paus, die das Wort hat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie merken schon: Es gibt hier eine seltene, aber auch berechtigte Einigkeit zum Thema Kultur und Kulturwirtschaft. Das war nicht immer so, und ich glaube, dass die Enquetekommission sicher einen wichtigen Beitrag zur Verständigung des Hauses in diesem Prozess geleistet hat. So können wir alle miteinander sagen, dass Kultur eine der grundlegenden Entwicklungsressourcen unserer Stadt ist, dass sie die anderen Stärken dieser Stadt prägt, dass sie ihnen den Charakter gibt und dass sie eine entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Stadt ist. Daraus muss es dann auch politische und finanzpolitische Konsequenzen geben.

[Beifall bei den Grünen]

Die freie Kulturszene, Künstler, Designer, unabhängige Musiklabels, kleine Multimediafirmen: Sie alle sind Garanten dafür, dass derjenige, der Kreativität und Innovation sucht, in Berlin richtig ist.

Die Zahlen wurden bereits genannt, trotzdem werde auch ich kurz etwas dazu sagen: Im Gegensatz zu der insgesamt stagnierenden Berliner Wirtschaft ist die Kreativwirtschaft eine der wenigen Branchen mit deutlich steigenden Umsätzen. Sie ist nicht nur bedeutend, sondern sie ist auch die Branche, die in Berlin boomt. Entsprechend muss ihr auch Tribut gezollt werden. Es stimmt, dass sie in Berlin bezüglich ihres Beitrags zum Bruttoinlandsprodukt inzwischen auf dem gleichen Niveau ist wie das verarbeitende Gewerbe.

Vielleicht ist es den Mitgliedern des Kulturausschusses nicht bekannt, aber wir haben im Wirtschaftsausschuss noch zwei weitere Anträge, die sich auch mit einer Konkretisierung befassen und die wir in unserer nächsten Sitzung sehr wahrscheinlich diskutieren werden. Die Grünen wollen sich daran beteiligen. Diese Konkretisierung will ich an drei Punkten klarmachen: In Ihrer Beschlussempfehlung steht noch einmal, die bisherige Wirtschaftsförderung soll sich für den Bereich Kreativwirtschaft, Kulturwirtschaft, Medien öffnen. – Da kann man sagen, dass man alles, was bisher vorhanden war, ausdrücklich hineinschreiben wird, und das dürfen auch die anderen benutzen. Wir haben uns dagegen entschieden. Natürlich sollen die anderen geöffnet werden, aber wir möchten ein eigenständiges Förderprogramm, das speziell an diese Zielgruppe adressiert ist und das wir Kulturfonds nennen wollen.

Zum Zweiten wollen wir etwas neben dem bisherigen Business-Wettbewerb, den es in Berlin gibt, der aber sehr

wenn sie in einer kleinen Firma mit zwei oder drei Mitarbeitern wieder bei einem Runden Tisch mitmachen und die IHK wieder fragen sollen, ob dieses oder jenes recht ist. Ein Schild auf den Bürgersteig zu stellen, weil dort jemand Bücher verkaufen möchte, das geht dann aber trotzdem noch nicht, weil man einen vierseitigen Antrag ausfüllen muss. Daran scheitert vieles, und das müssen wir dringend ändern.

In den nächsten Jahren wird ein Großteil der Kraft auf dem Arbeitsmarkt aus diesen kleinen Firmen, aus kleinen Existenzgründungen geboren werden. Davon bin ich überzeugt. Aber was machen wir mit ihnen? – Wir schicken sie zur IBB, und dort bekommen sie ein Formular – dafür benötigen sie eine besonders gute Brille, damit sie jede Spalte lesen können –, wo verlangt wird, dass sie über die nächsten drei Jahre genau ihren Tagesablauf planen und angeben, was sie alles machen, welche Umsätze sie erwirtschaften und Ähnliches mehr. Da müssen wir Änderungen vornehmen und für Erleichterungen sorgen. Wir müssen für Existenzgründer z. B. auch die Möglichkeit vereinfachen, an Geld heranzukommen – gerade an kleine Geldmengen, denn es geht hier um Summen von 10 000 bis 50 000 €.

technologieorientiert ist, schaffen. Wir wollen ein speziell auf diese Branche ausgerichtetes Existenzgründungswettbewerbsverfahren mit einer Fachjury. Auch das haben wir dort verankert.

