Damit haben Sie völlig Recht. Also lassen Sie uns die Debatte doch erst einmal gemeinsam führen und nicht vorher schon aufzeigen, wie sie beendet werden kann.
Danke, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das hier vorliegende EU-Informations-Gesetz will, dass die Berliner und ihre gewählten Vertreter, also wir, mehr und automatisch über europäische Politik informiert werden und europäische Entscheidungen von Anfang an transparent sind. Wer kann etwas dagegen haben?
Berlin hat in mehreren Erklärungen, zuletzt in der Lübecker Erklärung, mit anderen Bundesländern das Zeichen gesetzt, die Subsidiarität zu stärken und aus den Regionen heraus an unserem gemeinsamen Europa zu bauen. Frühzeitige Informationen – Herr Dragowski, da haben Sie Recht – von Bürgern und deren Vertretern sind deshalb nötig. Daher brauchen wir das Informationsgesetz. Das Berliner Büro in Brüssel ist auch dazu in der Lage. Es bedarf nicht einmal eines Mehraufwandes. Es wäre nicht viel als die einfache Entscheidung zu sagen, bitte gebt das auch den Abgeordneten zur Kenntnis. Das wäre Service und ein Vorteil, damit wir rechtzeitig die Arbeit intensivieren können. Ich verstehe nicht, wie man sich gegen ein Gesetz versperren kann. Eines ist klar, Artikel 50 unserer Verfassung hin oder her: Es gibt nichts Selbstverständlicheres als ein einfaches Gesetz, das grundgesetzliche Verfasstheiten ausgestaltet. Deswegen danke ich Ihnen, Herr Dragowski für Ihre Mühen und finde es schade, dass sie nicht erhört werden.
Wenn jetzt hier gesagt wird, es gäbe alles an Informationen, man müsse nur einmal schauen, fällt mir ein gravierendes Beispiel ein, das auch die Linksfraktion interessieren dürfte, es sei denn, Europa ist ihnen komplett egal. Diese Möglichkeit besteht auch. Das weiß man immer nicht so genau. Unser Innensenator Körting ist seit Anfang dieses Jahres Vorsitzender der Ländervertretung im europäischen Rat für Inneres und Justiz, der JI-Rat. Er verhandelt über die Sicherung unserer Außengrenzen, über FRONTEX. Er baut kräftig mit an der Festung Europa, die Ihr Kollege Pflüger, von der Linksfraktion, aus dem EP heftig bekämpft. Da baut unser Innensenator mit. Wissen Sie, wie oft wir darüber im Ausschuss gesprochen haben? – Wir haben nicht darüber diskutiert. Wir erhalten
Ich glaube eines: Die Linke ist in Wahrheit froh, dass wir nicht frühzeitig darüber reden. Ihr Bundesvorsitzender kann froh sein, dass es FRONTEX und die gesicherten Außengrenzen gibt. Es sind weniger Fremdarbeiter hier. Das ist ein Abtauchen, ein Herumgedrücke, genau so, wie Sie es auch beim EU-Vertrag getan haben.
Sie sollten einmal den Innensenator fragen, welche europäische Politik er betreibt, während Ihr Bundesvorsitzender gegen „Fremdarbeiter“ hetzt. Vielleicht wäre es Ihre Aufgabe im Innenausschuss zu fragen: „Sehr geehrter Herr Körting, was machen Sie hier für eine EU-Innen- und Außenpolitik?“ Das ist genauso Ihre Aufgabe wie unsrige. Die FDP hat dazu ein Informationsgesetz vorgelegt. Hätten wir das heute hier, wären wir schon einen Schritt weiter.
Richtig gefährlich und perfide ist das, was Kollege Zimmermann im Europaausschuss gesagt hat, er wolle die automatischen Informationen von Landtagsabgeordneten nicht. Es ist im Protokoll nachzulesen. Er hat es mit einem Verwaltungsvorbehalt begründet. Hier hat der Kollege Dragowski völlig zu Recht die Frage gestellt, was das für das Verständnis einer Fraktion von frei gewählten Abgeordneten bedeutet.
