Protokoll der Sitzung vom 22.11.2007

Herr Senator! Ich habe in diesem Zusammenhang eine ganz andere Frage, die sehr wohl zum Thema gehört. Sind Ihnen die Initiative und Kampagne gegen häusliche Gewalt der Tageszeitung „Hürriyet“ und die zugehörige Hotline bekannt, die kürzlich den Jurypreis der Initiative Hauptstadt Berlin bekommen hat? Wie könnte eine Zusammenarbeit und Förderung derartiger externer Kampagnen aussehen?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Abgeordneter Mutlu! Ich habe, wenn ich mich richtig erinnere, vor zwei oder drei Jahren mit dem Chefredakteur von „Hürriyet“ über dieses Thema und die Frage, welchen Beitrag eine so weitverbreitete türkischsprachige Zeitung wie „Hürriyet“ dazu leisten kann, ein Gespräch geführt. Er hat mir versichert, dass er dazu eine Kampagne beginnen will.

Es freut mich, dass nun auch eine Hotline eingerichtet worden ist. Ich halte das für eine ausgesprochen begrüßenswerte Initiative, um hier zu einer Sensibilisierung in der türkischsprachigen Community beizutragen und die entsprechenden Hilfsangebote bereitzustellen. Ich halte es grundsätzlich für sinnvoll, mit der Hotline Kontakt aufzunehmen, inwieweit die Vernetzung und Kooperation mit den anderen Beratungseinrichtungen und Strukturen der Opferhilfe, die wir im Rahmen der Bekämpfung häuslicher Gewalt in Berlin haben, noch verbessert werden kann.

Wegen Zeitablauf hat damit die Fragestunde ihr Ende gefunden.

[Mieke Senftleben (FDP): Schade!]

Die heute nicht beantworteten Fragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich beantwortet.

Bevor ich fortfahre, möchte ich Sie auf ein Problem hinweisen. Wir haben fortlaufend Störungen in der Lautsprecheranlage. Nach unseren Erfahrungen hängt das meist damit zusammen, dass die Handys, soweit Sie welche haben, an Ihren Plätzen nicht weit genug vom Mikrofon entfernt sind. Ich verstehe, dass die Frauen sie auf den Tisch legen, um sie sehen zu können, aber bitte nehmen Sie die Handys vom Tisch herunter!

[Unruhe – Carola Bluhm (Linksfraktion): Was ist mit den Männern?]

Insbesondere Frauen, Männer haben manchmal mehr Taschen, und dort haben sie überall Handys.

Wenn das Handy unten in der Tasche ist, ist es ja gut. Ich bitte alle, die Handys am besten auszuschalten. Das ist die beste Lösung – egal, ob Männer oder Frauen. Alle anderen, die die Handys auf dem Tisch liegen haben, nehmen sie bitte herunter und stecken sie in eine Tasche oder legen sie an einen anderen Ort. Ansonsten ist das für die Ohren schwer erträglich.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied.

Es beginnt Frau Seidel-Kalmutzki von der Fraktion der SPD. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Meine Frage richtet sich an den Senator für Inneres und Sport, Herrn Dr. Körting: Wir haben heute vom Vorsitzenden der CDU-Fraktion erfahren, dass Berlin keine neuen Sportstätten mehr benötigt. Herr Senator! Sind Sie nicht auch meiner Meinung, dass wir gerade in Berlin viel zu wenig gut ausgestattete Sportstätten haben und dass deswegen eine Einschränkung bzw. eine Schließung von Bolzplätzen wegen Lärmbelästigung unverantwortlich ist?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Mieke Senftleben (FDP): Damit müssen Sie in die Bezirke gehen!]

Herr Senator Dr. Körting – bitte schön!

Frau Kollegin Seidel-Kalmutzki! Vom Grundsatz her bin ich der Meinung, dass Berlin vernünftig mit Sportstätten ausgestattet ist. Was wir allerdings brauchen und wo wir einen zusätzlichen Bedarf haben, sind Plätze für Jugendliche und für Kinder. Da haben wir große Wartelisten – auch von Kindern, die Fußball spielen wollen oder Ähnliches. Hierbei bin ich der Meinung, dass es einen vernünftigen Ausgleich geben muss zwischen den Interessen der Menschen, die dort wohnen und die sich gegebenenfalls lärmbelästigt fühlen könnten, und den Interessen der Kinder, die Lärm machen.

Meine persönliche Überzeugung ist, dass Kinderlärm natürlicher Lärm ist und dass man den auch am Tage ertragen kann. Wir ertragen Autolärm und Flugzeuglärm, aber bei Kinderlärm stellen wir uns plötzlich auf die Hinter

beine und sagen, das sei nicht mehr zulässig. Das halte ich für absurd.

[Allgemeiner Beifall – Uwe Doering (Linksfraktion): Bravo!]

Frau Kollegin Seidel-Kalmutzki hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Vom Landessportbund wird kritisiert, dass die Bezirksämter im vorauseilenden Gehorsam – ich zitiere das – über die Einschränkung der Sportstättennutzung verfügen. Können wir oder Sie, Herr Senator, darauf Einfluss nehmen?

[Anja Kofbinger (Grüne): Natürlich! – Mieke Senftleben (FDP): Nein, kann er nicht!]

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Zuständig für die Ausführung bestimmter immissionsschutzrechtlicher Vorschriften sind die Bezirke und nicht die Senatsverwaltung für Sport. Ich gehe aber davon aus, dass die Bezirke verantwortungsbewusst damit umgehen. Es macht einen Unterschied, ob ich eine Fußballanlage habe, wie ich das etwa am „Nassen Dreieck“ in Charlottenburg kenne. Wenn die nach 22 Uhr betrieben wird, mag es richtig sein, dass das Ruhebedürfnis der Menschen Vorrang hat vor dem Bedürfnis der Menschen, Fußball zu spielen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das war nicht die Frage!]

Aber wenn das in den Nachmittagsstunden passiert, halte ich das für natürlichen Lärm, und ich gehe davon aus, dass die Bezirke das auch so sehen.

Nun hat Herr Kollege Graf von der Fraktion der CDU das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Senator Sarrazin: Werden Sie als Finanzsenator Initiativen unterstützen, die eine Aufweichung der bestehenden Verschuldungsgrenze fordern, indem z. B. Bildungsausgaben zu Investitionen erklärt werden?

Bitte schön, Herr Senator Dr. Sarrazin!

Herr Graf! Dazu muss man ein bisschen darüber nachdenken, was genau eine Investition ist. Wer über Investitionen redet, muss auch über Abschreibungen reden. Ich bin jederzeit bereit, Initiativen zu unterstützen, die Bildungsausgaben als Investitionen gelten lassen, wenn die natürliche Abschreibung auf Bildung, die dadurch eintritt, dass wir alle älter und irgendwann einmal pensioniert werden, ebenfalls mit angesetzt wird.

Wenn Sie sich unser Land heute anschauen – mit der fallenden Bevölkerungszahl –, dann müssen Sie davon ausgehen, dass die täglich stattfindende Abschreibung von Bildungsinvestitionen durch die Pensionierung oder den Tod von Menschen die Investitionen in Bildung allemal überschreitet. Wenn man also Bildungsinvestitionen insgesamt – Bildungsinvestitionen in Menschen – sachgerecht unter Einbeziehung von Abschreibungen veranschlagt, dann sind diese bei einer fallenden Bevölkerung immer negativ. Deshalb wird Ihrer Zielsetzung, denkbar mögliche Verschuldungsräume in öffentlichen Haushalten auf diese Art auszudehnen, damit wohl nicht gedient sein. Ich bin im Gegenteil dafür, dass wir uns generell überlegen, wie viele Schulden man sich als Staat leisten kann, und dass wir hier zu eindeutigen Regelungen kommen – unabhängig von der Höhe von Investitionen.

