Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Laut Senatsstatistik ist die Zahl der Minderjährigen, die in Armut leben, von 15,4 % im Jahr 2000 auf 18,4 % hochgeschnellt. Das ergibt ein Plus in Höhe von 3 %. Dass 166 000 Kinder und Jugendliche in Armut leben müssen, ist Ihre Bilanz!

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Zum Thema Kinderarmut erklärt die Verwaltung von Senator Böger auf Anfrage von Frau Dr. Barth:

Kinderarmut ist in der Regel die Folge von Erwachsenenarmut. Sind Eltern arm, dann sind auch Kinder arm.

Zu diesem Satz kann man stehen, wie man will. Das ist sicherlich auch eine Ursache, aber eigentlich müssten wir ein wenig weiter denken. Seelische Verwahrlosung, geistige Unterforderung von Kindern und Jugendlichen hat etwas mit Perspektivlosigkeit, mit kognitiver Unterernährung und mit der Gleichgültigkeit vom Elternhaus zu tun. Dazu kam von Ihnen, Herr Regierender, kein einziges Wort!

[Beifall bei der FDP]

Es geht noch weiter: In Berlin entfallen auf 100 000 Einwohner 11,7 % Straftatbestände von Kindesmisshandlungen. In Hamburg – durchaus vergleichbar – sind es auf 100 000 Einwohner 1,4 %. Mitte Februar 2006 nannte Senator Böger gegenüber der „Berliner Morgenpost“ bisher unveröffentlichte Zahlen. Demnach wurden den Jugendbehörden im Lauf des Jahres ca. 4 000 Fälle von ver

nachlässigten oder misshandelten Kindern benannt. Ich finde, das ist eine gewaltige Zahl!

Es geht noch weiter: Das Bildungssystem! – Muss ich hier noch viel dazu sagen? – bereitet Berlin die Schüler schlecht auf die Zukunft vor. PISA lehrt es uns immer wieder: Berlin ist Schlusslicht. Bayerische Realschulen können problemlos mit Berliner Gymnasien konkurrieren. Den Vergleich mit anderen Schultypen erspare ich mir, den kennen Sie.

Zurück zur Anfrage von Frau Dr. Barth! Dort heißt es:

Kinderarmut wird dann geringer, wenn der erste Arbeitsmarkt wieder belebt wird.

Auch dazu die Bilanz, Herr Regierender: Miserabel! – Herr Regierender! Sie haben wirtschaftspolitisch versagt. Sie haben arbeitsmarktpolitisch versagt, und ohne die Belebung des ersten Arbeitsmarktes bleibt Kinderarmut ein massives Problem in unserer Stadt.

[Beifall von der FDP – Zurufe von der SPD – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Das, Herr Regierender, das ist Ihre Bilanz! – Vor 14 Tagen haben Sie eine Regierungserklärung zum Thema Karlsruhe abgegeben. Das war wichtig, und das war richtig! Aber: Haushaltskonsolidierung ist das eine, aber

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

eine gute Zukunft, Herr Gaebler, für unsere Kinder ist das andere!

[Dr. Lindner (FDP): Das weiß doch Herr Gaebler nicht!]

Heute hätten Sie, hätten wir alle, die Gelegenheit, uns und vor allem den Menschen in unserer Stadt unsere Lösungen, die unterschiedlich sind, die aber auch eventuell Gemeinsamkeiten haben, vorzustellen. Deswegen sollten wir und vor allen Dingen Sie, Herr Regierender Bürgermeister, diese Chance nutzen. Deshalb bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Vorschlag zu! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Kollegin Senftleben! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich lasse nun über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen. Zuerst über den Vorschlag der Koalitionsfraktionen. Wer dieser Aktuellen Stunde seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Linkspartei.PDS. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind die Oppositionsparteien. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Damit ist das beschlossenes Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3. Die anderen Anträge haben somit ihre Erledigung gefunden.

Ich weise auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hin.

