Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

Gibt es disziplinarrechtliche Konsequenzen für Oberstaatsanwalt Reusch?

Bitte schön, Herr Kluckert, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Teilt der Senat die Ansicht des Fragestellers, dass die von Herrn Oberstaatsanwalt Reusch im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ vom 7. Mai 2007 getätigten und auf Seite 44 abgedruckten Äußerungen zur Untersuchungshaft als Erziehungsmittel zwar einer Klarstellung bedurften, disziplinarrechtlich aber überhaupt nicht relevant sind?

2. Wird die Einleitung eines Disziplinarverfahrens weiterhin geprüft, bzw. was ist das Ergebnis der in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. Mai 2007 angekündigten Prüfung?

Danke schön, Herr Kollege Kluckert! – Das Wort zur Beantwortung hat die Justizsenatorin. – Bitte schön, Frau von der Aue!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kluckert! Ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt. – Zu 1: Nein! Die zitierten sowie weitere Äußerungen von Herrn Oberstaatsanwalt Reusch in der genannten Veröffentlichung bieten hinreichenden Anlass, sie auf ihre disziplinarrechtliche Relevanz hin zu prüfen. Dabei gilt folgender rechtlicher Maßstab:

Ein Staatsanwalt begeht – wie jeder Beamte – immer dann ein Dienstvergehen, welches disziplinarrechtlich relevant ist, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Hierzu zählen – auch bei öffentlichen Äuße

rungen gegenüber der Presse im Rahmen der Meinungsfreiheit – die beamtenrechtlichen Pflichten zur unparteiischen Amtsführung und zur Mäßigung bei der politischen Betätigung. Die Grenze der Parteilichkeit ist dort überschritten, wo objektiv der Anschein entsteht, dass ein Staatsanwalt die nach seiner Auffassung sachgerechten Ergebnisse dadurch herbeiführt, dass er das geltende Recht überdehnt. Wenn sich ein Staatsanwalt darüber hinaus öffentlich zu rechtspolitischen Belangen des Jugendstrafrechts und des Abschiebungsrechts äußert, erwächst die Gefahr, dass Leser seine Äußerungen der Dienstbehörde zurechnen, wodurch deren Arbeit und Ansehen diskreditiert werden können. Zur Feststellung, ob und ggf. welche Disziplinarmaßnahmen zur Ahndung eines danach im Grundsatz nicht auszuschließenden Dienstvergehens geboten sind, bedarf es eingehender Ermittlungen.

Zu Frage 2: Der Leitende Oberstaatsanwalt ist gerade dabei, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

Danke schön, Frau Senatorin! – Es gibt keine weiteren Nachfragen.

[Zuruf von Frank Henkel (CDU)]

Das ist hier nicht sichtbar. Tut mir leid! – Ja, jetzt sehe ich die Wortmeldung von Herrn Braun. Ich bitte darum, dass rechtzeitig und nachhaltig gedrückt wird.

[Michael Braun (CDU): Habe ich!]

Es ist hier nicht angekommen. – Tut mir leid, Frau Jantzen! – Bitte, Herr Braun!

Herr Präsident! Sie wissen doch, wie schwierig es mit dieser Anlage ist.

Frau Senatorin! Sie sprachen eben davon, Herr Reusch habe den Eindruck erweckt, dass er das Gesetz überdehne. Sind Sie wirklich dieser Auffassung, oder war das nur eine abstrakte Formulierung?

Frau Senatorin von der Aue, bitte!

Herr Abgeordneter Braun! Ich bin der Auffassung, dass er das Gesetz in einigen Äußerungen überdehnt hat. Dazu werde ich nachher in der Aktuellen Stunde meine Ausführungen machen. Die Aufklärung im Einzelnen ist allerdings dem Disziplinarverfahren vorbehalten.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Weitere Nachfragen gibt es nicht, es sei denn, jemand möchte sich noch mit der Hand melden, wenn die Maschine das nicht macht.

