Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Mit einem Satz ist die erfüllt! Sie müssen das nicht noch weiter ausführen! Bitte, stellen Sie Ihre Frage!

Frau Senatorin! Sie haben die nachträgliche Sicherungsverwahrung von Jugendlichen begrüßt, also dass die Jugendlichen nach ihrer Haft noch einmal in Sicherungsverwahrung genommen werden dürfen. Können Sie aktuelle Fälle aus der Jugendstrafanstalt Berlin benennen, bei denen das möglicherweise in Betracht kommen könnte?

Frau Senatorin von der Aue!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lux! Ich habe dieses neue Gesetzesvorhaben insoweit begrüßt, als wir inzwischen einsehen mussten, dass es in sehr wenigen Fällen möglich sein kann, dass auch ein nach Jugendstrafe Verurteilter nach Verbüßung seiner Haftstrafe noch so

gefährlich sein kann, dass die Bevölkerung vor ihm gesichert werden muss. Diese Erkenntnis ist mir nicht sehr leicht gefallen. Gleichwohl stehe ich dazu, dass wir dieses Gesetzesvorhaben mit unterstützt haben.

Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, die wir gesichert verwenden können, um zu sagen, es gebe einen oder mehrere Jugendliche im Jugendvollzug, die der nachträglichen Sicherungsverwahrung zugeführt werden müssten. Es ist auch gerade der Sinn und Zweck der nachträglichen Sicherungsverwahrung, dass man erst am Ende der Haftzeit durch eine kriminologische oder psychiatrische Begutachtung prüfen lässt, ob eine weitere Gefährdung gegeben ist.

Eine Nachfrage, Herr Lux? – Bitte!

Danke! – Frau Senatorin! Empfinden Sie es daher nicht auch als ein übles Versäumnis, dass die Berliner Justiz immer noch kein Konzept für die erwachsenen Sicherungsverwahrten hat, obwohl es uns als Land obliegt, es bereits von der Antifolterkommission des Europarats im Jahr 2005 angemahnt und auch von den rot-roten Mitgliedern des Rechtsausschusses im letzten Jahr immer wieder angekündigt wurde?

Frau Senatorin von der Aue – bitte!

Herr Abgeordneter Lux! Was Sie gesagt haben, stimmt so nicht. Erinnern Sie sich an unsere gemeinsame Sitzung des Rechtsausschusses in der Justizvollzugsanstalt Tegel! Sie haben von den Mitarbeitern dieser Anstalt, die für den Bereich der Sicherungsverwahrung verantwortlich zeichnen, gehört, dass die Anstalt in der Zusammenarbeit mit uns als Verwaltung gerade dabei ist, die Konzeption für die Sicherungsverwahrung zu überarbeiten. Wir befinden uns seit längerem in einem Diskussionsprozess. Einzelne Überlegungen hat Ihnen der Fachabteilungsleiter im Rahmen dieser Sitzung mitgeteilt.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage der Kollegin Matuschek von der Fraktion Die Linke. – Bitte schön, Frau Matuschek!

Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer. – Aus Kostengründen sollen in Berlin die Gaslaternen abgebaut werden. In

diesem Zusammenhang möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie den Umstand bewerten, dass damit ausgerechnet in der Fischerhüttenstraße begonnen wird. In dieser Straße gibt es 50 Gaslaternen, und die Anwohner haben sich mehrheitlich für deren Erhalt ausgesprochen. Die stadtbildprägende Bedeutung der Gaslaternen ist offensichtlich, aber vor allen Dingen soll mit einer Straße begonnen werden, in der erst vor wenigen Wochen die Gasleitungen und damit die Gasbeleuchtung saniert wurden.

Jetzt hat die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau JungeReyer, das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Ihre Frage war heute bereits Gegenstand einer an mich gerichteten Mündlichen Anfrage. Sie erhalten also über Umwege auch eine schriftliche Antwort.

