Benedikt Lux
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Danke schön, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Wie verbinden Sie denn das Ziel eines guten Ordnungsamtes mit motivierten Mitarbeitern mit der Tatsache, dass Sie in erheblichem Umfang befristete Arbeitsverträge für Ordnungsamtsmitarbeiter auch bei Daueraufgaben ausstellen und die Kollegen im Ordnungsamt dort teilweise nur zwei Jahre arbeiten, obwohl sie eine Daueraufgabe ausführen und sich danach auf die gleiche Stelle bewerben müssen? Wie vereinbaren Sie das mit den Zielen, die Sie gerade geschildert haben?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Warum war der Berliner Senat nicht in der Lage, ausreichend Polizei vorzuhalten, und was tut der Berliner Senat, um zukünftig nicht mehr auf die Hilfe der Bundespolizei – außer bei Großlagen – angewiesen zu sein?
2. Welche Kosten entstehen dem Land Berlin durch den Einsatz der Bundespolizei gegen Brandanschläge?
Herr Körting! Es war kein Vorwurf, sondern der Vorhalt, dass Sie die Hilfe der Bundespolizei angenommen haben, nachdem Sie dies zunächst nicht wollten. Ich habe Sie gefragt, weshalb Sie dies tun mussten. Nach der Schilderung jetzt frage ich Sie: Warum haben Sie denn die Hilfe der Bundespolizei angenommen, wenn Sie der Auffassung sind, dass Sie sie gar nicht gebraucht hätten?
Danke schön, Herr Präsident! Da das erst vor Kurzem vorgestellt worden ist, was der Regierende Bürgermeister zum Sicherheitskonzept im öffentlichen Nahverkehr vorgestellt hat, denke ich, dass die statistischen Daten nicht allzu ausführlich sein können. Deswegen frage ich den Senat:
1. Wann, wie oft, wo und in welcher Personalstärke sind die 60 Beamten der Polizeireserve im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt worden, seitdem der Regierende Bürgermeister ein „Sicherheitskonzept“ für den ÖPNV vorgestellt hat?
2. Wie will der Senat – unabhängig von akuten Lageentwicklungen – gewährleisten, dass in der Zeit bis zur Einstellung neuer, zusätzlicher Polizeibeamter eine dauerhaft höhere Polizeipräsenz im öffentlichen Nahverkehr erzielt wird?
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Ich beziehe mich auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Trapp, nach der 178 Stellen bei der Bereitschaftspolizei nicht besetzt sind. Beabsichtigen Sie, diese Stellen – wie von der Opposition häufig angemahnt – auch nachzubesetzen, um ähnliche Einsätze im öffentlichen Nahverkehr auch von der Bereitschaftspolizei fahren zu lassen?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Nacht zum Montag ist ein Anschlag auf eine Kabelbrücke am Ostkreuz verübt worden. Dieser Anschlag hatte zur Folge, dass Zehntausende Berlinerinnen und Berliner nicht so leben, arbeiten und sich so in der Stadt bewegen konnten, wie sie es gewohnt sind. Sie kamen zu spät oder gar nicht zur Arbeit. Tausende konnten nicht telefonieren, nicht ins Internet gehen, und selbst in Krankenhäusern konnte nicht telefoniert und kommuniziert werden, weil dieser Anschlag solch fatale Folgen hatte. Deswegen ist für meine Fraktion klar, dass fast die gesamte Stadt Opfer und Geschädigte dieses Anschlags war, wir waren es alle. Deswegen ist er unumwunden zu verurteilen.
Zu Recht prüft jetzt die Generalbundesanwaltschaft – wie sie es auch nach dem Anschlag auf den Polizeiabschnitt in
Friedrichshain getan hat –, ob hier nicht terroristische Zusammenhänge vorliegen, denn die Tätergruppen sind sehr konspirativ vorgegangen. Sie hatten möglicherweise sogar Insiderwissen. Diese Prüfung sollten wir aber auch in aller Nüchternheit abwarten, Herr Kollege Dr. Juhnke. Die Entscheidung obliegt nicht uns als Parlament, sondern einer unabhängigen Justiz. Dann werden wir sehen, wie dieser Anschlag genau zu qualifizieren ist.
Nach dem 1. Mai, der relativ friedlich war, haben nicht alle Entwarnung gegeben. Sie selbst und auch Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen saßen zusammen und haben gesagt: Der 1. Mai, die „revolutionäre“ Demo ist halbwegs friedlich gewesen, aber das ist kein Grund zur Entwarnung, denn die Tätergruppen werden konspirativer, kleiner, sie stehen sich nicht mehr Mann gegen Mann auf der Straße gegenüber – so hat es auch ein Staatsschützer ausgedrückt –, sondern sie planen feige Anschläge, die hohen Schaden verursachen können, dem Gemeinwohl empfindlich schaden. Das planen sie in sehr konspirativem Kreis. Das haben die Innenpolitiker dieses Hauses gesehen. Deswegen muss ein Signal ausgehen, dass wir in dieser Stunde, in der so feige Anschläge mit diesem Schaden verübt werden, als Parlament zusammenstehen, und zwar alle Fraktionen, dass wir diesen feigen Anschlag verurteilen und uns da nicht auseinanderdividieren lassen, denn diesen gefallen sollten wir den Tätern nicht tun. Wir müssen gegen diesen Anschlag zusammenstehen und ihn so hart wie erforderlich verurteilen.
Niemand in der Bevölkerung versteht, wenn wir uns hierzu gegenseitig Vorwürfe machen. Wer hätte da etwas besser machen können? Wer hat da noch den Hauch von Sympathie? – Hier im Parlament hat niemand für diese feigen Attentäter Sympathie. Alle versuchen vielmehr, diesen Schaden für das Allgemeinwohl abzuwenden. Das sollten wir gemeinsam tun.
Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, unsere empfindliche Infrastruktur zu schützen, sie sicherer zu machen. Dazu hat der Kollege Kleineidam etwas gesagt. Dieser Hinweis muss erlaubt sein. Damit wird niemand vom Opfer zum Täter gemacht, sondern es geht darum, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden, unsere Bevölkerung, unsere freie Gesellschaft zu schützen. Jedes zulässige Mittel, das den Schutz dieser Infrastruktur zum Ziel hat, ist recht. Wir sind angreifbar. Wir waren zu angreifbar. Deswegen ist es richtig, die freie Gesellschaft zu schützen, indem wir eine Debatte darüber führen, wie wir – erstens – die Täter bekommen und – zweitens –, wie wir unsere empfindlichen Infrastrukturen schützen. Diese Fragen müssen erlaubt sein.
Deutlich davon zu trennen ist die Frage, wie wir mit Gewalt im öffentlichen Nahverkehr umgehen. Das sind ganz andere Täterkreise. Man darf das nicht vermischen. Das
ist eine andere Klientel, eine andere Bedrohungslage, die bei Passagieren Angst auslöst. Es kann nicht sein, dass sich jede zweite Frau in diesem Bundesland fürchtet, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr benutzt. Das ist aber eine völlig andere Debatte als die über vermeintlich Linksextreme. Wir haben lange über den Einsatz von mehr Polizei im öffentlichen Nahverkehr gesprochen. Ich erlaube mir an dieser Stelle, dem rot-roten Senat ein Versäumnis vorzuhalten: In den letzten zehn Jahren erschien es so, als behandele der rot-rote Senat den öffentlichen Nahverkehr wie einen privaten Raum. Öffentlicher Nahverkehr ist – das sagt bereits der Name – der Verkehr, den die Öffentlichkeit braucht. Wir als Grüne setzen große Hoffnung darauf, dass er unsere Mobilität künftig klimaschonender machen wird. Der öffentliche Nahverkehr muss attraktiv, günstig und insbesondere sicher sein. Ich erinnere nur an zwei Beispiele, nämlich die schon erwähnte Abschaffung der Doppelstreifen und die Weigerung von Innensenator Körting, Rechtsgrundlagen für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen, die eine Videoüberwachung zur Folge haben. Er hat immer gesagt, das betreffe das private Hausrecht. An dieser Haltung zeigt sich sehr deutlich, dass der öffentliche Nahverkehr von der BVG selbst geschützt werden muss, dass sich der Staat dort heraushält. Das aber kann nicht sein. Öffentlicher Nahverkehr ist öffentlicher Raum, und der muss vom Staat und der Gesellschaft geschützt werden. Was in letzter Zeit passiert, nämlich dort Einsatzreserven hinzuschicken, geschieht reichlich spät und in zu geringem Umfang. Das muss der amtierende Senat noch in dieser Legislaturperiode ändern. Es ist ganz klar: Die Berlinerinnen und Berliner haben es verdient, dass der öffentliche Nahverkehr sicherer wird.
Ich würde mich freuen, wenn wir in dieser Debatte weiterhin Lösungsvorschläge erarbeiten, wie wir erstens mit dem immer konspirativer werdenden vermeintlichem Linksextremismus umgehen. Lassen Sie mich persönlich hinzufügen: Ich als jemand, der seit Beginn seiner politischen Aktivitäten immer gegen Atomkraft gewesen ist, empfinde es als eine maßlose Unverschämtheit, wenn sich dort Personen rühmen, gegen Atomkraft zu sein oder auch andere politische Ziele zu verfolgen, indem sie Zehntausende von Berlinerinnen und Berlinern beeinträchtigen, indem sie einen feigen Anschlag verüben. Das kann nicht sein! Denen müssen wir jegliche politische Legitimität, wenn sie sie denn überhaupt noch haben, entziehen. Ich weigere mich, das als Politik anzuerkennen, was dort passiert ist. Das muss das ganze Haus gemeinschaftlich tun. Das werden die Berlinerinnen und Berliner auch tun. Niemand hat ein Interesse daran, dass, nur weil es bestimmte Missstände in der Bundesrepublik gibt, so ein empfindlicher Anschlag mit so weit reichenden Folgen verübt werden darf.
Insofern darf ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken
und hoffen, dass Objektivität in die Debatte kommen wird und wir hier weiter nüchtern und sachlich auch über die Gefahren für die innere Sicherheit diskutieren können. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Präsident! Herr Innensenator! Zu den Fakten gehört auch, dass Sie in den letzten Jahren keine Schwerpunkte gesetzt haben und sich das im öffentlichen Nahverkehr gerächt hat. Seit der Abschaffung der Polizeistreifen war der öffentliche Nahverkehr sozusagen ein präventionsfreier Raum. Es wurde der BVG überlassen, dort für Sicherheit zu sorgen und Prävention zu betreiben. Sie war offenkundig überfordert. Ich erwarte von einem rot-roten Senat, der sich den sozialen Zusammenhalt auf die Fahnen schreibt, dass er dafür sorgt, dass dieser in der wichtigsten Lebensader der Stadt auch stattfindet und dort, wo sich eine Million Berlinerinnen und Berliner täglich bewegen, ausgebildete Sicherheitskräfte und das staatliche Gewaltmonopol präsent sind und für Sicherheit sorgen.
Das hat nichts damit zu tun, wie viel Polizeikräfte sie insgesamt zur Verfügung haben, sondern damit, wo Sie die richtigen Schwerpunkte setzen. Hierzu haben Sie nichts gesagt, sondern im Wesentlichen eingestanden, dass Sie dort einen Fehler gemacht und zu spät reagiert haben. Die Landespolizeireserve wird zwar jetzt auf den Plan gebracht, die gab es aber vorher auch schon. Es ist kein Wort von Ihnen dazu vorgetragen worden, warum Sie nicht eingesehen haben, diesen öffentlichen Personennahverkehr auch mit dem staatlichen Gewaltmonopol zu schützen und dort Prävention zu betreiben. Dazu gehört auch professionelle Polizei.
