Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

nen Augen taktische Spielchen machen wir nicht mit. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 13:

Große Anfrage und schriftliche Antwort des Senats

Sanierung des ICC auf solider Basis durchführen

Große Anfrage der CDU und Antwort des Senats Drsn 16/1555 und 16/1672

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die beantragende Fraktion der CDU. Das Wort hat der Kollege Dietmann.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU begrüßt ausdrücklich, dass der Senat nach einer schier unendlichen Hängepartei zu der Einsicht gekommen ist, das ICC, welches mehrfach preisgekrönt ist, zu erhalten und zu sanieren. Damit, so scheint es, wurde eine schädliche Debatte vorerst mit einem Schlussstrich versehen, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller 2003 mit der Äußerung angestoßen hatte, das ICC sei nicht zeitgemäß und gehöre abgerissen.

Nach endlosem und langem Hin und Her – ich erspare uns an dieser Stelle Ausführungen darüber, wie oft die Entscheidung verschleppt wurde –, diversen Gutachten, die den Berliner Steuerzahler schon mehr als 500 000 Euro gekostet haben, und regelmäßigen Ankündigungen seit 2007, in der Sache entscheiden zu wollen, entschied der Senat im Mai nun endlich, die Sanierung des ICC bei laufendem Betrieb vornehmen zu wollen.

Unsere Position war von Anfang an klar; das haben wir auch immer wieder in der Öffentlichkeit vertreten: Die CDU-Fraktion war von Anfang an für den Erhalt des ICC. Mit unserer großen Anfrage vor den Sommerferien wollten wir vom Senat Details zu den geplanten Vorhaben erfahren. Wir wollten uns die Entscheidungen genauer anschauen, denn wir haben uns gefragt, was Sie eigentlich beschlossen haben oder besser: was Sie alles nicht beschlossen haben. Denn außer der Entscheidung, das ICC sanieren zu wollen, haben wir nichts weiter vom Senat gehört. Daran ändert auch die lapidare schriftliche Beantwortung nichts. Selbst in den dazwischenliegenden drei Monaten kam nur Senatsfunkstille. Viele wichtige Fragen bleiben offen, vier spreche ich kurz an.

Wie sieht die Finanzierung des Vorhabens aus? Bis heute fehlt ein belastbares Finanzierungskonzept. Sie selbst

sprechen davon, dass die bisher vorgelegten Zahlen nur grobe Schätzungen sind, sie keine Kostensicherheit geben. Nach den jahrelangen Vorbereitungen und Diskussionen ist dies ein unfassbarer Zustand.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Elisabeth Paus (Grüne)]

Und noch schlimmer: Ein nächstes Gutachten wird den Steuerzahler wahrscheinlich noch einmal eine halbe Million Euro kosten. Hoffentlich wird die Senatsprognose dann endlich seriös. Bislang ist sie eine reine Luftnummer.

Wie sieht es mit den Planungen zur Deutschlandhalle aus? Den Abriss der denkmalgeschützten Deutschlandhalle konnten Sie bis heute niemandem erklären. Viele sagen, der Abriss der Deutschlandhalle sei das Gegengeschäft zum Abriss des Palasts der Republik. Ich hoffe nicht, dass diese Stimmen recht haben, allerdings tut die rot-rote Koalition nicht viel dafür, diesen Eindruck zu entkräften. Zunächst wird der Eissport trockengelegt, ohne dass klar ist, was auf dem Gelände passieren soll. Sie selbst schreiben in Ihrer schriftlichen Antwort, dass es keine konkreten Pläne für eine Messeerweiterung gibt. Daher bleibt die CDU-Fraktion bei ihrer Meinung: Wir sind gegen einen Abriss der denkmalgeschützten Deutschlandhalle.