Zum Dritten haben die Anhörungen gezeigt, dass es ein besonderes Problem im Bereich der Vermarktung überregional, außerhalb von Berlin gibt. Da möchten wir einen besonderen Schwerpunkt setzen und haben die Institutionen benannt, die beteiligt werden sollen.

Schließlich will ich kurz an das Thema Nalepastraße erinnern. Auch ansonsten wissen wir, dass das Raumthema ebenfalls brennend ist. Auch hier sollte sich das Parlament an der zukünftigen Debatte beteiligen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat nun die Abgeordnete Meister das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ehrt einen, dass die Linkspartei.PDS einen Antrag, der ursprünglich von der FDP kam, zur Priorität macht.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Von der CDU!]

Und von der CDU! – Zusammen mit dem neuen Antrag der Grünen haben wir noch einmal die Gelegenheit, über den Kulturwirtschaftsbericht zu reden.

Ich glaube auch – dort sind wir uns alle einig –, es ist sehr schön, dass dieser Kulturwirtschaftsbericht vorliegt, denn wir wissen jetzt schwarz auf weiß, was in dieser Stadt alles passiert und was es alles gibt. Und das, was man sich vorher schon gedacht hat, wird dort endlich einmal festgehalten: Es gibt eine sehr rege Unternehmenstätigkeit, die in die Bereiche Literatur und Musik reicht und sich in dem Bereich Design und Mode sehr positiv entwickelt. Man darf davon ausgehen, dass dort einiges an Arbeitsplätzen entsteht.

In diesem Kulturwirtschaftsbericht – liebe Frau Hiller, das muss man noch einmal genau unterscheiden – ist genau der Zweig der Kulturwirtschaft festgehalten worden, der einem erwerbswirtschaftlichen Zweck dient, und nicht der Bereich, der vom Land aus – selbstverständlich auch zu Recht – subventioniert und unterstützt wird. Es geht also um den Bereich, der ohne eine Unterstützung auskommt – wie z. B. die „Komödie am Kurfürstendamm“. Darum geht es: Wie kümmern wir uns darum? Wie gehen wir damit um? Inwieweit stehen wir hinter denen, die dort tätig sind?

Jetzt passiert aber etwas Gruseliges. Wir haben jetzt die entdeckt, die schon seit Jahren sehr rege tätig sind – die vielen kleinen Verlage, die vielen kleinen Musiklabels, die vielen kleinen Modedesigner –, und prompt gibt es einen neuen Antrag, und prompt gibt es die Idee von neuen Förderprogrammen. – Selbstverständlich ist das gut

gedacht von den Grünen, dass wir genau in diesem Bereich eine besondere Unterstützung für die Existenzgründer brauchen. Ich frage mich aber, ob das zielführend ist. Ich glaube, Existenzgründer brauchen vor allem, dass sie endlich mal jemand ernst nimmt und dass ihnen jemand behilflich ist. Es hilft ihnen aber nicht, dass ihnen jemand wieder ein neues Formular und noch einen Runden Tisch und nochmals strategische Gesamtkonzepte – zusammen mit IHK, Medienboard Berlin-Brandenburg und Interessenverbänden aus der Kulturwirtschaft – oktroyiert. Die armen Leute werden doch völlig irre,

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP]

Liebe Grünen! Ich hoffe, dass Sie das gleiche Ziel haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, die Gründerkonzepte dann noch einmal von einer Fachjury bewerten zu lassen. Was mag denn dabei herauskommen? Soll der eine Buchhändler das Gründungskonzept eines anderen Buchhändlers beurteilen? Ich glaube nicht, dass das zielführend ist. Wir müssen es dem Existenzgründer vielmehr erleichtern – und erleichtern heißt hierbei, dass wir Vorschriften und Formulare streichen –, an die 10 000 € zu kommen, die er braucht. Der will z. B. ein Label einführen und seine Designmarke auf den Markt bringen und muss erst einmal einen Computer kaufen. Mehr braucht er anfangs nicht.

