Evrim Baba

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„Endlich will auch Rot-Rot mehr Frauen in Führungspositionen“, lese ich gestern in der Presseerklärung der Grünen. Einmal mehr bin ich überrascht. Und zwar darüber, dass diese Erkenntnis erst jetzt zu den Grünen durchgedrungen ist. Bereits in der letzten Legislaturperiode beschäftigten wir uns intensiv mit der Frage der Besetzung von Vorstandspositionen mit Frauen. Und wir sind in Berlin sehr wohl ein Stück weit vorangekommen. So ist
Ulrike Neumann
es gelungen, den Anteil von Frauen in Aufsichtsgremien von 16 Prozent im Jahr 2004 auf etwas über 35 Prozent zu erhöhen. Im höheren Landesdienst ist die Frauenquote 2004 bis 2006 – wenn auch nur um 1 Prozent, aber immerhin – auf knapp 45 Prozent gestiegen.
Richtig ist leider nach wie vor aber auch, dass mit steigender Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe der Frauenanteil sinkt. Im Spitzenbereich sind Frauen nur mit einem Anteil von 23,5 Prozent vertreten. Positiv lässt sich jedoch feststellen, dass der Anteil von Frauen im Eingangsamt des höheren Dienstes bei 53,9 Prozent liegt. Damit dürften mittelfristig noch etwas mehr Frauen für Spitzenfunktionen zur Verfügung stehen. Besonders deutlich zeigt sich der Erfolg unserer Politik bei der Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft. Zum dritten Mal in Folge belegt Berlin im Hochschulranking nach Gleichstellungsaspekten den ersten Platz.
Das alles soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch viel zu verbessern gibt. Ich und meine Fraktion sind noch längst nicht zufrieden mit dem Erreichten. Das gilt eben auch für die Kritik an der Vergabe von Vorstandsposten in Landesunternehmen ohne Ausschreibung. Und damit es auch bei den Grünen ankommt, wiederhole ich gerne nochmals: Frauen in Spitzenpositionen von Vorständen und Geschäftsführungen sind immer noch unterrepräsentiert.
Ich betone aber auch noch einmal: Für mich bestand das Problem vor allem in der Diskrepanz zwischen der vom Senat geäußerten und gewollten politischen Ambition zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und der Besetzung von Vorstandsposten ohne Ausschreibung mit Männern. Deswegen haben wir unseren Änderungsantrag für „Mehr Frauen in Führungspositionen“ eingebracht. Ich freue mich, dass unser Antrag fraktionsübergreifend im Frauen- und Wirtschaftsausschuss beschlossen wurde. Dabei sind wir über den Ursprungsantrag der Grünen-Fraktion selbst hinausgegangen – nicht nur durch die Präzisierung des Landesgleichstellungsgesetzes, über die wir uns alle einig sind, dass sie notwendig ist. Die Debatte, die am Ende zu der Beschlussempfehlung geführt hat, war nicht immer sachlich, aber sie hat doch dazu beigetragen, viele für dieses Thema zu sensibilisieren, bisher übliche Verfahren zu hinterfragen und künftig mehr Transparenz zu gewährleisten.
Auch der Auffassung der Grünen, die wir ja teilen, „dass hehre Verfassungsgrundsätze und Gleichstellungsgesetze allein für eine Veränderung der realen Alltagssituation nicht ausreichen.“ werden wir in dem Antrag gerecht. Ebenso, dass öffentliche Ausschreibungen, die auch wir rechtssicher gesetzlich verankern wollen, nicht automatisch eine paritätische Besetzung von Vorständen oder die Chancengleichheit für Frauen garantieren. Es geht nicht allein um die öffentlichen Bekanntmachungen über zu besetzende Führungspositionen, sondern um gezielte Maßnahmen, damit bei der Personalfindung geeignete Frauen einbezogen werden. Es geht auch um Personal
entwicklung, denn Führungsqualifikationen müssen erworben und unter Beweis gestellt werden.
Der Senat steht nun in der Pflicht, Verfahren zu entwickeln, die die Einbeziehung von Frauen in Bewerbungsverfahren durch gezielte Maßnahmen der Personalfindung, Personalentwicklung und Frauenförderung sicherstellt und fördert. Dazu ist weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit Frauenvertreterinnen, außerparlamentarischen Organisationen, Initiativen und Gruppen wichtig und notwendig.
Heute liegt uns nun die einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung des Wirtschafts- und Frauenausschusses zum Antrag „Mehr Frauen in Führungspositionen“ vor. Unterstützen Sie diesen Antrag. Die paritätische Besetzung von Führungspositionen ist zwar nicht von heute auf morgen zu erreichen, aber dieser Antrag ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass zukünftig der Begriff Geschlechtergerechtigkeit mit noch mehr Leben erfüllt wird.
Der Rechnungshof erwartet – ich zitiere:
dass die nunmehr zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen die unzulässige Ausschnittsförderung der Kosten sog. Fraueninfrastrukturstellen zur Ergänzungsfinanzierung von Frauenprojekten im Ostteil Berlins einstellt.
Das steht dick gedruckt in seinem Bericht. Nun ist der Rechnungshof ausschließlich eine Instanz der Finanzkontrolle, die jetzt ebenfalls die Grünen in ihrem Antrag einfordern.
Ich folge dieser reinen Kosten-Nutzen-Logik nicht. Immerhin geht es hier um Menschen und diejenigen, die von ihrer Arbeit profitieren. Aber ich stimme Ihnen zu, Frau Kofbinger: Die Inhalte der Arbeit, die mithilfe dieser Stellen geleistet wurde, sind von der Senatsverwaltung weder ausreichend fachlich begleitet worden, noch hat es im Grunde einen fachlichen Austausch dazu oder eine Bewertung der Arbeit gegeben. Es gab keine mit allen beteiligten Vereinen und Projekten vereinbarten Qualitätskriterien für dieses ARP-Programm, also auch keine bewertbaren fachlichen Ziele. Das ist durchaus zu kriti
sieren. Das dient ja auch nicht dem angestrebten Ziel, Frauen über 45 mithilfe der ARP-Stellen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
Aber trotz aller Kritik – auch der aus den Bezirken –, dass einige Projekte keine ausgewiesene Frauenarbeit machen: 16 Jahre ARP-Stellen haben einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Infrastruktur von Frauenprojekten geleistet. Darauf möchte ich hier ausdrücklich verweisen und den vielen engagierten Frauen danken. Ich selbst habe mich jahrelang für die Finanzierung eingesetzt und viele dieser Projekte besucht.
Leider haben die Grünen in ihrem Antrag nicht ausreichend dazu Stellung genommen, was sie von dieser nachträglichen Evaluierung erwarten. Genauso wenig haben sie erklärt, ob sie eine interne oder externe Evaluation fordern und wie die Finanzierung aussehen soll. Welche Schlussfolgerungen sie aus der Evaluierung ziehen wollen, bleibt ebenso offen. Nehmen wir einmal an, die Evaluation ergibt, dass der größte Teil der ARP-Stellen sich als erfolgreich und sinnvoll herausstellt. Ich habe daran keinen Zweifel. Dazu brauche ich nicht einmal eine Evaluation. Daraus ließe sich aber nur eine Schlussfolgerung ableiten: Die ARP-Stellen müssen bleiben, und eine Ausdehnung auf Frauenprojekte im Westteil müsste unterbleiben, es sei denn, die Grünen wollen den Etat erhöhen, damit auch diese Projekte am ARP-Programm partizipieren können. Das müssten Sie dann nur noch Herrn Esser schmackhaft machen, der ja eine Haushaltssperre fordert.
Wir dagegen wollen in erster Linie die 58 Stellen, für die 2,08 Millionen Euro Landesmittel zur Verfügung stehen, erhalten. Diese sollen über Ausschreibungen allen Frauenprojekten dieser Stadt zugänglich gemacht und durch eine Neukonzipierung des Programms an den Schwerpunkten des gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms ausgerichtet werden. Das bedeutet auch nicht zwangsläufig das Ende der bisherigen Stellen. Gerade durch die zukünftig einzurichtende Jury, über deren Zusammensetzung wir noch diskutieren müssen, kann doch über die Prüfung der eingereichten Konzepte die fachliche Ausrichtung sowie der zu erwartende Erfolg evaluiert und die bisherige Arbeit ausgewertet werden. Gleichzeitig wird damit die Möglichkeit eröffnet, wichtige Angebotslücken zu schließen, die sich in den letzten Jahren neu ergeben haben.
Die Ausschreibung wird, wie auch schon die Debatte um die Neustrukturierung, in enger Abstimmung mit den kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten erfolgen. Über das Auswahlgremium wird für Transparenz und Ausgleich gesorgt. Es geht um die Stärkung der frauenpolitischen Infrastruktur insgesamt, es geht um die Sicherung von Arbeitsplätzen für Frauen. Auch die sozialen Folgen der Neukonzipierung des Programms werden bedacht, und im Einzelfall sollen besondere Lösungen und Übergangsregelungen möglich und nötig sein. Die Linksfraktion hat sich immer dafür eingesetzt, diesen
Etatposten zu erhalten. Für Vorschläge, die noch darüber hinausgehen, bin ich jederzeit offen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Görsch! Ich denke, Sie meinen es ernst, was die Gleichstellung und die Forderung nach Frauen in Führungspositionen betrifft, aber ich glaube, Sie reden ein wenig an Ihrer Fraktion vorbei.