Wir schätzen Ihre Mischung aus Besonnenheit und Härte. Die Presse tut es, wir auch. Trotzdem würden wir von Ihnen auch gern einmal die Fähigkeit zu besonnener Selbstkritik hören. Wenn Sie sich das Berliner Modell noch einmal in Gänze anschauen, können Sie nicht sagen, dass Sie damit die gleiche Einsatzkraft halten können, Herr Dr. Körting. Das können Sie uns hier wirklich nicht verkaufen. Das Berliner Modell hat dazu geführt, dass unten in der Fläche weniger Einsatz möglich ist, dass der einfache Schutzpolizist in der Stadt seltener geworden ist. Da können Sie den Kopf schütteln, wie Sie wollen. Das ist ein Fakt. Es hat zugenommen, dass die Stäbe und die Verwaltungsstäbe größer geworden sind. Das ist logische Folge, wenn Sie Abschnitte zusammenlegen. Man muss sich nur ansehen, wie die Polizei organisiert ist. Dass Sie hier versuchen, dem ganzen Haus falsche Fakten unterzujubeln, finde ich im parlamentarischen Raum nicht mehr zulässig. Sie haben eine viel, viel schlechtere Bilanz, als Sie hier bereit sind zu akzeptieren. Das will ich vom amtierenden Senat nicht mehr hören, die mangelnde Bereitschaft, Fehler zuzugestehen und selbstkritisch zu handeln. Das ist hier der amtierende Senat. Das erwarten wir von dem auch nicht mehr.
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat den Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters, den Preis für einen Einzelfahrschein für die BVG um 30 Cent zu erhöhen, um Sicherheitspersonal einzustellen?
2. Um welchen Betrag müssten Zeitkarten wie die Umweltkarte steigen, damit dem Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters gefolgt werden kann?
Danke schön, Frau Senatorin, dass Sie noch mal die Einschätzung der Fachleute wiedergegeben haben und sich nicht zu einer Eintagsfliege – wie der Regierende Bürgermeister – haben hinreißen lassen. Meine Frage wäre: Glauben Sie, die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs steigt, wenn man zunächst seitens der BVG, seitens der Berliner Polizei Personal einspart – überall gibt es weniger Sicherheitspersonal im öffentlichen Nahverkehr –, gleichzeitig überall Videoüberwachung einführt und die Preise trotzdem steigen und jetzt der Vorschlag formuliert wird, dass der Einzelfahrschein 30 Cent teurer werden soll, damit es wieder mehr Sicherheitspersonal gibt? Glauben Sie, dass diese Preispolitik, diese Öffentliche-Nahverkehrspolitik zu einer höheren Attraktivität führt?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Der Datenschutzbeauftragte Dr. Dix hat festgestellt und auch formal beanstandet, dass 55 000 Briefe an Kitaeltern, die Sie und der Bildungssenator unterzeichnet haben, rechtswidrig und gegen den Zuständigkeitskatalog waren und Sie Daten für Ihre Information zweckentfremdet haben. Was Sagen Sie dazu?
Mich interessiert, was in der Stellungnahme steht und ob Sie künftig – – Sie gelten ja nicht als besonders lernfähig, wenn ich das mal diplomatisch sagen darf. Werden Sie in Zukunft darauf achten, dass Daten, die Sie bekommen und für Ihre Zwecke nutzen, nach geltendem Recht erhoben und genutzt werden?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die öffentliche Sicherheit ist in der Tat Grundlage unserer Gesellschaft und unserer Zivilisation. Sie ist erforderlich, um das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat und um unsere Freiheiten zu sichern. Wir Grüne – gemeinsam mit Ihnen – werden alles dafür tun, damit dieses Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat weiterhin hoch ist. Deswegen sind wir froh, dass wir leicht sinkende Zahlen in der Kriminalstatistik haben. Dafür gebührt der Berliner Polizei ein herzliches Dankeschön!
Aber nicht nur den Polizistinnen und Polizisten, sondern auch – Frau Seelig hat es angesprochen – vielen Lehrerinnen und Lehrern, den Familien, den Erzieherinnen und Erziehern gebührt ein Dankeschön, denn letztendlich sind sie es, die zuerst den Respekt vermitteln, der in dieser
Gesellschaft nötig und notwendig ist – nicht nur Respekt, sondern auch Empathie, nämlich die immer wichtiger werdende Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und darüber nachzudenken, was ein anderer Mensch denkt und fühlt, wenn ich ihm schade, ihn beleidige oder noch krimineller werde. Diese Fähigkeit muss in unserer Gesellschaft immer wieder vermittelt werden. Dazu brauchen wir die Erzieherinnen und Erzieher, dazu brauchen wir die Familien. Auch die gilt es zu stärken.
Die Zahlen, die leicht sinken, hin oder her, es sind nach wie vor 76 000 Berlinerinnen und Berliner, die im letzten Jahr Opfer einer Straftat geworden sind. Auch an die gilt es zu denken. Das sind diejenigen, die wir als Gesellschaft nicht schützen konnten. Vielleicht waren auch einige von uns darunter, vielleicht kennen wir alle Menschen, die Opfer einer Straftat geworden sind. Auch hier gilt es immer wieder zu vermitteln: Es kann passieren, absolute Sicherheit wird es nicht geben. Aber bitte, erstens zeigen Sie die Straftat an und zweitens, verlieren Sie nicht das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat! Wir tun alles dafür, damit es weniger Opfer von Straftaten geben wird.
Ich denke, auch gerade am Girls’ Day ist es möglich, die Gendersituation, die Verteilung unter den Geschlechtern, aufzuzeigen. Es sind 40 Prozent Frauen, die Opfer von Straftaten sind, und es sind 60 Prozent Männer. Die Täter allerdings sind zu drei Viertel männlich und nur zu einem Viertel weiblich. Hier wird deutlich, wo wir ansetzen müssen zu arbeiten. Es wird zunehmend ein Thema werden, dass man sich das genau anschaut. Aber es muss auch noch mehr getan werden.
Es ist hier schon gesagt worden, dass die Straftaten an Wegen, Plätzen, Straßen und Grünflächen, kurz gesagt an öffentlichem Eigentum, gesunken seien. Das kommt darauf an, welches Jahr man sich anschaut. Ich nehme einmal das Jahr 2006, fünf Jahre ist es her. Damals waren es 7 000 Straftaten an öffentlichem Eigentum. Keineswegs ging es dabei nur um Graffiti, Frau Seelig, das interpretieren Sie falsch. Graffiti ist eigenständig erwähnt. Dazu kann man unterschiedlicher Meinung sein. Sie kennen unsere Grünenhaltung dazu. Es geht hier eher um Beschädigungen von Straßenschildern, von öffentlichem Straßenland, von Park- und Grünanlagen. Da schauen wir uns an, dass bei diesem Delikt die Zahl um 40 Prozent gestiegen ist, von 7 000 auf über 10 000. Ich glaube, bei der Linkspartei steht am Eingang der Parteizentrale, dass die revolutionärste Tat die ist, die Wahrheit an- und auszusprechen. Ich glaube, das sollten wir hier auch tun.
Deswegen müssen wir darauf Rücksicht nehmen, dass sich Menschen in dieser Stadt unsicherer fühlen, weil es starke Zerstörung im öffentlichen Straßenland gibt. Hier muss man darauf aufmerksam machen: Das ist öffentli
ches Eigentum, das gehört uns allen. Das muss respektvoll behandelt und darf nicht zerstört werden.
Man hat bei der Linkspartei und der SPD doch den Eindruck – die SPD ist ein bisschen problembewusster, danke schön, Herr Zimmermann –, dass das an ein Gedicht von Christian Morgenstern erinnert,
das mit dem Satz schließt: „Weil“, so schließt er messerscharf, „nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Das, Frau Seelig, haben Sie hier eindrücklich bewiesen. Bitte, bitte, machen Sie nicht den Unsinn mit, Dinge zu interpretieren, wie die Welt nicht ist! Nehmen Sie auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Berlinerinnen und Berliner ernst! Dann können wir auch ernsthaft über diese Kriminalstatistik reden.
Wir sollten auch ernsthaft darüber reden, welche Personalpolitik der Senat in der Polizei verfolgt hat. Da war das Intensivtäterprogramm gemeinsam mit der Justiz. Gut, das ist der Beweis, dass man bis zehn zählen kann, einen Stempel drauf macht und sich dann die Täterinnen und Täter genauer anschaut. Das ist wichtig. Das ist in meinen Augen aber selbstverständlich.
Was nicht selbstverständlich ist, was auch nicht selbstverständlich sein darf, ist, wie es beim Berliner Modell in der Berliner Polizei passiert ist, dass die Polizei in der Fläche ausgedünnt wird. Es gab die Stellen, die wir mit dem Sparprogramm streichen mussten, wozu die Polizei, wie viele andere Bereiche des öffentlichen Dienstes auch, beigetragen hat. Es kam zu dem Phänomen, dass Abschnitte zusammengelegt worden sind, dass immer weniger Streifen unterwegs sind. Das senkt natürlich das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Das war Teil der Berliner Senatspolitik. Das kann zwischendurch passieren, wenn man unter Spardruck steht, aber es kommt etwas hinzu, woran man sieht, dass die Personalpolitik nicht professionell betrieben worden ist. Da ist der Bereich Ausbildung zu nennen. Sie haben einige Zeit viel zu viel ausgebildet. Die vom Land Berlin ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten sind in andere Bundesländer abgewandert, wo es attraktiver ist zu arbeiten. Anschließend haben Sie gar nicht mehr ausgebildet. Das war in der Zeit, in der wir als Parlament beschlossen und auch immer wieder darauf hingewiesen haben, dass wir mehr Migrantinnen und Migranten und mehr Frauen in der Berliner Polizei brauchen. Wir brauchen mehr Vielfalt, und wir brauchen mehr junge Polizistinnen und Polizisten. Stattdessen haben Sie eine Ausbildungssperre verhängt. Das hat dazu geführt – was wir einheitlich immer beklagen –, dass die Berliner Polizei gar nicht die Personalstellen zur Verfügung hat, die für sie vorgesehen sind. Das ist der zweite Punkt der schlechten Personalpolitik. Das ist das Chaos, vor dem wir heute stehen.
Der dritte Punkt ist, dass Sie das Zwölf-StundenSchichtmodell auf ein Acht-Stunden-Modell verändert haben. Auch hier gibt es einige Argumente, die dafür sprechen, auf acht Stunden zu verändern. In der Realität herrscht aber Chaos in den Dienststellen, und zwar Chaos auf hohem Niveau. Die Krankenstände sind gestiegen, das Personal ist quasi völlig dagegen, sich auf Acht-StundenSchichten einzulassen, und an Wochenenden wird wie selbstverständlich zwölf Stunden gearbeitet. So kann keine vernünftige Personalpolitik laufen. Auch hierin ist ein Grund dafür zu sehen, dass die Polizei nicht die Mittel zur Verfügung hat, die sie benötigt, um Straftaten zu bekämpfen.
Sie haben daran geglaubt, dass Personalabbau auf den Bahnhöfen mit mehr Videoüberwachung zu mehr Sicherheit führen wird. Das hat es offenkundig nicht getan. Darin sind wir uns heute mittlerweile alle einig. Jetzt reden wir darüber, wie wir mehr Geld für Personal investieren können. Dieser Fehler hätte aus Grünensicht damals gar nicht gemacht werden dürfen. Auch hier stehen wir vor einem Scherbenhaufen rot-roter Politik. Das, was der Regierende Bürgermeister dazu beigetragen hat, und woran man hier immer wieder erinnern muss, ist, wenn die Beamtinnen und Beamten zu Recht höhere Gehälter einfordern und zumindest darüber reden wollen, wann man die Gehälter in der Berliner Polizei wieder an das Bundesniveau angleicht, dass der Regierende Bürgermeister hingegangen ist und gesagt hat: In 200 Jahren können Sie gern wiederkommen. – So wird hier vom Senat mit der Polizei umgegangen. Traurig, traurig, kann ich da nur sagen!
Die Kontrolldelikte sind gesunken, das ist bereits angesprochen worden. Ein Bereich sind hierbei die Umweltdelikte. Hierzu einige Zahlen: Im Jahr 2001 gab es 3 200 festgestellte oder kontrollierte Umweltdelikte, im Jahr 2010 sind es nur noch 674 gewesen. Auch hier zeigt sich, dass die Berliner Polizei keine Kapazitäten für Kontrollen hat. Auch das ist fatal.
Ja, bitte!
