Den Versuch, den Sie immer wieder unternehmen, wenn z. B. der Kollege Ueckert kritische Fragen stellt – was das Recht der Opposition ist –, das als einen Angriff auf BBI zu werten und jede Frage nach dem Zeit- und dem Kostenrahmen als ein Schlechtreden von BBI zu werten, weisen wir zurück. Es ist die Pflicht der Opposition nachzufragen, ob die Steuermittel, die dafür aufgebracht werden sollen, ausreichen und ob die angekündigten Zeitpläne eingehalten werden können. Täten wir das nicht, wären wir eine schlechte Opposition.
Aber noch einmal: Zerreden wir nicht den Konsens in diesem Haus, dass BBI ein Schlüsselprojekt für die Zukunft Berlins ist! Es ist die Chance für die Wiederbelebung der wirtschaftlichen Größe Berlins. Wir hoffen, dass die Chancen vernünftig wahrgenommen werden.
Aber es müssen Fragen gestellt werden. Eine davon – Kollege Ueckert hat es angedeutet – ist die nach den Kapazitäten. Zunächst war BBI für 17 Millionen Passagiere ausgelegt, jetzt sprechen Sie in der Beantwortung der Großen Anfrage von 25 Millionen und mehr. Schon in diesem Jahr werden wir 22 Millionen in Berlin haben. In den letzten drei Jahren hatten wir ein Wachstum von jeweils über 10 Prozent. Selbst wenn wir wegen der gestiegenen Ölpreise ganz vorsichtig schätzen und in den nächsten Jahren nur von 5 Prozent Steigerung ausgehen, liegen wir 2011 bei 25,5 Millionen Passagieren, 2015
bereits bei 31 Millionen. Nun sagen die Fluggesellschaften, der Boom werde trotz der Ölpreise weitergehen, denn Berlin hat großen Nachholbedarf gerade bei den Interkontinentalstrecken. Nehmen wir nur einmal ein Wachstum von 7 Prozent an – das wären immer noch drei Prozent weniger als in den letzten Jahren –, dann landen wir schon im Jahr 2015 bei 35,5 Millionen Passagieren. Ich glaube, es gibt niemand in diesem Haus, der behauptet, der Flughafen, so wie er geplant ist und dann steht, ist dafür gebaut. Jetzt sagen Sie in Ihrer Antwort, man könne das modular erweitern. Ja, das kann man. Nur: Gibt es bereits Planungen für diese Module? Gibt es Kostenplanungen dafür? Man kann das nämlich nicht erst dann machen, wenn der Flughafen bereits in Betrieb ist und man dann irgendwann feststellt, dass die Kapazitäten nicht reichen, sondern man muss jetzt bereits hinsichtlich der Kosten und der Module Vorsorge treffen. Wie soll zudem die Verbindung zwischen dem Hauptterminal und den Modulen geschaffen werden? Früher war dafür ein Tunnel vorgesehen, den haben Sie mittlerweile gestrichen. Vielleicht aus verständlichen Gründen, aber wir möchten gern wissen, ob Sie vorhaben, den großen, modernen Flughafen BBI wieder mit Autobussen zu versorgen. Es ist eine völlig legitime Frage der Opposition, vor dem Hintergrund der 360 000 Flugbewegungen, die laut Planfeststellungsbeschluss nur erlaubt sind, die Frage nach der Kapazität zu stellen, Herr Regierender Bürgermeister.
Gleiches gilt für die Frage nach der einen Runway, die wir noch in Schönefeld haben. Dazu sagen Sie lapidar, wenn die nicht mehr funktioniert, könne man nach Rostock-Lage oder Hannover ausweichen. Ich weiß nicht, ob das die Antwort ist, die die Menschen zufriedenstellt. Außerdem ist diese Runway 1994 das letzte Mal saniert worden. Im Jahr 2011, bei der Inbetriebnahme von BBI, ist das 17 Jahre her. Es gibt Hinweise darauf, dass die Runway bis dahin dringend sanierungsbedürftig ist. Wann soll diese Sanierung durchgeführt werden? Sollte sie bis 2011 vorgenommen werden, werden die Kapazitätsprobleme gewaltig werden, weil Tegel bereits jetzt aus allen Nähten platzt.
