Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

und schlägt vor, ein Qualifizierungsprogramm für diese einzurichten. Wir wollen ihn ablehnen, nicht weil wir dagegen sind, sondern weil er durch Verwaltungshandeln bereits erledigt ist. Es gibt nämlich am LISUM schon diverse Qualifizierungsmaßnahmen für Schulleitungen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Lesen Sie mal den Antrag durch!]

Den habe ich mir sehr genau angesehen, und alle diese Dinge können Sie im Verzeichnis des LISUM nachlesen. Dazu werden Kurse angeboten.

Die Ursachen für PISA, Herr Steuer, sind multikausal.

[Mieke Senftleben (FDP): Richtig!]

Sie können nicht behaupten, es liege nicht an der Schulstruktur, sondern ausschließlich in der einzelnen Schule begründet. Es ist doch ein Zusammenspiel von allen Faktoren. Richtig ist, dass wir auch mehr und anderes Personal an den Schulen brauchen. Da ist uns Finnland auf alle Fälle voraus. Das haben wir immer gesagt. Es wundert mich im Übrigen, dass die CDU-Fraktion ausgerechnet Finnland heranzieht, was sie sonst immer abgelehnt hat, mit dem Hinweis, das kann man gar nicht vergleichen. Da hat sie sogar ein Stück weit recht. Es ist aber richtig: Wir dürfen nicht nur Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher an den Schulen haben, wir brauchen auch Schulpsychologen. Wir haben jetzt auch an jeder Hauptschule zum Beispiel einen Sozialarbeiter eingestellt. Das ist auch richtig so.

Die Ermäßigungsstunden haben Sie gar nicht erwähnt, Herr Steuer. Die Ermäßigungsstunden für Schulleiter wurden am Ende der letzten Legislaturperiode noch einmal wieder heraufgesetzt, und zwar abhängig von der Größe der Schule. Das finde ich auch gut so.

Anders sieht es mit den Schulsekretärinnen aus. Das sieht die Koalition ähnlich wie die antragstellende CDUFraktion. Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag formuliert, den ich noch einmal vorlese:

Der Senat wird aufgefordert zu prüfen, in welcher Form und in welchem Umfang Verwaltungskräfte aus dem Zentralen Stellenpool in den Schulsekretariaten und der schulischen Selbstverwaltung zukünftig eingesetzt werden können.

[Mieke Senftleben (FDP): Immer prüfen, prüfen! Geprüft haben wir genug!]

Ja, wir müssen dies erst einmal prüfen, Frau Senftleben! Ich sehe es aber auch so, dass wir es brauchen.

Bezüglich der Schulhausmeister hat es eine Arbeitsgruppe auf der Ebene der Bezirksstadträte gegeben, und der Rat der Bürgermeister hat einen Beschluss gefasst. Heute haben wir hier aufgrund meiner spontanen Anfrage erfahren, dass der Innensenator mit den betreffenden Parteien einen Tarifvertrag für die Schulhausmeister ausgehandelt hat. Darüber bin ich auch sehr glücklich.

[Beifall von Karin Seidel-Kalmutzki (SPD)]

Danke, Frau Seidel-Kalmutzki! Das Lob ist eigentlich für den Innensenator bestimmt, der jetzt aber nicht mehr da ist.

Ich kann mir auch vorstellen, dass sich für die Belange der Schulsekretärinnen eine Arbeitsgruppe auf Bezirksebene gründet und flankierend vom Senat Unterstützung zugesagt wird.

