Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

[Buchholz (SPD): Ein Unsinn! Es gibt 170 000 neue Arbeitsplätze!]

Die Aachener Fachhochschule hat errechnet, dass beim gegenwärtigen Stand die Energiekosten in Deutschland 15 Milliarden Euro betragen. Nach dem Atomausstieg und mit dem Nachhaltigkeitsszenario werden es 45 Milliarden sein – das Dreifache! Wie können Sie eigentlich glauben, Herr Buchholz, dass in diesem Land, das nach wie vor die höchsten Steuern und Sozialabgaben und kostspielige Umweltstandards hat, dass die Wirtschaft auch noch dreifach höhere Stromkosten wird tragen können, ohne verstärkt abzuwandern, und das alles im Namen irrationaler Ängste und romantischer Spintisierereien. Wie weit wollen Sie die Bürger noch auspressen –

Herr Kollege! Kommen Sie bitte zum Schluss!

Deswegen war und ist Tschernobyl kein Anlass, einem generellen Ausstieg aus der Atomenergie das Wort zu reden. Weltweit wird das auch nicht praktiziert. Was Sie betreiben, Frau Kubala und die Grünen insgesamt, ist ein Ökoglaube, und den möchten Sie anderen überstülpen. Das eigentliche Problem ist, dass Ihnen darin andere Parteien folgen, zum Schaden für unser ganzes Land. Das ist das Problem. Michel de Montaigne hat einmal bemerkt:

Zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 15/4948 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz, wozu ich keinen Widerspruch höre.

[Beifall bei der SPD und den Grünen]

Komme ich! – mit Ihrer energiepolitischen Besserwisserei? – Nein, es muss jetzt Schluss sein

[Gaebler (SPD): Genau! Es muss jetzt Schluss sein!]

mit dem aus dem Kulturpessimismus geborenen Irrationalismus, zu dem all das zählt, was in dem Antrag und den beiden anderen, die hier ebenfalls aufgerufen sind, angeführt wird. Er ist politisch und wirtschaftlich gefährlich.

Herr Kollege! Sie sollten wirklich zum Schluss kommen!

Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Hahn! – Nun hat Frau Kubala das Wort zu einer Kurzintervention.

Herr Hahn! Ihre Ausführungen finde ich zynisch, wenn Sie sagen, dass das Reaktorunglück von Tschernobyl keine Menschheitskatastrophe ist.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Das ist nicht zynisch, er meint es so!]

In der heutigen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gibt die Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs“ die Gesamtzahl der Opfer mit 264 000 Toten an.

Danke schön, Frau Kubala! – Möchten Sie replizieren, Herr Kollege Hahn? – Bitte!

Liebe Frau Kubala! Es ist genau diese Form der Panikmache, die da betrieben wird, die in diesem Land so gefährlich ist. Sie igeln sich in Glaubensgewissheiten ein: 200 000 Opfer.

[Frau Kubala (Grüne): Informieren Sie sich mal richtig!]

Ich weiß nicht, woher diese Zahl stammt.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Hat sie ja gesagt!]

Der ukrainische Gesundheitsminister hat vor Jahren eine Zahl von 125 000 bekannt gegeben. Dies hielt man – das war ein Übersetzungsfehler – für die Toten von Tschernobyl.

[Doering (Linkspartei.PDS): Wie kann man denn Zahlen falsch übersetzen?]

Nachher stellte sich heraus, dass es sich um die gesamte Zahl aller Sterbefälle der Ukraine in diesem Zeitraum handelte. So entstehen bei uns Opferzahlen. Es ist schlimm, was für Falschmeldungen in diesem Zusammenhang die Runde machen.

Frau Kubala! Ich habe es unmissverständlich gesagt, und ich glaube, alle haben es verstanden: Ich bin der Meinung, dass jedes Opfer von Tschernobyl ein Opfer zu viel

war. Aber ich bleibe bei der Einschätzung, dass es keine Menschheitskatastrophe war. Da gab es sehr viel größere. Schon ein normales Schiffsunglück wie das der Titanic beispielsweise überstieg die Zahl der Todesopfer.

[Zurufe von den Grünen]

Von nichts sind wir fester überzeugt als von dem, worüber wir am wenigsten Bescheid wissen.

Das gilt insbesondere für Sie!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 15/4459 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen Grüne, bei Enthaltung der CDU – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Grünen! Gegenprobe! – FDP, Koalitionsfraktionen! Enthaltungen? – Union! Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Fraktionen der SPD und der Linkspartei.PDS Drucksache 15/4808 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen CDU und FDP, bei Enthaltung der Grünen – die Annahme. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Koalitionsfraktionen! Gegenprobe! – Union und FDP! Enthaltungen? – Grüne! Damit ist das mit Regierungsmehrheit angenommen.