Ich halte es für notwendig, dass die Polizei mehr im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, dass es nicht auf die Tickets umgeschlagen wird. Ich halte es für notwendig, dass sich Uniformträger ohnehin mehr im öffentlichen Personennahverkehr blicken lassen, dass es Anreize gibt, dass diese das Auto zu Hause stehen lassen und den öffentlichen Nahverkehr benutzen.
Herr Trapp! Sie wissen, dass ich überzeugter Bus- und Bahnfahrer bin. Ich habe zurzeit noch nicht einmal ein Fahrrad. Deswegen ist es mir sehr wichtig, dass im öffentlichen Nahverkehr Sicherheit herrscht. Dazu können Uniformträger beitragen.
Nächster Punkt: Die organisierte Kriminalität scheint in dieser Polizeilichen Kriminalstatistik gar nicht zu interessieren. Herr Zimmermann hat selbst angemahnt, dass die Wirtschaftskriminalität stärker bekämpft und verfolgt wird. Hier müssen Kapazitäten geschaffen werden, hier muss auch mehr Know-how in die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft, denn das sind Delikte, von denen einige wenige einen sehr hohen Anteil am volkswirtschaftlichen Schaden haben. Diese Polizeiliche Kriminalstatistik hat überhaupt keinen Sonderbereich organisierte Kriminalität mehr, Frau Seelig. Auch hier würde ich von Ihnen von Rot-Rot gern wissen – das haben wir im Innenausschuss diskutiert –: Was sagen Sie dazu, dass es dazu keinen gesonderten Bericht gibt? Glauben Sie, die organisierte Kriminalität ist auf einmal weg? Oder machen Sie da einfach Augen-zu-und-durch?
Wir müssen uns heute auch die Frage stellen: Wie soll die öffentliche Sicherheit in 20 und 30 Jahren aussehen? Es kann deshalb nicht sein, dass man kurzfristig auf mehr Polizei setzt, sondern eben auf mehr Prävention, auf ein steigendes Anzeigeverhalten. Wir nehmen die öffentliche Sicherheit in der Metropole ernst. Denn wir leben in einer der sichersten Metropolen weltweit.
Ja, gern!
Das ist ein Sowohl-als-auch, Herr Zimmermann. Einerseits könnten uns bundesgesetzliche Grundlagen weiterhelfen, auch die zu Einziehung und Verfall, auch die zur Gewinnabschöpfung bei organisierter Kriminalität. Aber ich erwarte auch, dass dieser Bereich gesondert ausgewiesen wird in der Berliner Polizeilichen Kriminalstatistik. Das hatten wir letztes Jahr. Dieses Jahr wird dazu nichts gesagt. Es kann nicht sein, dass so getan wird, als gäbe es so etwas wie organisierte Kriminalität nicht mehr. Deswegen erwarte ich auch von Ihnen, dass im nächsten Jahr in der Berliner Polizeistatistik wieder etwas zu organisierter Kriminalität gesagt wird, zu den hohen Schäden, die das verursacht und zu dem, wie man dem auch auf Landesebene begegnen will.
Wir stehen vor dem Problem, dass wir uns mehr Personal und höhere Gehälter insgesamt nicht werden leisten können, dass wir aber öffentliche Sicherheit trotzdem ernst nehmen wollen. Deswegen ist das Wichtigste, das hier heute von der Rederunde ausgehen soll, dass wir die öffentliche Sicherheit ernst nehmen, wieder mit den Ermittlungsbehörden reden und sie nicht, wie Herr Wowereit, in die Wüste schicken, sondern alle Beschäftigten ernst nehmen und alles dafür tun, damit die Sicherheit in dieser Stadt weiterhin auf relativ hohem Niveau bleibt. – Danke schön!
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Prof. Zöllner! Wie viel Zeit ist von dem Beschluss vergangen, das Abitur zu verkürzen und damit einen Doppeljahrgang in Kauf zu nehmen, bis zu dem Zeitpunkt erster konkreter Maßnahmen zur Erweiterung der Studienplätze für diesen Jahrgang?
Danke schön! – Frau Kollegin! Können Sie mir erklären, warum immer so erschreckende Vorfälle passieren müssen, bevor sich Parlamente ihrer Beschlüsse besinnen und dann den Senat konkret auffordern, Medienkompetenz zu einem Thema zu machen? Der Beschluss des Datenschutzausschusses ist über ein Jahr alt, seitdem, so haben wir es im Unterausschuss vernommen, ist nicht viel passiert. Jetzt gab es diese schrecklichen Vorfälle, und auf einmal besinnt man sich der Beschlüsse wieder. Warum muss das so sein? Kann man hier nicht mittelfristig, langfristig nachhaltig handeln?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war ja eine schöne programmatische Rede von dem Kollegen Kohlmeier!
Sie war ausgewogen, hat die Vor- und Nachteile der Videoaufzeichnungen und die Erhöhung auf 48 Stunden nachgezeichnet.
Aber es geht ja darum, dass diese Koalition vor drei Jahren eine Sache entschieden hat, nämlich dass die Videoüberwachung in Berlin im öffentlichen Nahverkehr flächendeckend eingeführt wird, dass auf Personal verzichtet wird, dass mit Videoaufzeichnungen die Bahnhöfe sicherer werden sollen. Sie sind es nicht geworden, das war der entscheidende Fehler! Ich habe auch heute davon keine Abkehr gehört. Herr Kollege Kohlmeier, das habe ich sehr vermisst!
In der Sache kann man sagen: 48 Stunden sollte man auswerten. Der Innensenator hat ja endlich eine alte Forderung von uns Grünen, die Wirksamkeit von Videoaufzeichnungen zu evaluieren, aufgegriffen. Er hat Sie damals noch austricksen wollen. Ich erinnere mich noch sehr genau, als Kollegin Weiß und Frau Kollegin Baba von der Linksfraktion hier standen und mit großen Bauchschmerzen gesagt haben: Wir können uns gerade so noch enthalten, damit es eine Evaluation geben wird. – Aber die gab es bis heute nicht! Der Innensenator bezieht sich auf eine fehlende Evaluation, weil er momentan nicht ausdehnen will. Der Regierende Bürgermeister – da fand ich den Ausdruck von Herrn Juhnke „Spontanpopulist“ treffend – sagt mal eben: 48 Stunden.
Es ist klar, dass die Videoaufzeichnung zur Strafverfolgung beiträgt. Man muss sich deshalb ansehen, wie die Wirkung ist. Da hat der Kollege Trapp angefragt und bei 3 096 Videodatensätzen, die von der BVG an die Polizei übergeben worden sind, gab es 440 mal Täteranhalte. Das heißt also, lediglich in 14 Prozent der Fälle konnte weitergeholfen werden, konnte es einen Spurenansatz geben. In etwa noch einmal 4 Prozent der Fälle gab es weitere Anhaltspunkte, die die Identifizierung von Tatverdächtigen unterstützten. Das ist relativ wenig!
Deshalb können wir uns auf die Videoüberwachung und auf die Videoaufzeichnungen auch bei 48 Stunden Speicherfrist nicht verlassen. Deshalb ist die Diskussion über einen sicheren öffentlichen Personalverkehr, den wir hier alle wollen, wichtiger und vordringlicher und nicht die Debatte um 48 Stunden Videoaufzeichnung!
Ja, der Regierende Bürgermeister ist rausgegangen und hat gesagt: 48 Stunden aufzeichnen! Aber das dürfen wir als seriöse Innenpolitiker dem Regierenden Bürgermeister nicht durchgehen lassen. Das ist ein spontanpopulistischer Einfall, der nicht viel kostet. Wer von uns hat den Herrn Wowereit in den letzten Jahren in innenpolitischen Debatten erlebt?
Wobei? –
Ich möchte gern mal wissen, welche innenpolitische Vorschläge vom Regierenden Bürgermeister kamen! Ich kenne zwei innenpolitische Vorschläge. Der erste war die Ausdehnung der Videoaufzeichnung auf 48 Stunden, das kostet nichts, schnelle Reaktion. Das soll mehr Sicherheit bringen – na ja, höchstens bei der Strafverfolgung, bei der Identifizierung. Der tatsächliche Sicherheitsgewinn für Prävention und weniger Kriminalität auf den Bahnhöfen ist gering, denn Videoaufzeichnung verhindert keine Überfälle, auch nicht in Lichtenberg. Dort hätte mehr Personal geholfen. Da gab es diesen Schnellschuss, Spontanpopulismus vom Regierenden Bürgermeister. Das war die erste innenpolitische Forderung.
Die zweite innenpolitische Forderung, die der Regierende Bürgermeister gebracht hat – da erinnern sich einige genau –, das war vor zwei Jahren, als die Berliner Polizei 200 Jahre feierte. Was hat der Regierende Bürgermeister vor internationalem Publikum, vor internationaler Polizeivertretung, vor allen Direktionsleitern, vor dem Berliner Polizeipräsidenten gebracht? – Er hat den Berliner Polizeipräsidenten ausgelacht für die Forderung, mehr Polizei einzustellen und höhere Gehälter zu zahlen. Da hat er sich im Roten Rathaus hingestellt und hat gesagt: Da können Sie in 200 Jahren noch einmal wiederkommen, Herr Glietsch! – Also, Zusammenfassung, was der
Regierende Bürgermeister will: weniger Personal, mehr Videokameras.
Aber in dieser Stadt wollen wir alle nicht wohnen, meine Damen und Herren! Das war die Forderung vom Regierenden Bürgermeister.
Der Antrag war, die Innenpolitik darauf festzulegen, auf 48 Stunden Videoaufzeichnung zu gehen. Der Effekt wird relativ gering sein, auch wenn man das offen diskutieren kann. Eben da sollte man sich nichts vormachen. Überlassen Sie die Innenpolitik nicht irgendwelchen populistischen Kurzschlüssen, sondern lassen Sie uns sehen, wie man die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr unterstützen kann! Auch mit mehr Personal, dass man dafür die Kapazitäten freimacht. Dafür haben Sie unsere volle Unterstützung!
Herr Kollege Jotzo! Vielen Dank für den Hinweis! Die Grünen wissen natürlich, dass es sich um einen erheblichen Eingriff handelt. Aber dieser Eingriff durch die Videoaufzeichnung ist von dem Haus beschlossen worden. Der wurde von Rot-Rot beschlossen. Die flächendeckende Überwachung im öffentlichen Nahverkehr, den Menschen vorzugaukeln, es gebe mehr Sicherheit durch Kameras, Personal abzubauen, das hat Rot-Rot gemacht, das ist beschlossen.
Hier geht es um die Folgefrage: Speichern wir 24 oder 48 Stunden? S-Bahn: 48 Stunden, Gleichlaufargument, das spricht durchaus für den Antrag der CDU. Es war doch erstaunlich, was wir heute für ein Possenspiel von der SPD und der Linken, die hier angeblich regieren, gesehen haben. Da gibt es ein paar Fans von 48-StundenVideoaufbewahrung, und dann gibt es die alten Argumente von Frau Seelig, von denen sich auch nicht eines in der Koalition durchgesetzt hat. Nicht eines davon schlägt sich nieder auf die tatsächliche Arbeit der Berliner Innenbehörden.
Wir führen hier nicht nur die Datenschutzdebatte. Wir Grüne glauben, dass Datenschutz, öffentliche Sicherheit und Bürgerinnen- und Bürgerrechte zusammen gehören. Wir haben ein hohes Interesse daran, dass Ermittlungen schnell laufen, dass wir am besten kaum Speicherfristen brauchen, weil die Leute ein klares Anzeigeverhalten haben, weil sie gleich nach der Straftat hingehen und sagen: Hier ist die Anzeige, ich bin überfallen worden.
Vorhin ist erwähnt worden, dass zum Beispiel bei Opfern von Homophobie, von Gewalt gegen Schwule und Lesben, das Anzeigeverhalten gestärkt werden muss. Das war einer der zentralen Punkte in unserem Aktionsplan gegen
Homophobie. Darauf müssen wir immer wieder aufmerksam machen, dass die Bevölkerung, wenn jemand überfallen wird, wenn Gewalt passiert im öffentlichen Personennahverkehr, wenn dort Straftaten begangen werden, sofort eine Anzeige macht. Denn nur frische Anzeigen und frische Sachverhaltsermittlungen führen zu einem schnellen Ergebnis. Deshalb ist der Vorbehalt bei einer zu langen Speicherung bei uns Grünen vorhanden. Natürlich ist er da. Aber ich will hier eine Haltung von der Koalition sehen, die sich nicht entscheiden kann, ob sie für 48 Stunden ist und wo sie überhaupt steht. Sie hat bei einer Evaluation nicht mitgemacht, sondern hat hier alles durchgehen lassen. Pudding kann man nicht an die Wand nageln, Herr Jotzo, und deshalb sollte man auf das Richtige abzielen.
Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sehen an dieser Debatte den Rückkehr zur demokratiepolitischen Normalität, wir sehen das, was von dem übrig geblieben ist, was Sie vorhin noch in der Aktuellen Stunde an großem Aufgemuskel von sich gelassen haben. Der Regierende Bürgermeister, der sich im Oktober ein Referendum wünschte, das der Senat einleiten kann, Herr Wolf, der diesen Gedanken aufgegriffen hat und sagte, wir wollen ein Referendum – was ist von all dem übrig geblieben? – Nichts bis auf die Tatsache, dass der Innensenator im Innenausschuss die Gedanken seiner Senatskollegen einholen musste und sagen musste: Referenden, mehr Beteiligung, das wird es alles nicht geben, das ist alles Quatsch. – So verlottert ist dieser Senat, dass er keine klare Haltung in diesen Fragen hat!
Zurück zur ganz praktischen Politik: An den Taten wollen wir Sie messen, nicht an Ihren Reden, und ich gestehe zu, das hat Kollege Zotl zu Recht gesagt, es gibt leichte, im Detail kleine technische Fortschritte im Bereich des Bezirksverwaltungsgesetzes.
Da haben die BVV-Vorsteherinnen und -Vorsteher, da hat Mehr Demokratie e. V. gute Arbeit geleistet, und dafür bedankt sich meine Fraktion auch. Nur: Umgesetzt haben Sie davon fast gar nichts! Der Berg kreißte und gebar eine kleine graue Maus. Im Bereich des Zustimmungsquorums sind Sie unserem Vorschlag gefolgt, den ich vor zwei
Jahren hier geäußert habe – damals, Herr Felgentreu, waren Sie noch dagegen. Es ist gut, dass Sie dort umgeschwenkt sind, es ist gut, dass das Beteiligungsquorum kommen wird. Auch mehr Transparenz ist richtig, doch Sie können nicht erklären, weshalb Sie eine eidesstattliche Versicherung von den Trägerinnen und Trägern von Bürgerbegehren wollen. Sie treiben sie in die Strafbarkeit, selbst wenn sie nur fahrlässig eine falsche Angabe machen. Beim „Wassertisch“ haben wir doch gesehen, wie wenig Ressourcen, wie wenig Finanzkraft teilweise dabei ist. Diesen Leuten muten Sie zu, sich möglicherweise unbeabsichtigt in die Strafbarkeit zu treiben – das ist keine Erleichterung von direkter Demokratie!
Man muss sich aber auch mal anschauen, welche Ideen für mehr Beteiligung, mehr Demokratie und mehr Transparenz sonst noch auf dem Markt existieren. Da gibt es das Wahlalter 16 – meine Fraktion hat es damals eingebracht, es steht seit langem im SPD-Wahlprogramm, dass wir hier aber eine Zweidrittelmehrheit haben, das ist nicht selbstverständlich. Umgesetzt haben Sie das in den letzten neun Jahren auch nicht. An Ihren Taten wollen wir Sie messen, und auch hier ist festzustellen: Es ist nichts passiert!
Das ist auch bei den Bürgerentscheiden so. Wir haben den Vorschlag auf den Tisch gelegt, ein Wahlrecht auch für nicht EU-Bürgerinnen und -Bürger einzuführen. Auch das steht, glaube ich, im Koalitionsvertrag von Rot-Rot. Getan haben Sie dafür nichts – an den Taten wollen wir Sie messen! Die Taten sind gleich null!
Im Bereich Transparenz geht es ja noch weiter – da hat Herr Nußbaum eine erstaunliche Argumentation geliefert, dass er im Bereich Transparenz den Vertrag mit der BIH zur Veräußerung der BIH-Fonds nicht schließen wollte, weil es keine Transparenz gegeben hätte. Aber die SPD war die erste, als wir bei der Novelle des IFGs darüber gestritten haben, ob wir die Wohnungsbauunternehmen oder die Fonds der Wohnungswirtschaft mit hineinnehmen wollen, die klar gesagt hat, dass sie das nicht will. Und jetzt sagt sie, sie sei für mehr Transparenz. Hier widersprechen sich sogar Ihre Worte, und Ihre Taten sind gleich null.
Sie tun nicht das, was Sie sagen, und das ist das größte Problem.
Bei den verbindlichen Bürgerentscheiden muss man sich einfach nur fragen, warum die vielen Hunderttausend Unterschriften, die es in den Bezirken für Bürgerentscheide gab, nicht genauso viel wert sind wie die im Land Berlin für andere Gegenstände. Warum sind die nicht genauso viel wert wie bei Volksentscheiden? Sind denn die Bürgerinnen und Bürger in den Bezirken weniger wert als die Bürgerinnen und Bürger im Land Berlin? – Nein, sie sind es nicht, und deswegen muss es auch verbindliche
Bürgerentscheide geben, deswegen muss auch die BVV verbindlich entscheiden können, statt nur Empfehlungen und Ersuche machen zu können.
Wenn man sich also anschaut, was Sie sagen, dann ist es tatsächlich sehr, sehr viel mehr als das, was Sie getan haben. Die Transparenz im Bereich mehr Demokratie ist auf ein Mindestmaß zusammengeschrumpft, das uns gerade so zu einer Enthaltung treibt. Aber die Frage, ob man Ihnen beim Wahlalter mit 16 oder der Stärkung der Bezirke noch glauben kann, ist die gleiche Frage wie die, ob man Ihnen einen Gebrauchtwagen abkaufen oder mit Ihnen eine Beziehung eingehen würde oder ob man Sie im September wählen sollte. Darauf kann man nur mit nein antworten. Vor diesem Hintergrund sind wir dankbar für jeden kommunalpolitisch Interessierten, der sich unter Ihrer Flagge in die Bezirksverordnetenversammlung setzt.
Denn für diese Leute tun Sie gar nichts.
Herr Kollege Jotzo hat mich gerade aufgefordert abzurüsten. Das will ich gerne tun und nachschieben, dass der Prozess, der von Herrn Zotl eingeläutet worden ist, einer war, den man sich bei mehreren Themen so gewünscht hätte, nämlich alle Fraktionen zu fragen: Wo steht ihr? Was können wir gemeinsam tun? Aber, Herr Zotl, mir fällt es nicht so leicht wie Ihnen, in dieser Situation, wo wir einen Volksentscheid hatten, wo massiv Stimmungen in der Bevölkerung herrschen zu sagen: Deckt das auf, macht keine falschen Geschichten, hintergeht uns nicht bei wichtigen Verträgen – zu sagen, dass wir demokratie
politisch etwas geleistet haben. Das, was heute im Rahmen des Bezirksverwaltungsgesetzes vorgelegt wird, ist das Einzige, was zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in den Kiezen, in den Bezirken oder eben auch Bezirksverordnetenversammlungen kommt. Wir wissen alle, was für ein schwieriges Amt das ist, mit wie viel Ehrenamt, mit wie viel Zeitaufopferung das verbunden ist. Wir geben ihnen hier Steine statt Brot.
Wir gehen nicht weit weg genug, um auch andere, im Diskurs stehende demokratiepolitische Forderungen, die sinnvoll und notwendig sind, einzuführen. Dieser Punkt geht einfach mit der Koalition nach Hause. Ein Wahlalter mit 16 zu fordern, aber nicht einzuführen, obwohl es hier eine Mehrheit dafür gäbe; für mehr Transparenz und für Referenden zu sein, aber nicht ein Vorschlag kommt auf den Tisch. Sie erinnern sich noch: Als Klaus Wowereit bei den Flugrouten sagte, der Senat könne der Bevölkerung keine Frage vorlegen, da wollte er auf einmal ein Referendum haben. Seitdem aber gibt es nicht einen Vorschlag.
Und das Gemeine ist: Herr Wolf wiederholt das auch noch. Bei den Wasserverträgen sagt er, man müsste bei bestimmten Privatisierungen ein Referendum machen. Aber es kam nicht ein Vorschlag aus diesem Haus. Der Innensenator räumt dann die Vorschläge wieder auf, weil er weiß, dass das alles weder Hand noch Fuß hat, was die dort denken. Ich finde, wir als Opposition sind hier auch gefordert klarzustellen, dass außer vielen Ankündigungen nichts dabei herausgekommen ist.
Vielen Dank! – Beharrlichkeit lohnt offenkundig – auch bei Herrn Dr. Kluckert. Das nehme ich dankend zur Kenntnis. – Herr Dr. Kluckert! Sie haben vorhin gesagt, das sei ein Anschlag der Justizverwaltung. Wollen Sie wirklich bei solchen Vergleichen bleiben vor dem Hintergrund, dass Sie neulich hier auch die sexuelle Orientierung eines Menschen gleichgestellt haben mit Sodomie und Pädophilie? Wollen Sie vor diesem Hintergrund wirklich weiterhin solche Vergleiche bemühen, Herr Dr. Kluckert?
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Prof. Zöllner! Vor dem Hintergrund, dass der Nachrichtenwert in Ihrem Brief gleich null war, bis auf die Tatsache, dass Sie und Herr Wowereit sich unglaublich geil fühlen, eine Beitragsfreiheit gewährt zu haben, frage ich Sie
vor dem Hintergrund der Zweckbindung aller erhobenen Daten und vor dem Hintergrund eines laufenden Verfahrens zum Datenschutz, woher Sie die Daten haben und wer sie Ihnen gegeben hat.
Herr Prof. Zöllner! Können Sie jetzt noch einmal sagen, was der Nachrichteninformations- oder Neuigkeitswert Ihres Schreibens gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister war, der rechtfertigen würde, dass Sie die Daten – wie ich es verstanden habe – von den Kitas bekommen haben?
Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ein Lob: Wir haben in diesem Land eine handlungsfähige Justizverwaltung. Sie ist in der Lage, bestehende Datenschutzregelungen zusammenzufassen und in das neue Justizvollzugsdatenschutzgesetz zu schreiben, die bestehende Praxis zu eruieren und bestimmte Regelungen daraus zu ergreifen. Die Justizverwaltung ist also handlungsfähig, und wir werden uns natürlich sachgerecht mit diesem Gesetzentwurf auseinandersetzen.
Nun sollte man aber nicht vermuten, dass überall wo Datenschutz drauf steht, auch Datenschutz drin ist, denn in Wahrheit ist dieser Gesetzentwurf ein Schritt zurück – es ist viel Justizvollzug und fast gar kein Datenschutz, ein bisschen Datenverarbeitung, aber mit Sicherheit kein Datenschutz im Vergleich zum Status quo. Der Richtervorbehalt wird weitgehend ausgehebelt, so z. B. wenn Mobiltelefone eingesammelt, beschlagnahmt, überwacht und ausgewertet werden sollen – da gibt es standardmäßig einen Richtervorbehalt in der Strafprozessordnung, hier aber bei Gefangenen nicht. Wenn Sie schon mehr unter staatlichem Gewahrsam sind, wie der Kollege Dr. Lederer zu Recht gesagt hat, dann müsste der Richtervorbehalt hier doch erst recht gelten.