Denn gucken Sie einmal in Ihre Reihen! Die CDUFraktion ist mit solchen Forderungen überhaupt nicht zu konfrontieren, und sie ist dafür auch nicht zu haben. Deswegen sollten Sie sich einmal darüber Gedanken machen.
Es gibt doch tatsächlich noch Tage, an denen uns selbst die Grünen noch mit Anträgen überraschen können. Zwei Wochen ist es gerade einmal her, dass ich hier im Plenum zu dem Antrag der Grünen über die paritätische Besetzung von Vorstandsposten in landeseigenen Unternehmen
Stellung bezogen habe. Dabei habe ich die pure Polemik, mit der dabei gearbeitet wurde, offen kritisiert – aber auch Ihr Verhalten, das von reiner Wahlkampftaktik geprägt war. Trotzdem glaube ich, nach der Debatte die Schlussfolgerung ziehen zu können, dass sich alle Fraktionen einig darüber gewesen sind, dass eine Präzisierung des Landesgleichstellungsgesetzes notwendig ist.
So weit, so gut! Nun liegt uns heute Ihr Antrag zu einer Änderung des LGG vor, und ich bin wieder einmal maßlos enttäuscht.
Ich werde Ihnen auch sagen, warum. Natürlich ist es Ihr gutes Recht, liebe Grünen, Anträge in das Plenum einzubringen, doch halten wir uns noch einmal kurz die Gründe für den Wechsel der Abgeordneten Canan Bayram zu den Grünen vor Augen! Dabei ging es nicht zuletzt um Kritik am Umgang mit Frauen in der SPD-Fraktion sowie um die Umsetzung der Gleichstellungspolitik durch einige männliche Fraktionsangehörige. Diese Kritik konnte ich durchaus nachvollziehen.
Einzig merkwürdig sind jedoch die Konsequenzen, die sich daraus jetzt scheinbar für die Frauenpolitik der Grünen ergeben haben. Wie des Öfteren haben sich die frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen mit den Frauenvertreterinnen der landeseigenen Betriebe getroffen, um sich über Inhalte und eine gemeinsame Vorgehensweise auch zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes auszutauschen. Wer fehlte? – Die Grünen. Waren sie so sehr beschäftigt, diesen Antrag auszuarbeiten, dass sie vergessen haben, die Interessen derer zu bewahren, die von den Änderungen des Landesgleichstellungsgesetzes direkt betroffen sind, oder ging es nur darum, sich mit diesem Thema wieder einmal zu profilieren und schnell irgendeinen Antrag dazu einzubringen?
Ich halte es für keinen guten Stil, mit solchen Gesetzesanträgen potenzielle Bündnispartner durch einseitiges Vorpreschen zu verprellen und dadurch den ständigen Austausch,
den wir Frauenpolitikerinnen und Frauenvertreterinnen pflegten, zu boykottieren.
Übrigens: Anja Kofbinger war bisher immer bei den Treffen dabei,
wenn ich zum Beispiel an die Debatte zum Personalvertretungsgesetz denke.
Margit Görsch
Es ist uns fraktionsübergreifend und in enger Abstimmung mit der Gesamtfrauenvertreterin gelungen, die Angriffe auf das Landesgleichstellungsgesetz abzuwehren. Deshalb stimmt mich das Verhalten der Grünen traurig. Gerade wir Frauenpolitikerinnen aller Parteien hatten oft genug guten Grund zur Zusammenarbeit. Und das nicht nur, weil in wichtigen Punkten auch fraktionsübergreifend Übereinstimmungen bestehen, sondern noch immer in allen Parteien Widerstände bei Gleichstellungsforderungen von Frauen bestehen. Da ist jeder Schnellschuss zur Profilierung in bester Wahlkampfmanier völlig kontraproduktiv
und negiert die gute Zusammenarbeit der letzten Jahre bei der Gleichstellungspolitik.
Ich möchte meine inhaltliche Kritik zum Antrag der Grünen – –
Nein! Ich möchte fortfahren. – Im letzten Plenum – – Wenn jetzt nicht Ruhe einkehrt, möchte ich nicht weiterreden!
Gut!
Ja, ich komme zum Schluss! – Lassen Sie mich noch etwas dazu sagen, weil es wichtig ist.
Es geht wirklich darum, nicht nur Schnellschüsse zu machen.
Solch eine Gesetzesänderung benötigt Zeit, damit ausführlich alle Punkte enthalten sind, die uns wichtig sind. Deshalb ist es wichtig, diesen Antrag erst einmal in den Ausschuss zu überweisen und dort noch einmal den Grünen die Leviten zu lesen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Erstens, Frau Görsch, sehe Sie doch mal bitte in Ihre Fraktion! Wie viele Frauen sind denn als Abgeordnete in Ihrer Fraktion? Zählen Sie doch mal, und erzählen Sie doch hier nicht solch ein Märchen! Das glaubt Ihnen doch sowieso keiner.
Frau Kofbinger! Sie waren doch vor acht Wochen bei dem Treffen bei den Frauenbeauftragten mit dabei.
Lassen Sie mich doch mal ausreden!
Sie waren vor acht Wochen dabei! Dort haben wir mit den Frauenvertreterinnen der landeseigenen Betriebe vereinbart, dass wir, wie beim Personalvertretungsgesetz, fraktionsübergreifend auch die Forderungen der Frauenvertreterinnen aufnehmen und mit ihnen gemeinsam alles absprechen und sehen, welche Forderungen sie haben und dann zusammen ein Gesetz einbringen. Damit waren Sie einverstanden. Letzte Woche war Frau Görsch dabei, Herr
Lehmann war dabei. Sie waren nicht dabei, Sie haben einen Grund genannt. Ich weiß, dass die Frauenvertreterin der BVG Sie angerufen und darum gebeten hat, Ihren Antrag zurückzunehmen, weil die Frauenvertreterinnen noch Forderungen haben.
Sie haben das abgelehnt, das ist die Wahrheit. Wenn man mit potenziell Betroffenen nicht zusammenarbeitet und agiert, dann muss man fragen: Für wen machen Sie denn diese Gesetze?
Zu der CDU und Ihren Äußerungen, Frau Görsch, möchte ich jetzt nichts sagen. Ich glaube, das werden die Wählerinnen und Wähler bewerten. Die Frage ist jedoch, wie viele Frauen sitzen denn im CDU-Fraktionsvorstand?
Bevor man andere kritisiert, sollte man erst einmal in die eigene Fraktion gucken. Hier stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich von Abgeordneten dieses Parlaments schon so manche Äußerung gehört und so manches Zitat in den Medien zu den Besetzungen der vakanten Vorstandsposten landeseigener Betriebe mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Ähnlich erging es mir heute bei den Vorrednerinnen der Opposition. Nicht dass ich nicht über die Handlungsweise von Herrn Sarrazin im BVG-Vorstand empört gewesen wäre oder kritisiere, dass aus Zeitgründen keine Frau für den IBB-Vorstandsposten zu finden gewesen sei,
schließlich war auch ich froh, dass mit Dr. Birgit Ross, deren Weggang ich sehr bedauere, die paritätische Besetzung des Vorstands der Investitionsbank Berlin möglich gewesen war.
Nein! Mir greifen die derzeitige Polemik insbesondere der Grünen-Fraktion und auch der Antrag der Grünen viel zu kurz. Warum fällt der Opposition gerade jetzt eine durchaus kritikwürdige, aber in den letzten Jahren nicht nur unter Rot-Rot übliche Vergabepraxis bei den Vorstandsposten auf? Sich nun hierzu in bester Wahlkampfmanier zu echauffieren, ist meines Erachtens unglaubwürdig, liebe Grünen!
Ich möchte mich jedenfalls heute und hier nicht damit auseinandersetzen, was die große Koalition oder die rotgrüne Übergangsregierung vor unserer Regierungsbeteiligung für die Besetzung von Spitzenpositionen mit Frauen alles getan oder besser nicht getan haben.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass wir noch Gesetze brauchen, damit die Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Frauen durchgesetzt und patriarchisches Denken, welches ganz offensichtlich bei einigen noch vorhanden ist, überwunden werden kann.
Wir sind als rot-rote Regierungskoalition angetreten, in Vorständen und auf den Führungsebenen von Unternehmen mit Beteiligungen des Landes Berlin den Frauenanteil so zu erhöhen, dass diese geschlechterparitätisch besetzt werden.
Ein aktuelles Beispiel sind Vivantes und Charité. Da sind in einem halben Jahr zwei Posten mit Frauen besetzt worden.
Das muss man auch sagen, wenn es passiert.
Das bedeutet allerdings, wir haben zwar in Berlin einen kontinuierlichen und deutlichen Anstieg bei Frauen auf Führungsebenen erreicht, aber es gibt noch immer Bereiche, wo Männer weitgehend unter sich sind. Insbesondere in den Vorständen versuchen Männer, ihre Machtposition zu behaupten und Seilschaften zu erhalten.
Wenn es mit dem Landesgleichstellungsgesetz offenbar – ich bin selbst keine Rechtsexpertin – für die Besetzung von Vorstandsposten keine eindeutige Rechtslage gibt, dann muss diese durch eine Präzisierung des Gesetzes hergestellt werden. Daran arbeiten wir auch.
Ich möchte aber noch auf etwas anderes eingehen. Nicht die fehlende öffentliche Ausschreibung, an der sich der Streit entzündet, ist das Problem,
sondern wie Frauen und deren Netzwerke erfahren, welche Spitzenpositionen zu besetzen sind, wie und ob sie überhaupt angesprochen werden. Denn öffentliche Ausschreibungen, Frau Kofbinger, garantieren nicht automatisch eine paritätische Besetzung von Vorständen oder die Chancengleichheit für Frauen.
