Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Ich glaube, da spricht wohl eher ein Wunsch aus Ihnen heraus, dass Sie sich wie ein Monarch gerieren wollen. Aber die Zeiten sind längst vorbei.

Wir haben aber auch noch eine andere Möglichkeit, die Sie hätten wählen können. Sie haben nämlich in § 83 Abs. 3 – meine ich – einen Satz geschrieben, der heißt:

Die Entscheidungen, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, dürfen jedoch nicht dem Senat von Berlin entzogen werden.

Das reicht. Damit ist alles gesagt. Mehr hätte man nicht machen müssen. – Herr Doering! Und nun erklären Sie mir bitte, warum Sie zustimmen, wenn daneben Mitbestimmungstatbestände angefasst werden. Sie haben dafür gesorgt, dass in einem zentralen Bereich, der für die Arbeitsverhältnisse in diesem Land, nämlich der Einführung von Informationstechnologie, wichtig ist, – – Frau Grosse wird sich vielleicht noch an ihre Zeit als aktive Gewerkschafterin erinnern, dass das immer ein Streitpunkt in den Betrieben gewesen ist. Das ist ein wesentlicher Bestandteil der Mitbestimmung, die wir brauchen. Hier hat Mitbestimmung auch dazu geführt, dass Verfahren verbessert wurden.

Weil Herr Sarrazin beleidigt war, dass ihm die Einigungsstelle ein Verfahren kaputtgemacht hat, musste ein ganzes Gesetz geändert werden. Das ist monarchisches Denken, das Sie hier an den Tag legen, und nicht, wenn man im Abgeordnetenhaus Einigungsstellen legitimiert!

[Beifall bei den Grünen]

Sie werden erklären müssen, warum Sie diesen Weg gegangen sind. Er war überflüssig. Sie werden auch erklären müssen, warum Sie nicht wirklich dort angefasst haben, wo die Probleme sind, nämlich die Verfahren zu beschleunigen, die Sie in die Lage versetzen, bei voller Mitbestimmung Entscheidungen in Personalangelegenheiten zu treffen, die Sie sich im Moment nicht zu treffen trauen.

Wir haben das von Herrn Freise bei der Besetzung der Ordnungsamtsstellen gehört, wo er gesagt hat: Wir werden niemanden gegen seinen Willen in eine andere Position versetzen. Das sichert bei voller Mitbestimmung die Rechte der Arbeitnehmer besser ab als Ihr hasenfüßiges Verhalten, und es würde dem Land Berlin und der Verwaltung gut tun, wenn wir genau diese Beschleunigung erreichten. Den Weg wollen Sie nicht gehen, weil Sie unmodern sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Herr Doering möchte entgegnen und hat hierzu das Wort.

Herr Ratzmann! Mich verwundert, dass es Sie verwundert, dass die Koalitionsfraktionen mit einem Änderungsantrag zu einem vorliegenden Gesetzentwurf arbeiten – ein ganz normales parlamentarisches Verfahren!

[Martina Michels (Linksfraktion): Muss er erst lernen!]

Daran kann man im Prinzip gar nichts aussetzen. Das kann nur Ihr Verständnis von Politik sein.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zweitens: Wenn Sie sich so intensiv vorbereitet haben, hätten Sie auch meine Rede aus der I. Lesung lesen können. Bereits da hatte ich auf drei Punkte hingewiesen und angekündigt, dass meine Fraktion zu dem vorliegenden Senatsentwurf zur Veränderung des Personalvertretungsgesetzes auf Änderung drängen wird. Das waren die Schulpersonalräte. Das ist passiert. Das waren die Frauenrechte. Das ist passiert.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Und es war die Frage der außerordentlichen Kündigung, die mitbestimmungsfrei bleiben sollte. Da gibt es wieder Mitbestimmung. Die drei Punkte haben wir angekündigt. Die drei Punkte haben wir umgesetzt. Ein korrektes, angekündigtes Verfahren.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Zweiter Punkt: Vielleicht haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, dass wir gerade bei § 99d – da geht es um die kurzfristige befristete Einstellung von Lehrkräften an Schulen, beispielsweise wenn eine Lehrkraft kurzfristig erkrankt, dass dann die Schule in die Lage versetzt wird, kurzfristig Lehrkräfte einzustellen – ein beschleunigtes Verfahren eingeführt haben, und zwar ohne die Einschränkung von Mitbestimmungsrechten. Das möchte ich an der Stelle auch festhalten.

Drittens: Wir reden über die Mitbestimmungsrechte. Eine Woche Mitbestimmungsrecht, die jetzt schon im Schulgesetz gilt. An dieser Stelle hat sich überhaupt nichts verändert.