Der zweite Punkt: Auch bei der Videoüberwachung gibt es keinen Richtervorbehalt. Die Videos können quasi uferlos mitschneiden, was die Inhaftierten machen. Da mahnt schon das Bundesverfassungsgericht 1972, dass auch die Grundrechte von Inhaftierten nicht ins Unbestimmte relativiert werden dürfen. Das, Frau Senatorin, hat Ihre Verwaltung hier vorgelegt, und darüber wird man noch einmal reden müssen. Übrigens ist das nicht nur eine Ansicht von irgendwelchen grünen Bürgerrechtlern, sondern sie wird von der Rechtsanwaltskammer geteilt und vom Vollzugsbeirat des Landes Berlin, deren Stellungnahmen Ihnen vorliegen. Sie sollten die ernst nehmen und hier nicht so tun, als hätten Sie ein Gesetz entworfen, das den Datenschutz der Inhaftierten berücksichtige – Sie
haben tatsächlich die Kontrollbefugnisse ausgedehnt, und das verdient nicht den Namen Datenschutzgesetz. Man kann sich im Einzelnen ja darüber unterhalten, ob es nötig ist, das zu machen, ich finde aber nicht, dass das das Ticket Datenschutz verdient hat, erst recht nicht, wo Datenschutz in dieser Zeit eine besondere Geltung hat. Sie streuen der Bevölkerung und vor allem den Inhaftierten Sand in die Augen, und auch die hier diskutierenden Abgeordneten haben nicht ganz verstanden, was in diesem Gesetz noch drinsteckt.
Ja, aber nur, wenn er die Grünen nicht wieder mit einem bestimmten Berufsstand vergleicht, wie er es in der letzten Debatte gemacht hat.
Handys haben bei Strafgefangenen nach gegenwärtiger Rechtslage überhaupt nichts zu suchen, die Frage ist nur, wer bestimmt, dass die Mobiltelefone ausgewertet werden.
Nein, der Gesetzgeber bestimmt das nicht, in der Regel bestimmt so etwas ein Richter. Bei jeder strafprozessualen Handlung, die zur Auswertung technischer Mittel geeignet ist, gibt es einen Richtervorbehalt, darüber gibt es
umfangreiche bundesverfassungsgerichtliche Rechtssprechung, Herr Kohlmeier, und das wissen Sie selbst, da gibt es standardmäßig einen Richtervorbehalt. Selbst bei der Blutentnahme im Straßenverkehr gibt es einen Richtervorbehalt. Ich frage mich, was treibt die Justizsenatorin dazu, die – anders als unsere Spitzenkandidatin – noch nie in einem Knast gearbeitet hat und – anders als Frau Künast, die seit Jahrzehnten den Alltag in Berliner Justizvollzugsanstalten kennt – den Alltag nicht kennt, sie kommt aus Brandenburg und kennt dort den Rechnungshof. Hier spielt sie eine ganz andere Rolle, und ich frage mich, weshalb sie meint, bei so einem Standardgesetzentwurf reden zu müssen, den ich von jeder Justizverwaltung erwarte. Was treibt sie dazu, so ein kleingeistiges Gesetz vorzulegen und das auch noch zur Priorität von SPD und Linksfraktion zu machen? – Wir Grüne haben noch einen anderen Anspruch an Ihre Regierungsverantwortung, dem Sie hier mal nachkommen sollten. Wenn das alles ist, dann tut es mir wirklich leid um die Sozialdemokratie.
Ich wollte noch ein Beispiel nachschieben: Die Briefkontrolle, wie sie momentan nach dem Justizvollzugsgesetz des Bundes uferlos möglich ist, wird beibehalten. Hier haben Sie sich gänzlich um die Frage gedrückt. Sie haben sich auch um die Frage Kernbereich privater Lebensführung gedrückt, Sie haben sich davor gedrückt, bestimmte Daten zu kategorisieren wie es das Bundesverfassungsgericht schon seit mehreren Jahrzehnten macht, nämlich in Intimsphäre, Privatsphäre und sonstige Sphäre. Das passiert in Ihrem Gesetzentwurf nicht – auch hier wird nachzuarbeiten sein, genauso wie die neue spannende Frage ungeklärt ist, was eigentlich mit Therapiedaten passiert. Wir diskutieren bei der Sicherungsverwahrung darüber, ob wir dort mehr Therapie machen können oder sogar mehr Therapie machen müssen, Sie haben aber keine Vorstellung davon, ob Therapeuten überhaupt Berufsgeheimnisträger sind oder ob das nur die Ärzte, Strafverteidiger und bestimmte Geistliche und Seelsorger sind. Keine Antwort darauf in Ihrem Gesetz – während Sie sich auf der anderen Seite immer dafür aussprechen und sich mit Vorschlägen nach vorne wagen, mehr Therapie zu machen.
Hier ist der zweite Schritt deutlich vor dem ersten Schritt getan worden, indem Sie meinen, ein Justizvollzugsdaten(schutz)gesetz zu machen, bevor Sie überhaupt ein Landesjustizvollzugsgesetz machen. Wieso kommt das denn nicht als Erstes? Wieso regelt man nicht als Erstes den Vollzug, den Anspruch auf Betreuung, auf vorbereitende Entlassung, wo Berlin übrigens ganz weit am Ende steht? Warum regelt man das nicht alles,
bevor man den Datenschutz dort regelt? – Das zeigt doch eigentlich, in welch desolater Lage Sie sind, wie verlegen Sie sind und meinen, wir könnten mal als Erstes einen Schritt nach vorne machen im Konzert der Länder.
Sie haben eine ganz Menge Hausaufgaben nicht gemacht, Frau Senatorin, und das merkt man auch an ganz vielen anderen Debatten, z. B. darüber, warum wir einen überflüssigen Knast bauen, warum wir bei den Entlassungsvorbereitungen immer noch Letzter sind, das merkt man daran, dass Sie den offenen Vollzug heimlich abwickeln, indem Sie keine neuen Plätze schaffen, obwohl sie nachgefragt sind. Das merkt man an dem sehr, sehr hohen Krankheitsstand der Bediensteten, um den Sie sich kein bisschen kümmern. Ich meine den Krankenstand in der JVA für Frauen, in der JVA Moabit. In anderen Justizvollzugsanstalten liegt der Stand bei 85 Prozent und ist damit sehr hoch im Landesvergleich. Kein Wort dazu, keine Priorität bei der SPD und den Linken. Sie meinen hier, ein Datenschutzgesetz machen zu müssen, das keines ist. Es ist viel Vollzug, viel Datenverarbeitung, aber kein Datenschutz. Da müssen wir nacharbeiten. – Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Saleh! Ich stelle mir bei der Diskussion jetzt um die Uhrzeit die Frage: Ist es eigentlich besser, Rechtspopulisten und rechte Rattenfänger und damit auch die FDP bei so einer Diskussion zu Wort kommen zu lassen
oder sie lieber zu ignorieren?
Danke schön, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Sie haben vor zwei Wochen hier bestätigt – nachdem „Frontal 21“ Entsprechendes auch enthüllt hat –, dass die Deutsche Flugsicherung bereits im Jahr 1998 darauf aufmerksam gemacht hat, dass es eine 15-Grad-Divergenz bei Starts und Landungen gibt, wenn diese eine bestimmte Zahl erreichen. Das hat die DFS dem brandenburgischen Planungsministerium mitgeteilt.
Wie kann es sein, dass die Deutsche Flugsicherung 1998 das brandenburgische Ministerium auf die abknickenden Flugrouten aufmerksam gemacht hat und Berlin davon nichts mitbekommen hat? War das Untätigkeit oder böse Absicht?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, Frau Hertel, von welcher Akzeptanz Sie reden. Denn wer mit der Polizei spricht, der kann dieses Projekt noch so gut finden wie meine Fraktion, der merkt aber, wenn er ein bisschen Gespür hat: Die Akzeptanz bei der Berliner Polizei für das verpflichtende Namensschild ist gleich null. Und dieser Null-Akzeptanz muss man sich auch einmal stellen als verantwortungsführende Fraktion.
Aber wir stehen vor dem Scherbenhaufen Ihrer Politik, dass Sie das Projekt seit acht Jahren wollen, aber überhaupt nicht für Akzeptanz innerhalb der Polizei gesorgt haben. Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass der Innensenator, der Polizeipräsident das zwar wollen, aber überhaupt nicht für Akzeptanz innerhalb der Berliner Polizei gesorgt haben.
Wir wollen per Gesetz verordnen, dass es keine namentliche Kennzeichnung gibt, sondern dass es individuelle Nummern gibt für Einsatzschaften der Berliner Hundertschaften. Das ist etwas völlig anderes als das, worüber wir hier reden, Herr Gaebler. Also sparen Sie sich Ihre unqualifizierten Zwischenrufe, sondern machen Sie sich erst mal kundig bei Ihren Leuten, bevor Sie reinblöken.
Der zweite Punkt ist – worüber wir reden können: Man kann ja für die richtige Sache kämpfen.
Und so zitiere ich aus einem Gesetzentwurf der CDU:
Zu einer bürgernahen und bürgerorientierten Polizei gehört insbesondere die Möglichkeit, den einzelnen Polizeivollzugsbeamten im täglichen
Dienstgeschehen persönlich anzusprechen. Das ist auch Ausdruck einer selbstbewussten Polizei.
Das ist die CDU im Landtag Brandenburg. Ich kann nur sagen: Schneiden Sie sich eine Scheibe von denen ab! Die CDU im Landtag Brandenburg ist deutlich weiter als die alte Westberliner Block- und Bambule-CDU. Vielen Dank!
Es geht tatsächlich nicht um Misstrauen gegenüber den Berliner Polizistinnen und Polizisten.
Es geht um Transparenz, und es geht auch um etwas, was in der Berliner Verwaltung längst Standard ist. Allein in der Berliner Polizei ist es nicht verpflichtend vorgesehen, namentlich zu handeln. Das Jugendamt, das die Kinder wegnimmt, handelt namentlich. Der LKA-Beamte, der Sie zur Vernehmung vorlädt oder als Zeuge vor Gericht erscheint, handelt namentlich. Der Staatsanwalt, der bei einer Anklage auf fünf Jahre Haft oder für Sicherungsverwahrung plädiert, handelt namentlich. Der Richter, der dann zur Sicherungsverwahrung verurteilt, handelt namentlich. Der Gutachter vom Sozialpsychiatrischen Dienst, der sagt, Sie sind nicht mehr fähig oder müssen eingewiesen werden, handelt namentlich. Warum sparen wir die Berliner Polizei davon aus, das, was an Transparenz, das, was an Menschlichkeit nötig und möglich ist, verpflichtend einzuführen?
Ich kann Ihnen nur sagen: Hören Sie auf, mit den Ängsten der Berliner Polizistinnen und Polizisten zu spielen! Gewalt gegen Polizei ist ein ernsthaftes Thema, das zunimmt und das auf Antrag meiner Fraktion mit der Gewerkschaft auf Grundlage der Forschungsergebnisse des Kriminologischen Instituts Niedersachsen nach der Sommerpause besprochen worden ist. Auf Antrag meiner Fraktion ist Gewalt gegen Polizei besprochen worden. Herausgekommen ist, die meiste Gewalt gegen Polizei funktioniert in Ad-hoc-Situationen. Da geht es gar nicht um den Namen, den die Person hat, sondern da gibt es mal eins so auf die Nase, weil es eine Konfliktsituation gibt, die sich aus Sicht des Betreffenden nicht anders lösen lässt. Das ist das Problem, das wir bei Gewalt gegen Polizei haben.
Wir haben nicht das Problem, dass die Polizisten namentlich erkennbar sind, sondern wir haben das Problem, dass Gewalt aus Ad-hoc-Situationen kommt. Deswegen nehmen Sie das Problem sachlich und ernsthaft auf, und hören Sie auf, mit den Ängsten der Polizistinnen und Polizisten zu spielen! Das ist unlauter.
In vielen anderen Ländern ist die individuelle Kennzeichnung von Polizistinnen und Polizisten Standard. In Großbritannien, wir konnten das Beispiel sehen, sind alle Po
lizistinnen und Polizisten gekennzeichnet. Selbst in China sind Polizistinnen und Polizisten gekennzeichnet. Ich glaube, viele Staaten haben kein Problem, ihren Bürgerinnen und Bürgern mit offenem Visier gegenüberzutreten.