Eines steht fest: Es gibt sie längst, die Frauen mit den erforderlichen fachlichen Qualitäten und Führungsqualitäten. Wir müssen sie nur erreichen und mehr unterstützen. Das muss politisch gewollt sein sowie sozial und rechtlich abgesichert werden. Es müssen Verfahren entwickelt werden, um die Information über vakante Stellen rechtzeitig an Frauen weiterzuleiten und ihnen durch ein genügend großes Zeitfenster Entscheidungsspielraum sowie Unterstützung zu geben. Dass die Suche nach qualifizierten weiblichen Führungskräften von den verschiedenen Senatsressorts, ihren Findungskommissionen und beauftragten Personalagenturen mit Priorität verfolgt wird, ist dabei sicherzustellen. Dabei müssen Listen, die den zuständigen Gremien zur Personalfindung zur Personalfindung vorgelegt werden, mindestens so viele Frauen wie Männer enthalten. Zum Nachweis sollte es künftig dokumentiert und ausführlich begründet werden, wenn von diesem Prinzip abgewichen wird. Allein mit Ausschreibungen wird nichts besser, Frau Kofbinger. Geschlechtergerechtigkeit ohne passgenaue, zielgerechte Frauenförderung gibt es noch lange nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie hoch ist der Anteil von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen des Landes Berlin, und welche Entwicklungen gab es?
2. Welche Strategien verfolgt der Senat, um eine paritätische Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen zu erreichen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat das Ansinnen aus einem Berliner Bezirk, Sperrbezirke für Prostituierte einzurichten?
2. Wie schätzt der Senat die Bedingungen im Prostitutionsgewerbe nach dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes ein, wie haben sie sich verbessert, und welcher Handlungsbedarf besteht nach Auffassung des Senates weiterhin?
Danke! – Herr Senator! Es gibt eine Lageeinschätzung der Polizei vom 17. November 2008. Eine weitere, aktuelle Lageeinschätzung hätte es eigentlich geben müssen. Sie existiert jedoch nicht. Ich würde gern noch etwas über die Lageeinschätzung der Polizei wissen wollen, wie die Polizei die Lage insgesamt einschätzt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Rolle misst der Senat dem Protest gegen Rechtsextremismus aus der Mitte der Bevölkerung zu, der sich am vergangenen Samstag in einem breiten Bürgerbündnis und in zahlreichen Aktionen gegen einen Neonaziaufmarsch im Bezirk Lichtenberg formierte, wenn gleichzeitig Behörden und Polizei im Vorfeld der Demonstrationen die demokratischen Akteure bewusst ausgrenzten?
2. Inwiefern hält der Senat den Einsatz der Polizei für angemessen, und war es nicht abseh- und damit vermeidbar, dass der Routenverlauf der Neonazi-Demonstration und der angekündigte zivilgesellschaftliche Protest dagegen zur Eskalation der Situation führen würden?
Herr Senator! Inwieweit teilt der Senat den Eindruck von Teilen des Bündnisses gegen die Nazi-Demo vom 6. Dezember 2008, dass die Kooperationsgespräche, die im Vorfeld zwischen Polizei und Demonstrationsanmeldern stattfanden, offensichtlich lediglich dem Abschöpfen von Informationen durch die Polizei dienten, da diese
selbst Informationen ganz oder teilweise zurückhielt und teilweise Falschinformationen gab, nur Forderungen stellte, ohne selbst kompromissbereit gewesen zu sein, um dann zu behaupten, die Anmelder seien unkooperativ gewesen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kofbinger! Sie haben sich empört, dass dieses Instrument noch nicht funktioniert. Die Kritikpunkte, die Sie aufgelistet haben, stehen auch in dem Bericht zum GenderMainstreaming. Sie sehen, wir üben auch Selbstkritik!
Gerade um es noch zu verbessern, haben wir unseren Antrag eingereicht.
Mit der Einführung des Gender-Checks hat sich der Senat selbst vor die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, alle Senatsvorlagen einer Gender-Prüfung zu unterziehen. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass dieses auch bei den Vorlagen an das Abgeordnetenhaus berücksichtigt wird. Dabei handelt es sich nicht nur um eine formale Verpflichtungserfüllung. Vorgelagert ist ein Verfahren, das durch die gemeinsame Geschäftsordnung des Senats, einschließlich Gender-Liste, geregelt ist. Ich zitiere kurz aus der Geschäftsordnung:
Für alle Senatsvorlagen ist eine Überprüfung ihrer Auswirkung auf beide Geschlechter vorzunehmen.
Wie der Gender-Check zu erfolgen hat, ist auch geregelt. Es gibt eine konkrete Checkliste, die von den zuständigen Stellen abzuarbeiten ist, und Arbeitshilfen, die anhand von Beispielen Hilfeleistungen geben.
Die Relevanzprüfung ist in jedem Fall vorgeschrieben: Auf welchen Sachverhalt bezieht sich das Vorhaben? Was ist das Ziel des Vorhabens? Welche Zielgruppe ist betroffen? Welche Auswirkungen und Ziele sind genau beabsichtigt? Die Frage ist, ob alle oder einzelne Teile des Vorhabens unmittelbar oder mittelbar jeweils Frauen und Männer betreffen.
Dazu ist im Einzelnen zu prüfen, ob die Vorlage auf geschlechterdifferenzierten Daten basiert. Zu beantworten ist, ob und wie das Vorhaben zu einer Stärkung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Bewusstsein führt. Die Frage ist außerdem, ob sich das Vorhaben unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt. Wichtig ist auch die Frage, ob und wie das Vorhaben zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beiträgt.
Die Erkenntnisse der Prüfung sind mit kurzer, nachvollziehbarer Darstellung in einer Rubrik „Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter“ zwischen den bestehenden Rubriken „Rechtsgrundlage“ und „Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit Brandenburg“ in die Vorlage zu übernehmen. Das wollen wir formal auch für die Vor
lagen an das Abgeordnetenhaus erweitern, wo ein solcher Hinweis bisher leider fehlt.
Mir liegt aber noch besonders am Herzen, dass die für die Frauen und die Gleichstellungspolitik zuständige Senatsverwaltung möglichst frühzeitig in kurzer schriftlicher und nachvollziehbarer Form nachrichtlich über das Ergebnis der Relevanzprüfung zu unterrichten ist.
Deshalb haben wir unseren Antrag. Das wird dann demnächst erfolgen.
Gedulden Sie sich ein bisschen!
Fortbildungsveranstaltungen, die von verschiedener Seite in Berlin angeboten werden, sind weiterhin unverzichtbar. Auf Gender-Kompetenz muss geachtet werden, und die Qualifikationsanforderungen von heute müssen das noch viel stärker berücksichtigen. So werden wir weiterkommen, Schritt für Schritt, so wie wir von Beginn an im Gender-Prozess Schritt für Schritt vorangekommen sind. – Ich bitte um Ihre Zustimmung zum Antrag „Stärkung des Gender-Check-Verfahrens“ in Berlin. – Danke!
Schönen Dank! – Meine Frage geht auch an den Regierenden Bürgermeister. Teilt der Regierende Bürgermeister meine Irritation dahin gehend, dass die Deutsche Bahn AG immer wieder auf ihre vermeintliche vorbildliche Aufarbeitungspolitik verweist, dann aber mit allen finanziellen und technischen Möglichkeiten versucht, die bildungspolitisch wichtige Erkenntnisarbeit des Zuges
ja, sie kommt gleich –, die die Berliner Initiative mühsam in Berlin ermöglichen will, blockiert, andererseits aber dem Frankfurter Bekleidungsgeschäft Nordic Company, das ausschließlich die als extrem rechts bekannte Modemarke Thor Steinar verkauft, eine Immobilie am Vorplatz des Frankfurter Hauptbahnhofs zur Verfügung stellt?
Auf Berliner Ebene setzen wir alles daran, Opfern von Menschenhandel zu helfen und sie dabei zu unterstützen, sich aus ihrer abhängigen Lage und aus Gewaltbeziehungen zu befreien. Als Frauenpolitikerin geht es mir vor allem um die Opfer, die zu 98,5 Prozent – so der aktuelle Lagebericht – Frauen sind. Die Beschlussempfehlung, die wir heute hier zur Abstimmung stellen, gibt dem Senat auf, grundsätzlich jeden Entscheidungsspielraum gesetzlicher Regelungen zugunsten der Opfer zu nutzen, um ihnen die Angst vor den Straftätern, aber auch vor dem Staat zu nehmen. Sie brauchen dazu unsere Unterstützung und Beratungsangebote, die sie verstehen und annehmen können. Natürlich wollen wir auch effektive Strafvereitelung, aber vor allem wollen wir den Kreislauf von Gewalt durchbrechen. Für uns sind die Opfer von Menschenhandel nicht allein wegen der Zeugenaussagen wichtig. Wir wollen, dass sie von Beginn an umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden. Sie haben Anspruch auf eine gewaltfreie und selbstbestimmte Lebensperspektive.