Es ist auch mitnichten so, dass jeder Künstler und jede Künstlerin völlig unbelastet von jeglichem Wissen über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge ist. Es ist eine Mär, dass alle Künstler nicht mit Zahlen umgehen könnten. Das mag ich nicht glauben, und ich mag auch dieses Bild nicht unterstützen. Ich halte diesen Bereich vielmehr für sehr pfiffig, und ich glaube, die Jungs und Mädels wissen, was sie tun. – Vielen Dank!

Wir brauchen eine stärkere Vernetzung zwischen den Verwaltungen. Es geht um eine enge Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, weil gerade Quartiersmanagement oder Zwischennutzungen eng mit der Kulturwirtschaft zusammenhängen. Es gibt im Wedding schon einige gute Beispiele – etwa Christiania an der Osloer Straße –, wie sich über Zwischennutzungen kleine Kulturbetriebe entwickeln können. Da brauchen wir entsprechende Förderprogramme und auch Konzepte, wie kulturelle Gründerzentren entwickelt werden können. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, denn man fördert kreative Initiativen und wertet gleichzeitig den Standort auf.

Unklar ist in dem Bericht, welche Beziehungen zwischen öffentlicher Kulturförderung und privater Kulturwirtschaft bestehen. Wenn es keine Ankaufetats mehr gibt, dann hat das direkte Auswirkungen auf die Kulturwirtschaft, gerade im Bereich der bildenden Kunst oder auch – was wir in der letzten Woche im Kulturausschuss behandelt haben – für die Bibliotheken.

[Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Lange das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Meister! Ich glaube auch, dass Künstlerinnen und Künstler sehr flexibel sind und alles das, was wir von einem modernen Arbeitnehmer erwünschen, bereits realisieren. Allerdings ist es nicht so, dass bereits alle betriebswirtschaftliche Kenntnisse hätten. Das sagt der Bericht, und wenn man in der Praxis mit den Künstlern zu tun hat, dann weiß man auch, dass da große Mängel vorhanden sind.

Der Kulturwirtschaftsbericht liegt vor und zeigt, dass Kultur nicht nur kostet, sondern auch Arbeitsplätze schafft. Die Kulturwirtschaft in unserer Stadt erreicht 11 % des Bruttoinlandsproduktes, und das zeigt, dass es sich hierbei um einen nicht zu unterschätzenden Schlüsselsektor handelt. Aber – ich versäume es nicht, immer wieder darauf hinzuweisen – es geht nicht nur um den Wirtschaftsfaktor, sondern auch um die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert wir der Kultur in einer modernen Gesellschaft zuweisen. Kultur ist ein öffentliches Gut, und dieses müssen wir schützen und pflegen. Das dürfen wir über diesem großen Begriff „Wirtschaftsfaktor“ nicht vergessen. Gerade in Zeiten der Liberalisierung von Dienstleistungen ist immer wieder zu betonen, dass es bei kulturellen Gütern und Dienstleistungen nicht um Dienstleistungen im allgemeinen Sinne geht. Das sage ich gerade im Hinblick auf GATS.

Die Kulturwirtschaft ist zurzeit der kreativste und innovativste Bereich in Berlin. Die besondere Mischung in unserer Stadt macht dieses aus – eine Mischung aus Kulturerbe, Kunst und Medien und interkulturellen Einflüssen verschafft uns diese herausragende Position, die uns in eine Reihe mit anderen Metropolen stellt. Es ist schon gesagt worden: Mehr als 18 000 zumeist kleine und mittelständische Unternehmen erwirtschaften einen Umsatz von 8 Milliarden € und erreichen damit das Niveau des verarbeitenden Gewerbes. Mehr als 90 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten in diesem Bereich.