Das ist auch das, was wir in Berlin brauchen. Ich kann nur sagen, für das weitere Verfahren ist es wichtig, die Akzeptanz der Berliner Polizei zu haben. Diese Akzeptanz wurde nicht ausreichend vom Senat hergestellt. Hier müssen Sie dringend nachbessern, indem Sie auch ins ernste Gespräch mit den Berliner Polizistinnen und Polizisten gehen. Das haben Sie bislang verabsäumt. Gleichwohl wird meine Fraktion den Antrag der CDU ablehnen. – Danke!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ich möchte zuerst etwas zu den in der Kurzintervention geäußerten Vorwürfen des Herrn Abgeordneten Juhnke sagen. – Herr Juhnke! Wenn Sie die Debatte wirklich ernsthaft führen würden, dann hätten Sie hier den Vorschlag gemacht, wie man z. B. eine Meldesperre beim Melderegister beantragt, sodass man nicht an die Anschrift des betroffenen Polizisten kommt. Ihre Argumentation zu Ende geführt hieße aber, dass das LKA nicht mehr namentlich auftritt, wenn es zu einer Zeugenvernehmung einlädt, dass Polizisten, die als Zeugen vor Gericht erscheinen, nicht mehr namentlich auftreten. Das können Sie dann auf alle Personen, die Eingriffsbefugnisse haben, ausdehnen. Ich habe bisher überhaupt keine Differenzierung in Ihrer Argumentation gehört. Deswegen mache ich Ihnen auch weiterhin den Vorwurf, dass Sie mit den Ängsten unberechtigt spielen.
Zum zweiten Punkt: Ich möchte noch die Gelegenheit nutzen, eine Korrektur vorzunehmen. Ich habe mich eben im Eifer des Gefechts ein wenig versprochen. Ich habe nicht klar gesagt, wie Gewalt gegen Polizei im Wesentlichen entsteht. Die Gewalt gegen Polizei entsteht in Adhoc-Situationen, wo Menschen ausrasten,
wo Betroffene so irre sind, dass sie meinen – – Richtig! – Das passiert auf der Straße, das passiert in Konfliktsituationen.
Da spielt es keine Rolle, ob die Polizei mit Namen gekennzeichnet ist oder nicht. Das wollte ich hier klarstellen. Es geht nicht darum, dass man Konflikte nicht irgendwie anders lösen könnte, sondern das ist Gewalt gegen Polizei, und das betrifft auch andere Bereiche der Verwaltung. Das müssen wir als Politik ernster nehmen.
Und das machen wir als Fraktion. Deswegen ist es wichtig, darauf noch einmal hinzuweisen.
Letzter Punkt: Der Landesvorsitzende der GdP, Herr Purper, hat darauf hingewiesen: Macht die individuelle Kennzeichnung, aber macht sie per Gesetz! Macht ein Gesetz draus, macht es nicht von oben per Geschäftsanweisung! Bekennt euch dazu! Schreibt das rein, damit es auch von der Breite des Parlaments getragen wird! – In
diesem Sinne darf ich noch an unseren Antrag erinnern. – Danke!
Danke, Frau Präsidentin! – Verehrter Herr Kollege Gaebler! Ich weise jetzt das zweite Mal darauf hin, dass wir nicht per Gesetz die namentliche Kennzeichnung der gesamten Berliner Polizei wollen, sondern die individuel
le Kennzeichnung der Einsatzhundertschaften in geschlossenen Einsätzen.
Sie haben jetzt schon zum zweiten Mal den Eindruck erweckt, als würden wir das Gleiche wollen wie Sie. Das ist es eben nicht, Herr Gaebler! Stellen Sie das hier nicht so hin! Es ist etwas anderes. Was wir per Gesetz wollen, ist die Kennzeichnung der Einsatzhundertschaften in geschlossenen Einsätzen. Verstehen Sie das, Herr Gaebler?
Ich erkläre es gerne noch mal. Der Polizeipräsident will per Geschäftsanweisung, dass alle Polizistinnen und Polizisten namentlich gekennzeichnet sind. Die Grünen wollen ein Gesetz, bei dem die Einsatzhundertschaften mit Nummern gekennzeichnet sind. Das ist ein Unterschied. Ich glaube, spätestens jetzt haben Sie ihn verstanden.
Jetzt noch mal ein Wort zu dem, ob Sie mit der Berliner Polizei reden. Sie behaupten also, dass Sie seit acht Jahren bei der Berliner Polizei darum werben, wie man zu einer individuellen Kennzeichnung und zu Akzeptanz für ein Namensschild kommen kann. Seit acht Jahren versuchen Sie also, Berliner Polizistinnen und Polizisten davon zu überzeugen. Das haben Sie gerade gesagt.
Ich sage Ihnen eines, die Akzeptanz in der Berliner Polizei ist gleich null, und das zeigt auch, dass Ihr Senat, dass Ihre Fraktion einfach nichts an Überzeugung in der Berliner Polizei zu erreichen vermag.
Danke schön, Herr Präsident! – Frau Staatssekretärin! Wie bewerten Sie es, dass die Deutsche Flugsicherung dem Akteneinsichtsbegehren der Bürgerinitiativen nicht gefolgt und nicht bereit ist, die wesentlichen Planungsunterlagen aufgrund deren die Flugrouten jetzt vorgestellt worden sind, herauszugeben beziehungsweise Akteneinsicht zu gewähren?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator: Herr Dr. Körting! Diese Woche ist bekannt geworden, dass 1,5 Millionen Berliner Meldedaten ganz legal weitergegeben und verkauft worden sind, davon ein großer Teil an private Adressenhändler. Gedenken Sie, etwas zu unternehmen, damit diese Millionen Daten nicht dazu benutzt werden, um Werbeschlachten zu führen und die Berliner Bürgerinnen und Bürger mit Werbung zu bombardieren?
Herr Innensenator! Wären Sie denn auch bereit, die Gebühren für die Melderegisterauskünfte anzuheben, etwa nach dem Vorbild von Hessen, Frankfurt am Main? Dort wird für eine Melderegisterauskunft 15 Euro verlangt, während es in Berlin – glaube ich – 1,50 Euro für professionelle Anbieter sind und 3 oder 5 Euro für Private. Wären Sie bereit, diese Gebühren zu erhöhen? Dafür dürfte Berlin zuständig sein.
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den für ITSicherheit zuständigen Innensenator: Herr Dr. Körting! Wir haben in dem IT-Sicherheitsbericht 2009 gelesen, dass in 21 Behörden kein IT-Sicherheitskonzept vorliegt, bei 47 ist das der Fall. Im IT-Sicherheitsbericht 2010 haben wir gelesen, dass bei 23 Behörden kein ITSicherheitskonzept vorliegt, bei 48 ist es der Fall Wie lange wollen Sie den Zustand, dass jede dritte gefragte
Berliner Behörde kein IT-Sicherheitskonzept hat, noch dulden?
Verzeihen Sie, dass ich dennoch ein öffentliches Interesse sehe, die Angelegenheit auch hier im Parlament zu debattieren, zumal – jetzt kommt meine Nachfrage – von den 139 nachgeordneten Behörden, die ich in dem Senatsorganigramm sehe, überhaupt nur 50 auf die Abfrage geantwortet haben. Nun haben Sie selbst gesagt, ITSicherheitskonzepte müsse man ständig ändern und anpassen, aber eine Großzahl der Berliner Behörden hat nicht einmal ein Konzept vorgelegt. Teilen Sie nicht meine Sorge, dass es in Zukunft zu großen Unsicherheiten kommen wird, was die Vertraulichkeit und die Integrität der Berliner informationstechnischen Systeme angeht?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion beantragt: Mehr Sicherheit durch den gezielten Einsatz von Blitzern an Unfallschwerpunkten. Eingangs ein paar Zahlen: Im Jahr 2009 gab es 1 000 Straßenverkehrsunfälle mehr als im Vorjahr – in den letzten Jahren mit steigender Tendenz. Seit 2005 betreibt der Senat ein Verkehrssicherheitsprogramm, das offensichtlich nicht erfolgreich ist. Deshalb ist eine Überprüfung geboten. Es gibt ein paar erfreuliche Entwicklungen: Die Anzahl der Verkehrstoten ist in den genannten Jahren von 55 auf 48 zurückgegangen und die Schwerverletzten von 1 828 auf 1 752. Aber die hohen Zahlen mahnen uns: Jeder Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr ist einer zu viel.
Die nicht angepasste Geschwindigkeit ist im Land Berlin die Hauptunfallursache. Mehr als jeder dritte Verkehrsunfall mit Todesfolge ist auf eine nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen und etwa jeder fünfte der Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten. Die geschwindigkeitsbedingten Verkehrsunfälle sind demnach die stark zunehmende Hauptverkehrsunfallursache. Was gibt es da Naheliegenderes als ein Mehr an Kontrolle durch Blitzer, die effektiv und leicht wirksam ist?
Im Gegensatz zu dem hohen Personaleinsatz bei der Polizei – für die Verkehrssicherheit gibt es rund 1 220 Stellen – kostet jedes Gerät unter 100 000 Euro und bringt im Durchschnitt jährlich 730 000 Euro Einnahmen.
Das kann man auch mit Fahrradfahrern machen. Das sehe ich auch so. – Das hat aber alles nichts mit Abzocke zu tun, denn es werden nur diejenigen zur Kasse gebeten, die andere rechtswidrig gefährden. Man muss auch bedenken, dass die hohen Kosten für Verkehrssicherheitsmaßnahmen auf die Allgemeinheit übertragen werden. Es ist nicht sozial, diese Leute durchkommen zu lassen und der Allgemeinheit – auch den Nichtautobesitzern – die Kosten aufzubürden. Zudem ist es ein dauerhaftes Sicherheitsproblem.
Man muss sich vorstellen: In einer Großstadt wie Berlin mit mehr als einer Million Autos und 3,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gibt es lediglich 22 Verkehrsradargeräte, 62 Laserhandmessgeräte, 21 Videonachfahrsysteme und lediglich 5 stationäre Überwachungsanlagen. Das kann nicht sein. Wir sind eine Millionenstadt. Der Verkehr nimmt zu. Wir haben mehr Verkehrsunfälle wegen unangepasster Geschwindigkeit und mehr Raserei. Was läge näher als ein erhöhter Einsatz von mobilen Geschwindigkeitsmessgeräten?
Anlassbezogen bei zu hoher Geschwindigkeit, Herr Meyer! Das hat nichts mit einer verdachtsunabhängigen Videokontrolle zu tun. – Wir wollen Raser anlassbezogen überwachen und Raserei ahnden. Das ist gut für die Menschen in dieser Stadt und für die Autofahrer, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Das ist effektiv für den Haushalt, weil der Personalhaushalt dadurch nicht belastet wird, und es hat nicht mit der Überwachung unverdächtiger Bürgerinnen und Bürger zu tun. Mehr Blitzer würden hier Sinn machen.
Wir wissen alle, wo die Hauptunfallschwerpunkte sind: am Jakob-Kaiser-Platz, am Großen Stern, am ErnstReuter-Platz, in der Skalitzer Straße, am Falkenseer Platz, am Schlesischen Tor, in der Bornholmer Straße, in der Schönhauser Allee und am Frankfurter Tor. Wenn bekannt wäre, dass dort künftig mehr geblitzt würde, dann hätte das einen unmittelbaren Effekt. An diesen Stellen würde dann langsamer gefahren.
Ich verstehe nicht, weshalb sich das Haus gegen den Einsatz von mehr Blitzern wendet, die kostengünstig und effektiv eingesetzt werden könnten. Uns wird dabei Ideologie gegen Autofahrer vorgeworfen. Ich verstehe das tatsächlich nicht, denn es ist auch von Vorteil für die Autofahrer, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung
halten. Die Raser, die andere gefährden, sollen bestraft werden. Ich werbe deshalb um Zustimmung.
Danke schön, Herr Präsident! – Nur weil das Thema wichtig ist: Die Verkehrsunfallzahlen sind also, Frau Hertel, auf 125 000 gestiegen. Jedes mobile Blitzgerät in Berlin ist 43 Minuten pro Tag im Einsatz. Das zeigt, dass zu wenig geblitzt wird, und dass die Strukturen im Land Berlin nicht genutzt werden.
Jetzt möchte ich mich noch mal auf die Diskussion über die nicht angepasste Geschwindigkeit einlassen, die in der Tat sehr spannend ist. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen: Da geht es keineswegs nur um das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit. Aber mobile Blitzgeräte und auch der Wille dieser Stadt und der Polizei, dort aufzurüsten und mehr Kontrollen zu machen und diese vielleicht auch transparent zu machen – das nennt man Prävention, über die wir im Innenausschuss häufig reden –, das ertüchtigt zu einem Fahrverhalten, das aufmerksamer und regelkonformer ist. Ich denke, das sollte auch gemeinsames Anliegen sein. Man schafft also durch Blitzer nicht nur eine Ahndung der zu Schnellen, der Raser, sondern auch ein aufmerksameres Fahrverhalten. Ich denke, hier könnten wir uns einigen und insofern auch mehr mobile Blitzer einsetzen, denn diesen Effekt können Sie nicht bestreiten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorgelegten Gesetzesänderungsanträge sind ein Zeichen von rot-rotem Zaudern, von Reformmüdigkeit und in Teilen auch von Misstrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und von Misstrauen gegenüber den Bezirken. Insofern ist es erstaunlich, dass die SPD die Besprechung zu diesen Gesetzesänderungen zur Priorität gemacht hat, aber wir wollen uns dem gern stellen.
Die erste Einbringung zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes ist erforderlich, weil dort im Gesetz selbst steht, dass wir die Änderungen bei Einwohneranträgen und bei der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger evaluieren – übrigens bis zum 1. Januar 2010. Das ist nun ein halbes Jahr her. Es wird hier also mit etwa einem Jahr Verzug evaluiert. Auch das ist ein Zeichen, wie unernst und ohne Feuer die rot-rote Koalition die direkte Demokratie letztendlich sieht.
Der Dank geht zu Recht an diejenigen, die sich von Anfang an an der Debatte beteiligt haben. Das ist die Arbeitsgemeinschaft der BVV-Vorsteher und -Vorsteherinnen, das ist Mehr Demokratie e. V., und das betrifft auch
einen Antrag meiner Fraktion zur Stärkung des bezirklichen Selbstverwaltungsrechts.
Und der Kollege von der Linkspartei hat ja gerade eingebracht, wie gerne in Berlin Volks- und Bürgerentscheide gemacht werden. Allerdings kenne ich von den 45 Initiativen nicht eine, der nicht Steine in den Weg gelegt worden sind – meistens vom Senat.
Es wurde zuletzt angesprochen, dass es nicht für zielführend gehalten wird, den Bezirksverordnetenversammlungen erst mal eine Allzuständigkeit in bezirklichen Angelegenheiten zu geben. Das ist durchaus richtig, denn momentan können Bezirksverordnetenversammlungen mit einem Rückholantrag, wenn das Bezirksamt ihrem Ersuchen nicht folgt, noch mal eine Entscheidung herbeiführen. Es ist also ein zweistufiges Verfahren vorgesehen bei der Bezirksverordnetenversammlung. Das können aber zweckgemäß Bürgerentscheide nicht vornehmen, die zuerst auf ein Ersuchen gehen und dann möglicherweise auf einen Rückholantrag, was originäres Recht einer BVV ist. Insofern haben Sie da einen sachlichen Kurzschluss geleistet. Es wäre konsequent, die BVV erst mal allzuständig zu machen; ausgenommen sind immer noch Ordnungsaufgaben und ureigene Aufgaben des Bezirksamts. Also, da vertut man sich gar nichts. Und man stärkt in Folge die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrer Entscheidung daran anknüpfen, was Bezirksverordnetenversammlungen dürfen. Deswegen wäre es richtig gewesen und auch der nötige Schritt, diese Reform anzugehen. Das fehlt in Ihrem Antrag. Deswegen wird er voraussichtlich unsere Zustimmung nicht erhalten.
Sie wollen ja Transparenz, die wollen wir auch. Wir wollen auch, dass die Spenden aufgedeckt werden. Allerdings, hier wird so viel geredet, vom Verfassungsgerichtshof bis hin zur SPD und auch zur Linken, dass das gleichlautend sein soll mit den Parteien und der repräsentativen Demokratie und der direkten Demokratie auf der anderen Seite. Ich stelle fest, dass Parteien Spenden erst ab einer Höhe von 10 000 Euro anzeigen müssen, Bürgerinitiativen und Volksbegehren allerdings ab 5 000 Euro. Und auch die Adressen von Spenderinnen und Spendern werden veröffentlicht. Nun ist nicht jeder, der mehr als 5 000 Euro spendet, ein Großmogul. Vielleicht legt er auch Wert auf seine Meldeanschrift, und es ist ein datenschutzrechtlicher Eingriff, der hier gar nicht diskutiert oder von ihnen berücksichtigt worden ist. Da ist der Abschreckungscharakter. Sie wollen Bürgerinitiativen sagen, dass Sie hart zugreifen und übrigens auch im Wege von eidesstattlichen Versicherungen eine Strafbarkeit begründen, wenn falsche Angaben – übrigens auch nur fahrlässig falsche Angaben – in sehr komplizierten Sachverhalten gemacht werden. Denn wie viel nun z. B. Sachspenden wert sind – wenn man das fahrlässig falsch schätzt, dann macht man sich strafbar, und das kann wohl nicht der Sinn von mehr direkter Demokratie und von direkter Demokratie auf Augenhöhe sein.
Wer sich für das Gemeinwohl einsetzt und Bürgerbegehren und Volksentscheide möglich macht, der hat nach Auffassung meiner Fraktion auch eine staatliche Unterstützung verdient. Und, so wie es in vielen anderen Bundesländern Praxis ist: Es geht da um geringe Beträge, die für Unterschriften geleistet werden können. Hier fehlt jegliche Bereitschaft der Koalition, einen wichtigen Schritt zu machen. Auch das dient nicht der direkten Demokratie.
Noch mal zu dem Argument von Herrn Felgentreu, man schaffe Rechtssicherheit, indem man eine Vorabprüfung des Verfassungsgerichtshofs einführt: Da mag etwas dran sein, aber dies steht in starker Abwägung zum Selbstbestimmungsrecht der Initiativen selbst. Wir vertrauen den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie schlau genug und gut vorbereitet genug sind, rechtssichere Volksbegehren zu machen. Und was Sie hier machen, ist, dass Sie Ihre falsche Entscheidung, die Bürgerinnen und Bürger auszusperren, im Nachhinein heilen. Und das hat einen Geschmack. Deswegen werden wir Ihr Bürgermisstrauensgesetz insgesamt nicht unterstützen.
Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gewaltmonopol des Staates ist ein hohes Gut. Das ganze Haus schützt es, und die Berliner Polizei ist besser aufgestellt, als es die FDP uns hier glauben machen möchte. Ich denke, deswegen ist es ein wichtiges Zeichen, das von hier ausgeht: dass wir Gewalt und politischen Extremismus in jeder Form ablehnen. Das hat auch die einhellige Unterstützung meiner Fraktion.
Nun haben wir ein paar neue Erkenntnisse, was die Gewalt gegen die Polizei angeht. Ich möchte sie hier auf den sachlichen Kern reduzieren: Es sind gerade die Streifenbeamten, die überdurchschnittlich häufig von Ablehnung und Gewalt betroffen sind. Es ist aber auch so, dass von Demonstrationen – was Sie gerade als Beispiel gebracht haben, Herr Jotzo – lediglich acht Prozent aller Gewaltübergriffe auf Polizistinnen und Polizisten ausgehen. Das heißt also, dass die verantwortlichen Innenpolitiker wieder die Alltagssituation jener Polizistinnen und Polizisten berücksichtigen müssen, die meistens aus heiterem Himmel – also nicht von irgendeinem vermeintlich politisch motivierten Irren – angegriffen werden, sondern bei Festnahmen, bei der Feststellung von Personalien, bei häuslicher Gewalt, beim Einschreiten zu Hause vor Ort bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das ist der Schwerpunkt, den wir gemeinsam erkennen müssen, und da gestehen Sie es doch bitte den anderen Fraktionen zu, eine gewisse Schieflage in ihrem Antrag zu erkennen.
Damit kommen wir zum Punkt, warum meine Fraktion Ihrem Antrag nicht zustimmen kann. Eine Imagekam
pagne für die Berliner Polizei würde erstens voraussetzen, dass man mit ihr darüber redet, ob sie das denn überhaupt will. Es sollte uns schon zu denken geben, dass bisher kein namhafter Polizist, sei es der Polizeipräsident oder Leute aus dem Stab oder Direktionsleiter oder wer auch immer Verantwortung in der Berliner Polizei hat, eine Imagekampagne befürwortet. So eine Imagekampagne will gut überlegt sein. Man gibt damit ja auch zu, dass das Image nicht stimmt.
Ich dagegen stelle fest, wenn ich mir so die Zustimmung zu oder das Vertrauen in bestimmte Berufsbilder zu Gemüte führe, dass die Polizei meistens führt oder auf dem zweiten, dritten Platz ist. Gerade wir als Politiker sollten uns überlegen, ob es richtig ist, dass wir bei unserem deutlich geringeren Ansehen – meistens knapp vor Versicherungsvertretern und Gewerkschaftsfunktionären – fordern, dass sich die Polizei einer Imagekampagne aussetzen soll. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg. Selbstbestimmung gilt auch für die Berliner Polizei, die die Mittel hat, um sich selbst eine Imagekampagne zu verordnen. Deshalb: keine Regulierung von oben. Die Berliner Polizei macht ihre Arbeit gut, und es geht darum, dass wir sie unterstützen.
Ich wollte noch nachschieben, dass Herr Pfeiffer von dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen keineswegs nur gesagt hat, dass die Leute, die Gewalt gegen Polizisten verüben, immer linker werden, sondern dass vor allem der Alkoholeinfluss gestiegen ist. Die Täter werden jünger, aber die politische Orientierung ist kaum noch festzustellen. Das ist auch das, was Frau Seelig hier gesagt hat und was ich verteidigen will: Auf den Demonstrationen lässt sich der schwarze Block doch nicht von seinem Tun abbringen, indem wir eine Imagekampagne machen. Das ist doch geradezu absurd. Was soll denn der schwarze Block dann machen? Die dritte Strophe der Nationalhymne singen oder auf die Verfassung schwören? Was wollen Sie denn da noch erreichen? Das sind Leute, die Sie mit einer Imagekampagne niemals erreichen werden, und es ist deswegen völlig verfehlt, sie hier ins Feld zu führen. Linksextremismus kann mit einer Imagekampagne nicht eingedämmt werden.
Ich möchte noch, damit dieses Thema nicht überhöht wird, ein – wie ich finde, sehr, sehr gutes – Wort des Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck wiedergeben, der uns vorgestern gesagt hat: Ja, Extremisten bedrohen die Demokratie. Aber eine zunehmend größere Bedrohung für die Demokratie liegt darin, dass wir zu einer Zuschauerdemokratie verkommen, dass den Leuten egal ist, was die Politiker machen und was in unserer Demokratie passiert. – Deswegen rege ich an: Versuchen Sie nicht, aus einem vermeintlich starken politischen Linksextremismus Honig zu saugen, sondern lassen Sie uns gemeinsam darum kümmern, wie wir es schaffen, wieder Vertrauen in der Bevölkerung für die Verantwortung zu gewinnen, die wir hier tragen. Dazu hat uns Joachim Gauck einiges ins Stammbuch geschrieben. Ich hoffe,
dass er Präsident wird und wir es dann auch schaffen, die Demokratie wehrhaft und stark gegen Extremismus zu machen, mit der Bevölkerung, die uns das Vertrauen und die Verantwortung gibt. Darauf sollten wir uns in Zukunft mehr konzentrieren. – Danke!
Danke schön! – Frau Senatorin! Haben Sie denn den Eindruck, dass die Strafverfolgungsbehörden das als lohnend empfinden, hier eine Konzentration auf Dealer vorzunehmen?
Wir können das Schwarze-Peter-Spiel gerne weitertreiben und jedem Fehlverhalten vorwerfen, aber das bringt nicht besonders viel. – Herr Körting! Wir würden es ausdrücklich begrüßen, wenn Sie sich der Initiative des grünen Hamburger Justizsenators anschließen würden. Warum haben Sie die Presseerklärung und die vielen Artikel, die es bundesweit seit Mitte April über die grüne Bundesratsinitiative gab, nicht verfolgt? Warum bekennen Sie sich nicht vehementer zu diesem Ziel?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator: Das Bundesland Baden-Württemberg will eine Entschließung in den Bundesrat einbringen, nach der die Strafverzichtsregelung im Waffengesetz wieder aufgegriffen wird. 200 000 legale und illegale Waffen sind bundesweit abgegeben worden. In Berlin waren es lediglich 2 000. Sie haben das als Erfolg bewertet, wir nicht. Ich frage Sie: Werden Sie der Entschließung des Bundeslandes Baden-Württemberg trotzdem zustimmen, noch einmal eine Strafverzichtserklärung in das Waffengesetz aufzunehmen?
Herr Senator Körting! Haben Sie denn selbst eine Meinung dazu, ob so eine Strafverzichtsregelung erforderlich und gut wäre, oder wollen Sie das tatsächlich den anderen, vielleicht auch in dieser Frage sachkundigen Senatsmitgliedern überlassen, wie die Haltung des Landes Berlin sein wird?
Danke, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass wir heute als Berliner Abgeordnetenhaus, als die gewählten Vertreterinnen und Vertreter dieses Landes eigentlich mehr den Schulterschluss suchen und auf die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zugehen, auf die vielen Berlinerinnen und Berliner, die gleich uns einen 1. Mai erlebt haben, der es in sich hatte. Wir haben viel über Lagen gesprochen, die die Polizei herausgefordert haben, aber es gab eben auch die Berlinerinnen und Berliner, die auf die Gewerkschaftsdemo gegangen sind. Das waren in diesem Jahr tausend Menschen mehr, die für soziale Rechte, für mehr Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekämpft haben, gegen prekäre Arbeitsverhältnisse.
Auch das ist ein Hoffnungssignal an diesem Tag gewesen. Es gab viele, die diesen Tag für die Familie genutzt haben; viele, die diesen Tag für die Freizeit genutzt haben; viele, die am 1. Mai auch politisch gedacht und überlegt und das zum Ausdruck gebracht haben. Ich möchte es ironisch sagen: Die einzigen Leute, die an diesem Tag Grund für Krawall gehabt hätten – unberechtigten Grund –, das sind die Menschen, die an Hertha BSC gehangen haben, denn seit diesem 1. Mai ist die Hauptstadt ohne Bundesligaverein.
Auch hier ist gesellschaftliches Leben erfolgt, auch hier sollten wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier das Gefühl in der Bevölkerung aufzunehmen wissen und zurückgeben können. Stattdessen leisten wir uns hier eine lächerliche Debatte, die, angeführt von der FDP, darin liegt, zu spalten, auch die anderen demokratischen Parteien, die ich hier sehe, zu spalten. Ich hoffe, Sie überwinden das und überwinden es, andere demokratische Parteien spalten zu wollen. Das, was wir heute bei Ihnen gesehen, haben – da war ich mir mit allen anderen Leuten aus den anderen Parteien einig –, das erinnert tatsächlich an düstere Zeiten, an Zeiten, in denen die Demokraten nicht mehr zusammenstanden. Ich bitte Sie ganz aufrecht: Verlassen Sie diesen Kurs! Suchen Sie mit uns gemeinsam eine Politik gegen Extremismus, Rechtsextremismus, gegen Linksextremismus, gegen sonstigen Extremismus! Da werden Sie uns auch an Ihrer Seite haben. Aber bitte tun Sie das redlich und nicht in der Form, wie heute hier vorgetragen!
Der Innensenator ist ja auch der Sportsenator, deshalb darf man das mit dem Sport auch vortragen. – Zwei Dinge haben wir noch nicht gesehen. Er hat es eben geschafft, sich den Erfolg anzuheften, dass es weniger Gewalt gegeben hat. Ja, das war ein Erfolg! Aber das darf längst nicht das bleiben, was es werden soll. Jede Gewalttat am 1. Mai ist zu bekämpfen, ist abzulehnen. Da werden wir auch in den nächsten Jahren weiter daran arbeiten.
Herr Körting! Ich möchte Ihnen noch eine Sache sagen. Sie wissen, die dritte Halbzeit: Die vielen Polizistinnen und Polizisten, die Staatsanwälte, die Bereitschaftsrichter, die sich dann um die Festgenommenen kümmern müssen, aber auch die Anwälte und Strafverteidiger, die haben an diesem 1. und 2. Mai wieder eine Situation vorgefunden, die für einen Rechtsstaat nicht befriedigend ist. Es gibt viele Beschuldigte – es ist mir da völlig egal, ob sie links oder rechts sind –, die nicht die Möglichkeit hatten, mit ihren Rechtsbeiständen zu telefonieren. Auch hier muss sich ein Rechtsstaat fragen: Wollen wir das? Auch das liegt in Ihrer Verantwortung.
Der zweite Punkt ist die individuelle Kennzeichnung der Polizeibeamtinnen und -beamten. Es steht eigentlich in Ihrem Koalitionsvertrag. Herr Wolf hat sich das heute Morgen gewünscht. Aber es liegt in Ihrer Verantwortung, das umzusetzen. Wenn eine linke Bundestagsabgeordnete sagt, sie soll noch in dieser Legislatur kommen, dann können wir Sie nur auffordern. Wir haben alle diesen einen Tritt des Berliner Polizisten gesehen. Wir können nur sagen, eine individuelle Kennzeichnung muss sofort kommen. Sie muss groß und einprägsam sein und auch nachts leuchten oder wenigstens reflektieren. Auch hier sollten wir immer wieder rechtsstaatliches Maß halten. Auch das ist eine Antwort auf diesen 1. Mai, auf das wir noch viele politisierte 1.-Mai-Veranstaltungen haben und
dass die Gewerkschaften im nächsten vielleicht noch mehr Zulauf haben werden. – Danke!
Herr Jotzo! Jetzt müssen Sie sich aber entscheiden.
Kurz vor dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Heute an dem Tag, an dem gegenüber das Ausstellungsgebäude der Topografie des Terrors eröffnet wurde, tun Sie uns gedanklich in ein Lager mit den Neonazis. Das haben Sie hier gesagt.
Sie haben gesagt, dass das, was wir gemacht haben, dazu führt, dass wir lieber auf der anderen Seite gestanden hätten. Das waren so Ihre Worte. Das sehen wir uns gern noch einmal im Protokoll an. Sie haben uns in eine Ecke mit Meinungsdiktaturen, mit Nationalisten, von denen wir weit entfernt sind, getan. Herr Jotzo! Wir arbeiten gern konstruktiv mit Ihnen zusammen, auch mit einer FDP, die eine sehr gute Tradition für einen Rechtsstaat, eine etwas schlechtere Tradition für unsere Wirtschaft hat.
Aber wir geben die Hoffnung nicht verloren, keine Hoffnung ohne Zweifel. Wenn Sie sich jetzt hier öffentlich dafür entschuldigen, dass Sie uns mit Neonazis in einen Topf geschmissen haben,
können wir die Zusammenarbeit gleich beginnen.
Ich lasse die Zwischenfrage zu.
Herr Kollege Jotzo! Damit sagen Sie, dass alle, die ein Zeichen gegen Nationalsozialismus, gegen Rechtsextremismus setzen wollen, wenn sie damit alle ihre staatsbürgerlichen Mittel, die sie haben, ohne Gewalt anzuwenden, nutzen, dass all diejenigen eigentlich bei den Nazis mitlaufen sollten.
Sie sollten sich über die Logik Ihres Satzes, auch wenn Sie es nicht so gemeint haben, klar werden, aber auch darüber, wen Sie damit verletzen – aufrechte Demokraten wie Herrn Thierse, wie viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten,
viele aus der Linkspartei, viele auch von uns Grünen – und ich glaube auch, ein liberales Verständnis. Das konterkarieren Sie damit. Sie sollten das zumindest zurückziehen, wenn Sie sich nicht dafür auch bei den Leuten entschuldigen, die Sie damit verletzt haben.
Herr Präsident! Herr Innensenator! Habe ich Sie gerade richtig verstanden: Sie fordern alle Berlinerinnen und Berliner auf, sich den Neonazis am 1. Mai friedlich entgegenzustellen?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt: Momentan können die Wählerinnen und Wähler nur begrenzt wählen – in Berlin alle fünf Jahre, mit der Erststimme einen Wahlkampfkandidaten oder eine -kandidatin, mit der Zweitstimme eine Partei, die mit einer vorher bestimmten Liste von Wahlbewerberinnen und -bewerbern zur Abgeordnetenhauswahl antritt. Sie haben bei der Wahl keinen Einfluss darauf, welche Personen von der Parteiliste in das Parlament kommen; bestimmte Personen können nicht bevorzugt werden, die sie kennen und schätzen oder denen sie mangels Alternative den Vorzug geben würden. Das Vorschlagsrecht der Parteien ist mithin absolut, und vielleicht ist auch das ein Grund für ein bisschen Partei- und Demokratiemüdigkeit in diesem Land.
Das hat auch das Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ bemängelt und gefordert, dass die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger mehr Einfluss auf die konkrete Zusammensetzung des Parlaments haben sollen. Dieser Ansatz ist dem Grunde nach begrüßenswert. Es ist auch gut, dass wir auf Initiative der FDP dieses Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ hier besprechen und aufgreifen und nicht sagen „Schotten dicht – ihr habt 24 000 Unterschriften für den Papierkorb gesammelt“ und dass wir es auch nicht so machen wie der Innensenator, der sagt, das Volksbegehren sei unzulässig, und sich dafür zu Recht vor dem Verfassungsgerichtshof eine schallende Ohrfeige eingefangen hat.
Genauso wie „Mehr Demokratie“ stehen wir – Bündnis 90/Die Grünen – seit unserer Gründung für mehr demokratische Beteiligung, für mehr Transparenz und für
Dr. Peter-Rudolf Zotl
Parteien, die offen sind für Veränderungen und nicht die Pfründe für ihre eigene Klientel sichern, wie es heute immer noch passiert, für Parteien, die nicht in den Hinterzimmern Erbhöfe organisieren, die dem eigenen Spross den Zugang zu den Fleischbänken der Macht sichert, nur weil man lange genug Kreiskassierer war. Damals war das Motto der Alternativen Liste, die Losung für Demokratie und Umweltschutz: Diesmal wählen wir uns selbst.
Die AL war es auch, die das Parteiensystem im positiven Sinne durcheinandergebracht hat. Das bestehende Parteiensystem hat uns aber auch dazu gezwungen, uns innerhalb der Partei bestimmte Regeln zu geben. Hier kommen wir gewissermaßen in einen Zielkonflikt zu dem grundsätzlich ganz begrüßenswerten Ansatz, Personen einzeln bevorzugen zu können. Sie wissen, wir haben bei uns die Frauenquote. Ich behaupte: Keine parteiliche Quote war so erfolgreich wie die Frauenquote bei den Grünen.
Gucken Sie einmal in Ihre Reihen! – Diese Quote war erfolgreich. Das haben wir heute wieder einmal gesehen. Ich kann als junger Mann, der seit fast 15 Jahren dort Parteimitglied ist, nur sagen: Auch den jungen Männern tut diese Frauenquote ganz gut. – Mit Blick auf die FDPFraktion denke ich: Das Kumulieren und Panaschieren wäre für Ihre Reihen ein mögliches Korrektiv. Mehr Vielfalt tut Ihnen und allen immer gut. Vielleicht ist ja deswegen auch der Wunsch der Vater des Gedankens, und ich kann verstehen, wie die Liberalen dazu gekommen sind. Sie sehen: Wir sind hier auch als Fraktion recht unentschieden, weil wir den Grundsatz begrüßen, aber nicht die Frauenquote aushebeln wollen. Deswegen können wir uns zwar zunächst offen zu ihrem Vorschlag positionieren.
Immer!
Ich stimme Ihnen zu, aber die Qualität der Veränderung sollte doch ermöglichen, mehr Vielfalt möglich zu machen, das heißt, mindestens die Hälfte der Macht den Frauen und auch mehr Diversity, mehr Unterschiedlichkeit innerhalb von einzelnen Fraktionen – nicht nur junge Männer mit Krawatten, die denken, der Windhund sei der Schnellste und der Beste, und sich deswegen einen Platz in der FDP ergattern müssen.