Folgende Mitglieder des Senats sind für die Abwesenheit an unserer heutigen Sitzung entschuldigt: Frau Senatorin Junge-Reyer ist von 16.00 bis 17.00 Uhr abwesend, weil sie das Grußwort zum „Tag der Bauindustrie“ hält; Herr Senator Dr. Flierl ist ab 16.00 bis ca. 20.00 Uhr abwesend, um an der Vorstandssitzung der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas teilzunehmen; Herr Senator Wolf ist ganztägig abwesend, wird jedoch teilweise durch den Herrn Staatssekretär vertreten, weil er auf der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz in Hamburg ist; Herr Senator Böger ist ganztägig abwesend, wird teilweise durch den Herrn Staatssekretär vertreten. Er ist zur Jugendministerkonferenz am 18. und 19. Mai 2006; Frau Bürgermeisterin Schubert ist von 13.00 bis ca. 17.00 Uhr abwesend, weil sie ab 12.30 Uhr an der Vorbesprechung der Justizministerinnen und Justizminister und der anschließenden Sitzung des Richterwahlausschusses des Bundes teilnimmt. Mit gestrigem Schreiben bittet Frau Senatorin Knake-Werner darum, unsere heutige Plenarsitzung gegen 19.00 Uhr vorzeitig verlassen zu dürfen. Im Rahmen des Hauptstadtkongresses Gesundheit und Medizin wurde sie um Teilnahme an der Abschlussveranstaltung gebeten.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Der Rest kann dann auch noch gehen!]

Am vergangenen Sonnabend fand ein bedeutendes Ereignis statt. Der Kollege Gaebler hat das Ergebnis auf dem Tisch stehen: Wir haben den Weltmeisterschaftspokal schon gewonnen! Eine Mannschaft des Abgeordnetenhauses von Berlin hat ihn gewonnen!

[Allgemeiner Beifall]

Da ist der Pokal!

[Allgemeiner Beifall]

Die Gelegenheit war auch günstig, denn es war die „Lange Nacht der Wissenschaften“. Aus diesem Anlass hat es ein Fußballspiel Wissenschaft gegen Politik gegeben. Die Mannschaft des Abgeordnetenhauses – unter anderem die Abgeordneten Herr Christian Gaebler, Herr Axel Hahn und Herr Dr. Michael Arndt – war in der Auswahl Berliner Politik dabei und hat gegen die drei Berliner Universitäten 4 : 3 gewonnen. – Dazu herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeine Heiterkeit]

Ja, es dürfen alle diesen Weltmeisterschaftspokal berühren! Wir können ihn ja herumgeben! Bei den Fußballern wird er immer geküsst, aber das muss im Parlament nicht sein.

[Zuruf des RBm Wowereit]

Ja, gewonnen mit der Unterstützung der Herren aus der Senatskanzlei! Das wollen wir nicht unerwähnt lassen! Der Herr Regierende Bürgermeister legt Wert auf, dass das gesagt wird.

Bevor wir zur Fragestunde kommen, habe ich die Freude, den Betriebsrat von CNH, den Berlinerinnen und Berlinern besser bekannt als Orenstein & Koppel, unter

der Leitung des Betriebsratsvorsitzenden Herrn Fromm begrüßen zu können. – Herzlich willkommen!

[Allgemeiner Beifall]

Sie wissen, wir haben einvernehmlich zwischen den Fraktionen beschlossen, Ihren Kampf zu unterstützen und zu einem guten Ende zu führen. In diesem Prozess sind wir trotz der Vereinbarung, die Sie getroffen haben, noch voll integriert. Sie wollen verständlicherweise hören, was wir dazu zu fragen und der Senat zu sagen hat.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Die Fragen Nrn. 3, 6 und 9 der Frau Abg. Dr. Hiller (Linkspartei.PDS), von Frau Fischer (SPD) und Herrn Ratzmann (Grüne) zum Thema „Fußballweltmeisterschaft und Sicherheitsmaßnahmen“ sollen zusammengefasst werden. Das haben die Geschäftsführer der Fraktionen bereits gestern vorgeschlagen. – Zu dieser Verbindung höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so. Die Prozedur ist Ihnen bekannt, unter Umständen teilt auch der Senat seine Beantwortung auf.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat nun Frau Abgeordnete Grosse von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Zukunft des Spandauer Baumaschinenwerkes CNH

Bitte schön, Frau Grosse!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie ist der Sachstand der Bemühungen, einen Sozialtarifvertrag bei CNH zu vereinbaren, mit welchen Inhalten ist diese Vereinbarung ausgestaltet, und wie bewertet der Senat das Ergebnis der Verhandlungen?

2. Bleibt der Senat weiterhin bei seiner Haltung, auf die Rückzahlung von Fördergeldern und Subventionen in Höhe von ca. 70 Millionen € zu bestehen, und aus welchen einzelnen Posten setzt sich diese Forderung zusammen?

Es antwortet Herr Staatssekretär Strauch für die Wirtschaftsverwaltung. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Grosse! Meine Damen und Herren! Der Senat ist nicht Verhandlungs- und Vertragspartner dieser Einigung. Dem Senat ist aber bekannt, dass die Parteien an einer Einigung arbeiten. Diese sieht ein Abfindungsvolumen von 29 Millionen € für die 333 betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. Aus der Sicht des Senats ist ein Sozialplan immer nur die viertbeste Lösung. Die beste