Die beklagten Zustände an der Rütli-Hauptschule müssen durchaus ernst genommen werden, aber sie sind keineswegs symptomatisch für alle Berliner Schulen. Es gibt zahlreiche Beispiele gelungener Integration in der Stadt, auch an Hauptschulen.
Ich war heute Vormittag an der Nelson-Mandela-Schule, einer internationalen Schule, die die Integration bestens gelöst hat. Wir haben eine Vielzahl von hervorragenden Schulen mit den unterschiedlichsten Profilen in der Stadt, aber wir haben auch Problemschulen. Das war nicht unbekannt, ist nun jedoch vermehrt in das Licht der Öffentlichkeit gerückt.
Diese Transparenz steht im Einklang mit den aktuellen Zahlen der Gewalttaten, die auf Grund des besseren Meldeverhaltens angestiegen sind. Das mag absurd klingen, aber das finde ich gut. Wir müssen zunächst die Zustände schonungslos aufzeigen, bevor wir noch bessere Lösungsvorschläge erarbeiten können. Bei den Maßnahmen müssen wir zwischen kurz- und langfristigen unterscheiden. Es soll kein Schulstandort in der Stadt aufgegeben werden, und bei einem solchen Hilferuf muss sofort gehandelt werden.
Dennoch muss man – da wiederhole ich mich – diese Probleme ernst nehmen. Sie können nicht vom Schulsenator allein gelöst werden. Es bedarf der Zusammenarbeit mit anderen Ressorts, vor allem mit der Stadtentwicklung, was mit dem Quartiersmanagement auch erfolgt. Aber auch ein noch so kompetenter Senat kann die Probleme nicht allein lösen. Auch nicht die Koalition!
Es bedarf der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Dabei sind vor allem die Eltern zu nennen, Kollege Mutlu, da stimmen Sie mir sicher zu. Herr Piening betonte gestern erneut, dass eine noch stärkere Kooperation mit den Eltern aufgebaut werden muss. Völlig falsch ist es, den Eltern die Sozialhilfe zu kürzen, wenn sie mit der Erziehung ihrer Kinder tatsächlich überfordert sind.
Es muss ihnen vielmehr klar gemacht werden, dass sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben.
Wenn sie das Bildungsbewusstsein haben, dass sie ihre Kinder nur am Schultor abzugeben haben, und dann wird die Schule die versäumte Erziehung schon richten, dann ist das eben falsch. Einen richtigen Weg geht zum Beispiel die Nikolaus-August-Otto-Hauptschule, die ich sehr gut durch Praktikantinnen- und Praktikantenbesuche ken
Danke schön, Frau Kollegin Dr. Tesch! – Das Wort für die CDU hat nunmehr der Fraktionsvorsitzende, Herr Zimmer. – Bitte schön!
Ganz Deutschland kennt seit einer Woche kein anderes Thema als die Rütli-Schule und die Zustände an unseren Schulen, und Sie haben nichts Besseres zu tun, als das als inszenierten Medienrummel beiseite zu schieben und Herrn Böger und die rot-rote Schulpolitik zu loben. Sie haben die Zeichen der Zeit offensichtlich überhaupt nicht erkannt.
Rütli ist ein Synonym, aber wahrlich kein Einzelfall. Wir haben in der vergangenen Woche von Vorfällen an anderen Berliner Schulen gehört. Ich nenne nur die Pommern-Schule in Charlottenburg, wo eine arabische Gang auf der Suche nach einem farbigen Schüler der Schule die Schule gestürmt, und weil sie in nicht gefunden hat, nachdem ein Lehrer beherzt eingegriffen hat, einfach auf einen anderen Schüler eingeschlagen hat. Solche Vorgänge passieren in Berlin immer wieder. Sie werden nur im Augenblick einmal in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Und dann sagt Herr Böger, dass er von diesem Vorgang auch nur durch die Zeitung erfahren hat und nicht selbst in Kenntnis gesetzt wurde. – Das ist der Gipfel eines Eisbergs in der Rütli-Oberschule!
Überlagert und vermischt wird diese Debatte mit einer Diskussion über die Migrantenproblematik, da sich an den Hauptschulen sehr viele Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache befinden. Dabei hört man manches Mal auch sehr harte Töne. Die von Stoiber geforderte Abschiebung zum Beispiel ist ein Irrweg. Ich finde es ziemlich blamabel, dass ein Ministerpräsident eines so großen Landes einen solchen Quatsch erzählt.
Hierbei handelt es sich um ein deutsches Problem, das in Deutschland gelöst werden muss. Es handelt sich um unsere Kinder und Jugendlichen, die wir nicht einfach entsorgen können.
Strafen à la Schönbohm sind auch verfehlt. Grenzen in der Erziehung müssen allerdings her. Es handelt sich auch nicht per se um ein Migrantenproblem, sondern es ist in erster Linie ein soziales Problem. Diese Kinder sind oft die Einzigen, die morgens aufstehen, und leben schon in der dritten Generation von Sozialhilfe. Auch deutsche Kinder sind gewalttätig. Der Grund liegt nicht in der Herkunft, sondern in der Perspektivlosigkeit dieser Jugendlichen.
Frau Künast hat gestern im Bundestag eine Hauptschule in Sachsen-Anhalt erwähnt, in der sich kein einziges Migrantenkind befindet, die einen hohen Krankenstand der Lehrerinnen und Lehrer hat und wo es sehr große Gewaltprobleme gibt.