Zur Einigungsstelle: Bereits jetzt haben wir im § 81 geregelt, dass auf Antrag der obersten Dienstbehörde der Senat ein Verfahren aus der Einigungsstelle an sich ziehen kann. Innerhalb von vier Wochen muss er dazu Stellung nehmen. Sehen Sie sich unsere Formulierung zu der Einigungsstelle an, und Sie werden feststellen, dass sich so viel nicht verändert hat!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Doering! – Für eine Kurzintervention hat nunmehr Frau Grosse das Wort. – Bitte schön, Frau Grosse!

[Christoph Meyer (FDP): Auf wen intervenieren Sie denn? – Michael Schäfer (Grüne): Machen Sie eine Kurzintervention auf Herrn Doering?]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Klarstellung: Erstens: Herr Ratzmann! Ich bin nach wie vor aktive Gewerkschafterin und werde es auch immer bleiben.

[Beifall bei der SPD]

Zweite Klarstellung: Herr Henkel! Ich bin schon sehr erstaunt.

[Frank Henkel (CDU): Ich denke, Sie machen eine Kurzintervention auf Herrn Doering! – Beifall bei der CDU]

Herr Henkel! Lassen Sie mich bitte ausreden und etwas mehr Contenance! Das hätte ich schon von Ihnen erwartet.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Herr Henkel! Ich finde das schon sehr heuchlerisch, wenn Sie sich hier vorne hinstellen und sagen, Sie sind die Partei, die die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verteidigt.

[Zurufe von der CDU]

Das ist doch wirklich lächerlich!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Sie sagen, Sie werden dem Gesetz nicht zustimmen, weil es Ihnen – und das ist die Wirklichkeit! – nicht weit genug geht. Deshalb werden Sie nicht zustimmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der CDU und der FDP]

Sie haben uns doch getrieben – auch Sie von der FDP –, das Personalvertretungsrecht zu verändern!

[Dr. Martin Lindner (FDP): Auf wen reagieren Sie eigentlich?]

Und jetzt ärgern Sie sich, dass wir den Personalräten – die sitzen übrigens oben auf der Besuchertribüne – – Dass das alles in unser Personalvertretungsrecht eingeflossen ist. Das ist die Wahrheit und Ihre heuchlerische Darstellung!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Frau Kollegin Grosse! Eigentlich bezieht sich die Kurzintervention auf den vorigen ordentlichen Hauptredner und nicht auf den Kurzinterventionisten.

[Zurufe von allen Seiten – Mario Czaja (CDU): Zu spät, Herr Präsident! – Uwe Goetze (CDU): Zweierlei Maß, Herr Präsident!]

Ich vermute, Herr Doering verzichtet auf die Replizierung?

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion) – Uwe Goetze (CDU): Die Sozialdemokraten dürfen immer!]

Gut! – Dann können wir fortfahren.

Der Kollege Jotzo von der Fraktion der FDP hat nun das Wort. – Bitte sehr!

[Zurufe von der CDU]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja heute ein stimmungsvolles, ein dreifaches Jubiläum. Von zwei heutigen Jubiläen haben wir schon gehört. Das erste ist der Geburtstag von Frau von der Aue, der ich herzlich gratulieren möchte. Das zweite Jubiläum: 13 Jahre Bundesverfassungsgerichtrechtsprechung zu diesem Thema mit Änderungsmaßgaben, die der Senat nun endlich nach 13 Jahren umgesetzt hat.

Aber ein Jubiläum wurde heute noch nicht erwähnt, das ist das Jubiläum fünf Jahre FDP-Antrag zur Anpassung des Personalvertretungsgesetzes, so wie es der Senat heute gemacht hat,

[Beifall bei der FDP – Ha, ha! von der Linksfraktion – Ah! von der CDU – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Herr Gaebler! Sie haben es anders gemacht, das stimmt, aber darauf komme ich gleich! – Eines muss gesagt werden, das ist in dieser Debatte noch nicht gesagt worden. Ich finde es auch ein bisschen heuchlerisch von Ihnen, von Rot-Rot, dass Sie sich jetzt hinstellen – – Ach, das ist alles so eine verkrampfte Aktion bei Ihnen ! Sie haben hier doch das Gesetz und werden das auch mit Ihrer Mehrheit durchbringen. Sie haben den Änderungsantrag eingebracht! Jetzt sagen Sie doch auch den Bürgerinnen und Bürgern, dass Sie das politisch wollen, was Sie in dieses Gesetz geschrieben haben! Das habe ich bei Ihnen vermisst, diesen Willen!