Die zweite Stufe Ihrer merkwürdigen Rakete brachte Angst und Schrecken in die Koalition von SPD und PDS. Sie mussten feststellen, dass das Straßenausbaubeitragsgesetz Ihrer besserverdienenden Klientel in den Einfamilienhausgebieten schwer zu schaffen machen würde. Deshalb musste genau diese Klientel im Koalitionsinteresse anderweitig entlastet werden. Also weitete man die in den Ostbezirken geltende Stichtagsregelung im Erschließungsbeitragsgesetz auf die Westbezirke aus und konnte sich so auch noch als Förderer der Rechtseinheit in Berlin aufspielen.
Damit haben Sie für eine Veranstaltung geworben, damit haben Sie aufgerufen. Ich will nur noch einmal sagen, dass diese Textpassage, in der Ihre Vereinigung, der VDGN, aufruft, textgleich ist mit Ihrem Brief als Abgeordneter an die Wäherinnen und Wähler. Das sollte mich eigentlich nicht interessieren, aber Sie sollten wirklich überlegen, was Sie da machen. Denn Sie machen aus einem Verband, der zu Recht die Interessen seiner Mitglieder vertritt, aus diesem bisher parteiunabhängigen Verband machen Sie einen Czaja-Wahlverein. Sie sollten sich überlegen, was Sie diesem Verband antun!
Dabei nahm Rot-Rot für die Zukunft Einnahmeausfälle zu Lasten Berlins in einer Größenordnung in Kauf, die prompt die Proteste der zuständigen Behörden auslöste. Wir erinnern uns alle noch an die Anhörung und an die Spandauer, was die Ihnen vorgehalten haben, was das für Spandau und andere Bezirke für Konsequenzen haben würde.
Nun hat das Oberverwaltungsgericht in Brandenburg Ihre Abgabenrakete völlig ins Trudeln gebracht. Es erklärte die Manipulation am Erschließungsbeitragsgesetz schlicht für rechtswidrig.
Ja, selbstverständlich! – Das ist doch auch klar. Eine entstandene Beitragspflicht kann nicht rückwirkend entfallen. Das geht nicht. Damit bleibt es zunächst beim Straßenausbaubeitragsgesetz, sozusagen pur. Nach diesem Gerichtsurteil ist außer dem puren Gesetz nichts mehr dran. Das bedeutet, es wird mehr abkassiert als vom Wowereit-Senat gewollt. Die Verwaltung hat sich inzwischen auch beruhigt, weil sie nachträglich ihre Erschließungsbeiträge auch noch erheben können.
Herr von Lüdeke! Darf ich Ihre Äußerungen zum Erschließungsbeitragsgesetz so interpretieren, dass Rot-Rot versucht hat, Hausbesitzer zu Lasten der Landeskasse zu entlasten?
Doch das Gericht hat Ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, das ist doch gar keine Frage. Das hätte man Ihnen vorher sagen können, dass diese ganze Sache nicht funktioniert. Das war ein reines Placebo, den Sie verarbeitet haben, nichts anderes.
Ihre Rakete ist nun endlich abgestürzt, denn die Bürgerinnen und Bürger sind nicht ruhig. Sie beunruhigt das verantwortungslose Drehen an der Abgabenschraube in der Stadt, die sich, wie der Finanzsenator gerade festgestellt hat, wirtschaftlich, haushalterisch und sozialpolitisch in einem schlechten Zustand befindet. Deshalb sagen wir als FDP: Mit uns kein Straßenausbaubeitragsgesetz! Lassen Sie uns den Schrott gemeinsam entsorgen, möglichst heute, möglichst rückstandsfrei! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Kollege von Lüdeke! – Für die Fraktion der Linkspartei.PDS ist nun der Kollege Doering an der Reihe. – Bitte sehr, Herr Doering!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der heutigen Rede von Herrn Czaja wäre ich beinahe sprachlos geworden, wenn mir nicht doch noch eingefallen wäre, dieses Flugblatt mitzunehmen.
Es werden maximal 5 000 € Beiträge genommen werden. Erste Bescheide erhalten Beiträge bis zu 72 000 €.
Herr Czaja, Sie wissen ganz genau, dass Sie damit den Leuten erzählen, dass die erste Aussage – nicht mehr als 5 000 € – eine Lüge ist. So führen Sie eine Angst- und Verunsicherungskampagne vor Ort durch.
Sie haben das, wie ich es der Presse entnehmen konnte, richtig gestellt und nebenbei erwähnt, dass es keine Bescheide gewesen seien, dass es sich im Übrigen bei den 72 000 € um ein Gewerbegrundstück handele. Tatsächlich gehe es um Beträge zwischen 2 000 € und 4 000 €, die in Pankow ermittelt worden seien. So eine Anfrage in der BVV in Pankow. Interessant bei dieser Angelegenheit ist, dass Sie sagen: Die CDU ist vehement gegen dieses Gesetz. – Das nehme ich zur Kenntnis. Aber – Kollege Radebold hat diese Frage bereits gestellt –: In welchem Bundesland, in dem die CDU das Sagen hat, gibt es eine solche Initiative? – Ich sage Brandenburg – Ihr Verband prahlt ja damit, welch gute Beziehungen Sie zur CDU in Brandenburg haben –: keine Initiative. Ich sage Niedersachsen – Landesregierung CDU, FDP –: keine Initiative. Ich sage Pankow – ein CDU-Stadtrat lädt Leute ein und sagt: Liebe Leute, ich habe jetzt vor, ein Straßenausbaubeitragsgesetz anzuwenden, ihr habt mit diesen und diesen Beträgen zu rechnen. – Ohne schriftliches Anhörungsverfahren, wie es vom Gesetz vorgesehen ist, ohne die BVV zu beteiligen und so weiter. Ein CDU-Stadtrat, wo die CDU angeblich vehement gegen dieses Gesetz ist,
Ich möchte noch kurz etwas zum Straßenausbaubeteiligungsgesetz sagen. Wir haben verlangt, dass es mehr Mitbestimmung gibt, dass diejenigen, die zur Kasse gebeten werden, viel mehr beteiligt werden.
wendet dieses Gesetz unter Umgehung der Vorschriften an. Das muss man sich einmal klar machen! Und dann stellen Sie sich hier heuchlerisch hin und sagen, Sie sind dagegen.