Was bedeutet es für dieses Verständnis, zu sagen, es gäbe bei Informationsrechten des Abgeordnetenhauses einen Verwaltungsvorbehalt der Exekutive? Was bedeutet das für unser Berufethos? Diese Frage haben Sie nicht beantwortet, Herr Zimmermann. Ein Verwaltungsvorbehalt bei Informationsrechten ist der gröbste juristische Unsinn, den es jemals gegeben hat. Das können Sie bei Organisationen, Beteiligungen oder Unternehmensfragen anführen, aber niemals bei unseren Informationsrechten, Herr Zimmermann. Ich finde, Sie zeichnen damit das Bild einer SPD-Fraktion, die von der Verwaltung gehalten wird, die es überhaupt nicht darauf anlegt, informiert zu werden. Das ist gefährlich für die parlamentarische Demokratie in diesem Land, Herr Zimmermann.
Ich hoffe für Sie, Sie werden sobald es geht, Senator, dann können Sie das mit Ihrer Fraktion weiterspielen, wie Ihre Senatoren das mit Ihnen machen. Dann haben Sie noch die Linksfraktion, die sich zu Europa verhält, wie es heute hier und morgen da nötig ist. Aber ich sage Ihnen eines: Mit dem Informationsgesetz wären wir weiter gewesen. Ich hoffe sehr, dass die Zeiten dafür kommen.
Zum Gesetzesantrag der FDP Drucksache 16/1110 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen und der FDP die Ablehnung. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Grünen, die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP. Wer ist gegen dieses Gesetz? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist das Gesetz abgelehnt.
Zum weiteren FDP-Antrag Drucksache 16/1608 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien und BerlinBrandenburg, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Beschlussempfehlungen BildJugFam und Haupt Drs 16/1638 – neu – Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/1298
In unserer letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause hatten wir die Beschlussempfehlung des Fachausschusses bereits auf der Tagesordnung. Aufgrund der finanziellen Auswirkungen hat das Plenum diesen Vorgang zur Beratung auch an den Hauptausschuss überwiesen. Diese Beschlussempfehlung des Hauptausschusses liegt mir nunmehr vor.
Ich eröffne deshalb die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel miteinander zu verbinden. Ich höre und sehe keinen Widerspruch.
Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I bis IV Drucksache 16/1298 unter Berücksichtigung der Beschlussfassung mit der Drucksache 16/1638 – neu –. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Ich lasse abstimmen. Die Ausschüsse empfehlen jeweils einstimmig die Annahme mit Änderungen. Wer so gemäß den Drucksachen 16/1298 und 16/1638 – neu – beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Damit ist einstimmig so beschlossen. Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG für Lehrkräfte und Sozialberufe ist so angenommen.
Berliner Gesetz über einen Armuts- und Reichtumsbericht – Armuts- und Reichtumsberichtsgesetz (ARBG)
Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung stehen den Fraktionen jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der Grünen. Das Wort hat für die Grünen Frau Villbrandt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wachsende Armut ist eine bundesdeutsche Entwicklung und verschärft die soziale Lage in Berlin. In dieser Stadt leben mehr als eine halbe Million Menschen von Transferleistungen, Arbeitslosengeld II und Grundsicherung, aber das ist nur ein Teil der Betroffenen. In Berlin tritt Armut in verschiedenen Facetten zutage. Sie betrifft bestimmte Personengruppen häufiger als andere, besonders jedoch Kinder, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund. Einige Bezirke wie Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg oder Marzahn-Hellersdorf sind besonders betroffen. Das Auseinanderdriften von Stadtteilen und sozialen Lebenslagen schreitet voran und konnte bisher auch nicht aufgehalten werden. Immer mehr Berlinerinnen und Berliner sind trotz Arbeit arm. Prekäre Beschäftigungen nehmen zu. Damit in Berlin Armut wirkungsvoll bekämpft werden kann und die Finanzmittel zielgerichtet und effektiv eingesetzt werden können, muss Berlin eine aktuelle und detaillierte Berichterstattung zur Armuts- und Reichtumsentwicklung bekommen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt diesen Gesetzesantrag ein, um einen regelmäßigen Armuts- und Leistungsbericht sicherzustellen, auf dessen Grundlage dann eine nachhaltige Landessozialpolitik für Berlin gemacht werden kann. Viele Bundesländer haben inzwischen ihre Armuts- und Reichtumsberichte, und so schadet das Fehlen einer entsprechenden Berichterstattung nicht nur dem Land Berlin, sondern erschwert auch die bundesweite Vergleichbarkeit von sozialen Entwicklungen. – Täusche ich mich, oder ist es sehr unruhig, Frau Präsidentin?
