Ich glaube, Herr Dr. Pflüger, Ihre Fraktion und auch unsere Fraktion hatten damals gute Gründe für diese Entscheidung. Es kann doch nicht sein, dass ein Prozent der Wahlberechtigten mit einer Unterschriftensammlung wichtige Projekte auf Jahre hinaus blockiert. Das haben Sie ja auch anderer Stelle nicht zugelassen. Herr Dr. Pflüger, Sie waren damals noch im Deutschen Bundestag, als das Verkehrswegebeschleunigungs-Gesetz zum wiederholten Mal verlängert worden ist. Auch da haben Sie festgelegt, dass, egal wie viele Einwendungen es zu einem Verkehrsvorhaben gibt, trotzdem weitergebaut wird. Es hat keine aufschiebende Wirkung. Es gibt nur noch den Klageweg, und der hat keine aufschiebende Wirkung. So sieht Ihre Bürgerbeteiligung an anderer Stelle aus. Deshalb sind das, was Sie hier geweint haben, Krokodilstränen, nicht mehr.
Auch der Springer-Verlag muss sich da fragen lassen – gerade der Springer-Verlag! –, der jetzt über die „BZ“ sagt, es sei ein Skandal, wenn man diese Unterschriftensammlung nicht sofort zum Anlass nimmt, alles fallen zu lassen, was man an Projekten in der Hand hat. Sie sind doch diejenigen, die trotz eines erfolgreichen, abgeschlossenen Bürgerbegehrens immer noch dagegen klagen, dass die Rudi-Dutschke-Straße umbenannt wird. Das ist doch lächerlich, was sie treiben!
Gut! – Kurz zum Abschluss: Herr Dr. Pflüger, sagen Sie den Menschen endlich die Wahrheit! Sagen Sie die Wahrheit zum Volksbegehren: Es gefährdet den BBI, weil
es einen Verkehrsflughafen fordert. Sagen Sie die Wahrheit zum Betreiberkonzept: Es gibt keine neuen Tausende von Arbeitsplätzen, sondern 60 Arztpraxen in Tempelhof, Neukölln, Schöneberg und Kreuzberg sollen geschlossen und an diesem Standort konzentriert werden. Die Wahrheit zur Flughafennutzung: Von den 29 878 Unterzeichnern, die – –
Sie wollen für wenige begüterte Menschen 500 Hektar öffentlichen Lands zur Verfügung stellen, kostenlos für einen Betriebsflughafen für fünf bis sechs Flugbewegungen pro Tag.
Wenn wir das den Leuten klarmachen, dann unterschreiben sie auch Ihr Volksbegehren nicht mehr. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Hämmerling das Wort.
Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Auch wir finden es ärgerlich, wenn der Senat die Planänderung für Tempelhof zeitlich parallel mit dem Volksbegehren betreibt. Das ist richtig. Wir hatten nämlich schon vor drei Jahren vorgeschlagen, das Planungsrecht zu ändern. Wäre der Antrag nicht abgelehnt worden, hätte das Tempelhofer Feld ab 2008 denselben Status wie der große Tiergarten mit seiner Randbebauung. Da kann ich einfach nur den Koalitionsfraktionen sagen: Dumm gelaufen. Den Ärger hätten Sie sich sparen können, denn ein Volksbegehren zum Fliegen im Park hätte es wohl kaum gegeben.
Kommen wir zu dem Volksbegehren. Wir sind für die direkte Demokratie. Wir sind für Volksbegehren, aber wir sind auch für Ehrlichkeit, und das Volksbegehren will einen Verkehrsflughafen – Herr Gaebler sagte es – und nicht nur den kleinen Geschäftsflugverkehr. Damit ist es chancenlos, und das muss man den Menschen auch so sagen. Wenn der Verkehrsflughafen Tempelhof bleiben soll, brauchen Sie die Zustimmung Brandenburgs. Glauben Sie wirklich, dass Brandenburg bereit ist, den gemeinsamen Landesentwicklungsplan Flughafen Schönefeld zu ändern, wenn damit BBI gefährdet wird?
Glauben Sie das wirklich, und glauben Sie, dass Brandenburg bereit ist, auf Steuereinnahmen aus BBI zu verzichten, nur weil Berlin plötzlich keine Lust mehr hat, Tempelhof zu schließen? Das wäre doch die Politposse, Herr Pflüger. Brandenburg wird den Teufel tun.
Der Planfeststellungsbeschluss für Schönefeld wurde auch mit der Schließung von Tempelhof begründet, denn am Stadtrand sind weniger Menschen von Lärm, Abgasen und Unfallrisiken betroffen. Damit ist klar: Wer Tempelhof offen halten will, der gefährdet BBI. Das weiß Brandenburg, und das weiß Berlin. Wie zuverlässig ist denn Berlin als Partner des Bundes und von Brandenburg, wenn Berlin einseitig den Konsensbeschluss von 1996 verlässt? Das kann so nicht sein. Dazu sagen wir nein. Dafür gibt es keine politischen Mehrheiten in Brandenburg, in Berlin auch nicht. Tempelhof wird geschlossen, und daran wird – leider, muss ich sagen – die Koalition nicht zerbrechen.