[Zurufe von den Grünen]

Nach meiner Kenntnis gibt es in der Fischerhüttenstraße eine Bürgerinitiative, die sich für den Austausch der Gaslaternen ausgesprochen hat. Ich kenne ein Schreiben, das sich dagegen wendet. Hier handelt es sich nach meiner Kenntnis um die in Rede stehenden Peitschenlampen, das heißt um die Lampen, die sowohl unter dem Gesichtspunkt der CO2-Einsparung als auch unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz auszutauschen sind. Wir hatten im Ausschuss darüber berichtet, dass es etwa 8 500 Lampen sind. Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um die typischen Gaslampen, die Sie als Gaslaternen kennen. Viele, die eine solche Gas-Peitschenlampe sehen, wissen gar nicht, dass es sich um eine Gaslampe handelt, sondern sie vermuteten von vornherein, dass sie elektrisch betrieben wird. Ein solcher Austausch ist unter ökologischen und unter finanziellen Gesichtspunkten richtig und wichtig. Mir persönlich ist zurzeit nicht bekannt, ob und durch wen es zeitlich davor eine wie auch immer geartete Investitionsmaßnahme gegeben hat. Das will ich recherchieren.

Danke schön, Frau Senatorin! – Ich bitte um Entschuldigung. Es war mir nicht gegenwärtig, dass eine solche Mündliche Anfrage gestellt war. Weil sie aber gestellt war, war die Anfrage unzulässig, und deshalb ist auch die Nachfrage unzulässig.

Jetzt ist nach 30 Minuten die Spontane Fragestunde ohnedies beendet, und ich rufe nun auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Sanierung der Staatsoper unter Wahrung des Denkmalschutzes zügig und sensibel umsetzen

Antrag der Linksfraktion und der SPD

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redner aufgeteilt werden kann. Es beginnt für die Linksfraktion der Kollege Brauer. – Bitte schön, Herr Brauer, Sie haben das Wort!

[Zuruf von Alice Ströver (Grüne)]

Das ist mir so aufgeschrieben worden, aber wenn es so gilt, dass Frau Lange sprechen soll, dann hat Frau Lange das Wort.

[Christoph Meyer (FDP): Fängt die Uneinigkeit schon an?]

Regen Sie sich doch nicht so auf! Wenn es nur das ist, können wir gut damit leben.

[Alice Ströver (Grüne): Ist es ja leider nicht!]

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Kraftwerk der Gefühle„ – so hat Alexander Kluge die Kunstform Oper bezeichnet, und wenn man die Vehemenz und die Leidenschaft, mit der die Diskussion um den Opernsaal der Deutschen Staatsoper geführt wird, vergleicht, dann kann man sagen: Recht hat er!

Die Diskussion nahm zeitweise bizarre Formen an. Stark ideologisiert stellte sogar der kommissarische Stiftungsdirektor die Zerstörung des alten Opernsaals als „historischen Fortschritt über den Holocaust“ dar. Mit diesem Saal habe die DDR den Geschichtsbruch verdecken wollen, den die Nationalsozialisten und der Holocaust verursacht hätten, oder er bezeichnete gar dessen Erhaltung als „späten Triumph der SED“. Ich kann da nur sagen: starker Tobak! Ich finde es bedenklich, wie das Werk des Emigranten und Bauhausarchitekten Paulick niedergeschrieben wird. – Dies vorweg.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Worum geht es? – Die Staatsoper wurde 1742 von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erbaut und mit den drei Sälen schon siebenmal umgebaut. Von Knobelsdorff ist außer dem Säulenportal an der Straßenseite nichts mehr vorhanden. Die Staatsoper wurde im Zweiten Weltkrieg zweimal zerstört – 1942 und 1945. Sie wurde 1944 und 1954 jeweils wieder eröffnet, 1954 nach Plänen des Architekten Richard Paulick. Er orientierte sich beim Wiederaufbau in den Fünzigerjahren am Rokoko der Zeit Friedrichs des Großen. Es war das erste Musiktheater, das nach dem Krieg wieder stand, und ein wichtiges Werk der Wiederaufbauzeit. Bei diesem Wiederaufbau wurde der Zuschauersaal verkleinert.

In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, es ginge bei der Sanierung der Staatsoper nur um den Opernsaal. Es geht aber um die komplette Sanierung der Staatsoper, unter anderem um das Intendanzgebäude, das Magazingebäude, den Fußgängertunnel und das Opernhaus mit

dem Opernsaal, der jetzt in aller Munde ist. Dieser Saal steht übrigens seit 1979 unter Denkmalschutz.

