angesichts des Einstimmigkeitsprinzips für staatsvertragliche Entscheidungen der Ministerpräsidenten war sie jedenfalls nicht durchsetzbar.
Nein, war sie nicht! – Vielmehr kam es im Interesse der Marktteilnehmer, Nutzer und Medienanstalten darauf an, in Zeiten schnellen technischen Wandels und neuer Geschäftsmodelle zu einer praktikablen Lösung zu kommen, die Verlässlichkeit bietet und die Angebots- und damit Meinungsvielfalt stärkt.
Gestatten Sie mir eine Schlussbemerkung: Die Bilanz der Medienpolitik im Jahr 2007 bedeutet für den Senat den Rückblick auf gute und stetig wachsende Erfolge und zugleich eine optimistische Vorausschau in die Zukunft. Wir können zurückschauen auf eine erfolgreiche Standortpolitik im Medienbereich, die uns in Deutschland weiter nach vorn und international deutlich sichtbar gemacht hat. Wir schauen nach vorn auf Herausforderungen in der nationalen und europäischen Medienlandschaft, die uns im nächsten Jahr stark beschäftigen werden und zu denen wir konkrete Vorstellungen haben. – Ich bedanke mich für Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Dr. Hiller das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Vorbemerkungen: Erstens herzlichen Dank, Herr Regierender Bürgermeister, für diese sehr ausführliche Antwort. Ich denke, dass an vielen Stellen eine Diskussion notwendig ist. Die Regierungskoalitionen wollten, dass wir diese öffentlich führen. Dies ist ein Beginn, und die Diskussion muss weitergeführt werden – ich hoffe, dann auch im Ausschuss gemeinsam mit Ihnen als dem für Medien zuständigen Senatsmitglied, damit wir an manche Punkte noch etwas dichter herankommen, etwas mehr die unterschiedlichen Positionen deutlich machen können. Denn vieles ist zwar bekannt, aber noch nicht beschlussreif, auch noch nicht am Ende eines Diskussionsprozesses angekommen. An dieser Stelle ist auch der Weg das Ziel. – Vielen Dank!
Eine zweite Vorbemerkung: Ich vermisse in unseren Reihen das Rundfunkratsmitglied Pflüger, immerhin von uns in den RBB-Rundfunkrat gewählt. Es wäre schön, wenn er manche der Anregungen und die Diskussion mitnehmen würde. Nicht umsonst wird man in ein solches Gremium gewählt, und wir haben nur wenige Plätze dort.
Die Medienlandschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Das ist deutlich geworden. Digitalisierung, Medienkonvergenz und vielfältige Formen der Mediennutzung zeigen die Grenzen traditioneller Medienkonzepte auf. Parallel dazu führen zunehmende Internationalisierungen, der Marktauftritt neuer Rundfunkveranstalter, neue Geschäftsmodelle und Cross-Media-Aktivitäten großer Unternehmen zu einer nachhaltigen Veränderung der Märkte und der Anbieterstruktur, und ich bin mir nicht sicher, ob wir Politiker uns dessen bewusst sind. Ich habe sehr oft – wir waren uns auch im Medienausschuss darüber einig – den Eindruck, dass wir politisch den Gegebenheiten, den Veränderungen hinterherhinken und eigentlich stärker aktiv werden müssten.
Es sind Herausforderungen an den regulierenden Staat, auf die Medienpolitik und das Medienrecht reagieren müssen. Dabei sind die Instrumente der Länder, des Bundes und der EU abzustimmen. Ich denke, dass es auch eine Aufgabe unseres Ausschusses sein wird, in Brüssel bestimmte Dinge anzusprechen, und das Thema europäische Filmförderung steht dort auf der Tagesordnung. Ich bin gespannt auf den Meinungsaustausch mit den in Europa Verantwortlichen.
Es ist zu fragen, wie es gelingen kann, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk junge Menschen erreicht. Wie kann ein einzigartiges, unaustauschbares Profil im öffentlichrechtlichem Rundfunk entwickelt werden, eines, das unverzichtbar und besonders ist, und dies möglichst für viele Hörergruppen? Wie können Kernaufgaben des öffentlichrechtlichen Rundfunks wieder stärker betont werden?
Müssen zum Beispiel über 100 Sender betrieben werden? Ist nicht die Reduzierung auf die ursprünglich vereinbarte Zahl 52 durchaus sinnvoll? Wer kontrolliert die extensive Ausdehnung? Wer sagt stopp bei extensiver Ausdehnung? Muss Handy-Fernsehen – Sie sprachen es an, Herr Wowereit – durch Gebühren finanziert werden?
Erste große Entscheidungen auf europäischer Ebene sind bereits in diesem Jahr gefallen. Aus Sicht der Linken ist zum Beispiel die Verabschiedung der EU-Fernsehrichtlinie im Mai ein Sieg der Kommerzinteressen, der Fernseh- und Werbeindustrie. Denn dadurch wird nicht nur kennzeichnungspflichtige Produktplatzierung legalisiert, sondern sogleich auch noch deren Ausnahme „ohne Kennzeichnungspflicht“. Verbraucherschutz findet nach der EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht mehr statt. Der Jugendschutz wird geschwächt. Nicht einzusehen ist zum Beispiel, warum Kindersendungen durch Werbung unterbrochen werden dürfen, die Übertragung von Gottesdiensten aber nicht. – Nicht, dass Sie mir unterstellen, ich wollte, dass Gottesdienste jetzt durch Werbung unterbrochen werden!
Wir lehnen die Trennung von Medieninhalten und Werbung ab. Sie führt zu einer totalen Kommerzialisierung des Rundfunks. Das hält die Linke für einen schwerwiegenden Fehler.
Der Regierende Bürgermeister hat eine Zwischenbilanz zu dem Medienstandort Berlin gegeben, und ich kann mich da nur anschließen. Wir sind auf einem guten Weg. Die Medienindustrie Berlins hat eine hervorragende Entwicklung genommen.
Sie ist einer der Bereiche, die zu den Wachstumsbranchen gehören und ist damit arbeitsplatzintensiv. Dort arbeiten viele junge Leute, die in diesem Bereich ihre Erfüllung finden.
Berlin-Brandenburg ist innovativer Medienstandort und kreative Kapitale zugleich. Das neue deutsche Kino kommt aus Berlin, und Hollywood kommt nach Babelsberg. Ich verweise an dieser Stelle gerne auf die gestrige Presseerklärung von Wirtschaftssenator Wolf.
Frau Ströver! Erlauben Sie mir, eine Erfolgsnachricht im Parlament verkünden zu können. – Es gibt über 60 Millionen € Bürgschaften für die Filmförderung bis zum Jahr 2013. Das ist ein guter und richtiger Schritt.
Eine erstklassige Infrastruktur in Berlin, professionelle Dienstleister und das größte digitale Kabelnetz der Bundesrepublik weisen in die Zukunft. Es gibt ein breites Ausbildungsspektrum, das dafür sorgt, dass der Strom junger Kreativer in den Bereichen Medien, IT und Kommunikation ständig zunimmt. Die großen Events sind hier, die Berlinale, der Deutsche und Europäische Filmpreis, die Goldene Kamera und die Popkomm, die in der letzten Woche ein Erfolg war. – Ich könnte weitere nennen. – Die Politik des rot-roten Senats hat sich hinsichtlich der Ansiedlung großer Medienunternehmen bewährt. Wir wünschen uns, dass weitere folgen. Diskussionen darüber gibt es immer wieder.
Nicht zuletzt war die Entscheidung zum Medienboard richtig. Das Medienboard arbeitet jetzt seit sechs Jahren sehr aktiv. Ich wünsche mir – Herr Wowereit, Sie sollten das mitnehmen, auch wenn Sie nicht im Aufsichtsrat sind –, dass der Koalitionsbeschluss, die Förderung auf Fernsehproduktionen auszuweiten, umgesetzt wird.
Ein weiterer Teil unserer Anfrage bezieht sich auf die Zukunft des dualen Systems in Deutschland. – Dazu will ich nur wenige Bemerkungen machen. – Mit der Entscheidung der EU-Kommission, das Beihilfeverfahren bezüglich der Rundfunkgebühren gegen Deutschland einzustellen, ist die Verwendung der Gebühren nicht länger infrage gestellt. Das begrüßen wir Linken sehr. Damit ist auch klar, dass Grundversorgung nicht nur Minimalversorgung bedeutet, sondern dass auch das Internet für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzbar ist. Damit wird es möglich, auf veränderte Mediennutzung zu reagieren, insbesondere auch jüngere Nutzer anzusprechen. Der Beschluss des Verfassungsgerichts in Karlsruhe stärkt an dieser Stelle den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, was wir ausdrücklich begrüßen. Wir meinen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk von beiden Entscheidungen profitieren kann. Allerdings gehören mehr Transparenz in der Finanzkontrolle und die Stärkung der Aufsichtsgremien dazu.
