Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden, und ich komme zu den Abstimmungen.

Zur Drucksache 16/1190 – Stichwort: Tag der offenen Tür – empfiehlt der Fachausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme des Antrags mit neuem Berichtsdatum und weiteren Änderungen. Wer der Drucksache 16/1190 unter Berücksichtigung der Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 16/1345 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU, die Grünen und die FDP. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Ebenfalls keine. Dann ist das einstimmig.

Ich komme zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1198 – Stichwort: Zukunft für den Flughafen Tempelhof. Hier empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU und die FDP. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Grünen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/1226 – Stichwort: Bürgerwillen achten. Hier empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen die Fraktion der CDU und die der FDP die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Grünen. Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/0696 – Stichwort: Tempelhofer Feld schnell öffnen und zukunftsfähig entwickeln. Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr empfiehlt mehrheitlich gegen CDU und FDP die Annahme des Antrags in neuer Fassung. Wer dem Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucksache 16/1385 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Grünen. Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 a:

Berliner Kinder und Jugendliche besser auf Europa vorbereiten

Antrag der FDP Drs 16/1375

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Das Wort hat der Abgeordnete Dragowski. – Sie haben das Wort, bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Europäer ist man nicht von Geburt, sondern wird es durch Bil

dung.“ Dieses Zitat des ehemaligen französischen Außenministers Robert Schuman war damals richtig und ist es auch heute. Das Eurobarometer vom Herbst letzten Jahres zeigt deutlich, dass bei Kindern und Jugendlichen weder Kenntnisse noch das Interesse an Europa weit verbreitet sind.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Das sieht man auch hier!]

Gerade im europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs ist es notwendig und unsere Pflicht, den Menschen die Vorzüge eines vernetzten und friedlichen Europas näherzubringen.

[Beifall bei der FDP]

Uns Liberalen ist es wichtig, gerade im Vorfeld der bundesweiten Europawoche und kurz vor dem deutschlandweiten EU-Projekttag an den Schulen am 6. Mai mit diesem Antrag den Europagedanken bei Kindern und Jugendlichen zu fördern sowie Berliner Kinder und Jugendliche besser auf Europa vorzubereiten.

Wir fordern erstens, ein Programm zur gezielten Fremdsprachenförderung in den Kindertagesstätten einzuführen, um so Kinder spielerisch mit Fremdsprachen sowie anderen Kulturen und Lebensformen vertraut zu machen.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen, dass Fremdsprachen in Kindertagesstätten nicht nur zugelassen, sondern aktiv gefördert werden. Das kann sowohl durch die Erzieherinnen und Erzieher selbst erfolgen oder aber durch eingeladene Gäste, die aus ihrem Herkunftsland berichten. Kinder, die zu einem frühen Zeitpunkt spielerisch mit anderen Sprachen, Kulturen und Lebensformen in Berührung kommen, nehmen die Umgebung mit anderen, interessierten Augen wahr.

Zweitens fordern wir, den europäischen Austausch von Grundschulen durch Kooperation mit Nachbarregionen und Partnerstädten auszubauen. Insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Elementarschulen in europäischen Nachbarregionen und mit durch Schul- und Städtepartnerschaften verbundenen Schulen lassen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede für Grundschüler verständlich darstellen.

Drittens wollen wir das europäische Engagement an den Berliner Schulen weiter unterstützen, fördern und auf hohem Niveau weiterentwickeln und fordern, dann viertens im Fremdsprachenunterricht verstärkt die Vermittlung von europabezogenen Kenntnissen und Kompetenzen einzubeziehen und den Ausbau bilingualer Angebote voranzutreiben. Wir wollen, dass der Ausbau des existierenden Fremdsprachenangebots um Sprachen aus dem mittel- und osteuropäischen Sprachraum geprüft wird.

Gerade die Nähe zu Polen und die Entwicklung in einem gemeinsamen Europa machen es für Kinder und Jugendliche interessant, die polnische Sprache zu erlernen. Den 2 Millionen Menschen in Polen, die Deutsch lernen, stehen in Deutschland lediglich 15 000 gegenüber, die Polnisch lernen. Dieses Missverhältnis wollen wir ändern.

[Beifall bei der FDP]

Das Angebot an zweisprachigen Abschlussmöglichkeiten wollen wir weiter ausbauen. Wichtig ist auch, dass neben der klassischen Sprachausbildung elementare biografische, kulturelle und politische Landeskenntnisse in der jeweiligen Fremdsprache vermittelt werden.

