Protokoll der Sitzung vom 22.11.2007

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Ueckert von der Fraktion der CDU zu dem Thema

Teure Schließung des Flughafens Tempelhof

Schönen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. In welchem Umfang sind Altlasten im Boden der Freifläche des Flughafengeländes dokumentiert, oder sind Teile des Flughafengeländes Altlastenverdachtsflächen?

2. Trifft es zu, dass zur Altlastenproblematik der Freifläche von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Gutachten beauftragt wurde, das bis heute der Öffentlichkeit nicht vorgestellt worden ist?

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Lompscher. – Bitte schön, Frau Lompscher, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ueckert! Zunächst einmal stelle ich klar, dass die alleinige ordnungsrechtliche Zuständigkeit für die Ermittlung, Beurteilung und Festsetzung etwaiger Maßnahmen zu allen Altlastenfragen auf dem Flughafen Tempelhof bei den Bezirksämtern Tempelhof-Schöneberg und – für einen weitaus kleineren Teil der Fläche – Neukölln liegt. Diese Zuständigkeit besteht bereits seit dem Jahr 2001, nachdem auf Beschluss von Parlament und Senat wesentliche Auf

gaben aus der Senatsumweltverwaltung in die Bezirke verlagert worden sind. Insofern liegen auf Senatsebene solche Unterlagen nicht vor; sie sind beim Bezirksamt vorhanden. Da wir aber kürzlich eine Kleine Anfrage zu diesem Sachverhalt beantwortet haben – Nr. 16/11 319 –, kann ich einige Angaben machen, die mir das bezirkliche Umweltamt seinerzeit übermittelt hat. Ich zitiere:

Das Gelände des Flughafens Tempelhof wurde auf das Vorliegen von Altlasten untersucht. Die vorliegenden Erkenntnisse zu den Altlastenverdachtsflächen im Bereich des Flughafens Tempelhof sind im Berliner Bodenbelastungskataster dokumentiert, und zwar acht Altstandorte und drei Altablagerungen. Für die Bestandsaufnahme wurde eine Aufgliederung in 75 Einzelflächen vorgenommen. Es fanden keine flächendeckenden Beprobungen statt. Für einige Flächen fanden orientierende Untersuchungen statt. Abschätzungen in Bezug auf den Umfang der Altlasten liegen nicht vor.

Der Handlungsbedarf ist zu den bekannten Einzelflächen unterschiedlich, und zwar im Einzelnen: Für 13 Flächen besteht kein Handlungsbedarf. Für 6 Flächen sind weitere Recherchen erforderlich. Für 21 Flächen ist der Handlungsbedarf im Rahmen von Baumaßnahmen zu prüfen. Für 28 Flächen ist die Durchführung orientierender Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung vorzunehmen. Das weiteren ist für eine als Altlast nachgewiesene Fläche die Durchführung der Sanierungsuntersuchung eingeleitet worden. 6 Flächen sind im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes als saniert zu betrachten.

Ihre zweite Frage beantworte ich mit Nein.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Ueckert.

Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Wenn Sie – zuständigkeitshalber oder aus sonstigen Gründen – keine weiteren Kenntnisse darüber haben, werden Sie sicherlich auch über die Kosten nicht informiert sein. Aber können Sie mir bestätigen, dass in nächster Zeit gar keine Kosten für Altlastensanierung anfielen, wenn das gesamte Areal so weiter genutzt würde wie bisher, nämlich als Flugverkehrsfläche?

Frau Senatorin Lompscher!

Herr Ueckert! Ich kann Ihre Annahme nicht bestätigen. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg in einem Fall eine Sanierungsuntersu

chung angeordnet hat, die auch folgen wird. Bei sechs Flächen wurden zudem bereits Sanierungen vorgenommen.

Dann geht es weiter mit einer Nachfrage von Frau Matuschek von der Linksfraktion. – Bitte, Frau Matuschek!

Vielen Dank! – Frau Senatorin! Sollte die Behauptung stimmen, die Herr Pflüger heute schon aufgestellt hat, dass der Flughafen Tempelhof quasi eine Giftmülldeponie sei – wäre es aus Ihrer Sicht dann nicht verantwortungslos, dort ein Gesundheitszentrum ansiedeln zu wollen?

Frau Senatorin Lompscher!

Herr Präsident! Frau Matuschek! Zunächst einmal nutze ich die Gelegenheit, um diese Art von Panikmache in aller Form zurückzuweisen. Es ist schlicht nicht wahr, dass der Flughafen Tempelhof eine Giftmülldeponie ist. Der zuständige Stadtrat von Tempelhof-Schöneberg hat in einem Zeitungsartikel Anfang dieser Woche auch sehr deutlich vor Panikmache gewarnt. Diese Flächen sind zum großen Teil naturbelassen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es in Ordnung.