Der Schlüssel dafür liegt im Aufenthaltsrecht. Für meine Partei kann ich sagen, dass wir für das eigenständige Aufenthaltsrecht eintreten. So sind die Anträge der Linksfraktion im Bundestag, und das werden wir auch weiter verfolgen. Dort haben wir übrigens eine aufenthaltsrechtliche „Bedenk- und Stabilisierungsfrist“ von sechs Monaten für von Zwangsprostitution und Menschenhandel betroffene Frauen gefordert. Unabhängig vom Zeuginnenstatus sollte es aufgrund der erlittenen Menschenrechtsverletzung einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen sowie das Recht auf Familienzusammenführung geben. Weiterhin forderte unser Antrag für diese Frauen kostenlosen Zugang zu medizinischer Behandlung und psychologischer Betreuung sowie Leistungen analog dem Zweiten bzw. Zwölften Sozialgesetzbuch, SGB II bzw. SGB XII, strukturelle Verbesserung des Opferschutzes, insbesondere
durch bessere Ausstattung der Fachberatungsstellen, ein flächendeckendes Schutz- und Betreuungsprogramm für die Opfer bzw. Zeuginnen sowie Fortbildungsprogramme und Sensibilisierungsmaßnahmen für die mit dem Thema Menschenhandel befassten Berufsgruppen.
Und, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Grünenfraktion, wissen sie, was mich irritiert? – Ihre Fraktion hat diesen, unsrigen Antrag abgelehnt. Der Antrag Ihrer Fraktion wollte Frauen nur die Möglichkeit einräumen, dann zu bleiben, wenn sie aussagen. Sie werden also auch nur nach rein strafprozessualen Nützlichkeitskriterien „verwertet“. Zugegebenermaßen – das will ich hier nicht verschweigen – gab es bei der SPD auch keinerlei Bewegung hinsichtlich der aufenthaltsrechtlichen Schutzregelungen für die Opfer.
Was Berlin betrifft, darf ich aber daran erinnern, dass das Land Berlin diesbezüglich sehr aktiv war und mit eigenen Anträgen in die Debatte zum Gesetz über die Umsetzung der aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der EU eingegriffen hat. Berlin hat sich damit im Bundesrat nicht durchsetzen können, und gegenwärtig würde eine neue Initiative ins Leere laufen. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, dass Berlin hier noch einmal initiativ wird. Allerdings ist mir genau so klar wie Ihnen von den Grünen, dass eine solche Initiative keine Chance auf eine Mehrheit im Bundesrat hat – schon gar nicht, nachdem die Novellierung des Zuwanderungsrechts gerade erst durch zahlreiche Verschärfungen durchgezogen wurde. Insofern werden wir uns in erster Linie auf das konzentrieren, was in unserer Möglichkeit liegt. Das ist schwer genug. Wir brauchen weitere Verbesserungen für die Opfer hier in Berlin. Dabei können wir an die bereits entwickelten Netzwerke anknüpfen.
Die seit 1995 bestehende Berliner Fachkommission hat in den vergangenen Jahren schon viel dazu beigetragen, dass bei der Bekämpfung von Menschenhandel die besonders schwierige Lage der Opfer berücksichtigt wird. Mit der Kooperationsvereinbarung von 2003 ist es gelungen, dass Polizei und Beratungsstellen gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, um die Frauen aus den Fängen ihrer Ausbeuter zu befreien. Diese Arbeit ist fortzusetzen und auszuweiten. Das gilt insbesondere für die Zusammenarbeit von Beratungsstellen, Polizei, Justiz und Ausländerbehörde, umfasst aber auch Sozialämter und die psychosoziale und gesundheitliche Betreuung. Gezielte Fortbildungsveranstaltungen sind auch weiterhin unerlässlich, um alle Beteiligten entsprechend zu sensibilisieren und auf die Erfordernisse und Möglichkeiten aus anderen Bereichen aufmerksam zu machen.
Wir wollen, dass alle Möglichkeiten genutzt werden, die im Rahmen der Richtlinie für Strafverfahren und das Bußgeldverfahren zulässig sind, um Einrichtungen der Opferhilfe finanziell besser ausstatten zu können, und wir erwarten, dass die Opfer umfassend über ihre Rechte informiert werden, auch über Ansprüche, die sie nach dem Opferentschädigungsgesetz haben. Hier gibt es inzwi
schen Handlungsempfehlungen von der Bund-LänderArbeitsgruppe Frauenhandel, an denen sich Behörden und Beratungsstellen orientieren können und sollen. In der letzten Ausschussberatung wurde darüber hinaus von Senator Körting zugesagt, dass genau geprüft wird, wie sich die neuen gesetzlichen Bedingungen auswirken, die im Übrigen eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Aufenthaltsdauer zulassen. Außerdem denke ich, dass wir ihn beim Wort nehmen können, wenn es darum geht, die gesetzliche geforderte „besondere Härte“ anzuerkennen, wenn es um Opfer von Menschenhandel geht.
Die Kritik, Frauen nach ihrer Aussage einfach abzuschieben, wodurch sie sich auch wieder nur ausgenutzt und missbraucht vorkommen, ist in meinen Augen völlig berechtigt. Aber auch hier haben wir Möglichkeiten, die wir in jedem Fall ausnutzen sollten, so zum Bespiel beim Abschiebungsverbot wegen erheblicher Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Herkunftsland, wo eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Verbunden damit, dass sie Zugang zum Arbeitsmarkt haben, lassen sich wirkliche Verbesserungen im Sinne des pferschutzes erzielen. O Zum Schluss möchte ich zu bedenken geben, dass es wohl stimmen mag, dass wir es in Berlin nach Lage der Dinge mit ca. 20 bis 30 betroffenen Opferzeugen zu tun haben. Ich bin auch zuversichtlich, dass für diesen Personenkreis im Interesse der Frauen Lösungen gefunden werden. Allerdings sagt diese Zahl der Zeuginnen nur wenig über das tatsächliche Ausmaß von Menschenhandel aus.
Rainer-Michael Lehmann (FDP) [zu Protokoll gege- ben]:
Wir beraten heute zwei Anträge von den Grünen, die ein wichtiges Thema betreffen. Es steht außer Frage, dass die Opfer von Menschenhandel besonderen Schutz benötigen. Wenn wir von Menschenhandel sprechen, reden wir meist von Frauenhandel. Der Handel mit Frauen zum Zweck der Ausbeutung – hier ist insbesondere an die Prostitution zu denken – ist ein besonders menschenverachtendes Verbrechen und wird zu recht schwer bestraft. Ich halte es daher für wichtig, dass wir über dieses Thema debattieren. Der Umstand, dass die beiden Anträge gleich in drei Ausschüssen besprochen wurden, zeigt, dass wir das Thema ernst nehmen.
Deshalb wäre es auch sinnvoll gewesen, wenn sich die Fraktion der Grünen vor Einreichung des Antrages Gedanken gemacht hätte, was in Berlin von ihren Forderungen bereits umgesetzt wird. Auch die Forderung nach Umsetzung der EU-Richtlinie ist obsolet, weil diese bereits umgesetzt wurde. Sicherlich kann man darüber streiten, ob diese gut umgesetzt wurde, dies ist jedoch nicht Inhalt des Antrages der Grünen. Die Übernahme von Anträgen von den Fraktionen aus anderen Landtagen ist eben nicht immer 1:1 möglich. Der eigene Änderungsantrag versucht das zwar noch ein wenig zu korrigieren, gelungen ist es jedoch nicht.
Auffällig ist, dass im Antrag unter Ziffer 3 gefordert wird, den Opfern von Menschenhandel soziale Leistungen nach SGB II und XII zu gewähren, um die Einordnung unter das Asylbewerberleistungsgesetz zu vermeiden, und letzteres in der geänderten Fassung dann doch ausdrücklich gefordert wird. Widersprüchlicher können zwei Anträge nicht sein. Aus einer „ausreichenden“ Bedenkzeit der Opfer über die Frage der Zusammenarbeit mit Behörden wurden im Änderungsantrag „mindestens drei Monate“. Derzeit werden 30 Tage gewährt. In der Antragsbegründung heißt es, die Frist sei zu kurz. Eine Begründung, warum eine längere Frist notwendig ist, ist weder der Antragsbegründung noch den Ausführungen im Ausschuss zu entnehmen. Große Bedenken hat meine Fraktion bei der Frage eines Zeugnisverweigerungsrechtes für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von anerkannten Fachberatungsstellen und Schutzeinrichtungen für Opfer von Menschenhandel. Im Ergebnis wird die FDP- Fraktion den Antrag ablehnen.
Kommen wir zum ersten Antrag: „Opferschutz verbessern“. Die Grünen fordern, dass in den Verfahren wegen Menschenhandels die Bußgelder ausschließlich entsprechenden Schutz- und Opferverbänden zugute kommen. Diese Frage wurde im Rechtsausschuss erörtert und als rechtlich schwierig eingeordnet. Mit Bußgeldern sind offensichtlich Geldstrafen gemeint. Ich hoffe nicht, dass wir in Deutschland den Menschenhandel im Bereich von Ordnungswidrigkeiten behandeln. Die Verteilung von Geldstrafen obliegt der Unabhängigkeit der Gerichte. Eine verpflichtende Regelung ist daher nicht möglich. In Betracht kommt lediglich eine Empfehlung an die Richter, künftig bei der Wahl der Zuwendungsempfänger verstärkt Einrichtungen der Opferhilfe zu berücksichtigen. In diese Richtung geht auch der Änderungsantrag der Koalition. Diesem haben wir bereits in den Ausschüssen zugestimmt und werden es auch heute tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Sehr verehrte Frau Bilkay Öney! Sie haben mit Ihrem Antrag zusammengefasst, was wir in Berlin seit langem auf der Agenda haben.