Dann kommen wir zur Mündlichen Anfrage Nr. 11 der Frau Abgeordneten Jantzen zum Thema

Aus für freie Träger im Offenen Ganztag – zusammengepferchte Schüler/-innen an überfüllten Grundschulen

Bitte, Frau Jantzen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Was treibt den Senat und die Bezirke – wie z. B. Pankow –, trotz fehlender Plätze für Erstklässler/-innen bisher von freien Trägern außerhalb der Schule angebotene Hortplätze überstürzt in die Schulen zu verlagern, die Raumsituation zu verschärfen und die Qualität der Bildung und Betreuung an den Schulen zu verschlechtern?

2. Nach welchen Kriterien entscheiden Senat und Bezirke, ob ausreichend Räume für die ergänzende Förderung und Betreuung in der Schule vorhanden sind; welche auf die zu betreuenden Kinder bezogenen Raumstandards gelten im Offenen Ganztag analog der 3 qm pädagogische Nutzfläche pro Kind im früheren Hort?

Der Bildungssenator, Herr Prof. Zöllner, hat das Wort zur Beantwortung.

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Der Senat und die Bezirke verlagern weder die Plätze, die bisher von freien Trägern der Jugendhilfe außerhalb der Schulen angeboten wurden, überstürzt in die Schulen noch verschärfen sie die Raumsituation oder verschlechtern gar die Betreuung. Bereits im September 2006 ist unter Beteiligung der bezirklichen Schulträger eine Bestandsaufnahme aller geschlossenen Verträge durchgeführt worden. Zielsetzung dieser Bestandsaufnahme war, die unterschiedlichen Praktiken, u. a. der Raumnutzung, entsprechend den Vorgaben der Schulrahmenvereinbarung zu vereinheitlichen. Gemäß der Rahmenvereinbarung über die Leistungserbringung und Finanzierung der ergänzenden Betreuungsangebote an Grundschulen und Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt mit offenem Ganztagsangebot durch freie Träger der Jugendhilfe, die im Dezember 2004 mit der Liga der Spitzenverbände und dem Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden e. V. geschlossen worden ist, stellt der Schulträger den freien Trägern der Ju

gendhilfe unentgeltlich die notwendigen Räume zur Verfügung. Falls und solange Räume im Schulgebäude für die ergänzenden Betreuungsangebote nicht oder nicht in erforderlicher Kapazität zur Verfügung stehen, können die freien Träger der Jugendhilfe im Einvernehmen mit dem Schulträger andere eigene Räume, von ihnen gemietete Räume oder vom Schulträger unter Übertragung des Gebäudemanagements überlassene Räume nutzen. Der Schulträger, der den Trägervertrag mit den freien Trägern der Jugendhilfe jeweils für ein Schuljahr schließt, hat dies bei Abschluss der Trägerverträge zu berücksichtigen. Auch die mit der Liga und dem DAKS geschlossenen Änderungsvereinbarungen zur Schulrahmenvereinbarung haben hier zu keiner Veränderung, sondern lediglich zu einer Präzisierung der Situation geführt. Im Schuljahr 2007/08 kam es z. B. durch den Abschluss von Baumaßnahmen, die mit Mitteln des IZBB finanziert worden sind, dazu, dass einzelne freie Träger der Jugendhilfe die ergänzende Betreuung künftig in Räumen der Schule sicherstellen können. Abschließend versichere ich Ihnen, dass meine Verwaltung mit den Schulträgern, den Schulen und den freien Trägern kooperativ zusammenarbeitet, um Lösungen zu finden, die insbesondere im Interesse der Kinder liegen. Die Anzahl von 138 Trägerverträgen für das Schuljahr 2006/07 bestätigt diese vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch für den genannten Einzelfall ist abschließend noch keine Entscheidung getroffen worden.