[Beifall bei der CDU]

Von welchen baulichen Lösungen gehen Sie aus? Die Entscheidung zur Erweiterung der Programmflächen, wie es so schön heißt, soll erst nach der technischen Sanierung des ICC entschieden werden. Was heißt das? – Ich stelle mir das ungefähr so vor, dass Sie während der Sanierung eines Einfamilienhauses irgendwann auf die Idee kommen, in die bestehende Fläche noch eine Küche integrieren zu wollen. Jeder Architekt würde den Kopf schütteln. Das macht deutlich, wie plan- und konzeptlos Ihr Vorgehen ist. Auch ist überhaupt nicht klar geworden, ob Sie mit der Messe ein Konzept erarbeitet haben, um während der Sanierungsphase einen reibungslosen Messe- und Kongressablauf zu gewährleisten.

Wie sieht es mit der Berücksichtigung von ökologischen Kriterien bei der Sanierung aus? Auch dazu haben wir bislang gar nichts gehört. Nachdem der Regierende Bürgermeister Klimaschutz zur Chefsache erklärt hat, müsste man erwarten, dass der Senat dieses Großprojekt nutzt und die Chance ergreift, um zu zeigen, wie ernst er es mit der Nachhaltigkeit und der Nutzung regenerativer Energien meint. Aber auch hier absolute Fehlanzeige!

Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass der Senatsbeschluss zum ICC eine Mogelpackung mit vielen offenen Fragen ist, bei dem die Deutschlandhalle allein als linkes Bauernopfer herhalten musste. Die Antwort auf die Große Anfrage war für mich und die CDU-Fraktion mehr als enttäuschend, denn wir haben keine neuen Informationen bekommen.

Ende Mai gingen viele davon aus, dass die Sanierung des ICC klar sei. Heute wird deutlich, dass eine ganze Reihe

offener Fragen zur Sanierung existiert und uns weiter beschäftigen wird. – Es bleibt abzuwarten, mit welcher Kraft Sie, Herr Senator Wolf, diese Sanierung vorantreiben werden. Es ist bekannt, dass Sie immer für einen Abriss und gegen eine Sanierung waren. Ihre eigenen Parteigenossen konnten Sie offensichtlich nicht für die Entscheidung pro Sanierung gewinnen, denn der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Herr Liebich, sagte am 9. Juni im Wirtschaftsausschuss, dass er die Senatsentscheidung für grundsätzlich falsch halte. Er sprach sogar von einer finanzpolitisch abenteuerlichen Entscheidung des Senats. Damit wird deutlich, dass in der Frage um die Sanierung des ICC ein Riss durch die rot-rote Koalition geht, der genauso tief ist wie der Grand Canyon. Wie will die Linke den Senatsbeschluss zum ICC bei elementaren Bedenken eigentlich mittragen? Sie gaukeln uns vor, in Sachen ICC entschieden zu haben, Herr Wolf, aber es wurde deutlich, dass vor uns noch ein langer, steiniger, verminter Weg liegt, bis wir uns an einem rundum sanierten ICC erfreuen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Stroedter.

Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt die Entscheidung des Berliner Senats vom 27. Mai 2008 ausdrücklich – so lange ist es her, und so verspätet kann man heute darüber sprechen –, das ICC bei laufendem Betrieb abschnittsweise zu sanieren und zu modernisieren. Wir sind froh, dass mithilfe der drei Gutachten, die im Sommer 2007 in Auftrag gegeben wurden, eine Entscheidungsgrundlage dafür geliefert wurde, in welchem Zusammenhang die Frage zu klären war, mit welchem Raum- und Funktionsprogramm die Anforderungen der Messe am besten erfüllt werden. Wir glauben, dass die drei neuen Gutachten – anders als frühere Untersuchungen – einen echten Vergleich zwischen der Sanierung des ICC und einem Neubau am Standort der Deutschlandhalle erbracht haben. Es ist kein Geheimnis, dass sich sowohl der Wirtschaftssenator als auch die Messe Berlin den Neubau eines Kongresszentrums gut hätten vorstellen können. Manches Gutachten diente auch dazu, diesen Standpunkt der Messe zu untermauern. Es ist leichter für die Messe, ein neues Kongresszentrum zu bauen und das alte bis dahin ohne Einschränkungen weiter zu benutzen, als das bestehende Gebäude bei laufendem Betrieb über mehrere Jahre zu sanieren. Aus unserer Sicht war und ist der entscheidende Punkt für die getroffene Entscheidung, dass es für das ICC keine seriöse Nachnutzungskonzeption gab. Ein kompletter Abriss des ICC wäre praktisch schon wegen der Stadtautobahn undurchführbar und mit Sicherheit extrem teuer gewesen. Bei einem Teilabriss wären auch hohe Kosten entstanden, und das vorhandene Rest-ICC als Shoppingmeile zu nutzen, wäre ganz indiskutabel gewesen und zulasten

