Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU vor, Drucksache 16/0716-1, sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion, Drucksache 16/0716-2, dann der Änderungsantrag der Fraktion der Grünen, Drucksache 16/0716-3.
Zur Schlussabstimmung zum Nichtraucherschutzgesetz hat die Fraktion der FDP die namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei bzw. der acht Paragrafen miteinander zu verbinden, wozu ich keinen Widerspruch höre. Dann rufe ich auf die Drucksachen 16/0440, 16/0716, 16/0925, 16/0716-1 bis 3.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP, und zwar in Person von Herrn Gersch. – Bitte schön, Herr Gersch!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Auch bei gelichteten Reihen ist es immer wieder ein Vergnügen, hier vorne zu stehen.
Nichtraucherschutz – nur um den geht es mir – ist notwendig. Insofern brauchen wir über gesundheitliche Folgen usw. nicht zu debattieren, das erübrigt sich. Tatsache ist aber, dass der Senat hier weit über das Ziel hinausschießt und mit seinem Gesetzentwurf eine arrogante Machtdemonstration und eine Zwangsbeglückung mit einem trojanischen Pferd vornimmt.
Ja, Frau Kosche! – Nehmen wir mal den vielbeschriebenen Arbeitsschutz! Das ist ja Ihr Lieblingsthema. Ich lege unseren roten Freunden und auch Ihnen nahe, sich einmal mit der IG Metall zu befassen. Von dort heißt es:
Rauchverbote über die Köpfe der Belegschaft hinweg sorgen zwar für gute Luft, aber auch für schlechtes Betriebsklima.
Heißt das, dass rauchende Ehemänner im Raucherraum eines Restaurants künftig im Schnellverfahren von ihren nichtrauchenden Ehefrauen zwangsgeschieden werden? Oder wie soll man das verstehen?
Doch nun zum wesentlichen Unterschied der beiden Gesetzentwürfe, dem grundsätzlichen Rauchverbot in Gaststätten. Wir haben die namentliche Abstimmung zu diesen Gesetzentwürfen beantragt, damit Sie, verehrte Koalitionäre der SPD, dem Wirt Ihrer Stammkneipe erklären müssen, warum Sie mit konstanter Boshaftigkeit seine Existenz vernichten wollen.
Wie sehen aufrechte Sozialdemokraten – sofern es diese noch gibt, Herr Buchholz – diese Einschnitte in persönliche Rechte, wenn in Kneipen wie der „Dicken Wirtin“ oder dem „Zwiebelfisch“ der Glorie vergangener Zeiten im alten Westberlin gedacht wird? Und Sie, liebe Kollegen der Grünen, müssen erklären, weshalb Sie gerade in
Kreuzberg dazu beitragen, dass die Wasserpfeifenbars aus dem Straßenbild verschwinden, vor allem arabische und türkische Mitbürger vor dem Aus stehen und so der Bezirk an Gesicht und die Menschen an Identität verlieren. Die PDS als quasi selbsternannte Partei der sozial Schwachen muss erklären, dass sie es freudig in Kauf nimmt, gerade in den Ostbezirken, wo jeder Arbeitsplatz eher Glücks- als Regelfall ist, den Wirten derartig das Wasser abzugraben.
Sie, Senatorin Lompscher und Kollege Albers – ich habe Sie lange nicht erwähnt –, öffnen gerade diesen kleinen Unternehmen und ihren Angestellten die Tür in die Arbeitslosigkeit und stürzen sie unweigerlich in das Schicksal von Hartz IV. Mit anderen Worten: Würden Sie nicht durch staatliche Diktatur den Menschen die Entscheidungsfreiheit nehmen und ihnen ständig einreden, sie seien schwach und bedürften Ihrer Hilfe – so, wie Sie es hier unter Beweis stellen –, dann könnten sich viele Probleme besser und schneller lösen lassen.
Für das, was Sie hier veranstalten, hat Ihre ehemalige Abgeordnete Frau Simon mittels Versprecher die richtigen Worte gefunden: Es geht um die Diskriminierung der Raucher. Darüber kann auch Frau Lompscher nicht hinwegtäuschen, wenn sie sagt: Es geht doch um den Gesundheitsschutz und nicht darum, das Rauchen zu verbieten. – Damit bleiben Sie alten Gewohnheiten treu: Was nicht in die Linie passt, wird verboten, denn verbieten lässt sich alles.
