Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

wonach der Rechnungshof irgendetwas prüfen möge, nicht folgt, finde ich übertrieben. Wir können dem Rechnungshof nicht verbieten, das zu prüfen, was er für richtig hält. Verbreiten Sie bitte nicht diesen Eindruck!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Außerdem ein kleiner Hinweis: Ich kann mich noch an die alten Rechnungshofberichte erinnern, die der Rechnungshofpräsident Grysczyk über den Diepgen-Senat geschrieben hat. Darin standen auch nicht nur Bienchen für die damalige Koalition.

Ein Wort an Herrn Jotzo: Sie haben einfach die Einsparsumme genannt, die der Rechnungshof für möglich hält, und sagten, alles, was nicht erfolgt sei, sei verpulvert worden. Diese These halte ich für gewagt. Keine Fraktion hier im Haus könnte unterschreiben, dass sie alle Vorschläge des Rechnungshofs umsetzen würde. Würde die CDU die Sportförderung kürzen? Würde Herr Lehmann den Sonderfahrdienst einstellen, wie es der Rechnungshof vorschlägt? Würden die Grünen die Ausstattung der Bibliotheken reduzieren? – Das würden Sie alle nicht tun. Deshalb gibt es aus gutem Grund ein demokratisches System, nämlich dass wir über die Vorschläge beraten und dann darüber entscheiden.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der Rechnungshof meint, bei der Umsetzung des SGB II – damit ist die rot-grüne Hartz-Reform gemeint – werde in Berlin rechtswidrig gehandelt, wodurch erhebliche Nachteile für den Landeshaushalt entstünden. Klar ist: Was dazu von der rot-roten Mehrheit entschieden wurde, war politisch gewollt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir fanden die Hartz-Gesetze falsch. Das Land Berlin hat den Hartz-Reformen nicht zugestimmt. Wir wollen keine Massenumzüge in Berlin.

Herr Kollege Liebich! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jotzo?

Das tue ich gerne!

Bitte, Herr Kollege Jotzo, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Liebich! – Meinen Sie, dass die vom Landesrechnungshof gerügten Sachverhalte hier abschließend sind – insbesondere in ihrer Summe?

Bitte schön, Herr Liebich!

Dass sie abschließend sind?

Abschließend – dass das also alle sind! – So verstehe ich das.

[Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Nein, keineswegs! Bei intensiverem Suchen würde man selbstverständlich noch auf weitere Hinweise stoßen. Aber das ist keine Antwort auf die eigentliche Frage. Ich frage Sie, die Kollegen und Kolleginnen von der FDP, einfach mal zurück: Vorhin hat Herr Lehmann gemeinsam mit Herrn Hoffmann große Krokodilstränen über kleine Fehler beim Sonderfahrdienst geweint. Der Rechnungshof schlägt vor, auf dieses System zu verzichten. Das kann er vorschlagen, denn woanders gibt es das nicht. Aber das wollen Sie doch nicht. Herr Lehmann! Sie können ruhig einmal sagen, dass Sie das nicht wollen. Das ist doch gut.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiterkeit]

Sie wollen das nicht, und deshalb werden wir auch nicht allen Vorschlägen des Rechnungshofs folgen. Deswegen ist auch nicht sinnvoll, einfach eine Summe zu nennen und festzustellen: Alles, was man so macht im Land Berlin – die Sammlung von Bioabfall, Bibliotheken, Telebus, Ausführungsvorschriften zum Wohnen –, ist verpulvert. – Damit müssen wir uns schon politisch auseinandersetzen.

Der Rechnungshof weist auch darauf hin, dass die niedrigen Investitionsausgaben des Landes Berlin als dauerhafte Strategie so nicht beibehalten werden können. Das ist ein wichtiger Hinweis, und da hat er auch recht. Er sagt nicht, dass es in der Vergangenheit falsch war, diese Entscheidung zu treffen, aber wir müssen uns fragen, ob es auf Dauer für die Wirtschaft in Berlin ein sinnvoller Weg ist. Ich finde auch den Verweis darauf richtig, dass die Sanierung von Schulen und Sportanlagen fortgesetzt werden muss.

Dann kommt es zu einem Fazit: Die Gesamtverschuldung des Landes Berlin bleibt besorgniserregend. Sie führt weiter zu einer hohen Zinsbelastung. Eine konsequente Fortsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen und die Umsetzung der mit der Finanzplanung – ich sage es hier noch einmal – des rot-roten Senats vorgesehenen Einnahme- und Ausgabeziele bleiben Mindestvoraussetzung, um eine Sanierung des Landeshaushalts zu ermöglichen. – Insofern ist der Landeshaushalt bei Rot-Rot offenkundig in guten Händen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Einen kleinen Ausflug macht der Rechnungshof auch zu der hier diskutierten Föderalismusreform. Er verweist auf die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters, dass die Föderalismusdebatte von hoher Bedeutung ist, und sagt, dass die Finanzminister der Auffassung sind, dass diese Föderalismusreform zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen beitragen muss. Nun frage ich die drei kleinen Föderalismusexperten, die kürzlich bei Herrn Oettinger waren, ob sie bei dem pompösen Frühstück überhaupt gemerkt haben, was ihnen angedreht werden soll:

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Ha!]