Die Kolleginnen und Kollegen, die schon etwas länger als Sie dem Abgeordnetenhaus angehören, erinnern sich. Wir haben uns im Plenum und in verschiedenen Ausschüssen mehrfach und intensiv mit dem Thema Zwangsverheiratung beschäftigt. Zur Erinnerung möchte ich insbesondere für die Grünen noch einmal einige unserer Beschlüsse kurz in Stichworten erwähnen: „Menschenrechte sind unteilbar – gemeinsam gegen Gewalt an Frauen!“ hieß die Entschließung des Abgeordnetenhauses nach dem fürchterlichen Mord an der jungen Frau Hatun Sürücü. „Berlin bekämpft Zwangsverheiratungen“, so lautet der Beschluss des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2005. Dazu stehen wir.
Falls Sie es immer noch nicht mitbekommen haben, wie Rot-Rot in Berlin präventiv gegen Zwangsverheiratung vorgeht, verrate ich Ihnen, dass wir die Maßnahmen zum Schutz gegen Zwangsverheiratung weiter entwickelt und in bestehende Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt sowie in das Integrationskonzept eingebettet haben.
Darüber hinaus werden wir in Kürze das gleichstellungspolitische Rahmenprogramm beraten, in dem selbstverständlich ein Handlungsfeld das Problem von Zwangsverheiratet erfassen wird.
Nein! – Ich bin sogar sehr dafür, dass wir uns ausführlich in verschiedenen Ausschüssen mit diesem Problem befassen und beschäftigen. Die im Antrag aufgeworfenen Punkte sind nicht neu. Setzen Sie vor jeder Frage in Ihrem Antrag „Berlin wirkt präventiv gegen Zwangsverheiratung“ ein „wie“ und „wann“, bin ich damit einverstanden. Dann haben wir im Grunde eine Große Anfrage zur Umsetzung des Beschlusses „Berlin bekämpft Zwangsverheiratungen“ von 2005.
Es würde jetzt den Rahmen sprengen, alles aufzulisten, was inzwischen im Frauenbereich mit den frauenpolitischen Schwerpunkten, der Einsetzung einer Arbeitsgruppe Migrantinnen im Rahmen der Fortsetzung des Aktionsplanes gegen häusliche Gewalt, in der interdisziplinären Zusammenarbeit, im Arbeitskreis Zwangsver
heiratung, bei der Jugendverwaltung und in den Schulen sowie in der Zusammenarbeit mit dem Innensenator Herrn Körting geschehen ist. Einen wichtigen Beitrag haben natürlich die Migrantenorganisationen und -vertretungen geleistet. Es ist an dieser Stelle nicht nur der türkische Bund zu erwähnen. Ich selbst bin öfter an Schulen, in Vereinen und bei freien Trägern, um über das Thema zu sprechen und habe die Patenschaft über eine junge Frau übernommen. Mit bekannten Migrantinnen aus dem Kulturbereich, denen sie Vorbilder sein können für ein selbstbestimmtes Leben, habe ich eine Kampagne gestartet, um Zwangsverheiratung zu ächten und allen Mädchen und Frauen Mut zu machen, sich zu befreien.
Zu dem Einwand, dass auch Männer betroffen sind, will ich gleich sagen: Die übelsten Folgen von Zwangsverheiratung hat das weibliche Geschlecht mit Vergewaltigung, Isolation und Demütigung bis hin zur Ermordung zu ertragen. Was uns leider nicht gelungen ist, liegt außerhalb unserer Möglichkeit auf Bundesebene. Es gab von der Berliner Seite die entsprechende Änderung im Bundesrat zum Aufenthalts- und Rückkehrrecht von Betroffenen. Allerdings haben wir uns damit nicht durchsetzen können.
Auch hier gilt, dass wir auf Berliner Ebene jeden Spielraum nutzen, der uns möglich ist. Es gibt eine entsprechende Weisung des Innensenators, die, soweit es die gegenwärtige Rechtslage ermöglicht, eine großzügige Ermessensausübung vorgibt. In der Antigewaltarbeit ist das oberste Gebot, dass sich Männer in Berlin Frauen mit drohender Abschiebung nicht gefügig machen dürfen. Die Aufenthaltserlaubnis kann gegen häufig geäußerte Ängste auch bei Sozialhilfebezug verlängert werden. Für die Linke gilt, der Opferschutz steht an erster Stelle. – Danke!
Danke, Herr Präsident! – Meine Herren! Meine Damen! Bekanntlich gilt Prostitution als das älteste Gewerbe der Welt.
Prostitution ist in allen Kulturkreisen zu finden, wobei die Gesellschaft immer noch zwischen Achtung und Ächtung schwankt. Seit 2002 gilt nun das Prostitutionsgesetz. Das war sicher ein erster Schritt in die richtige Richtung, Prostitution endlich der gesellschaftlichen Wirklichkeit anzupassen, und vor allem nicht mehr in das halblegale oder kriminelle Milieu zu verdrängen und Prostituierten einen gesetzlichen Schutz zu gewährleisten, damit sie sich gegen Gewalt, Erpressung und Diskriminierung wehren können. Das war richtig und wichtig. In diesem Punkt darf es kein Zurück geben.
Heute geht es darum, die Durchsetzung des Prostitutionsgesetzes abzusichern, denn das droht jetzt an verwaltungsrechtlichen Hürden und an Rechtsunsicherheit zu scheitern. Konkret haben wir es hier mit dem Novum zu tun, dass sogenannte Wohnungsbordelle, die jahrzehntelang unter rechtswidrigen Umständen bekannt waren und geduldet wurden, ungestört und nicht störend sowie oft unbemerkt von den Nachbarn existiert haben, nun in mehre
ren Bezirken von Schließung beziehungsweise Nutzungsuntersagung bedroht werden. Das ist ein Paradoxon und negiert die Intention des Prostituiertengesetzes. Dies führt zu einer Rechtsunsicherheit insbesondere bei bereits seit Jahren bestehenden Betrieben, die sich nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes, das eine Verbesserung der Rechtsstellung der Prostituierten zum Ziel hatte, aus der rechtlichen Grauzone herausbewegt haben und offiziell als Bordelle angemeldet worden sind.
Ich gehe nach wie vor davon aus, dass fraktionsübergreifend Einigkeit darüber herrscht, dass niemand ein Interesse daran hat, dass Prostitution in dunkle Ecken abgedrängt wird, wo sie nicht mehr kontrollierbar ist und wo die Prostituierten größere Gefahr laufen, beispielsweise ausgebeutet oder Gewalt ausgesetzt zu werden. Wozu ich noch bemerke: Bei aller Einigkeit – darauf ist schon hingewiesen worden –, die wir auf der abstrakten Ebene haben, gibt es auch bei der jetzigen Rechtslage Möglichkeiten, das Verwaltungshandeln auf der bezirklichen Ebene unterschiedlich auszugestalten. Es gibt Bezirke, die das Thema wesentlich liberaler und mehr im Sinne des Prostitutionsgesetzes und im Interesse der Frauen, die in Wohnungsbordellen arbeiten, handhaben, und andere Bezirke, in denen insbesondere CDU-Stadträte dafür zuständig sind, die das wesentlich restriktiver auslegen. Es gibt also auch jetzt schon andere Möglichkeiten. In Berlin soll es auch weiterhin keinen Sperrbezirk geben. Deshalb fordern wir mit unserer Beschlussempfehlung, im Rahmen der vorgesehenen Gespräche auf Senatsebene mögliche Spielräume auszuloten, sodass es zu einer einheitlichen Handhabung im Sinne des Prostitutionsgesetzes kommt.
Ich halte in diesem Zusammenhang die Haltung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung für zu zurückhaltend. Sowohl die Baunutzungsordnung als auch die Bauordnung erwähnen Prostitution nicht ausdrücklich. Vom Regelzusammenhang her betrachtet wären bordellartige Betriebe in Wohn- und Mischgebieten zulässig. Unter dem Vorbehalt eines weiter ungestörten und nicht störenden Betriebs sowie einer Einzelfallprüfung im Fall des Auftretens von Beschwerden sollte eine grundsätzliche Zulässigkeit von Wohnungsbordellen möglich sein. Dazu bedarf es jetzt einer einheitlichen Verfahrensweise in Berlin. Dies intendiert der Antrag, und dafür bitten wir um Ihre Zustimmung. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie schätzt der Senat angesichts des – immer noch – hohen Ausmaßes von Gewalt gegen Frauen die Wirksamkeit des Aktionsplanes gegen häusliche Gewalt ein?
2. Wie beurteilt der Senat das Verhältnis von Intervention und Prävention in Sachen häuslicher Gewalt, und
welchen Stellenwert haben solche Maßnahmen wie das Präventionsprojekt der Berliner Interventionszentrale bei häuslicher Gewalt an Berliner Grundschulen?
