Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

[Özcan Mutlu (Grüne): Was ist es dann?]

Ich will einen Punkt nennen, der wichtiger ist, über den wir uns hier gemeinsam einen Kopf machen sollten, durchaus auch in Bezug auf die Haushaltsberatungen. Jetzt sitzen dort die Projektgruppen und versuchen, Verfahren und Schulorganisation zu effektivieren. Wir müssen in den Haushaltsberatungen nachdenken, wie wir neben diesen vielen berechtigten Forderungen, die hier alle stellen, die Vorschläge, die kommen, absichern und sie zur Geltung kommen lassen. Das ist eine Frage, über die ich viel lieber diskutieren würde, anstatt hier – ohne Öffentlichkeit! – solche Schaufenstergeschichten abzufeiern.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat Frau Senftleben!

Herr Präsident! Vielen Dank! Sie erlauben mir eine kurze Bemerkung, die nicht unbedingt zum Thema gehört, aber da ist etwas, was mich wundert. – Herr Kollege Zillich! Ich hatte immer den Eindruck, dass es im Parlament Gepflogenheit ist, nicht die persönliche Beziehung deutlich zu machen, sondern beim Sie zu bleiben. Ich halte das im Übrigen auch für einen richtigen parlamentarischen Umgang. Ich konnte mir diese Bemerkung nicht verkneifen.

[Beifall bei der FDP – Stefan Liebich (Linksfraktion): Zillich hat keine Beziehung zu Özcan Mutlu, das weise ich zurück! – Uwe Doering (Linksfraktion): Selektives Wahrnehmungsvermögen!]

Meine Herren! Meine Damen! Herr Präsident! Sie erleben mit diesem Antrag hautnah die Geschichte, von der man sagen kann: als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet und anschließend in den Papiermüll geworfen.

Erstens, zum springenden Tiger: Die Grünen stellen hier den Antrag, die Unterrichtsversorgung zu sichern, 400 Lehrer einzustellen, und fordern zusätzlich eine Stellenbörse. Zweitens kommt dann die Landung als Bettvorleger. Die Grünen verwässern im Ausschuss den Antrag derart, und zwar als eigenen Änderungsantrag, dass die Einstellung der 400 Lehrer gar nicht mehr erwähnt wird. So hatte der Antrag lediglich das Ziel, diese Internetplattform ins Leben zu rufen, um Stellen besser zu vermitteln.

[Özcan Mutlu (Grüne): Haben Sie zugehört?]

Ist das eine Form des Anbiederns, oder brauchen die Grünen hier gewisse Streicheleinheiten von Rot-Rot?

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Die eigentliche Essenz des Antrags wurde geopfert, denn die 400 Lehrer, die vorher im Mittelpunkt des Antrags standen, spielen nun in den Erwägungen der Grünen keine Rolle mehr, selbst die Überschrift wurde kassiert. Warum diese Selbstaufgabe bei den Grünen? Erklären Sie mir das! Ich verstehe es nicht. Im Übrigen: Eine kleine Heuchelei ist dabei, wenn man hier diesen Aufriss macht.

[Beifall bei der FDP]

Drittens folgt die vollständige Entsorgung des Antrags im Altpapier des Abgeordnetenhauses. Das kennen wir. Selbst der von den Grünen völlig verwässerte Änderungsantrag wurde von Rot-Rot im Schulausschuss und im Hauptausschuss abgelehnt und wird auch heute abgelehnt werden. Noch nicht einmal die Stellenbörse ist Rot-Rot genehm, das ist Tatsache.

[Zurufe von Dr. Felicitas Tesch (SPD) und Uwe Doering (Linksfraktion)]

Die Koalition ist noch nicht einmal in der Lage, diesem aufgeweichten, handzahmen Antrag ihre Zustimmung zu geben.

[Zuruf von Carl Wechselberg (Linksfraktion)]

Auch das ist blamabel und zeigt im Ausschuss für Bildung den Zustand nur zu deutlich, aber das haben Sie inzwischen schon gemerkt, das ist nichts Neues.