der Einzelhandelsgeschäfte in der Kantstraße gegangen. Andere Vorschläge wie ein Einmotten des ICC waren erst recht absurd.

Darüber hinaus wurde das ICC mehrfach als bestes europäisches Kongresszentrum ausgezeichnet. In den nächsten Jahren ist es bereits sehr gut bebucht. Das ICC hat in vielen Bereichen, insbesondere in der Medizin, die Rolle eines Weltmarktführers. Dies bedeutet, sogar ein unsaniertes ICC ist heute schon ein finanzieller Gewinn für unsere Stadt. Hinzu kommen Imagegewinn und Werbewirksamkeit durch die weltweite Berichterstattung.

Es muss leider auch festgestellt werden, dass die Debatte der vergangenen Jahre – und es waren viele Jahre – über Sanierung bzw. Abriss des ICC dem Ruf Berlins als führende Kongressstadt geschadet hat.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Umso wichtiger ist es jetzt, nach der getroffenen Entscheidung den positiven Blick nach vorn zu richten. Umso bedauerlicher ist es, dass Teile der Opposition eine negative Diskussion um die Lösung der Finanzierungsfragen im Zusammenhang mit der Sanierung des ICC entfacht haben.

[Beifall bei der SPD]

Die Aussage von Wirtschaftssenator Harald Wolf ist richtig, dass eine absolute Kostensicherheit auf der Grundlage der bisher vorliegenden Ideen bzw. Massenstudie nicht abgegeben werden kann. Dies wäre bei jedem anderen Bauvorhaben und jeder anderen Sanierung eines vorhandenen Gebäudes nicht anders.

Ganz unverständlich war aus meiner Sicht die Position der IHK zu der vom Senat getroffenen Entscheidung. Gerade die IHK hatte sich in der leidigen Debatte zum Flughafen Tempelhof, die auch heute wieder eine Rolle spielte, immer dafür ausgesprochen, den Flughafen unverändert zu erhalten. Dort wurden nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Gründe beiseitegeschoben. Beim ICC nun heißt es aus Sicht der IHK: Hier wird viel Geld für ein Westberliner Wahrzeichen ausgegeben.

[Daniel Buchholz (SPD): Seltsam, seltsam!]

Seltsam, seltsam! – Natürlich ist eine Sanierung bei laufendem Betrieb über viele Jahre keine einfache Angelegenheit. Eine Sanierung über einen Zeitraum von ca. sechs Jahren ist jedoch schon deshalb absolut zwingend, weil nur so sichergestellt werden kann, dass der Kongressbetrieb ohne größere Einschränkung weiterlaufen kann. Der Vorteil einer längerfristigen Sanierung liegt auch darin, dass sich die Kosten auf insgesamt drei Doppelhaushalte verteilen werden.

Bei der der Senatsentscheidung zugrunde liegenden Variante 2 der neuen Gutachten belaufen sich die Kosten der Sanierung des ICC auf 182 Millionen Euro. Weitere 58 Millionen Euro würden erst benötigt, wenn eine Erweiterung des ICC zur Erfüllung des idealtypischen Raumprogramms erfolgte. Gegebenenfalls gehört hierzu

ein gesondertes Brückenbauwerk über den Messedamm. Eine solche Vernetzung mit dem Messegelände könnte von großem Vorteil sein. Man wird dann prüfen müssen, inwieweit das ehemalige Parkhaus entsprechend umgebaut werden kann, falls wir es für sinnvoll halten.