Herr Senator! Sie haben gesagt, dass Gewalt an Frauen am besten im Vorfeld zu verhindern sei und dass das wirksam getan werden müsse. Im Rahmen der Haushaltsdebatte haben wir die Finanzierung von sogenannten Täterkursen gesichert. In diesem Zusammenhang interessiert uns, wie dieser konzeptionelle Ansatz innerhalb des Aktionsplans zum Tragen kommt. Können Sie das konkretisieren?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nach reiflicher Überlegung nach bestem Wissen und Gewissen entschieden, dem Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des Berliner Datenschutzgesetzes nicht zuzustimmen. Es gehört selbstverständlich zu den politischen Spielregeln im Fraktionsalltag, auch einmal Mehrheitsentscheidungen mitzutragen, selbst wenn sich die eigene Position darin nicht widerspiegelt. An dieser Stelle habe ich mich dafür entschieden, dies nicht zu tun. Ich habe mir die Entscheidung, mich zu enthalten, nicht leicht gemacht. Es waren die schwierigsten Momente meiner bisherigen parlamentarischen Laufbahn. Dass ich mich der Stimme enthalten habe, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem angeblichen Entgegenkommen bzw. den als Zugeständnis verkauften Änderungen seitens des Innensenators zu tun. Vielmehr hat es damit zu tun, dass ich davon ausgehen muss, dass eine Ablehnung meinerseits bei zukünftigen Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen in
strumentalisiert werden könnte. Diesen Vorwand möchte ich nicht liefern. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist sowohl in der SPD als auch im Landesverband der Linken und von Bürgerrechtsorganisationen inhaltlich und handwerklich kritisiert worden.
Es gibt keinen Grund, sich nicht ausreichend Zeit für diesen neuerlich gründlich diskutierten vorliegenden Gesetzentwurf zu nehmen, bevor wir diesen Beschluss gefasst haben.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch einmal darauf hinzuweisen, dass die vorgenommene Änderung des ASOG, insbesondere im Bereich der Videoaufzeichnung in öffentlich zugänglichen Räumen, des öffentlichen Personennahverkehrs durch die Polizeibehörden, der Videoüberwachung zur Eigensicherung und der medizinischen und molekulargenetischen Untersuchungen, eine Einschränkung von Freiheitsrechten bedeutet, die aus meiner Sicht in keinem angemessenen Verhältnis zu ihrem Ertrag stehen. Deshalb ist eine Evaluation der Maßnahmen bis zum 31. Januar 2010 zwar ganz nett, macht aber in diesem Fällen nur im Zusammenhang mit einer Befristung der betreffenden Regelung Sinn. So bleibt die Evaluation – unabhängig von ihrem Ergebnis – letztlich folgenlos.
Anders als gelegentlich kolportiert wurde, habe ich nicht nur bei Einzelfragen meine Meinung in die Waagschale geworfen, sondern ebenfalls das sogenannte Große und Ganze mitbedacht. Verantwortung zu übernehmen, heißt in diesem Falle für mich, einen Entschluss nicht mitzutragen – nicht nur, weil ich ihn selbst inhaltlich falsch finde. Richtig ist, dass die ASOG-Änderung in keiner Weise mit dem Überwachungswahn auf Bundesebene und den Wünschen der hiesigen CDU-Fraktion, ja nicht einmal mit den geänderten Polizeigesetzen anderer Bundesländer gleichgesetzt werden kann oder sollte. Auch wenn das ASOG damit nach wie vor weniger unerträglich ist, bleibt für mich neben der inhaltlichen Kritik und den verfassungsrechtlichen Bedenken noch etwas anderes fragwürdig: die Logik, einer solchen Gesetzesänderung erst einmal zuzustimmen, damit Fraktion- und Koalitionsfrieden nicht gestört werden, –
Ich komme zum Ende. – und dann zu sagen: Wenn wir bei den Grundrechten etwas übersehen haben, wird es das Verfassungsgericht schon richten. – Das kennen wir bisher von den anderen Parteien. – Danke!
Herr Zimmer! Nur eine Bemerkung zu Ihnen:
Es ist auch einmal wichtig, das bewährte Programm, das seit Jahren läuft, hier zu würdigen und zu betonen, welche Zielwirkung es hatte. Unser Antrag macht deutlich, dass Ihre Spekulation, dieses bewährte Programm würde nicht finanziert, ins Leere geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlins Wissenschaftslandschaft soll einen mächtigen Schub bekommen. Nach mehreren Jahren darf es endlich wieder etwas mehr sein. Hochschulpakt und Masterplan, Studienreformprozesse und Exzellenzinitiative – hier ist einiges in Bewegung.
Alte Finanzierungsmodelle sind überholt. Neue Modalitäten werden ausgehandelt. Hier setzt unser Antrag an. Wir haben im Hochschulbereich in punkto Gleichstellungsfragen über die vergangenen Jahre hinweg Beachtliches erreicht. Zweimal hintereinander konnte sich Berlin beim bundesdeutschen Vergleich nach gleichstellungspolitischen Aspekten mit dem Spitzenplatz ihrer Hochschulen schmücken. Berlin kam als erstes Land bereits im Jahr 2005 an die bundesweite Zielmarke von 20 Prozent bei den Professuren heran. Im Berichtszeitraum des Landesgleichstellungsgesetzes vom Sommer 2004 bis Sommer 2006 ging ein Drittel der Berufungen an Frauen. Hier gilt es anzuknüpfen, Erreichtes zu verteidigen und neue Perspektiven zu eröffnen.
Die junge Frauengeneration ist dafür bestens gewappnet. Gut ausgebildete und hoch motivierte Frauen müssen nicht mit der Lupe gesucht werden. Sie sind in der Gesellschaft präsent und an den Hochschulen bekannt. Sie nicht einzusetzen, bedeutet wichtige gesellschaftliche Ressourcen zu verschleudern. Andererseits wirken gerade in akademischen Kreisen noch immer traditionelle Hierarchien,
sind herkömmliches Arbeitsethos und weibliche Arbeits- und Lebensmuster noch schwer vereinbar.
Wir stehen vor der großen Herausforderung, die noch bestehende Diskrepanz zwischen dem gesellschaftlichen Anspruch auf Chancengleichheit und der gleichstellungspolitischen Wirklichkeit im Hochschulalltag zu beseitigen. Dazu wurden in den vergangenen Jahren praxistaugliche Instrumente und Verfahren entwickelt. So haben wir beispielsweise das Berliner Programm zur Förderung von Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre.
Wir wollen das bewährte Programm aufstocken. Es ist gut angelegtes Geld und eine Erfolg versprechende Investition in die Zukunft. Es ist transparent und passgenau ausgerichtet auf realistische Bedarfe. Es ist ressortübergreifend angelegt und direkt mit dem praktischen Hochschulbetrieb verbunden. Es lässt sich durchaus mit den neuen Ansätzen in der Wissenschaftspolitik vereinbaren, auch im Wettbewerb um Exzellenz. Gleichstellung ist in der Wissenschaft zu einem Qualitätskriterium geworden, ein Wert an sich. Das kommt nicht von ungefähr.
Zugang und Karriereaussichten für Frauen in der Wissenschaft sind als eine strategische Führungsaufgabe zu betrachten. Mit unserem Antrag machen wir dementsprechend auch deutlich, dass es uns um weitere Aufgabenstellungen in der Gleichstellungspolitik geht. Wir wollen, dass konkrete Gleichstellungsziele festgesetzt und bei allen Schwerpunkten berücksichtigt werden. Studienreform und Forschungsprozesse sind fragwürdig, wenn sie nicht gleichzeitig Genderaspekte berücksichtigen. Besonders wichtig ist auch die Integration von Genderkenntnissen in allen Fächern und die Verstetigung von Frauen-, Gender- und Geschlechterforschung.
Der Stellenwert von Genderstudies darf nicht in Frage gestellt werden. Genderpolitik ist ein Innovationsmotor. Gender ist keine Frage von Modernität, sondern der Qualität. Man denke nur an das Zentrum für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité, das erst kürzlich das 4. Berliner Symposium Geschlechterforschung in der Medizin mit großer internationaler Beteiligung ausgerichtet hat. Hier setzen wir uns ausdrücklich für die volle Anerkennung des Zentrums für Geschlechterforschung in der Medizin im Rahmen der Universitätsmedizin ein.
Auch vorgezogene Berufungen und Juniorprofessuren sind ein Schritt in die richtige Richtung, Frauen in Spitzenposition zu bringen.
Es folgt nur noch mein letzter Satz. – Die leistungsbezogene Mittelvergabe, die auch Geschlechterkriterien um
fasst, bietet finanziellen Anreiz im Wettbewerb. Dies alles wird auch in unserem Antrag zum Ausdruck gebracht. Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Mit welchen Beschlüssen, Zielvorgaben und Förderprogrammen beabsichtigt der Senat, den Anteil von Frauen in Forschung und Lehre zu erhöhen und ihre Karrierechancen in der Wissenschaft zu verbessern, und welchen Stellenwert hat das Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre?
2. Wie wird der Senat die zusätzlichen Mittel aus dem Hochschulpakt zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen in der Wissenschaft nutzen?
Herr Zöllner! Ich möchte genauer wissen, wie gesichert wird, dass die bisherigen Erfahrungen mit gleichstellungspolitischen Vorhaben berücksichtigt werden und mit den Frauenbeauftragten der Hochschulen beim neuen Hochschulpakt zusammengearbeitet wird. Wie werden die verschiedenen Instrumente der Steuerung der Chancengleichheit von Frauen in der Wissenschaft weiterqualifiziert?
Frau Goersch! Mit einer Frau an der Spitze der CDU bzw. als Kanzlerin geht für die Frauen in punkto Gleichstellung und Gleichberechtigung nicht die Sonne auf. Sie praktiziert nur CDU-Politik.