[Andreas Gram (CDU): Sind Sie nun dafür oder dagegen?]

Möchten Sie eine Nachfrage stellen, Herr Kollege? – Dann haben Sie das Wort – bitte!

Herr Finanzsenator! Ich nehme an, Sie haben am Landesparteitag der Berliner SPD am vergangenen Wochenende teilgenommen. Dort sind solche Initiativen thematisiert worden, zumindest wurde in der „Berliner Zeitung“ vom vergangenen Montag darüber berichtet. Wie lässt sich das aus Ihrer Sicht mit der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 115 Grundgesetz vereinbaren, worin ausdrücklich ausgeschlossen ist, Bildungsausgaben in den Investitionsbegriff einzubeziehen?

[Özcan Mutlu (Grüne): Wo ist das Problem? Ich verstehe das nicht!]

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Ich habe eben das Thema von seinen logischen Zusammenhängen her erklärt. Ich will es auch gern noch einmal politisch bewerten. Ich befürworte natürlich vernünftige

Bildungsausgaben. Dies wird umgangssprachlich auch als „Investition in die Köpfe“ bezeichnet, es ist aber keine Investition im Sinne des Haushalts.

Nun hat Frau Breitenbach von der Linksfraktion das Wort zu einer Frage. – Bitte schön!

Meine Frage richtet sich an Frau Dr. Knake-Werner. Der „Tagesspiegel“ hat heute berichtet, dass die Bundesagentur die befristete Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jobcentern gestoppt hat. Frau Senatorin! Wie stellt sich damit die Situation in den Berliner Jobcentern dar?

Frau Senatorin Dr. Knake-Werner – bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Breitenbach! Auch ich habe schon gestern in der „Berliner Morgenpost“ und heute im „Tagesspiegel“ diese Meldung zur Kenntnis genommen. Inzwischen hat uns auch die Regionaldirektion über den Sachverhalt informiert.

Zunächst teile ich die gute Nachricht mit: Die Bundesagentur hat festgelegt, in Zukunft mehr unbefristete Stellen in den ARGEn bundesweit zu schaffen. Das ist erst einmal sehr okay. Die zweite gute Nachricht ist, dass deshalb auch eine Obergrenze derjenigen, die künftig befristet in den ARGEn beschäftigt werden sollen, festgelegt worden ist. Diese Obergrenze soll bei 10 Prozent liegen. Die Bundesagentur hat aber offenbar keinen Überblick darüber, wie hoch in den verschiedenen Argen der Anteil von unbefristeten und befristeten Beschäftigungen ist. Deshalb hat sie gesagt, sie müsse zunächst einmal Transparenz herstellen – was ich sehr begrüße – und untersuchen lassen bzw. eine Erhebung machen, wie hoch der jeweilige Anteil in den ARGEn bundesweit ist. Diese Erhebung soll bis zum 3. Dezember abgeschlossen sein.

Damit verknüpft ist nun die schlechte Nachricht: Die Bundesagentur hat festgelegt, dass jede weitere befristete Einstellung gestoppt wird, bis bei ihr die Erkenntnisse über die Beschäftigungssituation in den einzelnen ARGEn gewachsen sind. – Das ist ein Problem, weil wir in Berlin eigentlich 200 zusätzliche Stellen zugesagt bekommen haben, aber eine Besetzung zum jetzigen Zeitpunkt offenbar nicht möglich ist, was die Situation in den Jobcentern Berlins weiter verschärft.

Frau Breitenbach hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Ich nehme die guten Nachrichten zur Kenntnis. Zu der schlechten Nachricht frage ich noch einmal nach: Frau Senatorin! Wie bewertet der Senat diese Situation, und hat der Senat Handlungsspielräume in dieser Situation?

Frau Senatorin Knake-Werner – bitte!