Das ICC wird nach der Sanierung modern und zeitgemäß sein. Die Messe Berlin wird ein zukunftsfähiges Kongresszentrum erhalten. Wir gehen davon aus, dass der einmalige Baukörper des ICC längst nicht mehr nur ein Symbol für das alte Westberlin, sondern ein bedeutendes Wahrzeichen für unsere ganze Stadt ist, auf das wir alle stolz sein können. – Danke!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank für die rhetorische Punktlandung! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat nun die Frau Kollegin Paus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden gleich wieder eine Rede vom Kollegen Liebich hören, nach dem Motto: Das ist zwar alles Unsinn, was wir jetzt hier beschließen, aber die SPD hat es so gewollt, und deswegen wird es so passieren.

[Zuruf von Stefan Liebich (Linksfraktion)]

Das ist offenbar der Unterschied: Die PDS ist in der Regierung, weiß, dass sie da Unsinn beschließt, beschließt ihn aber trotzdem. Wir sind in der Opposition, stellen fest, dass es Unsinn ist, und wollen es ändern, weil wir Verantwortung für die Stadt übernehmen wollen. Dazu werde ich jetzt reden.

[Beifall bei den Grünen – Christian Gaebler (SPD): Wir wollen das ICC doch sanieren!]

Herr Gaebler, warten Sie es ab! – Was ist bisher passiert? – Seit langem war klar: Das ICC ist nach mehr als 25 Jahren in Betrieb sanierungsbedürftig – wie jedes Gebäude. Es entspann sich an der Sanierungsfrage und den dabei entstehenden Kosten jedoch erstens die völlig berechtigte Debatte, inwieweit das ICC den Anforderungen an ein internationales Kongresscenter im 21. Jahrhundert gerecht werden kann. Es gab zweitens die Debatte um die Betriebskosten des ICC, die zwar nicht astronomisch, aber dennoch vergleichsweise hoch sind. Wenn das also die drei relevanten Fragen sind – erstens Höhe der Sanierungskosten, zweitens moderne Kongressanforderungen und drittens Betriebskosten –, dann muss ein Senatsbeschluss auf diese drei Fragen eine angemessene Antwort finden und eine Lösung erarbeiten. Ich muss leider heute feststellen, dass der getroffene Senatsbeschluss – Herr Dietmann hat bereits darauf hingewiesen – genau diese Lösungen nicht liefert, und die Linkspartei sogar das

Gegenteil kommuniziert. Das ist Unsinn, und das muss dringend geändert werden.

[Beifall bei den Grünen – Stefan Liebich (Linksfraktion): Was sagt ihr denn dazu?]

Nach wie vor gibt es keine Kostensicherheit, keine Festlegung auf ein Bedarfsprogramm – und das nach inzwischen mehr als fünf Gutachten. Die Entscheidung über die Berücksichtigung moderner Kongressanforderungen wurde ins Jahr Irgendwann nach 2015 verschoben. Nur hinsichtlich der Betriebskosten steht heute schon fest: Sie werden mit dieser Senatsentscheidung nicht sinken.

[Zuruf von Jutta Matuschek (Linksfraktion)]

Dieses Handeln von Senat und Koalition ist nicht akzeptabel. Es ist eine schwere Hypothek für das Ansehen und den zukünftigen Erfolg des ICC, und es setzt das internationale Renommee aufs Spiel. Ich erinnere daran, dass das ICC noch regelmäßig Preise einsammelt und als bestes internationales Kongresszentrum gilt. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich deshalb stattdessen für eine zukunftsfähige Sanierung des ICC ein. Zukunftsfähig bedeutet für uns, dass moderne Medientechnik und ein modernes Raumkonzept realisiert werden. Gerade durch die Lektüre der neuesten Gutachten sehen wir uns in unserer Einschätzung bestätigt, dass ein modernes Raumkonzept keinen Anbau erfordert, sondern in dem bisherigen Gebäude zu realisieren ist. Das wäre auch ein wichtiger Eckpfeiler zur Senkung der Betriebskosten durch eine bessere Raumnutzung.