Kollegen von den Grünen! Natürlich wäre es richtig gewesen, an dem alten Antrag festzuhalten. Das Problem des fehlenden Lehrpersonals an Berliner Schulen muss thematisiert werden. Die Festlegung auf die Zahl 400 war nicht klug, das haben wir gesagt, aber die Thematisierung dieses Bedarfs ist und bleibt richtig und wichtig.

[Özcan Mutlu (Grüne): Deshalb reden wir ja darüber!]

Nun sieht es so aus, als wolle der Senat zeitnah Neueinstellungen vornehmen. Ob diese Zahl den tatsächlichen Bedarf decken wird, bleibt fraglich. Ich weiß es schlicht nicht. Ich weiß nur eins, bei den Lateinlehrern fehlen kompetente Nachwuchslehrer in zweistelliger Höhe, bei den Physiklehrern ist es dasselbe, es findet sich im Augenblick kein einziger in ganz Berlin. Das Thema ist also nicht vom Tisch, es brennt weiterhin auf den Nägeln. Dies wissen wir auch aus den Meldungen, z. B. gestern vom Verband der Schulleiter. Wir wissen es auch aus den Meldungen der Schulen und aus E-Mails von Eltern.

Sehr geehrter Herr Senator Zöllner! Sie müssen wir beim Wort nehmen. Sie stellen sich hierhin, ich will nicht sagen, dass Sie dicke Backen machen, aber Sie versuchen, das Abgeordnetenhaus zu überzeugen, dass Sie den richtigen Weg gehen. Sie stehen in der Verantwortung, das wissen Sie. Wenn es sich mit Beginn des Schuljahres wiederum bestätigen wird, dass die Anzahl der Lehrer

nicht ausreicht, wird es massive Kritik hageln, und ich sage Ihnen: zu Recht. Das wäre der Beweis, dass Sie Ihre Verwaltung genau wie Ihr Vorgänger immer noch nicht in den Griff gekriegt haben.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Joachim Luchterhand (CDU)]

Ich persönlich wünschte mir, dass zum ersten Mal, seitdem ich hier als bildungspolitische Sprecherin meiner Fraktion spreche, pünktlich zum Schuljahresbeginn ausreichend Personal vorhanden wäre.

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Dann könnten Sie doch gar nicht meckern!]

Ich wünsche es nicht, Herr Senator, weil Sie unter Umständen Ihr erstes persönliches Waterloo erleben würden, nein, ich wünsche es mir für die Schule, die Schulleitungen, für die Lehrer, für die Schüler und die Eltern. Die haben nämlich inzwischen die Faxen dicke. Sie wollen hier Fortschritte sehen. Die sehen sie nämlich unmittelbar.

Ich finde es richtig und bewerte die Entwicklung positiv, dass sich die Schulen in Zukunft etwas mehr um ihr eigenes Personal kümmern sollen und dürfen. Das war im Übrigen in der letzten Legislaturperiode schon –

Frau Kollegin! Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Beschlusslage: Sie erhalten dafür ein Budget, um sich gegebenenfalls Ersatzkräfte besorgen zu können. Ich sage nur: Endlich!

In diesem Zusammenhang wäre eine Stellenbörse meines Erachtens nicht schlecht, aber die Koalition will diesen Marktplatz offensichtlich nicht.

Wir warten hier gespannt auf die Ideen von Rot und Rot. Erfahrungsgemäß dauert das etwas länger. Auch das kennen wir. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung des Antrags, und zwar auch in veränderter Fassung. Ich verweise hierzu auf die Beschlussempfehlung. Wer dem Antrag auch in veränderter Fassung jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich bitte um die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Ohne Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur

lfd. Nr. 14:

Beschlussempfehlungen

Nach dem Karlsruhe-Urteil (V): Kapitaldeckung statt Umverteilung bei den Beamten!