Wenn es allerdings stimmen würde, was in dieser Panikmache behauptet wird, wäre es nicht zielführend, das Gelände des Flughafens Tempelhof als Gesundheitsstandort zu wählen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Baba von der Linksfraktion zum Thema

Gegen Gewalt an Frauen

Bitte schön, Frau Baba!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie schätzt der Senat angesichts des – immer noch – hohen Ausmaßes von Gewalt gegen Frauen die Wirksamkeit des Aktionsplanes gegen häusliche Gewalt ein?

2. Wie beurteilt der Senat das Verhältnis von Intervention und Prävention in Sachen häuslicher Gewalt, und

welchen Stellenwert haben solche Maßnahmen wie das Präventionsprojekt der Berliner Interventionszentrale bei häuslicher Gewalt an Berliner Grundschulen?

Danke schön, Frau Kollegin Baba! – Jetzt antwortet Senator Wolf, der Frauensenator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Baba! Der Senat schätzt die Wirkung des Aktionsplans ausgesprochen positiv ein. Sie wissen, der Aktionsplan wurde im März 2002 mit einer Laufzeit bis 2006 beschlossen und mittlerweile durch Senatsbeschluss bis Ende März 2008 verlängert. Während der Laufzeit des Aktionsplans ist ein breites Bündnis gegen häusliche Gewalt mit allen beteiligten Institutionen, Verbänden und Projekten entstanden. Es ist in dieser Zeit auch gelungen, diese Strukturen nicht nur zu etablieren, sondern sie – trotz der schwierigen Haushaltslage, die wir in diesem Zeitraum gehabt haben – auch auszubauen und zu bewahren. Unter anderem wird seit Oktober 2005 – das ist eine der in diesem Zeitraum erzielten Verbesserungen – das Angebot eines proaktiven Ansatzes umgesetzt. Das bedeutet, dass die fünf Berliner Beratungsstellen und die BIG-Hotline Betroffene anrufen, soweit diese das gewünscht haben. Wenn nach einem Polizeieinsatz bekannt wurde, dass häusliche Gewalt ausgeübt wurde, bekommen die Betroffenen einen entsprechenden Anruf, wenn sie vorher ihr Einverständnis erklärt haben.

Das ist ein gutes Angebot, weil es niedrigschwellig ist und eine wichtige Lücke schließt und im Übrigen gut angenommen wird.

Das Berliner Interventionssystem gewährt damit einen nachhaltigen Opferschutz. Allerdings setzt Opferschutz nicht an den Ursachen an, sondern dann, wenn die Tat bereits geschehen ist. Das eigentliche Thema Abbau von Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein langfristiger gesellschaftlicher Prozess. Die steigende Anzahl von Anzeigen im Bereich häusliche Gewalt, die wir seit einiger Zeit zu verzeichnen haben, heißt nicht zwangsläufig, dass die Zahl der Taten gestiegen ist, sondern dass vor allen Dingen die Dunkelziffer aufgehellt wird, d. h. dass mehr Taten gemeldet und bekannt werden. Durch die Verbesserung des Interventionssystems, aber auch der rechtlichen Verbesserungen wie z. B. der Möglichkeit des Platzverweises für Täter haben die Inanspruchnahme der Hilfeneinrichtungen und damit auch die Zahl Anzeigen zugenommen.

Es wird gleichzeitig deutlich, dass eine wirksame Prävention bei den Verursachern der Gewalt, sprich: den Tätern, ansetzen muss. Deshalb hat sich der Senat dafür eingesetzt, dass in Berlin ein täterorientiertes Interventionsprogramm entwickelt wird und im nächsten Jahr auch umge

setzt werden kann. Die Koordination hierfür hat die Berliner Interventionszentrale bei häuslicher Gewalt, BIG, übernommen. Der Senat hält aber den Aufbau und Ausbau präventiver Maßnahmen, die möglichst früh bei Kindern und Jugendlichen ansetzen müssen, für dringend erforderlich.

Zu Ihrer zweiten Frage: Gewalt im Leben eines Menschen ist leider meist kein singuläres Ereignis, sondern zieht sich häufig über verschiedene Lebensabschnitte hinweg. Wir haben die Situation, dass es hier immer wieder zu Wiederholungstaten kommt. Deshalb halten wir es für notwendig, dass Intervention und Prävention Hand in Hand gehen müssen.

Unter Intervention verstehen wir dabei Reaktionen staatlicher Institutionen wie z. B. die Strafverfolgung, die Möglichkeit des polizeilichen Platzverweises des Täters aus der gemeinsamen Wohnung und die Bereitstellung von Unterbringung, sprich Hilfswohnungen, Frauenhäusern, Beratung und Unterstützung. Prävention bedeutet frühzeitige Information und Aufklärung über Ursachen, Auswirkungen von Gewalt und auch über die Hilfsmöglichkeiten, die wir haben.