Ich empfehle daher, die erste Beschlussempfehlung abzulehnen und dem Änderungsantrag zur zweiten Beschlussempfehlung zuzustimmen. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Für die Grünen hat der Abgeordnete Mutlu das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grunde kann ich all dem, was Herr Steuer gesagt hat, zustimmen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Mieke Senftleben (FDP)]

Das betrifft die Autonomie und die zusätzlichen Kompetenzen für die Schulen. In diesem Zusammenhang frage ich: Wie oft wollen Sie irgendwelche in den Schulen vorliegenden Probleme überprüfen? Wann wollen Sie endlich Maßnahmen ergreifen? Das Problem ist, dass Sie immer nur reden und die Anträge der Opposition zu Prüfaufträgen machen. Damit wird das Thema beerdigt. Das sind wir von Ihnen gewohnt. Das machen Sie bereits seit fünf Jahren. Deshalb ist es richtig, Frau Tesch, dass wir heute erneut darüber reden.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Zahlreiche internationale Studien haben deutlich gemacht, dass die weitestgehende Eigenständigkeit der Schulen für die Qualität der Bildung und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler von entscheidender Bedeutung ist.

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Nach einem von PISA stammenden Index für die Schulautonomie befinden wir uns auf Platz 26. So toll kann es demnach um unsere Selbstständigkeit nicht bestellt sein. Besonders gering ist nach diesem Index der Einfluss der Schulen auf Einstellungen und Entlassungen von Lehrkräften, die Festsetzung eines Schulbudgets und die Inhalte der Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte. Dabei ist der Ausbau der Selbstständigkeit der Einzelschulen ein wesentliches Element im Prozess der Umsteuerung in unserem Bildungswesen. Sie haben das scheinbar immer noch nicht kapiert.

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Im Prozess müssen wir den Schulen klare Ziele setzen, den Weg zu diesen Zielen frei machen, die Ergebnisse

überprüfen und anhand der Ergebnisse notwendige Hilfen und Unterstützung zur Verfügung stellen.

[Christian Gaebler (SPD): Du musst deine Rede mal aktualisieren!]

Ja, ja! Wenn dir nichts einfällt, machst du immer wieder dieselben Zwischenrufe.

[Christian Gaebler (SPD): Der war neu!]

Das neue Berliner Schulgesetz, das seit dem Jahr 2004 gilt und den Schulen tatsächlich mehr Eigenverantwortung zubilligt, gibt es leider nur auf dem Papier. Wenn man sich die Situation vor Ort anschaut, erkennt man, dass dort von der Eigenständigkeit nichts angekommen ist. Das merkt man beispielsweise bei den alljährlichen Einstellungen – ich hätte fast Einstellungsorgien gesagt –, bei den Castings. Die Schulen haben angesichts der Bewerberzahl und der Kürze der Zeit keine Möglichkeit, Einfluss auszuüben. – So viel zur Eigenständigkeit.

Besonders auffällig ist, dass die Schulleitungen keine Möglichkeit haben, bei der Planung und Durchführung schulbezogener Fort- und Weiterbildung eigenständig und gezielt zu agieren. Das sieht man daran, dass die Schulen keine Fortbildungsbudgets haben. Es ist ganz wichtig, dass sie die bekommen, auch wenn das nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags ist. Wenn man sich die Kompetenzen der Schulleiterinnen und Schulleiter anschaut, stellt man fest, dass man von Managerinnen und Managern weit weg ist. Sie haben kaum die Möglichkeit, schulische Qualität zu entwickeln.

Aus diesem Grund ist der CDU-Antrag, der gemeinsam mit einem Antrag der Grünen – den wir jedoch noch zurückgestellt haben – beraten wurde, richtig und hätte auch die Zustimmung der Koalition finden müssen. Die Schulleiterinnen und Schulleiter müssen die erforderliche materielle und personelle Stärkung erhalten. Sie sind, wie in anderen Politikbereichen, daran offensichtlich nicht interessiert, die Stadt nach vorne zu bringen.