Zum Thema Tegel haben Sie ganz geschickt gesagt, dort würden noch einige zusätzliche Kapazitäten aufgebaut. Wir möchten gern konkret wissen, ob die Gerüchte zutreffen, dass Sie nach der Schließung von Tempelhof auf einem Parkdeck ein zusätzliches Terminal bauen wollen. Stimmt es, dass das 10 Millionen € kostet? Ist es nicht ein Schildbürgerstreich, wenn man einerseits vorhandene Kapazitäten schließt und für wenige Jahre in Tegel ein zusätzliches Terminal errichtet? – Das wäre in der Tat falsch.
Nun zur Bahnanbindung: Es ist immer gesagt worden, BBI liege so nah am Hauptbahnhof. Nun wissen wir, dass es die Planfeststellung für die Dresdner Bahn noch nicht gibt. Wir kennen auch die Gründe dafür. Es ist ein entscheidender Nachteil, dass am Tag der Eröffnung von
BBI zwar ein schöner unterirdischer Bahnhof vorhanden sein wird, aber nicht die Anbindung der Dresdner Bahn.
Ich mache jetzt einen Vorschlag, weil wir ein gemeinsames Interesse daran haben müssen, dass es diese Bahnanbindung so schnell wie möglich gibt, und zwar in einer Weise, die auch von den Menschen in Lichtenrade angenommen und verstanden wird. Wir brauchen die Tunnellösung. Ich sage es klipp und klar: Wir wollen die Tunnellösung.
Nun gibt es in der von Ihnen und Ihrer Fraktion so sehr bekämpften Bahnprivatisierung eine Klausel, die besagt, ein Drittel der Privatisierungserlöse sollen für Innovations- und Investitionsprojekte Schiene eingesetzt werden. Mein Vorschlag dazu lautet: Lassen Sie uns doch gemeinsam, sozusagen jeder auf seiner Schiene, den Versuch unternehmen, die Tunnellösung für die Dresdner Bahn über diesen neuen Fonds zu finanzieren, damit endlich die Dresdner Bahn kommt!
Die letzte Frage, die ich ansprechen möchte, ist die des wirtschaftlichen Nutzens. Herr Regierender Bürgermeister! Dass BBI eine Jobmaschine für die ganze Region ist, das wissen wir, darauf freuen wir uns, und es ist eine Chance – ich wiederhole mich – für die Wiederbelebung der wirtschaftlichen Größe Berlins. Aber ich frage: Wohin gehen die Gelder? Gibt es Entwicklungsstrategien? Werden die Ansiedlungen professionell betreut? Was sind die Auswirkungen für Tegel? – Ich lese in der Zeitung, dass Doris Strasen, die Leiterin der Kita Spreewald in Lübben, ganz begeistert ist, weil plötzlich im Dahme-SpreewaldKreis die Kindertagesstätten und Vorschulen so viel Geld mehr zur Verfügung haben: mehr Betreuer, freies Mittagessen, zusätzliches Personal, freier Schülertransport, Musikunterricht in den Kitas, eine wunderbare Welt. Denn – so sagt der Landrat – schon in der Anfangsphase lässt BBI die Steuereinnahmen im Kreis richtig sprudeln. Wir freuen uns für die Brandenburger, aber erlauben Sie uns als Opposition die Frage, wie es denn in Berlin aussieht. Wir möchten wissen, was von den Investitionen in Berlin ankommt.
Wir gestehen sofort zu, für Neukölln, für TreptowKöpenick, für all die Orte an der A 113 ist das eine besondere Chance. Aber gibt es dafür ein Entwicklungsprojekt, eine Strategie für Ansiedlungen, wird das professionell gemacht? Ich habe bislang nicht den Eindruck. Umgekehrt fragen wir: Was ist eigentlich mit Tegel, mit den flughafennahen Dienstleistungen, den Logistikern? Wir haben große Angst, dass es im Norden Berlins zu einem erheblichen Wegzug von Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmern und zu einem Verlust von Gewerbesteueraufkommen kommt. Diese Fragen möchten wir
beantwortet haben. Sie müssen zusammen mit der IHK und anderen eine Studie darüber erstellen lassen, wie der Norden Berlins ohne große Verluste aus dieser Veränderung hervorgehen wird.
Wenn Sie schon diese große Chance haben, weshalb nutzen Sie sie nicht im Süden? Nehmen wir beispielsweise das Hotel Estrel, das sich vergrößern und ein Kongresszentrum bauen will, von Frau Junge-Reyer jedoch ein klares Nein erhält. Wir glauben, dass bislang weder die Chancen professionell genutzt noch die möglichen Nachteile ehrlich aufgearbeitet werden. Das jedoch sind Sie den Berlinerinnen und Berlinern schuldig. Die Auskünfte sind heute nicht erteilt worden.
Ich komme zum Schluss: Wir wollen die optimale Nutzung der Chancen für unsere großartige Stadt. Aber wenn wir dies tun, dann bedarf es einer wirtschaftsfreundlichen Atmosphäre und nicht der Beschimpfung derjenigen, die als Investoren zu uns kommen, als Bonzen oder reiche Onkel aus Amerika. Wenn Berlin wirtschaftsfreundlich ist, dann haben besonders Adlershof, der Süden eine Chance. Die ganze Stadt wird davon profitieren, und darauf freut sich niemand mehr als die christlichdemokratische Union in dieser Stadt.
Danke schön, Herr Dr. Pflüger! – Das Wort hat jetzt der Regierende Bürgermeister. – Bitte schön, Herr Wowereit!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Pflüger! Es ist immer schwierig, wenn man eine Rede vorbereitet hat, ohne die vorherige Rede gehört zu haben. Ich habe versucht, ganz sachlich zu bleiben. Und ich glaube, dass es im Rahmen meiner Möglichkeiten gelungen ist.
Ich will deshalb diesen Kurs fortsetzen und zu zwei Punkten, die Sie angesprochen haben, etwas sagen.
Sie haben nach dem Notplan gefragt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er eintritt. Aber das ist ein Notplan, den es auch nach der Eröffnung von BBI geben wird,
wenn nämlich beide Bahnen nicht benutzt werden können, wo die Flugzeuge landen. Das gehört zum Business. Das ist keine Planung, sondern ein Businessplan für einen Notfall.
Die Pläne, dass diese Bahn schon während der Bauphase entfernt werden muss, weil nämlich die Autobahn darüber geht, sind aus dieser Zeit. Wenn Sie ihn dafür kritisieren wollen, will ich dem nicht im Wege stehen. Aber das ist die Planungsgrundlage, deshalb war es notwendig, diese Bahn wegzunehmen. Ob es insgesamt einmal klug war, nicht von vornherein gleich drei Start- und Landebahnen einzuplanen, Herr Pflüger – nur, Sie wissen, wie kompliziert dieses Planfeststellungsverfahren ist. Die Grundlage sind zwei Bahnen, Grundlage war auch, dass der Bahnhof unter dem Terminal sein muss und dass der Autobahnzubringer und der Anschluss genau über die Bahn gehen. Die Beseitigung der Startbahn haben wir dann noch verschoben, weil wir die ILA da vor zwei Jahren noch hatten, um die durchzuführen. Wir haben den Lückenschluss jetzt erst vornehmen können, dadurch hat sich eine Verzögerung ergeben, sonst wäre die Bahn schon früher verschwunden – nur als kleiner Hinweis für die zukünftigen Diskussionen.
Zu Ihrem Vorschlag zur Dresdner Bahn: Sie wissen ganz genau, nicht nur weil ich Lichtenrader war, bin ich dafür, dass dort ein Tunnel gebaut wird, sondern weil ich das als notwendig empfinde, um die Beeinträchtigung von Menschen, die sonst unter Lärm oder Erschütterungen leiden würden, zu minimieren. Dementsprechend setzt sich der Senat nach wie vor für die Tunnellösung ein. Nur ist diese leider bisher – egal, wer Verkehrsminister war – immer konsequent abgelehnt worden. Ich freue mich – dazu gibt es gar keinen Dissens –, wenn wir sagen: Wir können auf allen Schienen, wie Sie sich so schön ausdrücken, noch einmal versuchen, die Bundesregierung dazu zu bringen, dass sie da den Tunnel bauen. Bitte, gerne! Das probiere ich dauernd und freue mich, wenn Sie mich dabei unterstützen werden.