Beschlussempfehlungen InnSichO und Haupt Drs 16/0565

Für die Beratung auf Wunsch der Fraktion der FDP steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Für die antragstellende Fraktion hat der Kollege Jotzo das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Haus nicht so häufig vorgekommen, dass eine Initiative der FDP-Fraktion in allen anderen Fraktionen auf so viel Zustimmung gestoßen ist wie dieser Antrag.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Sie sind doch noch gar nicht so lange dabei!]

Für die FDP-Fraktion steht außer Frage, dass das derzeitige System der Umverteilung schon lange an seine Grenzen gestoßen ist und so schnell wie möglich auf ein kapitalgedecktes System umgestellt werden muss.

[Beifall bei der FDP]

Die Diskussion in den Ausschüssen hat gezeigt, dass die übrigen Fraktionen dies genauso sehen. Aber wie das so ist: Die Koalition findet das inhaltlich gut, kann aber einem Oppositionsantrag nicht zustimmen. Statt dessen bringt sie vier Monate nach der FDP-Fraktion einen eigenen Antrag ein, der sich allerdings nur auf einen ängstlichen Prüfauftrag beschränkt.

Doch, meine Damen und Herren bei der Koalition, wenn Sie immer nur prüfen und prüfen, dann tragen Sie rein gar nichts zur Lösung des Problems bei.

[Beifall bei der CDU]

Die kontinuierlich steigende Zahl der Versorgungsempfänger im Land Berlin wird in naher Zukunft zu deutlich höheren Belastungen des Haushalts führen. Im Jahr 2007 betragen die jährlich zu leistenden Ausgaben für die Beamtenversorgung rund 1,14 Milliarden €. Spätestens ab dem Jahr 2018 wird die Zahl der Versorgungsempfänger drastisch zunehmen, und damit werden auch die zu leistenden Ausgaben explodieren. Die implizite Verschuldung wird zu einer expliziten. Diese Tatsache wurde sowohl auf Bundesebene als auch in vielen anderen Ländern bereits registriert. Dort wurde auch schon längst gehandelt. Berlin mit einem deutlich über dem Bundesschnitt liegenden Anteil an Bediensteten des öffentlichen Dienstes hat allerdings ein noch viel größeres Problem. Trotz umfangreicher Leistungskürzungen, Maßnahmen zur Reduzierung der Frühpensionierung, eines steigenden Ruhestandseintrittsalters und sinkenden Ruhegehaltssatzes der Pensionäre werden die zu erwartenden Ausgabesteigerungen nicht ausgeglichen werden können.

Diese Situation wird sich immer weiter verschärfen, wenn nicht schnellstmöglich gegengesteuert wird. Dies ist heute bekannt. Es wird allerdings keine ausreichende Vorsorge getroffen, Rot-Rot will lieber weiter nur prüfen. Zwar wird seit 1999 durch Einstellung von 0,2 Prozentpunkten in der Besoldungs- und Versorgungsanpassung in das sogenannte Sondervermögen Versorgungsrücklage ein Kapitalstock aufgebaut, der ab 2018 aufgelöst werden kann. Zum 31. Dezember 2007 wird der Vermögensstock ca. 254 Millionen € betragen. Der Senat rechnet nach dem derzeitigen Stand mit einem 2018 zur Verfügung stehenden Volumen von immerhin rund 873 Millionen €. Aber dass dieser Betrag nicht ausreichen wird, das weiß selbst die Koalition.

Mit der Einführung eines vollständig kapitalgedeckten Pensionsfonds für die neu einzustellenden Beamtinnen und Beamten wird zum einen eine sichere und ertragreiche Anlagestrategie ermöglicht, vor allem aber wird eine erhöhte Transparenz sowie eine periodengerechte Ausweisung der Versorgungsausgaben erreicht. Der Senat darf die langfristigen Finanzierungsrisiken nicht allein zukünftigen Generationen aufbürden. Langfristiges Ziel muss es sein, die vollständige Deckung der Versorgungsausgaben für alle öffentlich Bediensteten durch kapitalgedeckte Systeme zu verwirklichen.