Ich rufe als Priorität der Fraktion der FDP auf

lfd. Nr. 4 d:

Beschlussempfehlung

Pro Berlin und Brandenburg (7): Das Land Berlin braucht endlich ein detailliertes Fusionskonzept

Beschlussempfehlung EuroBundMedienBerlBra Drs 15/4901 Antrag der FDP Drs 15/2914

Das ist der Tagesordnungspunkt 26. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die FDP. Herr Kollege Dr. Augstin hat das Wort. – Bitte schön!

Zu klären ist sechstens, welche Landesaufgaben künftig auf gesamtstädtischer Ebene – Magistratsverwaltung –

oder auf bezirklicher Ebene im Auftrag des gemeinsamen Landes und welche Gemeindeverbandsaufgaben nicht mehr durch die Bezirke, sondern durch die gesamtstädtische Ebene wahrgenommen werden sollen.

Achtens: Um im Vorfeld der Fusion eine Mobilisierung und Sensibilisierung der Bevölkerung zum Thema eines gemeinsamen Landes zu erreichen, ist ein öffentlicher Dialog mit den Bürgern erforderlich. Vorbehalte gegen die Fusion zwischen Berlin und Brandenburg müssen thematisiert und entkräftet werden. Insbesondere muss der Dialog auf den Interessenausgleich von ländlichem Raum und Ballungszentren in einem gemeinsamen Bundesland ausgerichtet sein. Den Bürgern müssen die Vorteile und die Möglichkeiten, die sich durch eine Fusion ergeben, vermittelt werden. Eine Mobilisierung und Sensibilisierung der Bevölkerung in den wesentlichen, bereits erwähnten Punkten der Fusion ist angesichts der Diskussion über die Eckpunkte für ein Leitbild zur Metropolregion dringend erforderlich. Die puren Lippenbekenntnisse reichen nicht. Vielmehr muss der brandenburgische Parlamentspräsident Gunter Fritsch, der vor erst knapp einem Monat forderte:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit es nicht weiterhin nur bei Lippenbekenntnissen zur Fusion von Berlin und Brandenburg bleibt, fordern die Liberalen den Senat auf, eine detaillierte Fusionskonzeption vorzulegen. Neben der Darstellung fusionsrelevanter Aspekte ist ein zeitlicher Ablaufplan zu erstellen, der die einzelnen konkreten Schritte zur Fusion darlegt. Wenn heute der Antrag der Liberalen mit scheinheiligen Gründen – wie leider bereits im Ausschuss geschehen – erneut abgelehnt werden sollte,

[Zuruf des Abg. Doering (Linkspartei.PDS)]

ist wenigstens zu hoffen, dass sich der Senat die Leitlinien der Liberalen für eine Fusionskonzeption, wie sie im Antrag zum Ausdruck kommt, zu Eigen macht und im Interesse Berlins die aufgezeigten bzw. dargestellten Defizite auf dem Weg zu einer Fusion behebt.

Acht inhaltliche Schwerpunkte harren der Aufarbeitung:

Erstens: Der 1995 verabschiedete Neugliederungsstaatsvertrag muss auf Grund der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklung mit Brandenburg neu verhandelt werden.

Zweitens: Für eine finanzpolitisch gesicherte Länderfusion zwischen Berlin und Brandenburg ist eine vom Senat vorgelegte Konzeption zur nachhaltigen und soliden Finanzierung eines gemeinsamen Landes vorzulegen. Das Land Berlin kann und darf nicht abwarten, sondern muss schon im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine gemeinsame Finanzkonzeption mit dem Land Brandenburg entwickeln.

Drittens: Zur rechtspolitischen Konsolidierung des Fusionsprozesses ist die Rechtsangleichung zu vertiefen und zu beschleunigen. Das Gutachten der Normenkontrollkommission zur Rechtsharmonisierung zwischen Berlin und Brandenburg, das der Berliner Senat in Auftrag gegeben hat, hat ergeben, dass die Rechtsangleichung zwischen beiden Ländern nicht hinreichend beachtet wurde. Ein jüngstes Beispiel für viele abschreckende Beispiele verfehlter Rechtsangleichung ist die unterschiedliche rechtliche Regelung des Religionsunterrichts.

Viertens: Zur Positionsbestimmung der Rolle Berlins als Hauptstadt in einem gemeinsamen Land BerlinBrandenburg sind im Einzelnen die mit dieser Rolle verbundenen Aufgaben und das Tragen der damit verbundenen finanziellen Lasten mit allen Bundesländern und dem Bund zu erarbeiten.

Fünftens: Die Zusammenführung von Verwaltungseinheiten von Berlin und Brandenburg ist nicht zufrieden stellend. Sie verläuft eher schleppend. Mit dem Land Brandenburg ist eine abgestimmte Konzeption entwickeln.