Zu Frage 2: Zur Raumsituation ist grundsätzlich festzustellen, dass ein definierter Mindeststandard nicht existiert. Allerdings ist die Anforderung von 3 qm pädagogische Nutzfläche als Regelstandard zu beachten. Unter Berücksichtigung der konzeptionellen Ansprüche an die ergänzende Betreuung in Räumen der Grundschulen, des Musterraumprogramms, der Nutzung aller einer Schule zur Verfügung stehenden Räume wird in der Regel eine Ausstattung von 5 bis 6 qm pro Platz erreicht, also fast das Doppelte. Eine Doppelnutzung von Klassenräumen für den Unterricht und die ergänzende Betreuung ist nicht vorgesehen. Darüber hinaus werden im Rahmen der Freiflächenplanung noch einmal 5 qm pro Platz zugrunde gelegt.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt hat Frau Kollegin Jantzen eine Nachfrage. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Zöllner! Ist Ihnen bekannt, dass den Schulen im Musterraumprogramm pro Zug ein Raum für den offenen Ganztagsbetrieb zur Verfügung gestellt wird und es durchaus sein kann, dass die 150 Kinder, die pro Zug da sind, tatsächlich in der ergänzenden Betreuung landen, und wie soll dann eine Schule in diesem einen zusätzlichen Raum diese Betreuung und Förderung durchführen?

Herr Senator Prof. Zöllner, bitte!

Mir ist durchaus bekannt, dass man auch bei größten Anstrengungen – wenn man Flexibilität auf der Nutzerseite wie in diesem Fall zulässt – nie die richtige Größenordnung mit den Vorgaben treffen wird. Das heißt, dass man ein Überangebot an Räumlichkeiten oder in seltenen Fällen auch möglicherweise eine gewisse Raumknappheit in Kauf nehmen muss.

Danke schön, Herr Senator! – Es gibt keine weiteren Nachfragen.

Die heute nicht beantwortete Mündliche Anfrage wird mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Das Wort zur ersten Frage hat Frau Abgeordnete Lange von der Fraktion der SPD. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage: Treffen Informationen zu, dass es im Zuge der Grundsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 für die Mieter städtischer Sozialwohnungen im Märkischen Viertel, die ihren Status als öffentliche Wohnungen verloren haben, zu sozial unverträglichen Mietsteigerungen gekommen ist und weiter kommen kann?

Frau Abgeordnete! An wen im Senat richten Sie Ihre Frage?

An Frau Junge-Reyer!

Frau Junge-Reyer! Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Die Erhöhung der Grundsteuer wirkt sich so aus,

wie dies Gegenstand der Beschlussfassung zur Grundsteuererhöhung im Abgeordnetenhaus gewesen ist. Das heißt, die damals genannten Größenordnungen sind auch hier zum Zuge gekommen. Bei den von Ihnen betrachteten Wohnungen im Märkischen Viertel handelt es sich nach meiner Kenntnis um Wohnungen, die aus der Sozialbindung herausgefallen sind. Das führt dazu, dass es eine andere Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer gibt, sodass die Finanzämter wegen dieser veränderten Bemessungsgrundlage eine weitere Erhöhung – so muss man dies laienhaft bezeichnen – der Grundsteuer vornehmen, die im Ergebnis zu einer Kumulierung von Grundsteuererhöhungen führt.

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage von Frau Lange? – Bitte schön!

Nun ist es hierbei zum Teil zu eklatanten Erhöhungen gekommen. Darum frage ich, mit welchen Maßnahmen sich der Senat dafür einsetzen wird, dass die Mieterhöhungen in diesen Wohnungen nicht weiterhin sprunghaft steigen werden, der soziale Schutz der Mieter gewährleistet wird und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ihrem sozialen Auftrag gerecht werden.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Ihr habt doch die Grundsteuer erhöht! Ihr zündet ein Feuer an und wundert euch, wenn es brennt! – Das ist lächerlich!]