Bereits miterlebte Gewalt in den sogenannten eigenen vier Wänden kann bei Kindern erhebliche psychische Schädigungen hinterlassen. Deshalb legen wir ein großes Gewicht auf die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Jugendhilfe im Sinn eines Frühwarnsystems. Das von der Berliner Interventionszentrale bei häuslicher Gewalt initiierte Modellprojekt an Schulen zur Prävention von häuslicher Gewalt setzt mit Workshops für Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern und Eltern genau an dieser Stelle an. Die Bedeutung dieses Ansatzes wird durch die positiven Rückmeldungen, die wir von den Schulen erhalten haben, an denen dieses Modell erprobt wurde, unterstrichen. Der Senat wird sich deshalb dafür einsetzen, dass dieses bundesweit einmalige Projekt nach Auslaufen der Modellphase auch in Berlin weitergeführt werden kann.

Danke schön, Herr Senator! – Frau Kollegin Baba hat eine Nachfrage.

Herr Senator! Sie haben gesagt, dass Gewalt an Frauen am besten im Vorfeld zu verhindern sei und dass das wirksam getan werden müsse. Im Rahmen der Haushaltsdebatte haben wir die Finanzierung von sogenannten Täterkursen gesichert. In diesem Zusammenhang interessiert uns, wie dieser konzeptionelle Ansatz innerhalb des Aktionsplans zum Tragen kommt. Können Sie das konkretisieren?

Herr Senator – bitte!

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Baba! Erst einmal bin ich froh darüber, dass es in den Haushaltsberatungen gelungen ist, diesen Ansatz für die täterorientierte Arbeit abzusichern und damit die Unsicherheit, die zwischenzeitlich entstanden ist, zu beseitigen. Ich habe es vorhin schon ausgeführt, wir können uns, wenn wir gegen häusliche Gewalt vorgehen wollen, nicht allein darauf beschränken, Unterstützungsangebote für die Opfer zu geben, sondern wir müssen bei den Tätern ansetzen, weil von dort die Gewalt ausgeht.

Das ist Bestandteil des vom Runden Tisch verabredeten Aktionsplans. Wir werden in der nächsten Sitzung im April über den aktuellen Sachstand beraten. Die Koordinierung für diese täterorientierte Arbeit hat die BIGInterventionszentrale übernommen, die für das gesamte Thema zuständig ist. Allerdings wird die eigentliche täterorientierte Arbeit nicht von der BIG ausgeführt, sondern von dort koordiniert.

Gegenwärtig wird an der Entwicklung eines Gesamtkonzepts gearbeitet. Die Aufgaben in diesem Bereich umfassen vordringlich die Festlegung und Abstimmung von Standards täterorientierter Intervention, die Regelungen zur Zusammenarbeit mit den Schutzeinrichtungen und den Beratungsstellen, die Einbeziehung der Bewährungshilfe in den Abstimmungsprozess, die Entwicklung von Verfahren zum Umgang mit Tätern häuslicher Gewalt in den Jugendämtern sowie die Prüfung aller Möglichkeiten zur Steigerung der justiziellen Zuweisung in soziale Trainingskurse.

An Vorbereitungen wurden bisher unternommen: eine Bestandsaufnahme von Täterprogrammen im In- und Ausland, um hier entsprechende Best-Practice-Beispiele zu identifizieren, die Prüfung von bisher nicht genutzten Zugangswegen in sozialen Trainingskursen und die Erstellung einer Grobplanung zur Umsetzung eines umfassenden Täterprogramms in Berlin unter Einbindung aller Kooperationspartner.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Die entsprechende Konzeption, die daraus entwickelt wird, wird im ersten Halbjahr zur nächsten Sitzung des Runden Tisches vorgelegt werden. Hier werden wir dann im Detail in die Umsetzung gehen können, wenn wir im Runden Tisch das Gesamtkonzept beschlossen haben.

[Christoph Meyer (FDP): Das war eine spontane Nachfrage!]

Danke schön, Herr Senator! – Der Kollege Mutlu hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Herr Mutlu!

Herr Senator! Ich habe in diesem Zusammenhang eine ganz andere Frage, die sehr wohl zum Thema gehört. Sind Ihnen die Initiative und Kampagne gegen häusliche Gewalt der Tageszeitung „Hürriyet“ und die zugehörige Hotline bekannt, die kürzlich den Jurypreis der Initiative Hauptstadt Berlin bekommen hat? Wie könnte eine Zusammenarbeit und Förderung derartiger externer Kampagnen aussehen?