Jetzt fordert die Bundes-SPD eine Einschulung mit fünf Jahren und die Bayern-CSU einen verbindlichen Deutschtest. Ich erinnere daran: Wir haben das Einschulungsalter gesenkt. Wir haben einen Deutschtest und als erstes Bundesland einen verpflichtenden Vorkurs eingeführt. Wir haben mehr Ganztagsgrundschulen eingerichtet. Wir haben das Bildungsprogramm für die Kitas implementiert, und wir werden das letzte Kitajahr freistellen. Auf diesem Weg werden wir weiterarbeiten.
Nur: Geld allein löst das Problem auch nicht. Wir brauchen neue Konzepte, die allerdings manchmal Investitionen erfordern.
Ich wollte eigentlich noch etwas zu den Anträgen sagen, aber ich sehe, dass meine Zeit zu Ende ist. Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Schulausschusses zuzustimmen und die anderen beiden Anträge an den Schulausschuss zu überweisen, weil wir dort noch Diskussionsbedarf haben. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Tesch! Ich war jetzt ein wenig enttäuscht von Ihrer Rede.
Es ist viel zu lange weggesehen worden. Eines muss man an den Anfang einer Debatte über die Zustände an unseren Schulen stellen, nämlich die Suche nach den Ursachen. Es ist richtig: Ein Hauptauslöser für das, was wir an diesen Schulen im Augenblick betrachten können, ist die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen, die dort zur Schule gehen. Sie befinden sich in einem Teufelskreis: Sie haben das Gefühl von Perspektivlosigkeit, sie versuchen, das durch ein Verhalten zu kompensieren, das ihre Perspektiven wahrlich nicht verbessert, sie machen keinen Abschluss an der Schule, sie finden keinen Ausbildungsplatz, und dann haben sie tatsächlich keine Perspektive in unserer Gesellschaft. Exemplarisch dafür kann man sich ansehen, wie erfolglos Abgänger der Rütli-Schule auf dem Lehrstellenmarkt waren. Der letzte Jahrgang dieser Schule war ein Komplettausfall. Kein Einziger hat eine Lehrstelle gefunden.
Die jungen Menschen suchen einen Platz in der Gesellschaft. Aber was suchen sie? – Sie suchen das, was sie Respekt nennen. Und wie versuchen sie, diesen Respekt zu bekommen? – Indem sie sich mit Rollenmodellen à la Gangster-Rappern identifizieren, indem sie auf andere Schüler einschlagen, indem sie die Autorität der Lehrer missachten, indem sie Prügelvideos auf Handys austauschen. Da kann man gar nicht mehr versuchen, das Ganze schön zu färben und nett darüber zu reden, sondern das ist
Und man muss den jungen Menschen eine Perspektive bieten. Es gibt in Augsburg eine Hauptschule – die Friedrich-Ebert-Schule –, die von der „Initiative Hauptschule“ im Jahr 2005 als die beste Hauptschule deutschlandweit ausgezeichnet wurde. Woran liegt das? – Weil berufsqualifizierende Netzwerke mit Unternehmen gebildet werden, weil sich die Schüler mit den Schulen identifizieren, weil an der Schule ein Geist herrscht, dass diese Schule ein Ort ist, wo man miteinander umgeht und wo man sich selbst formt und formen lässt. Das ist durch die Multikulti
Träume und durch die antiautoritäre Erziehung, die unsere Freunde aus den alt-68er Jahren in die Schulen getragen haben, in Berlin verschütt gegangen. Das muss wieder nach vorn gerückt werden.
Es kann nicht angehen, dass in unseren Schulen Drogenhandel auf den Toiletten betrieben wird, dass Schüler mit Waffen in die Schule kommen, Lehrer bedrohen und Schulhausmeister verprügelnd. Was sind denn das für Zustände? – Da muss es auch das Durch- und Eingreifen des Staates geben. Es reicht nicht, dass Herr Körting ein paar Polizeibeamte auf die Straßenseite gegenüber stellt, die dann irgendwann einmal fünf Minuten für die Kamera ein Schaulaufen vor dem Schulgelände machen, sondern es muss in den Schulen intensiv kontrolliert werden,
und das muss regelmäßig und unangekündigt erfolgen, denn nur so werden Sie an den Schulen ordentliche Zustände herstellen können.
Die jungen Menschen haben auf diese Art und Weise keine Perspektive. Sie haben keine ausreichenden Deutschkenntnisse – damit beginnt es –, von den anderen Schulfächern ganz zu schweigen. Das gilt nicht nur für Schüler nichtdeutscher Herkunft. In letzter Zeit kann man eine Art Mimikry beobachten. Deutsche Schüler fangen an, an den Schulen in einem ähnlichen Slang zu kommunizieren, versuchen, sich wegzuducken, nicht weiter aufzufallen, weil sie dem gesellschaftlichen und sozialen Druck an der Schule ausweichen wollen. Das bedeutet, dass auch diesen jungen Menschen jegliche Perspektive in Berlin verbaut wird.
Respekt, der diesen jungen Menschen so wichtig ist, erwirbt man sich mit Leistungen und nicht mit Leistungsverweigerung. Diese Lektion muss an unseren Schulen wieder gelehrt werden.