Die Rednerin hat vollkommen recht. Ich bitte, die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was hier vorne stattfindet, und alle anderen Gespräche nach außen zu verlagern. – Bitte!
Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Armut entsteht erst einmal durch das Fehlen finanzieller Mittel, aber auch durch unzureichenden Zugang zu Bildung, Beratung, Dienstleistungen, bezahlbarem Wohnraum und Kulturangeboten. Deshalb muss eine Landessozialberichterstattung die Komplexität der sozialen Lebenslagen einzelner Bevölkerungsgruppen darstellen.
Aber auch die Entwicklung und Darstellung des Reichtums ist notwendig, und zwar nicht, weil man den Menschen ihren Erfolg oder ihre guten Einkommen nicht gönnt, sondern weil die Vermehrung dieses Reichtums, der auch der gegenwärtigen Wirtschafts- und Steuerpolitik geschuldet ist, einer wachsenden Armut größerer Bevölkerungsgruppen gegenübersteht. Das ist jetzt schon, aber vor allem zukünftig ein Problem für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Die bereits vorhandenen Daten sollten eine Grundlage für diesen Armuts- und Reichtumsbericht sein. Sie müssen regelmäßig über Zeitläufe verfolgt und gebündelt und dann in geeigneter Form interpretiert werden. Auch Schlussfolgerungen aus anderen Berichten wie Sozialstrukturatlas oder Gesundheitsbericht müssen hineinfließen.
Wir wollen keine Datenberge, die in den Schubladen von Experten verstauben, aber nur Berichterstattungen, die in regelmäßigen Abständen auf aktuellen ressortübergreifenden Daten basieren, können eine Vergleichbarkeit ermöglichen und Auskunft über die soziale Entwicklung und Veränderung im gesellschaftlichen Zusammenleben geben.
Die Gesetzesform ist wichtig, weil damit keine Beliebigkeit geduldet wird und wir unsere Verantwortung über diese Wahlperiode hinaus tragen. Das Ziel muss sein, unabhängig von der jeweiligen Regierung und eventuellen Engpässen, die es immer wieder gibt, einen Bericht in kurzen Abständen zu erstellen. Ein Armuts- und Reichtumsbericht nach diesen von uns genannten Kriterien kann dann ein sinnvolles Steuerungsinstrument für die Planung und für weitere Entwicklungen der Sozialpolitik in Berlin werden.
Wir sind für Ihre inhaltlichen Veränderungsvorschläge offen. Diese können Sie in einem Änderungsantrag zu unserem Gesetzesentwurf zum Ausdruck bringen oder mit uns im Ausschuss über die Einzelheiten diskutieren. Ich bitte Sie dabei um Ernsthaftigkeit und vor allem um Ihre Zustimmung. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Villbrandt! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Radziwill das Wort. – Bitte sehr!
Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Villbrandt! Die Ernsthaftigkeit, das kann ich Ihnen zusichern, werden wir an den Tag legen. Die Zustimmung kann ich Ihnen leider noch nicht zusichern. Deshalb wird