CDU-Politik ist frauenfeindlich.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! In der Praxis zeigt sich leider immer wieder, dass Entscheidungs- und Beratungsgremien nach wie vor überwiegend mit Männern besetzt sind. Das ist ein Zeichen für die andauernde geschlechtsspezifische Verteilung von Macht und Einfluss. Dieses Problem ist auch auf Bundes- und europäischer Ebene ein viel diskutiertes Thema, leider ohne positive Folgen zugunsten der Frauen. Denn Spitzenpositionen in großen Unternehmen sind nach wir vor fest in der Hand von Männern. In den Aufsichtsräten der 2 000 größten Unternehmen in Deutschland sind Frauen nur zu 7,8 Prozent vertreten. Das macht deutlich, dass es ohne verbindliche Maßnahmen und geeignete Regelungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor keine nennenswerten Fortschritte geben wird.
Was Berlin betrifft, gilt seit mehr als 15 Jahren eine wichtige gesetzliche Regelung, nämlich das Landesgleichstellungsgesetz, wonach Frauen gemäß ihrem Bevölkerungsanteil an der Entscheidungsmacht, an Positionen und öffentlicher Repräsentanz zu beteiligen sind.
Nein!
Trotz der Fortschritte durch die Vorgaben des Landesgleichstellungsgesetzes werden Frauen in den meisten Gremien noch nicht angemessen berücksichtigt. Für meine Fraktion ist die Gleichstellung erst dann Realität, wenn Frauen und Männer in gleicher Zahl Sitz und Stimme dort haben, wo wichtige Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden.
Frau Senftleben! Wenn Sie zuhören, werden Sie erfahren, was wir in diesem Bereich erreicht haben. – Schon in der letzten Legislaturperiode hat Frauensenator Wolf die Gremienregelung durch eine Reihe von flankierenden Maßnahmen gestärkt. Auf dieser Grundlage erhöhte sich die Repräsentanz von Frauen deutlich, insbesondere in wichtigen Aufsichtsgremien. Er liegt heute bei 40 Prozent. Das reicht aber für uns noch lange nicht aus, denn unsere Zielmarke ist, die Vorstände und Führungspositionen mit Beteiligung des Landes geschlechterparitätisch zu besetzen. Darauf zielt auch unser Antrag Geschlechterparitätische Besetzung von Vorständen und Führungsebenen.
Mit unserem zweiten Antrag über Wirksamkeit und Kontrolle hinsichtlich Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe nach § 13 des Landesgleichstellungsgesetzes soll bei öffentlicher Ausschreibung stärker als bisher der Nachweis von Frauenfördermaßnahmen in der Privatwirtschaft erbracht werden.
Nun zu den Grünen-Anträgen – Frauen in die Aufsichtsräte und Gleichstellungsverpflichtung bei öffentlicher Auftragsvergabe und staatlicher Leistungsgewährung endlich umsetzen! – Sie fordern den Senat auf, die Aufsichtsräte von Unternehmen mit Landesbeteiligung bis 2010 zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen. Die Aufsichtsräte von Unternehmen paritätisch zu besetzen, ist auch die Intention unseres Antrags. Aber Sie von den Grünen müssten inzwischen wissen, dass wir den Senat nicht verpflichten können, Führungspositionen in Unternehmen mit Landesbeteiligung zu 50 Prozent mit Frauen zu besetzen, weil neben dem Land die anderen Anteilseigner und weitere Gremien, wie zum Beispiel Arbeitnehmervertretungen, ein Entsenderecht haben. Außerdem lehnen wir als Koalition Ihre Forderung ab, eine zentrale Datenbank auf Berliner Ebene aufzubauen, in die sich qualifizierte Frauen eintragen können. Es fehlt nicht an geeigneten Frauen, liebe Grüne! Der Grund für die Unterrepräsentanz von Frauen ist nicht die fehlende Datenbank, sondern es sind andere Gründe.
Stimmen Sie unseren Anträgen zu, um Frauen in Vorstände und Führungspositionen zu bringen! – Vielen Dank!
Ich frage den Senat:
1. Inwieweit gelten aus Sicht des Senats auch im Falle der in die Türkei abgeschobenen Kurdin Nesrin Tekin Rechte wie das Recht der Aussageverweigerung, wenn durch eine Aussage nahe Familienangehörige belastet würden, sowie Unschuldsvermutungen, wenn ihr nicht nachgewiesen werden kann, bereits vor der Aufdeckung durch die Ausländerbehörde von der angeblich türkischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern gewusst zu haben?
2. Wie bewertet der Senat die Abschiebung der Kurdin Nesrin Tekin, nachdem von der 25. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung erhoben wurden und die junge Frau, die 14 Jahre in der Bundesrepublik lebte, über gute Deutschkenntnisse verfügt, dagegen aber kein Türkisch spricht, die hinreichend sozial integriert und unbestraft war, jetzt in der Türkei zwangsverheiratet werden soll, und was tut er für eine Rücknahme der Ausweisung und die Rückkehr der jungen Frau?
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Lassen Sie uns heute am Internationalen Frauentag darüber sprechen, wie es um die Geschlechtergerechtigkeit unter den gegenwärtigen Bedingungen steht, wie wir ganz konkret hier in Berlin Chancengleichheit von Frauen und Männern verwirklichen. Lassen Sie uns heute darüber sprechen, was wir erreicht haben und welche Ziele wir verfolgen. Lassen Sie uns darüber sprechen, an welche Grenzen wir stoßen und welcher Handlungsbedarf auch über Berlin hinaus auf Bundesebene besteht. Nun könnten Sie vielleicht denken, der Internationale Frauentag geht immerhin auf die 100 zu, und überhaupt sollte doch jeder Tag Frauentag sein. Weshalb müssen wir den Tag im Rahmen einer Aktuellen Stunde besonders hervorheben?
In der Tat, 1910, auf Antrag von Clara Zetkin und Käte Duncker, von der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz beschlossen, hat der Frauentag eine wechselvolle Geschichte erlebt, mit wütenden Protestkundgebungen gegen Hungerlöhne und machtvollen Demonstrationen gegen den Krieg, mit grenzüberschreitenden Streikaufrufen und getragen von überparteilicher Solidarität. Das Frauenwahlrecht wurde erkämpft und gleicher Lohn für gleiche Arbeit ins Gesetz geschrieben. Formal ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen erreicht.
Dennoch: Der Internationale Frauentag hat nichts von seiner Bedeutung als Kampftag für die Rechte der Frauen verloren.
Jetzt stoßen zum Beispiel die unterschiedlichen Traditionen von Ost und West aufeinander, und gerade jetzt sollten die Erfahrungen der Frauen aus dem Osten gefragt sein. Sie haben lange praktizieren dürfen, was zurzeit die Gemüter so erregt. Da muss man nicht nur nach Frankreich oder Finnland fahren, sondern kann die Nachbarin und die Kollegin befragen. Der Internationale Frauentag ist ein guter Tag dafür.
Der Internationale Frauentag ist jedenfalls der richtige Tag, hier im Saal ist der richtige Ort, und die hier Versammelten sind das richtige Auditorium, heute die Rechte und Leistungen von Frauen in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen,
sich darüber klar zu werden, warum Frauen trotz formaler rechtlicher Gleichstellung im Alltag noch immer um ihre Rechte und Gleichberechtigung kämpfen müssen.
Die Europäische Kommission hat das Jahr 2007 zum europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle erklärt. Davon soll in den Mitgliedsländern ein Impuls für die Gewährleistung der Grundrechte und Chancengleichheit gegen Unterdrückung und Gewalt ausgehen. Es geht um Chancengleichheit insgesamt, um Respekt, um Toleranz, um Anerkennung und Vielfalt von demokratischer Teilhabe aller, unabhängig von ethnischer, religiöser, sozialer Herkunft und Geschlecht. Deutschland kann sich europaweit keineswegs zu den Vorbildern rechnen, und uns machen nicht nur Schweden und Frankreich etwas vor, sondern auch Länder wie Spanien und Irland laufen uns vielfach den Rang ab, weil sie in riesigen Schritten aufholen und das Tempo machen.
Die Gründung der überparteilichen Fraueninitiative „Berlin – Stadt der Frauen“ ging 1992 aus dem Abgeordnetenhaus hervor. Die damaligen frauenpolitischen Sprecherinnen aller Fraktionen kamen überein, dass Frauenfragen über Parteigrenzen hinweg diskutiert werden müssen. Die ÜPFI – diese drollige Abkürzung sollten hier im Hause inzwischen alle kennen – ist ein breites Bündnis politisch engagierter Frauen aus Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses, des Senats, der Gewerkschaften, Hochschulen, Medien, Frauenprojekten, von dem die Berliner Politik schon viele Impulse empfing. Der Frauenbericht, der uns eine gute Einschätzung zur Situation der Frauen in Berlin liefert, geht auf ihre Initiative zurück.
Inzwischen wurde natürlich viel erreicht, aber Gleichberechtigung ist kein Geschenk und kein Luxusgut. Die Emanzipation will jeden Tag neu errungen sein, erst dann ist jeder Tag Frauentag. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Frau Görsch möchte ich vorweg sagen. – Frau Görsch! Eines haben Sie bei Ihrem historischen Rückblick vergessen: Frau und Sozialismus gehören zusammen.
Fast 100 Jahre ist es her, dass der Internationale Frauentag beschlossen wurde. Eine lange Zeit, eine kurze Zeit! Die rechtliche Gleichstellung haben wir, doch wie sieht der Alltag von Frauen aus? Wie verhält es sich mit ihrer Beteiligung an Macht und an Einkommen? Wie teilen sich Männer und Frauen bezahlte und unbezahlte Arbeit?