um nicht mehr und um nicht weniger geht es dabei. Seien Sie so ehrlich und sagen Sie das den Leuten, die das Volksbegehren unterschreiben! Begründen Sie doch endlich einmal, warum Ihnen ein paar kleine Flugzeuge und eine Investition von 350 Millionen € auf 368 Hektar Fläche wichtiger sind als die Milliardeninvestitionen und Tausende neue Arbeitsplätze in Schönefeld. Wir setzen da andere Prioritäten.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP! Ihr Geschäftsflughafen Tempelhof würde jedem Businessflieger über 80 m² Freifläche bieten. Das ist ungefähr zehnmal so viel, wie die Kreuzberger und Neuköllner Bevölkerung pro Kopf zur Verfügung hat. Das lehnen wir schon wegen der sozialen Ungerechtigkeit ab. Nein danke zu solchen Plänen! Seien Sie sicher: Wir werden die Leute über das informieren, was da ansteht, und wir werden sie mobilisieren. Wir werden sie mobilisieren,
gegen das Volksbegehren zu stimmen. Nicht wir allein, wir haben Verbündete. Die Umweltverbände und andere haben uns breite Unterstützung dafür zugesagt. Wie erfolgreich wir sein können, das haben Sie bei der RudiDutschke-Straße gesehen.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP! Sie glauben an die Zukunft vom Kleinflughafen in Tempelhof. Wir sagen: Das Tempelhofer Feld muss wieder das werden, was es vor 75 Jahren war: Erholungs- und Freifläche.
Der Flughafen war lediglich eine Zwischennutzung. Wir brauchen Erholungs- und Freifläche für alle Berlinerinnen und Berliner, nicht ein Privileg für einige finanzkräftige Leute! Wir engagieren uns für eine lebenswerte Stadt, für neue Stadtteile, für einen öffentlichen Park, und wir wollen 200 000 Berlinerinnen und Berliner vor Lärm, Mief und den Gefahren des Flugverkehrs bewahren.
Wir brauchen Ideen für das Tempelhofer Feld. Da stimme ich Ihnen ja zu. Die Tempelhofer Freiheit war gestern Thema einer Veranstaltung des Senats. Das war ein erster Ansatz. Ich wünsche mir sehr viel mehr davon. Wir brauchen einen internationalen Wettbewerb, und das wird dann auch sehr schnell die Mehrheit der Berliner und Berlinerinnen begeistern. Wir versprechen Ihnen: Wir werden mobilisieren, und wir werden gewinnen. Tempelhof wird 2008 geschlossen.
Aber diesmal geht es tatsächlich um mehr. Diesmal geht es auch um das Volksbegehren und um demokratische Regeln in diesem Land.
Herr Pflüger, auch wenn Sie damals nicht dabei waren, würde ich Ihnen dringend empfehlen, die Position Ihrer Partei zu den damaligen Verfassungsänderungen nachzulesen und ehrlich zu der Position zu stehen, die Sie damals als CDU eingenommen haben. Sie haben gegen mehr Demokratie gestimmt, und Sie erzählen hier, Sie seien Vorreiter gewesen.
Die Zweidrittelmehrheit hier im Hause ist gegen die Argumentation der CDU zustande gekommen, die mit solch bizarren Argumenten daherkam, dass mehr Demokratie durch Volksentscheide und Bürgerbegehren eben zu Verzögerungen führen würde. Es würde Geld verschwendet werden. Es würde zu einer Delegitimierung der gewählten Parlamente und Abgeordneten führen. Mit solchen bizarren Argumenten hat die CDU damals argumentiert, und heute will sie davon nichts mehr wissen. Das ist bigott und schäbig.
Sie haben wieder nicht zu der Position der CDU zu dem sogenannten Konsensbeschluss Stellung genommen. Damals ist die CDU als die Vorprescherin in Erscheinung getreten: Schließung von Tegel und Tempelhof und Konzentration des Flugverkehrs im BBI in Schönefeld, und jetzt tun Sie so: Papperlapapp, war alles gar nicht so gemeint. Tempelhof soll offenbleiben und Tegel am besten auch noch. – Das ist diese windelweiche Position, die nichts mit politischer Konsequenz zu tun hat, Herr Pflüger.
Sie scheuen auch nicht davor zurück, das vielbeschworene Volk, das Sie jetzt so verteidigen, offen zu belügen. Das Volksbegehren, für das Unterschriften gesammelt werden, erweckt den Eindruck, es ginge um die Offenhaltung des Verkehrsflughafens Tempelhof. Das wissen Sie, das wissen Ihre Rechtsberater, und das wissen auch diejenigen, die dieses Volksbegehren initiiert haben. Genau das ist nicht möglich. Tempelhof ist juristisch nicht als Verkehrsflughafen zu halten. Sie erwecken aber ständig den Eindruck bei der Berliner Bevölkerung, es ginge um einen Verkehrsflughafen. Sie wissen ganz genau: Das Langhammer-Konzept zusammen mit der Bahn ist auch nicht das Offenhalten als Verkehrsflughafen, sondern eine – wenn Sie so wollen – private Aneignung des Flugfeldes für maximal 15 Flugbewegungen am Tag, und das wollen wir nicht.
Wir wollen das Tempelhofer Feld für die Berlinerinnen und Berliner, für die 200 000 Anwohnerinnen und Anwohner, die lange darauf warten, diese schöne Fläche wieder für sich zu nutzen und nicht für den Flugverkehr.