Nein, ich bin noch nicht fertig, ich muss mich ja auch noch mit der FDP befassen, weil sie auch falsch redet und offensichtlich von den Dingen keinerlei Ahnung hat. Das ist auch nichts Neues. Das wäre auch das erste Mal gewesen, dass ich von Herrn von Lüdeke und von Ihnen, Herr Dr. Lindner, eine Rede gehört hätte, auf die Sie sich inhaltlich vorbereitet hätten und bei der Sie wüssten, worüber Sie reden. Sie wissen überhaupt nicht, worüber Sie reden! Ich nehme einmal Ihren Antrag, in dem sie behaupten, das Gericht hätte gesagt, die Stichtagsregelung sei gecancelt. Das hat das Gericht überhaupt nicht getan. Hier habe ich die Pressemitteilung des Gerichts. Sie haben sie offensichtlich noch nicht einmal gelesen. Es geht um einen einzigen Fall, in Spandau in der Nonnendammallee. Das ist bekanntermaßen Industrie- und nicht Siedlungsgebiet. Es ging darum, dass die U-Bahn gebaut wurde und Maßnahmen durchgeführt wurden. Ende der 90er Jahre und im Jahr 2000 sind Bescheide zur Abrechnung erteilt worden. Jetzt sagen Sie mir bitte, welcher Stichtag in unserem Gesetz jetzt gilt. Es ist der 3. Oktober 1990 und nicht 1999 oder 2000.
Das Gericht hat im Gegenteil die Stichtagsregelung bestätigt. Es sagte nur in diesem Fall, dass begonnene Maßnahmen auch abgerechnet werden können. Das betrifft diesen einzigen Fall zum Vorgang Ende der 90er Jahre. Das ist Fakt. Sie behaupten in Ihrem Antrag und reden den Unsinn von Herrn von Lüdeke nach, die Stichtagsregelung wäre gekippt. Das ist falsch.
Die Stichtagsregelung besagt, das Straßen, die vor dem 3. Oktober 1990 gebaut wurden, nicht nur im Ostteil, sondern auch im Westteil der Stadt, als erschlossen gelten. Diese Stichtagsregelung hat das Gericht bestätigt. Deshalb ist Ihr Antrag einfach Unfug. Auch Sie streuen Misstrauen und reden falsches Zeugnis bei den Wählerinnen und Wählern. – Danke schön!
[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD – Dr. Lindner (FDP): Die Quintessenz ist, dass Sie die Bürger abzocken!]
Danke schön, Herr Kollege Doering! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr Frau Oesterheld das Wort. – Bitte schön, Frau Oesterheld!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was gibt es für eine bessere Begründung, auch einmal aus dem Abgeordnetenhaus herauszugehen? Es ist die 7. oder 8. Rede zum Straßenausbaubeitragsgesetz. Die Qualität ist nicht besser geworden. Das Gegenteil ist der Fall.
Deshalb mache ich es auch relativ kurz. Ein Gesetz, das in I. Lesung zur letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode eingebracht wird, ist Unfug und nicht ernst gemeint.
Hinsichtlich des Antrags der FDP – es betrifft eigentlich das Erschließungsgesetz und nicht das Straßenausbaubeteiligungsgesetz – sollte das Parlament in der nächsten Legislaturperiode entscheiden, was es für wichtig erachtet. Dem müssen wir keinen Auftrag erteilen. Deshalb sollte auch dieser Antrag abgelehnt werden.
Natürlich geht es. Es wurde eben auch ein Beispiel genannt. – Wir haben einen Vorschlag dazu unterbreitet, wie man das machen kann. Sie wissen ganz genau, dass wir uns nie aus der Debatte herausgemogelt haben. Wir haben immer gesagt, dass wir dazu stehen, dass aber die Leute, die bezahlen sollen, auch mitbestimmen und die Kosten mit überprüfen sollen. Bei der zweiten Sache mit dem Erschließungsgesetz fanden wir die Intention richtig. Es war aber schon ziemlich empörend, wie Sie hier, ohne zu wissen, welche Auswirkungen es auf den Haushalt hat, einfach das Gesetz beschlossen haben. Nicht nur im Bauausschuss, sondern auch im Hauptausschuss wurde argumentiert, sie hätten leider keine Ahnung, was das bedeutet. Solche Gesetze vorzulegen ist sogar rechtswidrig, denn die Landeshaushaltsordnung sagt etwas anderes.
Deshalb werden wir diese Anträge ablehnen. Ich habe jetzt keine Lust, dieser Debatte noch großartige Reden hinzuzufügen. Anscheinend sind doch alle unbelehrbar.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Das Gesetz ist bereits vorab an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr überwiesen worden. Die nachträgliche Zustimmung hierzu stelle ich fest. Zusätzlich soll das Gesetz noch an den Hauptausschuss überwiesen werden, wozu ich ebenfalls keinen Widerspruch höre.