Nein! –
Da ist Schneckentempo angesagt, und Statistikerinnen haben ausgerechnet, dass wir in Deutschland bei dem Tempo der letzten Jahre noch 350 Jahre brauchen, um die volle Gleichberechtigung zu erreichen. Aber nun kommt gerade Bewegung auf.
Lachen Sie nicht so, das ist Tatsache! – Ganze Zeitungsseiten stellen mit großer Prominenz einen neuen Feminismus heraus, und der Buchtitel von Thea Dorn – „Die neue F-Klasse – sagt uns, wie die Zukunft von Frauen gemacht wird.
Die „taz“ zeigt wieder einmal Sinn für das Kuriose und bringt es auf den Punkt. Nur mit den rot-grünen Expazifisten konnte es gelingen, Deutschland in den Krieg zu führen. Nur eine siebenfache Mutter schafft es, das überkommene Mutterbild zu modernisieren. Im Osten jedenfalls rennt Frau von der Leyen mit ihrem Programm offene Türen ein. Hier gibt es noch immer die Infrastruktur mit Kindergärten und Krippen und qualifiziertem Personal.
Der europäische Vergleich zeigt aber eines ganz aktuell: Deutschland gehört zu den Ländern mit den größten gleichstellungspolitischen Defiziten. Hartz IV mit seiner Bedarfsgemeinschaft ist nur ein Teil des Rollback.
Frau Senftleben! Ich glaube, Sie können auch noch etwas dazulernen, was die Gleichstellung anbetrifft. Hören Sie zu! –
Der mit Rot-Grün begonnene neoliberale Kurs in Deutschland grenzt große Bevölkerungsteile aus. 70 % aller im Niedrigsektor Beschäftigten sind Frauen. Mit Minijobs werden mehr Frauen in Armut gedrängt. Der Sozialabbau verschärft ganz besonders die Situation von Frauen. Von einer Wirtschaftsentwicklung ohne soziale Sicherung profitieren wenig Frauen. Für die meisten heißt es: Prekäre Beschäftigung und Teilzeitjobs oder verlängerte Arbeitszeiten und weniger Lebensqualität! Dem Heer von Arbeitslosen stehen Millionen Überstunden gegenüber. Ohne eigene Existenzsicherung keine Gleichberechtigung!
Jetzt werden Vereinbarkeit von Beruf und Familie hauptsächlich unter demographischen Gesichtspunkten diskutiert. Erinnern wir uns: Den Akademikerinnen wird Kinderlosigkeit vorgeworfen. Da werden nicht Arbeitsbedingungen und harter Konkurrenzdruck thematisiert, sondern den Frauen – und nur den Frauen – wird Eigensucht und Verantwortungslosigkeit attestiert. Solange sich aber die Arbeitsbedingungen nicht ändern, die Menschen nicht wissen, ob und wo sie morgen Arbeit finden, fällt die Entscheidung oft ganz offen gegen Kinder. Globalisierung und Flexibilisierung in der Arbeitswelt zielen nicht auf interessante und verträglichere Arbeitsbedingungen, sondern folgen dem Profit. Nur aufgrund ihres Geschlechts haben es Frauen im Berufsleben besonders schwer. Jeder dritte Absolvent fand sofort einen Arbeitsplatz, jedoch nur jede achte Frau.
Besonders deutlich aber sind beim Berufsstart unter gleichen Voraussetzungen die Einkommensunterschiede. Während die Hälfte der Frauen mit weniger als 1 500 € zufrieden sein muss, fängt das männliche Einkommen bei dieser Grenze überhaupt erst an. Dieses Muster setzt sich fort, auch in Führungspositionen – ganz oben. Weibliche Führungskräfte verdienen im Schnitt 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Das sind echte Diskriminierungstatbestände. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wurde vor 50 Jahren beschlossen, aber so ist die Realität: Frauen verdienen ein Viertel weniger als Männer.
Unsere Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn bietet jedenfalls auch in dieser Hinsicht einen Einstieg, denn davon würden zu 70 % Frauen profitieren.
In unserer Verfassung heißt es absichtsvoll:
Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Die rot-rote Koalition hat dies nach dem Offenbarungseid der großen Koalition berücksichtigt und von Anfang an mit Nachdruck Frauenförderung und Geschlechtergerechtigkeit gleichermaßen verfolgt. Beides ist für uns Regierungsprogramm. Im Vergleich zu anderen Bundesländern haben wir in der Frauenpolitik nicht abgebaut. Zum Draufsatteln fehlte uns aber leider das Geld.
Wir haben beachtliche Ergebnisse erreicht. Der Senat hat frauenpolitische Schwerpunkte beschlossen. Wir haben ein eigenständiges Frauenressort. So konnte Berlin trotz der Haushaltsnotlage die wesentlichen Standards halten, und zwar bei der Fraueninfrastruktur, bei Frauenförderung, im Antigewaltbereich, bei Weiterbildung und Wiedereinstieg ins Berufsleben, bei der Kinderbetreuung und im Gesundheitsbereich. – Das Berliner Gleichstellungsgesetz und die Genderaktivitäten strahlen über Berlin hinaus. Gegenwärtig wird ein gleichstellungspolitisches
Rahmenprogramm für den Senat insgesamt erarbeitet. Grundlage dafür ist der Bericht zur Situation von Frauen in Berlin.
Im bundesweiten Vergleich ist die Beschäftigungssituation von Frauen in Berlin besser. Sie sind seltener in Teilzeit oder in Minijobs beschäftigt. Das Nettoeinkommen der Berlinerinnen ist höher als im Bundesgebiet. Hier setzen wir mit der Landesinitiative für Chancengleichheit in der Wirtschaft an. Darauf zielen unsere Anträge, die wir heute eingebracht haben. Gleichstellung ist kein Extra, sondern Bestandteil von Wirtschaftspolitik.
Fortschritte in der Gleichstellungspolitik beruhen im Wesentlichen darauf, dass Vorgaben verbindlich sind und vorgeschriebene Verfahren, Quoten und Beteiligungsrechte auch durchgesetzt werden. Hier müssen wir künftig noch stärker mit geeigneten Instrumenten und Verfahren der Steuerung und Kontrolle ansetzen, und zwar über den öffentlichen Dienst hinaus. Bei jedem Euro, den die öffentliche Hand ausgibt, muss gefragt werden: Wie partizipieren Frauen daran?
Es gibt in zweifacher Hinsicht neue Ansätze rot-roter Frauenpolitik. Dabei geht es um strategische Herangehensweisen.
Erstens: Die Erfahrungen mit gezielter Gleichstellungspolitik im Hochschulbereich durch das Zusammenspiel verschiedener Instrumente lassen sich ausweiten. Die Förderung von Frauen an Hochschulen trägt zu deren Profilierung und Effizienzsteigerung bei. Diese Erkenntnis setzt sich langsam durch. Die Voraussetzungen sind da. Qualifizierte Frauen, Hochschulgesetz und Landesgleichstellungsgesetz bieten den Rahmen. Frauenbeauftragte sind mit weitreichenden Kompetenzen und Mitwirkungsrechten ausgestattet, und Hochschulverträge stimulieren gleichstellungsbezogene Leistungsparameter. Das Berliner Programm zur Förderung der Chancengleicheit von Frauen in Forschung und Lehre ist dabei von besonderer Bedeutung. Der Senatsbeschluss dazu ist gefasst. In der Koalitionsvereinbarung haben sich beide Regierungsparteien zur Aufstockung verpflichtet. Die Frauen sind dazu bereit. Diese Chance werden wir zu nutzen wissen, denn der Ausbau der Studienplatzkapazitäten und die Gleichstellungspolitik sind kein Gegensatz. Frauen aus dem Berliner Programm stehen nicht neben dem Lehrbetrieb, sonern mitten drin. d Zweitens: Der ressortübergreifende Politikansatz, wie er mit dem runden Tisch gegen häusliche Gewalt praktiziert wird, ist weiterzuverfolgen. Was als Selbsthilfe unter Frauen begann, hat sich zum professionellen Arbeits- und Investitionssystem entwickelt. Die Fortschreibung des Aktionsplans gegen häusliche Gewalt sichert, dass weitere Konzepte zur Prävention und zum Schutz vor Gewalt entwickelt werden. Wir werden dafür sorgen, dass sie finanziert werden. Täterarbeit, pro-aktive Beratung und Prävention in der Schule sowie wirksame Schutzmaßnahmen für Migranten sind von besonderer Bedeutung.
Wir werden mit Nachdruck gegen Menschenhandel und Zwangsverheiratung vorgehen. Alle Opfer von Gewalt haben unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Anspruch auf unseren Schutz. Auch hier können wir auf bereits bestehende und gut vernetzte Kommissionen verweisen, die schon jetzt hochprofessionell arbeiten und durch genaue Kenntnis der Situation der Betroffenen wissen, wie zu helfen ist.
Alle Anträge werden wir ausführlich und zeitnah in den Ausschüssen beraten.
Lassen Sie mich zum Schluss die Forderungen zum internationalen Frauentag zusammenfassen:
erstens eigenständige Existenzsicherung einschließlich der gerechten Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit;
zweitens das Recht auf Selbstbestimmung einschließlich des wirksamen Schutzes vor Diskriminierung und Gewalt;
drittens gleichberechtigte Beteiligung an der Macht einschließlich der Übernahme von Führungspositionen in Politik und Arbeitsleben!
viertens: Das sind selbstverständlich auch notwendige Voraussetzungen für die Emanzipation in Berlin. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!