Es ging nämlich nicht um ein Geschenk, sondern es wurden Entscheidungen zulasten des Landes Berlin vorgeschlagen, und gerade damit werden die Vorschläge des Rechnungshofs nicht berücksichtigt.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir werden die Vorschläge des Rechnungshofs in bewährter Weise und durchaus konsensorientierter als in manch anderen Ausschüssen im Haushaltskontrollausschuss beraten und dann die richtigen Entscheidungen treffen. – Ich bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das Wort hat nunmehr Frau Pop von Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!

[Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP) – Weitere Zurufe]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Lindner! Sie können Ihre Scherze auch gern draußen machen, wenn Sie möchten, und dort Cheeseburger verteilen oder frühstücken gehen – was auch immer.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Herr Dr. Harms! Auch im Namen meiner Fraktion möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Vielen Dank an Sie und an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unermüdlich die Berliner Haushaltsführung ordentlich im Blick behalten!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Es ist immer etwas undankbar, als Letzte zu danken, aber ich hoffe, Sie nehmen es trotzdem an.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese neue Sitte, über die Rechnungshofsberichte bei ihrer Einbringung zu diskutieren, gut finde. In den letzten Jahren haben wir das nicht getan, und so, wie sich heute die Diskussion entwickelt

hat, bin ich noch unsicherer als vorher, ob das eine gute Idee gewesen ist.

Der erste gute Grund, der dagegen spricht, besteht darin, dass man den Rechnungshof nicht in diesen Parteienstreit hineinzerren sollte – so, wie wir oder vielmehr meine Vorredner – um es mal deutlich zu sagen – das ein Stück weit getan haben.

[Beifall bei den Grünen – Uwe Doering (Linksfraktion): Nur Sie halten sich heraus!]

Den Rechnungshof für die Profilierung der eigenen Partei zu instrumentalisieren, das halte ich nicht für richtig. Damit ist es mir sehr ernst.

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Da müssen Sie sich gar nicht aufregen, Herr Doering!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Die FDP wollte doch diskutieren!]

Ich möchte nämlich nicht, dass wir irgendwann zu einer Diskussion nicht über den Rechnungshofsbericht, sondern über den Rechnungshof selber kommen – was er darf und was er nicht darf. Das klang bei der Koalition leicht an: Vielen Dank, dass Sie Vorschläge gemacht haben! Wir reden mal darüber. – Das ist nicht der angemessene Ton, um mit dem Rechnungshof zu kommunizieren.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Stefan Liebich (Linksfraktion): Das machen Sie doch genauso! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]

Was der Rechnungshof tut, ist schon an vielen Stellen angeklungen. Es sind viele neue Abgeordnete hier, und deshalb sage ich das noch einmal: Es gibt einen Dreiklang: Der Rechnungshof prüft die Berliner Haushalts- und Wirtschaftsführung und prüft insbesondere die Wirtschaftlichkeit. Er berichtet über seine Prüfungsergebnisse. Den Bericht haben wir heute vorliegen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Wir haben es politisch zu bewerten!]

Aber ein großer Teil dieser Prüfungen kommt nicht in dem Bericht vor, weil sich die Verwaltungen auch einsichtig zeigen und sagen: Okay, da habt ihr recht. Da rudern wir mal zurück oder machen Dinge besser. – Man muss also bedenken, dass das, was in dem Bericht steht, nur ein Teil dessen ist, was geprüft wird.

Und als Letztes: Der Rechnungshof berät uns – das Abgeordnetenhaus –, sowie den Senat und auch die Verwaltung. Dabei ist besonders wichtig, dass der Rechnungshof unabhängig und nicht an Weisungen gebunden ist. Deswegen ist die Kritik des Rechnungshofs manchmal unbequem. Man muss sie auch nicht immer teilen, Herr Liebich! Aber man muss sie ernst nehmen, und das sollten wir alle tun.

[Beifall bei den Grünen]

Der Bericht geht mitleidslos alle Bereiche der Verwaltung durch, und es ist kein Wunder, dass bei der heutigen Beratung dieses Berichts die unterschiedlichen parteipolitischen Präferenzen deutlich zutage traten.