Unsere fünfte Forderung ist, europäische Themen verstärkt bei der Lehrerausbildung zu berücksichtigen und die Fort- und Weiterbildung zu europäischen Themen auszubauen. Wir wollen die praktische Erfahrung der Lehrer durch Austauschprozesse mit europäischen Nachbarstaaten fördern. Für diesen Austausch von Lehrern können wir noch viel stärker die Städtepartnerschaften Berlins nutzen.

Unsere sechste Forderung ist, europäische Aktivitäten und Erfahrungen an Schulen über eine entsprechende Vernetzung für andere interessierte Schulen zugänglich zu machen.

[Oliver Scholz (CDU): Wo ist der Schulsenator?]

Senator Zöllner könnte sicherlich darüber berichten, da haben Sie recht, Herr Kollege Scholz – –

[Frank Henkel (CDU): Er ist in der letzten Reihe, wo er hingehört!]

Die bereits heute guten europäischen Schulaktivitäten wie Projektwochen, Informationsveranstaltungen und Austauschprozesse wollen wir zukünftig auch für andere Schulen dauerhaft verfügbar machen. Durch eine Vernetzung können interessierte Schulen über Erfahrungen informiert werden und dadurch eigene Vorhaben leichter umsetzen. Zwar gibt es den EU-Schulnewsletter, der in regelmäßigen Abständen über aktuelle Informationen und Angebote informiert und diese bündelt, jedoch fehlt eine dauerhafte Präsentation von und eine dauerhafte Information über Projekte und Aktivitäten der Berliner Schulen. Wer will sich schon durch alte Newsletterausgaben wühlen oder die Internetseiten aller Berliner Schulen nach europaspezifischen Inhalten durchforsten? – Wir wollen die schulübergreifende Zusammenarbeit vernetzen und somit verbessern, beispielsweise durch ein entsprechendes Internetportal für die Schulen, die sich mit Europa beschäftigen.

Es gibt in Berlin über 800 Schulen. Knapp 70 Berliner Schulen beteiligen sich zurzeit an transnationalen EUProjekten. Das ist ein Anfang. Aber wir wollen, dass sich mehr Berliner Schulen noch wesentlich stärker beteiligen. Um die Idee eines gemeinsamen Europas zu vermitteln, müssen wir das Werben bei Kindern und Jugendlichen verstärken.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Unterstützen Sie unseren Antrag, damit wir den Europagedanken bei Kindern und Jugendlichen fördern! Unterstützen Sie unseren Antrag, damit wir unsere Berliner Kinder und Jugendlichen besser auf Europa vorbereiten! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Dragowski! – Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Tesch das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag, Herr Dragowski, ist sehr gut gemeint, aber – ich denke – überflüssig, da schon vieles an der Berliner Schule dahin gehend gemacht wird.

[Zuruf von rechts: Eben nicht!]

Zu Ihrer ersten Forderung: Sie fordern ein Programm zur Fremdsprachenförderung durch Muttersprachlerinnen in Kindertagesstätten. Es gibt bereits 85 bilinguale Kindergärten, die zur Vorbereitung auf die Europaschule dienen und in denen auch Muttersprachler mit deutschen Kräften zusammenarbeiten.

[Mirco Dragowski (FDP): Guter Anfang!]

Herr Dragowski! Wir sind auf einer Linie. Ich habe gesagt: gut gemeinter Antrag, wir können es ausbauen. Aber Sie sagen immer „einführen“. Bei allen diesen sechs Punkten kommt immer „einführen“. Es ist etwas da, es muss ausgebaut werden, da bin ich voll auf Ihrer Linie, aber eingeführt werden muss es eigentlich nicht.

Zweitens: Sie fordern den europäischen Austausch auch bei Grundschulen. Das ist genau das Gleiche. Es gibt 100 solcher Partnerschaften, aktuell sind vom Pädagogischen Austauschdienst, dem PAD, für die Schuljahre 2007 bis 2009 COMENIUS-Projekte mit 17 Berliner Grundschulen und mit 50 ausländischen Schulpartnern bewilligt worden. Wieder das Gleiche: nicht einführen, aber ausbauen und verstärken, da bin ich auf Ihrer Seite.