Die vor drei Jahren intensiv geführte öffentliche Diskussion zur Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss weitergeführt und vor allem auf den Weg gebracht werden. Da können wir uns auch an die eigene Nase fassen. Die Qualität des Fernsehens, des RBB, ist verbesserungs- und aus meiner Sicht auch kritikwürdig. Wir müssen Möglichkeiten der Einflussnahme finden. Da fehlt mir wieder die Vertretung dort, Frau Ströver.
Zur Diskussion über das duale System gehört auch eine Auseinandersetzung über die Höhe der Rundfundgebühr und die Art, wie sie ermittelt wird. Sie haben sicher wahrgenommen, dass der bei der KEF angemeldete Finanzbedarf wiederum zu einer Erhöhung um ca. 1,5 € führen würde. Unabhängig von der Entscheidung der KEF halten wie, die Linken, die Erhöhung der Rundfunkgebühren für ein falsches Signal. Wir unterstützen die Forderung der KEF nach mehr Transparenz bei dem von den öffentlichrechtlichen Anstalten angemeldeten Finanzbedarf. Der
offensichtlich bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten gesehene finanzielle Selbstbedienungsautomatismus besteht ausdrücklich nicht.
In diesem Zusammenhang ist auch besonders das Dickicht der zahlreichen kommerziell agierenden Beteiligungsgesellschaften von ARD und ZDF zu lichten. Um es deutlich zu sagen: Die Linken wollen den öffentlichrechtlichen Rundfunk vorrangig oder – besser noch – ausschließlich über Gebühren finanzieren, weil das staatsfern ist und unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Einzelnen erfolgt. Die möglichen Finanzierungsmodelle müssten auch öffentlich in unseren Gremien diskutiert werden und nicht nur in den Senats- bzw. Staatskanzleien. Auch dazu ist eine breite öffentliche Diskussion notwendig.
Ich erwarte, dass wir als Medienpolitiker mehr in die Lösungsfindung einbezogen werden, denn die Akzeptanz ist für die freiwillige Entrichtung von Gebühren entscheidend. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Hiller! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Goiny das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort auf die Große Anfrage durch den Regierenden Bürgermeister hat gezeigt, dass Medienpolitik keiner seiner Schwerpunkte ist.
Die Antwort hätte, wenn es einer Ihrer Schwerpunkte wäre, auch in Form einer Regierungserklärung erfolgen können.
Die Große Anfrage hat offensichtlich bei den Koalitionsfraktionen ihren Hintergrund in einer Beschlusslage der SPD vom Januar 2006, als man sich in Rostock getroffen hat. Dort wurden bereits die wesentlichen Aussagen getroffen, die auch heute gemacht wurden. Offensichtlich ist
Es ist auch misslich, dass die Große Anfrage eher wie eine Kleine Anfrage formuliert ist. Das haben auch die langatmigen Ausführungen des regierenden Bürgermeisters belegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen! Ich kann Ihnen eine Kritik zu Ihrem Verhalten im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg nicht ersparen. Sie haben in den beiden Lesungen zur Haushalt kein großes Interesse an der Gestaltung der Medienpolitik gezeigt. Viele Punkte, die von den Oppositionsfraktionen angesprochen wurden – beispielsweise die Fragen nach den Inhalten und Aufgaben des Medienboards, nach der Imagekampagne im Zusammenhang mit den Medien und nach Berlin.de –, wurden von Ihnen zurückgewiesen, getreu dem Motto: Der Senat weiß, was er tut. Wer parteipolitisch so an der kurzen Leine des Senats geführt wird wie Sie, kann parlamentarisch keinen großen Beitrag zur Berliner Medienpolitik leisten.
Ich trete auch dem von Ihnen vermittelten Eindruck entgegen, die erfreulichen Wachstumseffekte im Medienbereich hätten etwas mit Ihrer Politik zu tun. Berlin ist glücklicherweise eine so attraktive und lebendige Stadt, dass viele Unternehmen in der Medien- und Kreativbranche hierher kommen. Sie tun das nicht wegen, sondern trotz Ihrer Politik.
Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt sich zum Beispiel im Modebereich. Die Bread and Butter war von heute auf morgen wieder weg. Das ist die Kehrseite Ihrer Standortpolitik. Sie binden die Unternehmen nicht ein.