[Beifall bei den Grünen und der CDU-Fraktion]

Nicht umsonst wirft die gesamte Presse dem Senat Lethargie und Untätigkeit vor. Diese Ansicht teilen wir, hoffen aber, dass Sie bei einigen guten Anträgen der CDU den Mut aufbringen, über Ihren Schatten zu springen und im Interesse der Berliner Schülerinnen und Schüler zuzustimmen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Mieke Senftleben (FDP)]

Das Wort für die Linksfraktion erhält Herr Zillich. – Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Steuer! Mit der Alternative zwischen preußischer Lehran

stalt und Unternehmen wollen wir uns nicht begnügen. Schule soll ein Ort des Lernens sein, und Horte der Demokratie sind beide Formen nicht. Wir wollen die gelebte Demokratie an der Schule.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Die Anträge der CDU behandeln zwei Probleme der Berliner Schule, die im Zusammenhang betrachtet werden sollten. Lehrerinnen und Lehrer leisten an den Berliner Schulen viel. Sie haben dabei durchaus nicht die besten Bedingungen. Es gibt eine Reihe organisatorischer Hemmnisse, beispielsweise eine ausufernde Bürokratie, Kompetenzunklarheiten in der Verwaltung, enge Vorgaben bezüglich der schulischen Selbständigkeit, teilweise nicht umsetzbare Vorgaben, Kommunikationsstörungen zwischen der Schulverwaltung und den Schulen, Fehlsteuerungen, Probleme bei der Lehrerbedarfsplanung und -zuteilung und die Überlastung durch viele Nebenaufgaben. Das erschwert die komplizierte Arbeit der Berliner Schulen. Eine solche Vergeudung können wir uns nicht leisten, weil wir sie für die Förderung der Schülerinnen und Schüler benötigen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Weil das so ist, brauchen wir in der Tat eine grundlegende Überprüfung der Organisation der Berliner Schule. Das hat der Senator erkannt, und er geht das Problem an.

[Zurufe]

Atmen Sie einmal durch! Man kann als Opposition immer behaupten, es sei zu spät. – Das Eingeständnis des Senators, dass wir eine grundlegende Überprüfung der Organisationsform der Berliner Schule brauchen, ist begrüßenswert. Wenn man diese Erkenntnis hat, kann man verschiedene Wege zum Umgang mit dem Problem beschreiten. Der Senator hat Projektgruppen eingesetzt, die sich mit den Problemen befassen sollen. Wir unterstützen diesen Weg. In den Projektgruppen sind sowohl Externe als auch Schulpraktiker, die täglich mit den Problemen zu tun haben, vertreten. Das gibt uns die Gewähr, dass unvoreingenommen analysiert wird und Vorschläge gemacht werden. Wenn man diesen Weg unterstützt, hat man aus unserer Sicht die politische Verantwortung, sich so zu verhalten, dass der Weg zum Erfolg führen kann. Das bedeutet, dass man den Projektgruppen die Chance gibt, zu arbeiten, Vorschläge zu entwickeln und diese bewerten zu lassen.

Falsch wäre es, Einzelpunkte herauszugreifen und Vorentscheidungen zu treffen, und zwar aus zwei Gründen: Wenn man kein Stückwerk von Maßnahmen haben will, wenn man die Kommunikationsstörungen und den Aktionismus unterbrechen will, muss man das Problem im Zusammenhang betrachten und bewerten. Zudem leben wir hier nicht im Schlaraffenland. Deshalb muss man ein Maßnahmenbündel auch unter Ressourcengesichtspunkten abwägen. Das hat nur im Zusammenhang Sinn.

Deswegen finden wir es richtig, wenn Vorschläge eingebracht werden, und diese müssen in die Debatte, die folgt, insgesamt eingebracht werden. Weil wir wollen, dass ge

nau dieser Prozess, nämlich die grundlegende Überprüfung der Organisationsweise der Berliner Schule, Erfolg hat, erlegen wir uns die Disziplin auf, keine Einzelprobleme herauszugreifen, sondern die Vorschläge der Arbeitsgruppe abzuwarten, diese dann zu bewerten – wir hoffen, dass wir im Sommer so weit sein werden – und insgesamt und im Bündel Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch Sie müssen sich die Frage stellen, ob Sie diesen Weg der Projektgruppen – er wurde von Ihnen nicht kritisiert, soweit ich weiß – unterstützen wollen oder nicht. Das ist Ihre Entscheidung. Unsere Entscheidung haben wir getroffen. Wir wollen ihn unterstützen, weil wir denken, dass er für die Berliner Schule gut und notwendig ist.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne) – Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön!