Frau Kollegin! Glauben Sie, dass es irgendeinen Handwerker, der seine Existenz aufs Spiel setzen muss, weil er nicht unter die Härtefallregelung fällt oder die Ausnahmegenehmigung erwirken kann, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen und von der Selbständigkeit direkt in Hartz-IV übergleiten muss, in irgendeiner Form interessiert, was Sie uns hier berichten?
Ich gehe hier im Wesentlichen auf den Antrag der Fraktion der FDP ein, die uns eine Lösung anbieten wollen, die letztendlich keine ist. Wir kommen nicht um die Fahrverbote in der Innenstadt herum.
Die Untersuchung zur Wirkungsweise der Maßnahmen zur Luftreinhaltung sind schon in der Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drucksache 16/0402 unter Punkt 4 – Aufgaben für die Umsetzung der Umweltzone – angekündigt worden. Wir werden also diese Untersuchungsergebnisse auch zur Vorbereitung der zweiten Stufe 2010 kritisch hinterfragen und gegebenenfalls Maßnahmepakete verändern müssen.
Wichtig ist aber schon heute, dass in vielen Berliner Straßen bereits Autos mit Plaketten zu sehen sind. Das ist nicht nur in den Innenstadtbereichen so. Das kann man
auch als Akzeptanz der Maßnahme und den Grad der Erwartung zur Errichtung einer lebenswerten Umwelt werten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Platta! In der Tat, die Umweltzone ist ein Dauerbrenner. Wir müssen uns heute schon wieder mit ihr beschäftigen, noch bevor sie überhaupt in Gang gekommen ist. Dabei hatte uns der Senat im Luftreinhalteplan vom August 2005 eine ganze Reihe von Maßnahmen versprochen, damit die Luft wieder etwas sauberer wird. Insbesondere die Bewohnerinnen und Bewohner an der Hauptverkehrsstraßen sollten wieder besser durchatmen können. Wenn wir über jede Maßnahme, die im Luftreinhalteplan steht, jetzt so lange diskutieren müssen, wird die Luft in Berlin, fürchte ich, noch lange nicht sauber werden. Ich nenne Ihnen einmal einige Maßnahmen: Intelligente City-Logistik, so steht es im Luftreinhalteplan, sollte den Lkw-Verkehr aus der Stadt heraushalten. Die Dieselabgase der Ausflugsschiffe sollten reduziert, die Verkehrszuwächse begrenzt, die Attraktivität des ÖPNV gesteigert werden. Eine Baustellenstaubverordnung sollte es geben – und die Umweltzone. Nur ist die Umweltzone jetzt so in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt, dass man meint, sie sei das einzige Instrument. Es ist zu befürchten, dass es auch das letzte Instrument bleibt, das der rot-rote Senat in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen kann.
Aber auch die Umweltzone bringt er mehr schlecht als recht auf den Weg. Eine Informations- und Akzeptanzkampagne zum gesundheitlichen Nutzen der Umweltzone fehlt bis zum heutigen Tag. – Die eine Broschüre, die Sie hochgehalten haben, Frau Platta, ist mehr als müde. Ich vermute, sie ist nicht einmal allen Anwesenden bekannt. Vielleicht können Sie sie während der Sitzung verteilen, damit wir das Material des Senats zur Umweltzone kennen lernen. – Stattdessen überlassen Sie die öffentliche Diskussion – das ist zu kritisieren – rückwärtsgewandten Kammern und Verbänden wie dem ADAC, die alles tun, damit die Umweltzone an die Wand fährt. Dass Sie nicht offensiver informieren und stattdessen die Informationskampagne ganz den Gegnern der Umweltzone überlassen, ist allein Ihnen zuzurechnen.
Statt konsequent darauf hinzuweisen, welchen gesundheitlichen Nutzen diese Umweltzone hat, legt der Senat uns einen riesigen Ausnahmenkatalog vor, der nur eine „Wahnsinnsbürokratie“ schafft, der die Bezirke überfordert und kaum zu kontrollieren ist. Das hätten Sie sich sparen können, wenn Sie frühzeitig auf die Härtefälle eingegangen wären. Dass die kleinen und mittleren Unter
gegangen wären. Dass die kleinen und mittleren Unternehmen die besonders Leidtragenden von Umweltschutzauflagen sind, ist lange bekannt. Darauf hätte man eingehen, diese Härtefälle frühzeitig finanzieren, sie bei der Umrüstung unterstützen können.
Stattdessen: ein langer Ausnahmenkatalog, mit dem alle Verwaltungen und auch alle Bürgerinnen und Bürger überfordert sind.
Dass das Umweltbewusstsein auch im Senat nur sehr rudimentär vorhanden ist, hat uns neulich Herr Senator Körting auf das Schönste demonstriert. Die Polizeiautos sind noch vom Fahrverbot ausgenommen, aber sie sollen lt. Innensenator noch lange Zeit ohne Dieselrußfilter fahren. Ich frage mich, wo da die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bleibt. Es ist wohl nicht zu viel verlangt, diese 540 Autos, die bisher noch ohne Dieselrußfilter herumfahren, zügig umzurüsten und damit ein klares Signal zu setzen, dass auch der Senat seinen Beitrag dazu leistet, dass die Luft in Berlin sauberer wird.
Stattdessen hat die Innenverwaltung erst einmal gedroht, dass für die Umrüstung 47 Millionen € anfielen, aber gleichzeitig erklärt, dass der aktuelle technische Stand der Autos nicht bekannt sei. Das ist ein fatales Signal für die Berliner Bevölkerung, für die Umweltschutzmaßnahmen angeordnet werden, die zügig umgesetzt werden müssen.
Jetzt noch einige Worte zu den Anträgen der FDP und der CDU, die heute eingebracht wurden und weniger als ein Feinstäubchen in der Debatte sind. – Herr Schmidt! Es hat mich etwas verblüfft, wie Sie die Begrünung der Straßen als Alternative zur Umweltzone entwickelt haben. Das war etwas naiv. In der Tat sind die Bäume ein Biofilter, das ist lange bekannt. Wir werden die FDP daran erinnern, wenn sie wieder die Baumschutzverordnung einschränken möchte.
Aber zu meinen, dass die Bäume eine Alternative zur Umweltzone sind – ich bitte Sie! –, das geht an der Diskussion vorbei.
Frau Platta! Zum Abschluss noch ein Wort an Sie! Jetzt haben wir gelernt: Ohne Moos nix los. Aber ich wage zu bezweifeln, dass das die adäquate Umgehensweise mit der Umweltzone ist. Wir brauchen keine wissenschaftliche Begleitung, sondern die konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Feinstaubs in Berlin.
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zum CDU-Antrag „Umweltzone“, Drucksache 16/0336, empfiehlt der Ausschuss gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der FDP die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag bei Enthaltung der FDP-Fraktion mehrheitlich abgelehnt worden.
Zu den vom Ältestenrat vorgeschlagenen Überweisungen des FDP-Antrags Drucksache 16/0687 an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und des CDU-Antrags Drucksache 16/0694 federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz höre ich keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (I): Atomenergie bleibt draußen, stattdessen mehr Strom aus erneuerbaren Energien und Lieferverträge mit verpflichtender Energieeinsparung
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (II): Die Sonne stellt keine Rechnung: Erneuerbare Energien stärker nutzen
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (III): Nicht nur der Preis zählt: Ökologische Kriterien bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen stärker berücksichtigen
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (IV): Erfolgreiches Ressourcensparen an Schulen und Kitas unterstützen
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (V): Ökologisches Wirtschaften entlastet die Umwelt und rechnet sich
Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz (VI): Energieverbrauch der öffentlichen Berliner Gebäude und Einrichtungen mit Landesbeteiligung umfassend senken
Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Abgeordnete Buchholz.