Die Kosten für die komplette Sanierung betragen 241 Millionen €. Davon sind 125 Millionen € für das Opernhaus, und die Kosten für den Opernsaal liegen bei ca. 12 Millionen €. Zu dieser Summe kommen noch die 20 Millionen € für den Umbau des Schillertheaters hinzu. Die Finanzierung trägt der Bund in Höhe von 200 Millionen €, 30 Millionen € hat der Förderverein versprochen, und den Rest tragen wir.

Als Hauptargumente für die völlige Erneuerung des Opernsaals werden die Sichtbehinderung und die Verbesserung der Akustik angeführt. Das sind wichtige Argumente, obwohl bei allen historischen Opernsälen der Welt aufgrund von Ellipsen oder kreisförmigen Grundrissen mit Sichteinschränkungen gerechnet werden muss. Die kurzen Nachhallzeiten waren für die älteren Werke der Opernliteratur geeignet. Vielleicht kann auch nicht jedes Werk mit optimalem Hörgenuss in jedem Opernhaus aufgeführt werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Abgeordnete?

Nein! – Vielleicht ist die Staatsoper als Haus für die erste Hälfte der Musikgeschichte am allerbesten geeignet.

[Alice Ströver (Grüne): Hört, hört!]

Welche Entscheidungsmöglichkeiten gibt es? – Erst einmal ist klar, dass die Entscheidung über den Stil des Opernsaals keine Angelegenheit des Parlaments ist. Wir können ein Meinungsbild abgeben. Die Entscheidung liegt jedoch bei der Exekutive. Wir kommen dem Anliegen unseres Antrags nach, dass sich das Parlament mit der Sanierung der Staatsoper befassen soll, bevor eine Entscheidung getroffen wird, und dies ist gerade jetzt die Aktuelle Stunde.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Den ersten Preis hat der Entwurf für eine völlige Modernisierung des Saals gewonnen. Hierbei soll die Decke angehoben und das Raumvolumen um ca. 25 Prozent erhöht werden. Die Sitzreihen steigen stärker an, und zwar in Parkett und Rängen. Die Proszeniumsloge – für diejenigen, die es nicht wissen: Das sind die beiden Logen an der Bühnenseite – sollen verschwinden. Es wird mit einer stark verbesserten Akustik argumentiert. Allerdings gibt es auch Stimmen, die sagen: Weil eben der Grundriss des Saals nicht verändert werden kann und eine Echobildung verursacht, ist überhaupt nicht geklärt, ob sich die Akustik wesentlich verbessern kann, und wie man hört, soll auch bei diesem preisgekrönten Entwurf vorsichtshalber eine Nachhallanlage eingebaut werden, weil nicht sicher ist, dass die Akustik stark verbessert wird. Das würde man heute nicht mehr so bauen, sagte der Vorsitzende der Jury, Herr Kulka, zu den Fürstenlogen. Aber sind wir nicht

gerade dafür da, zu bewahren, was man heute nicht mehr so bauen würde?

Der zweite Preis ist dem Paulick-Saal am ähnlichsten, allerdings sollen hier die Proszeniumslogen etwas zurückgenommen werden. Die Sitzreihen steigen etwas stärker an, und die Decke soll geringfügig – um 80 cm – erhöht werden.

[Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Sie, aber nicht alle anderen, Herr Meyer! Sie wissen das, weil Sie sich damit befasst haben – wie ich hoffe –, aber die anderen wissen es nicht.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das wissen wir alle! – Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Auch hier – sagen mir Fachleute für Akustik – kann der Nachhall verbessert werden, indem Materialien ausgetauscht werden. Soweit ich weiß, ist in diesem Fall auch nicht ausreichend geprüft worden, wie die Akustik zu verbessern ist.

Der dritte Preis wäre in der Tat ein Kompromissvorschlag. Bei diesem Vorschlag soll der Eindruck vermittelt werden: Alles bleibt anders! Die Farben sollen vertraut bleiben: Elfenbein, Rot und Gold. Die Proszeniumslogen sollen weg. Dadurch werden die Sichtverhältnisse wesentlich verbessert. Das sind die drei diskutierten Vorschläge.