Wie sehen das Ihre Kollegen an den Stammtischen im „Alten Krug” oder der „Luise” – um ein paar Beispiele zu nennen?
Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist: Sie quittieren den Menschen unserer Stadt mit Ihrem Namen, dass Sie sie für dumm, einfältig und verantwortungslos halten und den Wirten und ihren Angestellten ein Dasein in Hartz IV – Herr Czaja nickt aufmunternd – wünschen – das alles im Namen der Gesundheit, sodass Sie sich auch richtig gut dabei fühlen.
Die zweite Möglichkeit – die einzig vernünftige und machbare – ist: Sie stimmen unserem Antrag zu, denn wir setzen das um, worum es eigentlich geht: den Schutz der Nichtraucher dort, wo es darauf ankommt. Aber wir gestehen den Wirten ihre existenzsichernde Privatautonomie zu und zeigen, dass Berlin eine bunte, weltoffene und tolerante Stadt mit ebenso toleranten, verantwortungsbewussten und freiheitsliebenden Menschen ist.
In meinen Augen versteht es sich für einen Parlamentarier von selbst, mit dem richtigen Augenmaß für diese Werte einzutreten. So können Nichtraucher und Raucher die Berliner Luft in vollen Zügen genießen. – Danke!
Danke schön, Herr Kollege Gersch! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr Frau Winde das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Gersch! Eigentlich müsste ich beleidigt sein, dass ich in Ihren Beleidigungen nicht enthalten war, sondern sich Ihr Unwille gegenüber der SPD ausgerechnet gegen den Kollegen Buchholz richtete. Ich gebe zu, dass er sich durchaus das eine oder andere Mal zum Thema Nichtraucherschutz geäußert hat, aber verwundert hat es mich doch.
Ich freue mich, dass wir nach dieser langen Zeit – einem dreiviertel Jahr – harter Diskussionen und Verhandlungen heute endlich zur II. Lesung des Nichtraucherschutzgesetzes kommen und ich meine jetzt schon fünfte Rede zu diesem Thema halten darf. In öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Schulen, Universitäten, Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Diskotheken, Heimen und Kultur- und Sportstätten soll künftig das Rauchen untersagt werden. Das heißt also: Überall dort, wo Öffentlichkeit ist, wird das Rauchen künftig verboten sein.
Bei aller Kritik an dem einen oder anderen Detail, die in den letzen Wochen und Monaten geäußert wurde und die z. T. sicher verständlich ist, möchte ich eines klar feststellen: Dieses Gesetz ist eine enorme Verbesserung und ein enormer Fortschritt gegenüber dem Ist-Zustand, denn mit wenigen Ausnahmen können Sie sich überall hinbegeben, ohne dass Sie zwangsläufig zum Passivrauchen gezwungen werden. Im Gegenteil: Das Nichtrauchen ist jetzt endlich die Regel und das Rauchen die Ausnahme. Wenn das kein Fortschritt ist!
Während das Rauchverbot im öffentlichen Raum von allen mehr oder weniger akzeptiert und für gut befunden wird, gab es in den letzten Monaten immer wieder ausgeprägte Diskussionen über das Rauchverbot in Gaststätten, insbesondere in Kneipen. Das Gesetz sieht vor, dass das Rauchen in Gaststätten grundsätzlich verboten ist, ermöglicht aber sehr eingeschränkt, sogenannte Raucherräume einzurichten.
Diese Raucherräume haben es aber in sich, denn sie dürfen keine direkte Verbindungstür zum Nichtraucherbereich und zur Küche des Lokals haben. Auch dürfen die Gäste und das Personal nicht durch diese Räume hindurchgehen müssen, um zur Küche oder zur Toilette zu gelangen.
Da gibt es dann Gänge – oder wie auch immer. Es gibt solche Möglichkeiten, sie müssen aber erst einmal baulich geschaffen werden.
Zu guter Letzt: Bedient werden darf in diesen Räumen auch nicht. Das heißt: Berlin geht damit sehr viel weiter als die meisten anderen Bundesländer.