Nur, das löst das Problem der Anbindung mit der Dresdner Bahn zur Eröffnung von BBI jetzt schon gar nicht mehr. Nein, denn Sie müssen dann das Planfeststellungsverfahren wieder ganz neu anfangen. Denn das ist keine kleine Änderung mehr, sondern das ist eine wesentliche Änderung. Die Bahn sagt ja immer, sie hat damit fast nichts zu tun. Die zuständige Planfeststellungsbehörde verzögert ja schon das Planfeststellungsverfahren selbst mit dieser Lösung, die wir nicht haben wollen – sowohl beim Abschnitt 2 in Lichtenrade wie beim 1. und beim 3. Abschnitt. Wir haben bis heute noch gar keinen Planfeststellungsbeschluss zu der ganzen Sache. Nicht nur, weil wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Lichtenrade lange blockiert haben, es ist mittlerweile schon wieder mehrere Jahre her, dass wir gesagt haben: Jetzt kommen wir nicht mehr weiter, notfalls muss das vor Gericht ausgetragen werden. Das heißt, bestenfalls werden wir –
das haben wir hier in einer Abgeordnetenhaussitzung aber schon einmal lange diskutiert, das ist auch nicht in Ihrer Anfrage gefragt worden – frühestens 2015, wenn alles gut gehen sollte, den Bau fertig haben. Und wenn sie die Pläne jetzt noch einmal ändern und wir uns durchsetzen sollten mit der Tunnellösung, dann wird das noch später, weil das alles noch einmal ausgelegt werden muss. Dann sparen wir vielleicht den Prozess, der noch hintendran hängt, dann kann sich das wieder ausgleichen. Aber es ist auf jeden Fall keine automatische Beschleunigung der ganzen Angelegenheit.
Das müssen wir wissen, und deshalb versuchen wir, die Anbindung über die Ostschleife zu bekommen. Und das hängt auch wieder mit dem Planfeststellungsverfahren zusammen. Wir haben aber hier erörtert, welche Alternativen es dafür gibt.
Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Für die SPD-Fraktion hat Kollege Gaebler das Wort. – Bitte schön, Herr Gaebler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ueckert hatte ja aufgefordert, ohne Polemik zu reden. Herr Pflüger, das haben Sie nicht ganz durchgehalten. Ich glaube, der Regierende Bürgermeister hat sachliche Antworten auf Ihre Fragen gegeben und sich auch in der zweiten Runde darum bemüht. Aber Sie wollten sie offensichtlich nicht hören. Wie schon gesagt, Sie hatten Ihre Rede anscheinend fertig. Sie haben sich während des Beitrags des Regierenden nicht eine Notiz gemacht. Ich habe das genau beobachtet.
Jeder Abgeordnete kann hier jeden Abgeordneten im Plenum beobachten, das ist das Transparenzgebot, oder? – Daher muss ich Sie das fragen, was ich mich schon beim Lesen dieser Fragen gefragt habe, nämlich: Lesen Sie eigentlich Zeitungen? Verfolgen Sie die Diskussion im Plenum? Oder lassen Sie sich vielleicht aus den Ausschüssen berichten? Was haben Sie während der TempelhofKampagne gemacht, außer Ihre komischen Plakate hochzuhalten und Ihre Aufkleber am Dienstwagen herumzufahren? – Da hat es nämlich eine sehr ausführliche Debatte über genau die Fragen gegeben, die Sie hier aufgelistet haben. Es hat zu allem Antworten von der Flughafengesellschaft gegeben, vom Regierenden Bürgermeister, vom Senat, übrigens auch von den Koalitionsfraktionen, aber das interessiert Sie wahrscheinlich weniger. Insofern – was sollte diese Große Anfrage? Es ist relativ eindeutig: Sie sind ein schlechter Verlierer. Sie wollen durch die
Hintertür die Tempelhof-Debatte wieder aufmachen. Das, Herr Pflüger, ist nun wirklich nicht nur von gestern, sondern von vorgestern.
Deshalb: Fragen sind zulässig, aber man merkt die Absicht und ist verstimmt. Es werden falsche Behauptungen aufgestellt, die auch durch ständiges Wiederholen nicht richtiger werden. Bitte nehmen Sie doch einmal ernst, was Ihnen dann geantwortet wird! Wiederholen Sie nicht einfach gebetsmühlenartig Ihre Behauptungen, ohne dass Sie dafür einen Beleg haben!
Ansonsten wird nämlich genau das passieren, was Sie nicht wollen, dass man Ihnen nämlich das Schlechtreden des BBI-Projekts unterstellt. Genau das passiert, so wie Sie das machen. Was jetzt schon wieder anklang: Was passiert denn mit dem Flughafen Tegel? Was ist mit dem Nutzen für Berlin aus dem BBI? Da erzählen Sie etwas über die Bereiche entlang der A 113. Herr Pflüger, Sie haben es nicht verstanden! Der BBI ist für ganz Berlin und für die ganze Region wichtig und eine Chance für die Wirtschaftskraft der Region – und nicht nur für TreptowKöpenick und Adlershof, auch für Tegel, auch für Frohnau, auch für Oranienburg und für alle anderen Bereiche. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis!