Herr Pflüger! Nach Ihrer Rede sage ich nochmals: Auch Abgeordnete tragen Verantwortung dafür, wie sie die Arbeit der Verwaltung in der Öffentlichkeit darstellen. – Herr Pflüger! Ich frage Sie auch noch einmal – weil das in der Debatte ebenfalls eine Rolle gespielt hat –, wer von der Koalition einen Strafantrag gegen Herrn Sarrazin gestellt hat. Und überhaupt – über diesen Vorgang wollte ich im Ältestenrat diskutieren! Was ist eigentlich im Peti
tionsausschuss passiert? Hat der Petitionsausschuss eine Strafanzeige gegen Herrn Sarrazin gestellt? Oder hat er Akten zur Verfügung gestellt – mit der Bitte um Prüfung, ob ein Vorgang rechtmäßig oder unrechtmäßig ist? – Auch darüber hätten wir im Ältestenrat diskutieren müssen. Das ist aber abgelehnt worden.
Ich möchte an der Stelle auch noch einmal darauf hinweisen, dass ich über die Erklärung der drei Fraktionsvorsitzenden der Opposition nach der letzten Sitzung des Ältestenrats, wonach die Koalition im Ältestenrat alles blockiert habe, einigermaßen sauer war. Man kann vielleicht sagen, dass wir Ihren Auffassungen nicht gefolgt sind. Auch wir haben Vorschläge gemacht, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Wir hatten Ihnen im Ältestenrat vorgeschlagen, wenn es sein muss, noch vor dieser Sitzung des Abgeordnetenhauses über diese Vorgänge zu reden, damit sich die betroffenen Abgeordneten erklären können und damit sich Herr Dr. Sarrazin erklären kann.
Ich komme zum Ende. – Auf diesen Vorschlag sind Sie nicht eingegangen. Das Ziel dieses Vorschlags war, dass es die Möglichkeit geben soll und muss, dass alle Beteiligten in diesem Verfahren abrüsten. Ich betone: alle Beteiligten! – Dafür werbe ich intensiv. – Danke schön!
Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Dr. Lindner das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Durch die Beiträge der Kollegen Gaebler und Doering ist die Sache etwas in Schieflage geraten, was Ursache und Wirkung angeht.
Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Männer, die sich prügeln, und als die Sache anfängt, blutig zu werden, kommt ein dritter hinzu und sagt: Pass mal auf, ihr geht jetzt in meinen Boxring, ich bin Ringrichter, wir führen diesen Konflikt in ein geordnetes Verfahren über. – Darauf lassen sich die zwei ein. Der eine tritt in den Ring und bereitet sich vor, der andere kommt wortlos hinterher, schlägt als Erstes den Ringrichter nieder, geht in die Ecke, nimmt
der Niedergeschossene hat doch, bevor es in den Ring ging, einen Tiefschlag versetzt. Damit rechtfertigen Sie den Niederschuss im Ring. So genau ist es!
Ich möchte Ihnen in aller Ruhe die drei wesentlichen Punkte verdeutlichen. – Erst einmal die Art der Offenbarung – Offenbarung steht in § 30, es kann offenbart werden –: Wir hatten am 24. August im Ältestenrat eine Vereinbarung getroffen, dass das unter der Regie des Ringrichters Momper in ein geordnetes Verfahren gebracht werden sollte. Die Abgeordneten sollten ihm genehmigen, dem Herrn Präsidenten gegenüber, dass das Steuergeheimnis geöffnet werden könne. Das war das geordnete Verfahren. Beschlossen in Anwesenheit des Mitglieds des Senats, Frau Senatorin Junge-Reyer, die das nach Aussage von Frau Senatorin von der Aue auch an den Finanzsenator weitergab. Am 13. September hat der Präsident das auch noch einmal dem Regierenden Bürgermeister zusammengefasst. Allerdings habe ich jetzt gehört, dass in Ihrem riesigen Roten Rathaus sozusagen der Fahrradunfall einer Staatssekretärin leider dazu führte, dass die Post liegen blieb. Das finde ich traurig, aber es scheint eben so zu sein. Am 24. September hatten Sie durch ein weiteres Schreiben des Präsidenten noch einmal Gelegenheit bekommen, vom Sachverhalt Kenntnis zu nehmen.
Dieses Verfahren wäre gegenüber den Abgeordneten nicht nur das mildere, sondern auch das geeignetere gewesen, weil es die Möglichkeit offenbart hätte, zusammenzukommen und in einem Dialog Vorwürfe auszuräumen, und anschließend dem Parlamentspräsidenten und dem Ältestenrat die Möglichkeit gegeben hätte, der Öffentlichkeit gegenüber das Ergebnis klarzustellen. Auch aus Sicht der Finanzverwaltung wäre es wesentlich wirksamer gewesen als eine Pressemitteilung, die im Wesentlichen auf einem Innenrevisionsbericht beruht, der genau von demjenigen verfasst wurde, der in Zusammenhang mit den Mobbingverfahren auch in der Kritik gestanden hat. Ein viel geeigneteres Verfahren!
Aber das haben Sie nicht gemacht, sondern Sie sind wortlos in den Ring gegangen und haben den Ringrichter niedergeschlagen.
Übrigens bemerkenswert ist an dieser Stelle auch, dass das Schreiben an das Bundesfinanzministerium vom 10. September, Ihr Schreiben, dieses Verfahren mit keiner einzigen Silbe thematisiert. Ich stelle die Frage, ob das
Bundesfinanzministerium, wenn es dieses Verfahren gekannt hätte, nicht in entsprechender Weise reagiert hätte!
Sie haben keine Anhörung durchgeführt. Der Kollege Lehmann hat ein Einschreiben vom 27. September am 28. September erhalten. Am 28. September ist die Frist abgelaufen. Das ist keine Anhörung, das ist eine Verhöhnung desjenigen, der ein solches Schreiben bekommt, meine Damen und Herren!
Der Gegenstand der Offenbarung ist letztlich mein dritter Punkt. – Der Innenrevisionsbericht – schon da hätte man stutzen müssen! Sie kündigen in Ihrem Schreiben vom 10. September an das BMF an: Ich beabsichtige, den Innenrevisionsbericht zu veröffentlichen. – Spätestens da hätten Sie stutzen müssen, denn der Innenrevisionsbericht ist nicht für die Öffentlichkeit geschrieben worden, um die in Frage stehenden Vorwürfe zu entkräften, sondern er ist innen intern geschrieben worden, um alles aufzuarbeiten. Das ist das Problem! Das habe ich vorhin versucht, Ihnen deutlich zu machen. Die Abgeordneten bezweifeln ja nicht, dass die eine oder andere Prüfung durchaus legitim sein kann, aber sie möchten wissen, ob der Zufallsgenerator, Herr Gaebler, sie ausgelost hat – ob beispielsweise eine Vollstreckungsmaßnahme im Rahmen des Üblichen gekommen ist – oder ob etwas Anderes dahinter stand. Da gibt dieser wunderscheußliche Bericht überhaupt keine Auskunft. Sie haben mit diesem siebenseitigen Bericht den Gegner niedergeschossen!
So ist es in dem Bild, so war es auch in der Praxis. Es war überhaupt nicht geeignet, sondern Sie haben zur Keule gegriffen, zur Maschinenpistole, obwohl ein sauberes, rechtstaatliches, vernünftiges und wesentlich geeigneteres Verfahren vereinbart war. Darum geht es uns heute!
Ja! Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Es ist deswegen notwendig, dass wir heute, nachdem Sie es versäumt hatten, sich zu entschuldigen und eine Klarstellung abzugeben, zu dem Instrument der Missbilligung greifen. Ihr Umgang mit dem Ältestenrat, Ihr Umgang mit dem Parlamentspräsidenten, Ihr Umgang mit den Abgeordneten, den der Kollege Gaebler sich heute nicht zu schade war, sozusagen noch durch weitere Drohungen zu untermauern, gebietet uns allen, diesem Antrag, den wir Ihnen heute vorgelegt haben, zuzustimmen. Darum bitte ich Sie, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Über diesen Missbilligungsantrag lasse ich sofort abstimmen. Wer dem Gruppenantrag Drs 16/0906 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU, der Grünen und der FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das war die Mehrheit.
Wir haben so etwas bereits erwartet. Das Präsidium kann keine Einigkeit feststellen, was das Abstimmungsergebnis betrifft. Also werden wir zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode das Verfahren des Hammelsprungs in Anspruch nehmen.
Es gibt keine Einigkeit im Präsidium, also machen wir von der Möglichkeit des Hammelsprungs Gebrauch. Ich bitte die Mitglieder des Präsidiums nach vorn und lese das Prozedere noch einmal vor: Wenn sich das Präsidium über ein Ergebnis zur einfachen Abstimmung mit Handaufheben im Zweifel befindet, wird ein Hammelsprung durchgeführt. Bis auf die Mitglieder des Präsidiums haben alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses den Plenarsaal zu verlassen. Ich weise die Saaldiener noch einmal darauf hin, dass die hinteren Türen abzuschließen sind. Die Verwaltungsmitarbeiter nehmen bitte Platz. Die Türen sind bereits mit entsprechenden Worten beschildert. An jeder Tür wird von einem Präsidiumsmitglied eine Abhakliste geführt, auf der jeder Zutritt vermerkt wird.
Ich weise darauf hin, dass die Abgeordneten nach dem Wiederbetreten des Saals und der damit verbundenen Abstimmung bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses im Saal verbleiben sollen, um die Zählung an den Türen nicht zu beeinträchtigen. Die Mitarbeiter der Verwaltung und der Fraktionen sowie die Senatsvertreter sollen während der Abstimmung den Plenarsaal weder betreten noch verlassen. Haben alle Abgeordneten den Plenarsaal verlassen, wird die Abstimmung mit einem Gongzeichen eröffnet: Der Hammelsprung wird eröffnet.
Erkennen die Präsidiumsmitglieder an den Türen, dass der Abstimmungsvorgang beendet ist, wird das dem Präsidium signalisiert. Der Präsident/die Präsidentin schließt die Abstimmung mit einem erneuten Gongzeichen. Die Präsidiumsmitglieder vermerken noch ihr eigenes Abstimmungsverhalten.
Ich rufe die Priorität der Fraktion Die Linke auf, der sich die Fraktion der SPD angeschlossen hat, unter
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