Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

[Beifall bei den Grünen]

Ihr Antrag ist, um es klar zu sagen, grober Unfug. Das Papier können Sie sich auch sparen. Wenn Sie das Gender-Check-Verfahren wirklich stärken wollen, um eine belastbare Datengrundlage für ein erfolgreiches GenderBudgeting zum Beispiel für den Haushalt 2009/2010 durchzuführen, müssen Sie heute unserem Antrag zustimmen.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Kofbinger! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr Frau Kollegin Bayram das Wort. – Bitte schön, Frau Bayram!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kofbinger! Sie haben wirklich nicht gespart und ausge

teilt. Sie haben einmal wieder das getan, was Sie neulich beim Gender-Budgeting auch getan haben: Sie reden einfach alles klein, hauen drauf und hoffen dabei – ich weiß es nicht –, dass sich dadurch etwas verbessert.

[Beifall der Frau Abg. Eichstädt-Bohlig (Grüne)]

Bei anderer Gelegenheit ist es so, dass Sie betonen, wie richtig und wichtig Sie das finden, was im Senat dazu getan wird, und dass Sie immer mit dazu beitragen wollen, weil wir uns bei frauenpolitischen Themen alle in eine Richtung bewegen und uns unterstützen wollen. Ich bin eigentlich eine sehr geduldige Person, aber langsam sollten Sie sich selbst einmal fragen, ob das alles so in sich schlüssig ist und ob Ihr Verhalten nicht ein wenig widersprüchlich ist. Gehen Sie einfach einmal in sich und fragen sich, ob Sie den richtigen Ansatz haben!

Jedenfalls stimmt das, was ich im Ausschuss gesagt habe, auch nach wie vor. Es ist wichtig, die Verwaltung für diese Themen zu begeistern und sie mitzunehmen. Gerade in der AG Gender-Budgeting merken wir, wie so etwas funktionieren kann und wie so etwas auf den Weg gebracht werden kann und es eben ein großer Fortschritt ist, wenn man so etwas mit der Verwaltung gemeinsam macht und nicht versucht, es gegen die Verwaltung durchzuzwingen. Sie haben bei der Gelegenheit auch unterschlagen, dass es Bereiche gibt, in denen das sehr gut läuft. Auf diese weise ich noch einmal besonders hin.

In diesem Zusammenhang ist es ganz wichtig herauszustellen, dass Sie in Ihrem Antrag darauf abzielen, dass die Senatsverwaltung für Frauen bei allen Vorlagen beteiligt sein soll und eine besondere Verantwortung hat. Das ist richtig, aber es ist noch wichtiger, dass alle Verwaltungen sich für dieses Thema verantwortlich fühlen. Genauso wenig wie wir in der Integrationspolitik weiterkommen, wenn sich nur die Migrantinnen und Migranten um das Thema kümmern, kommen wir auch bei der Frauenpolitik nicht weiter, wenn es heißt, nur die Frauen und die Frauenverwaltung sollen sich darum kümmern.

[Beifall bei der SPD]

In unserem Antrag haben wir lediglich zu dem, was bereits besteht und was in Teilen ganz gut läuft, hinzugefügt, dass wir als Abgeordnetenhaus weitergehende Informationen haben wollen, damit wir feststellen können, wo es hakt und wo angesetzt werden muss, damit es besser läuft.

Sie wissen selbst, dass von außenstehenden Experten und Expertinnen sehr wohl honoriert wird, was in diesem Bereich in Berlin schon geleistet wird. Daher finde ich es unseriös und kaum erträglich, dass Sie bei solchen Gelegenheiten – außer Draufhauen und „Wir haben den besseren Weg“ – keine Argumente haben. Es gilt das, was ich im Ausschuss gesagt habe: Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir treiben das voran. Wir sind auch sowohl national als auch international dafür anerkannt. Das gelingt in erster Linie dadurch, dass wir die Verwaltung mitnehmen, dass wir sie in ihrem Handeln unterstützen und ermutigen.

Da läuft einiges schon ganz gut. Aber es kann auf jeden Fall besser werden, und das wird es auch.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr Frau Görsch das Wort. – Bitte schön, Frau Görsch!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! GenderCheck, Gender-Check zur verbindlichen Vorgabe für alle Senatsvorlagen, Stärkung des Gender-Check-Verfahrens – das sind drei Titel der in der Zeit von 2005 bis 2008 zum selben Thema gestellten Anträge. Im ersten Antrag ging es um die Durchführung des Gender-Checks, im zweiten um die Umsetzung des Gender-Checks und darum, ihn für alle Senatsvorlagen für verbindlich zu erklären. Im dritten Antrag geht es um die Stärkung des Gender-Check-Verfahrens, indem der Senat in seinen Vorlagen an das Abgeordnetenhaus künftig auch das Abwägungskriterium „Auswirkung auf die Gleichstellung der Geschlechter“ ausweist. Ich war geneigt, in den feinstilistischen Abwägungen der Formulierungen eine aufbauende Entwicklung zu entdecken. Ich gab diese Neigung jedoch gleich wieder auf, da Frau Kofbinger selbst als eine der Autorinnen in ihrer aktuellen Presseerklärung vom 8. April feststellte, dass der Berliner Senat ein gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm vorgelegt habe, das sie grundsätzlich positiv und begrüßenswert finde. Es ist mir nicht ergründbar, woraus sie in derselben Presseerklärung – diese wurde leider schon vor über 14 Tagen herausgegeben – den Schluss zieht, dass der Senat in seiner Gesamtheit dieses Programm am Ende nicht mitträgt. Darin liegt ein Widerspruch.

Der Gender-Check ist grundsätzlich positiv. Es ist sinnvoll, sich bei politischen und anderen Entscheidungen um die Auswirkungen auf die Geschlechter zu sorgen. Sollte es bei der Umsetzung Probleme geben, ist zu prüfen, ob das Gender-Verfahren eventuell praxisfern, zu bürokratisch oder zeitraubend ist, anstatt es mit weiteren Anträgen aufzublähen, bürokratisch zu vertiefen und mit endlosem Gebabbel wertvolle Zeit im Wirtschaftsausschuss und im Plenum zu vergeuden.

Verbindliche Berichtspflicht und hundertprozentige Teilnahme an Workshops, unter anderem wegen unterstellter fehlender Anwendungskompetenz – meine Herren und vor allem meine Damen! Das bedeutet viel Arbeit mit wenig Effekt. Was fordert das formale und inhaltliche Verfahren, und was leistet es? – Ich stelle die klassische Aufwand- und Nutzenfrage. – Vorabinformation bei Senatsvorlagen – das halte ich für wichtig, nicht nur wegen der „Genderei“. Wie wollen Sie aber sicherstellen, dass bei Ihren Forderungen nicht nur schriftlich nachvollziehbar bürokratisch perfekt abgehakt wird? Die Gefahr ist hierbei sehr groß.

Zurück zu der leider nicht mehr druckfrischen Presseerklärung vom 8. April von Frau Kofbinger und ihrem Faust-Zitat! Es ist verwunderlich, dass eine junge Frau im verständlichen Ringen um gleichstellungspolitische Ziele zur effektvollen Begründung einen greisen Wissenschaftler benötigt, der in einer Osternacht beschließt, seine Seele dem Volke zu vermachen. Ich zitiere den alten Faust einmal richtig:

Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube; Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.

Faust I, Vers 765 – Frau Kofbinger, Frau Baba, Frau Bayram und andere Frauen! Sind wir nicht alle ein bisschen Faust – oder vielleicht eher Fäustlinge? Die christliche Erlösung kommt hier nicht infrage, das gilt für beide, für Faust und seinen Schöpfer. Und es gilt für rot-grüne Gender-Kämpferinnen, deren Einsicht in Senatshandeln noch nicht dazu führte, die konkreten Schritte zu erkennen, die mit personellem und großem finanziellem Aufwand in den letzten drei Jahren unternommen wurden und deren Berichte schon Bücher füllen und unsere gemeinsame Ausschusszeit.

Zu Handlungsfeldern sowie deren Zielsetzung wird nun ein Masterplan verlangt und ausgeblendet, dass die erträumten konkreten politischen Vorgaben bereits im Ausschuss diskutiert und dokumentiert wurden. Aber Faust ist kein Mann für das Himmelreich. In Grünen-Pressetexten wird noch von Spannungen fantasiert, obwohl im Senat ein politischer Wille ist, den Worten auch Taten, also konkretes politisches Handeln, folgen zu lassen und nach Zielen zu suchen.

Der Worte sind genug gewechselt. Mit Gedanken zum alten Antrag „Gender-Check“ empfehle ich darum, den ursprünglichen Senatsbeschluss ohne weitere Anträge mit einer Analyse der Situation in den Arbeitsbeziehungen Mann und Frau zu untersetzen und die Gender-Kriterien in ein Qualitätsmanagement aufzunehmen, wie es zum Beispiel die Hertie-Stiftung als Audit entworfen hat. Das heißt, Maßnahmen werden recherchiert und bewertet. Bei diesem Managementinstrument zur Förderung der Personalpolitik werden nicht nur bereits umgesetzte Maßnahmen begutachtet, sondern auch betriebsindividuelle Entwicklungen aufgezeigt.

Mit Blick auf die dringenden wirtschaftlichen Probleme grüße ich die Antragsteller mit Faust:

Indes ihr Komplimente drechselt, kann etwas Nützliches geschehn.

Meine Fraktion hält diese Anträge für unnötig, denn sie bringen uns keinen Schritt weiter. Wir werden uns bei beiden Anträgen der Stimme enthalten. – Danke!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Frau Kollegin Görsch! – Für die Linksfraktion spricht nunmehr Frau Baba. – Bitte schön, Frau Baba! Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kofbinger! Sie haben sich empört, dass dieses Instrument noch nicht funktioniert. Die Kritikpunkte, die Sie aufgelistet haben, stehen auch in dem Bericht zum GenderMainstreaming. Sie sehen, wir üben auch Selbstkritik!

[Anja Kofbinger (Grüne): Dann ändern Sie’s, Frau Baba!]

Gerade um es noch zu verbessern, haben wir unseren Antrag eingereicht.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Mit der Einführung des Gender-Checks hat sich der Senat selbst vor die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, alle Senatsvorlagen einer Gender-Prüfung zu unterziehen. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass dieses auch bei den Vorlagen an das Abgeordnetenhaus berücksichtigt wird. Dabei handelt es sich nicht nur um eine formale Verpflichtungserfüllung. Vorgelagert ist ein Verfahren, das durch die gemeinsame Geschäftsordnung des Senats, einschließlich Gender-Liste, geregelt ist. Ich zitiere kurz aus der Geschäftsordnung:

Für alle Senatsvorlagen ist eine Überprüfung ihrer Auswirkung auf beide Geschlechter vorzunehmen.

Wie der Gender-Check zu erfolgen hat, ist auch geregelt. Es gibt eine konkrete Checkliste, die von den zuständigen Stellen abzuarbeiten ist, und Arbeitshilfen, die anhand von Beispielen Hilfeleistungen geben.

Die Relevanzprüfung ist in jedem Fall vorgeschrieben: Auf welchen Sachverhalt bezieht sich das Vorhaben? Was ist das Ziel des Vorhabens? Welche Zielgruppe ist betroffen? Welche Auswirkungen und Ziele sind genau beabsichtigt? Die Frage ist, ob alle oder einzelne Teile des Vorhabens unmittelbar oder mittelbar jeweils Frauen und Männer betreffen.

Dazu ist im Einzelnen zu prüfen, ob die Vorlage auf geschlechterdifferenzierten Daten basiert. Zu beantworten ist, ob und wie das Vorhaben zu einer Stärkung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Bewusstsein führt. Die Frage ist außerdem, ob sich das Vorhaben unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt. Wichtig ist auch die Frage, ob und wie das Vorhaben zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beiträgt.

Die Erkenntnisse der Prüfung sind mit kurzer, nachvollziehbarer Darstellung in einer Rubrik „Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter“ zwischen den bestehenden Rubriken „Rechtsgrundlage“ und „Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit Brandenburg“ in die Vorlage zu übernehmen. Das wollen wir formal auch für die Vor

lagen an das Abgeordnetenhaus erweitern, wo ein solcher Hinweis bisher leider fehlt.

Mir liegt aber noch besonders am Herzen, dass die für die Frauen und die Gleichstellungspolitik zuständige Senatsverwaltung möglichst frühzeitig in kurzer schriftlicher und nachvollziehbarer Form nachrichtlich über das Ergebnis der Relevanzprüfung zu unterrichten ist.

[Margit Görsch (CDU): Dann macht doch!]

Deshalb haben wir unseren Antrag. Das wird dann demnächst erfolgen.

[Margit Görsch (CDU): Nützt ja nichts!]

Gedulden Sie sich ein bisschen!

Fortbildungsveranstaltungen, die von verschiedener Seite in Berlin angeboten werden, sind weiterhin unverzichtbar. Auf Gender-Kompetenz muss geachtet werden, und die Qualifikationsanforderungen von heute müssen das noch viel stärker berücksichtigen. So werden wir weiterkommen, Schritt für Schritt, so wie wir von Beginn an im Gender-Prozess Schritt für Schritt vorangekommen sind. – Ich bitte um Ihre Zustimmung zum Antrag „Stärkung des Gender-Check-Verfahrens“ in Berlin. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Baba! – Für die FDP hat nunmehr der Kollege Lehmann das Wort. – Bitte schön, Herr Lehmann!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Werden Sie sich auch tapfer enthalten? – Mario Czaja (CDU): Lehmann muss zu allem reden, was keinen Spaß macht!]

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! In beiden Anträgen wird etwas gefordert, was laut Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung bzw. laut Senatsbeschluss faktisch schon gegeben ist. Nun drängt sich der Eindruck auf, dass man sich in der Berliner Verwaltung nicht an die eigenen Vorschriften hält und die Senatsbeschlüsse einfach nicht befolgt. Andernfalls würde es sich hierbei nur um Schaufensteranträge handeln. Offensichtlich ist es jedoch so, dass die Vereinbarungen zum Gender-Check-Verfahren nicht umgesetzt werden. Um dafür zu sorgen, dass sie befolgt werden, wollen Grüne und Rote verschiedene Wege gehen. Ich glaube, dass beide nicht zum gewünschten Ziel führen werden.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]