Allerdings muss ich Wasser in den Wein gießen: Wenn man sich die Einkommenssituation dieser so genannten Selbstständigen genauer ansieht, dann merkt man, dass sie zum Teil kaum das Existenzminimum erwirtschaften können, dass sie nicht immer das Glück haben, in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden, dass viele von der Hand in den Mund leben und sich von Projekt zu Projekt hangeln und dass manche auch gar nicht freiwillig selbstständig sind. Das darf man auch nicht vergessen. Hier brauchen wir eine starke Allianz zwischen Verwaltung, Berufsverbänden und Hochschulen. Der Bericht zeigt, dass gerade zur Professionalisierung betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Marketingkenntnisse fehlen – vielleicht nicht bei allen, aber doch bei einem Teil.

Es fehlen Untersuchungen über Geldströme im Kulturbereich. Wie hoch ist die Rendite, wenn man kulturbedingte Ausgaben in das Verhältnis zur öffentlichen Förderung setzt? – Wir brauchen auch dringend ein tourismusorientiertes Marketing. Damit tun sich ganz besonders unsere öffentlichen Kultureinrichtungen schwer. Ich brauche hierbei nur an die Opernstiftung zu erinnern. Es gilt als fast unanständig, sich mit dem Thema Marketing zu befassen. Da muss noch sehr viel getan werden, damit eine Unzahl von Bussen vor den Opern stehen, wie es in der letzten Woche gerade bei der Deutschen Oper der Fall war. Da war es mal wieder so, wie es früher war. Dort standen mindestens fünf Busse, und das hat gezeigt: So könnte es immer sein.

Besonders die Vielfalt des kulturellen Reichtums ist eine der Grundlagen in der Stadt. Keine andere deutsche Stadt hat so viel über die jüngste deutsche Geschichte zu zeigen. Deswegen muss der Kulturtourismus angekurbelt werden.

Berlin ist größter Galerienstandort Europas, Aufenthaltsort von ungefähr 5 000 bildenden Künstlerinnen und Künstlern. Der Umsatz des Kunsthandels allerdings liegt hinter dem anderer europäischer Metropolen zurück. Insbesondere für den Markt der zeitgenössischen Bildenden Kunst gilt: 50 % des weltweiten Umsatzes werden in den USA gemacht, 25 % in Großbritannien. Das zeigt, dass wir hier tätig werden und zum Beispiel die Außenwirtschaftsförderung für die Galeristen öffnen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Frau Lange! – Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Jungnickel. – Bitte schön!

Zum Antrag der FDP-Fraktion mit der Drucksachennummer 15/2876 und dem CDU-Antrag mit der Drucksachennummer 15/3728 liegt uns eine Beschlussempfehlung vor. Der Kulturausschuss empfiehlt die Annahme mit gemeinsamer neuer Überschrift und in neuer Fassung. Wer so gemäß der Drucksache 15/4561 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir das einstimmig so beschlossen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Mai 2002 hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Industrie- und Handelskammer eine Arbeit mit dem Titel „Kultur als Wirtschaftsfaktor in Berlin“ vorgelegt. Diese Studie wurde von Björn Frank, Kurt Geppert und Dieter Vesper angefertigt. Darin ist bereits alles dargelegt, was die Politik benötigt, um die Kulturwirtschaft anzukurbeln. Dort ist bereits aufgezeigt – wovon die Londoner und die Wiener mehr Gebrauch gemacht haben –, dass die Schnittstellen Kultur, Kunst und Wirtschaft heißen. Wo die Verbindung zwischen Kunst und Kultur auf der einen Seite und Kultur und Wirtschaft auf der anderen Seite unterschiedliche Schwerpunkte setzen muss, unterscheiden sich die beiden Bereiche Wirtschaftsinteresse und Kulturinteresse. Deshalb liegt die Federführung auch bei Wirtschaft. Es war sehr erfrischend, wie der Vertreter der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen im Kulturausschuss bekannt hat, dass für ihn die Arbeit an diesem Kulturbericht ein Lernprozess gewesen sei und alle von ihm erkannten Mängel dadurch zu erklären seien, dass sie auf Unwissen und Unerfahrenheit beruhten.