Zu 3 und 4, Stichwort Polnisch: Sie wissen, es gibt die deutsch-polnische Europaschule, die Goerdeler-Grundschule in Charlottenburg. Es gibt im Übrigen außerdem 18 Europaschulen mit neun verschiedenen Sprachkombinationen in Berlin. Auf diesem Gebiet sind wir sehr erfolgreich. Dieses Projekt der SESB, der Staatlichen Europaschule Berlin, gibt es nur in Berlin. Darüber hinaus haben wir aber auch noch, wie in anderen Bundesländern, sogenannte bilinguale Oberschulzweige; da wird Fachunterricht unterrichtet. Das heißt, es wird Geschichte, Biologie oder Erdkunde in der Fremdsprache unterrichtet. Das finde ich ganz toll, weil die Sprache dann nicht mehr zum Selbstzweck verkommt, sondern Unterrichtsinhalte damit transportiert werden. In diesem Angebot, Herr Kollege, sind wir in Berlin einzigartig.

Der Regierende Bürgermeister – er ist leider gerade nicht da – hat neulich im Kulturausschuss ein deutsch-französisches Geschichtsbuch vorgestellt, das sich großer Beliebtheit erfreut. Denn Sie können sich vorstellen, ob Sie den Zweiten Weltkrieg aus deutscher oder französischer Perspektive sehen, das ist schon ein kleiner Unterschied.

Noch mal Stichwort Polnisch: Es gibt die Robert-JungkOberschule in Wilmersdorf, die Europaschüler aufnimmt und weiterführt. Gerade bei Robert Jungk war das ein sehr guter Gedanke, weil es auch der Schule genutzt hat und dem Polnischen. Zweitens gibt es die Gabriele-vonBülow-Schule in Reinickendorf. Die hat ein anderes Konzept; es wird auch Polnisch unterrichtet, aber als Fremdsprache und als Begegnungsschule Polen.

Dann fünftens: Das Thema Europa ist an zentraler Stelle in den Lehrplänen verankert, sowohl in den gesellschaftswissenschaftlichen Rahmenplänen als auch in den Rahmenplänen der Fremdsprachen. Diese Rahmenpläne beziehen sich auf den gemeinsamen europäischen Referenzrahmen, der für alle Fremdsprachen Europas verschiedene Levels festlegt, von A 1 bis C 2, wonach sich dann alle einstellenden Behörden u. Ä. auch richten können. Es ist das Lernziel der individuellen Mehrsprachigkeit, das sich an diesem GER orientiert. Europäische Fragestellungen sind selbstverständlich auch Aufgabe in der Lehreraus- und -fortbildung. Und last but not least: Sie haben das schon erwähnt, es gibt einen von der Senatskanzlei und SenBildWiss herausgegebenen EU-Schulnewsletter, der die Vernetzung in den Schulen anstrebt. Wenn Sie jetzt noch zusätzlich ein Internetportal fordern, so habe ich nichts dagegen. Der Antrag muss nicht in allen Punkten aufrechterhalten werden. Aber natürlich werden wir ihn – wie das so Usus ist – an den Schulausschuss überweisen, damit wir dort noch einmal Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu diskutieren. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Tesch! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Scholz das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Wir unterstützen die Initiative der FDP-Fraktion. Ich habe von dieser Stelle aus schon so oft gefordert, dass mehr getan werden muss, um den Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt Europa nahezubringen. Ich sehe dies auch vor dem Hintergrund des CDU-Antrags „Europa auf den Lehrplan der Berliner Schulen setzen“. Leider sind keine Aktivitäten des Senats erkennbar, die darauf gerichtet sind, Defizite z. B. in den Lehrplänen in punkto Europa zu beseitigen. Schlimmer noch: Die Spatzen pfeifen es inzwischen von Berlins Dächern, für die Damen und Herren – viele sind im Moment nicht zu sehen – auf der Senatsbank ist Europa inzwischen zu einem Reizwort geworden.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Mirco Dragowski (FDP) – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Selbst wenn wir einmal unterstellen, dass der Senat bereit wäre, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue, zeitgemäße Wege zu gehen, woran ich im Übrigen nicht glaube: Aber um junge Menschen für eine Sache zu begeistern, für Europa zu begeistern, braucht es auch Vorbilder. Der Regierende Bürgermeister, der inzwischen bei den Eisbären ist, ist nun das denkbar schlechteste Vorbild, wenn es in Berlin um Europa geht.