Michael Dietmann
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Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU begrüßt ausdrücklich, dass der Senat nach einer schier unendlichen Hängepartei zu der Einsicht gekommen ist, das ICC, welches mehrfach preisgekrönt ist, zu erhalten und zu sanieren. Damit, so scheint es, wurde eine schädliche Debatte vorerst mit einem Schlussstrich versehen, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller 2003 mit der Äußerung angestoßen hatte, das ICC sei nicht zeitgemäß und gehöre abgerissen.
Nach endlosem und langem Hin und Her – ich erspare uns an dieser Stelle Ausführungen darüber, wie oft die Entscheidung verschleppt wurde –, diversen Gutachten, die den Berliner Steuerzahler schon mehr als 500 000 Euro gekostet haben, und regelmäßigen Ankündigungen seit 2007, in der Sache entscheiden zu wollen, entschied der Senat im Mai nun endlich, die Sanierung des ICC bei laufendem Betrieb vornehmen zu wollen.
Unsere Position war von Anfang an klar; das haben wir auch immer wieder in der Öffentlichkeit vertreten: Die CDU-Fraktion war von Anfang an für den Erhalt des ICC. Mit unserer großen Anfrage vor den Sommerferien wollten wir vom Senat Details zu den geplanten Vorhaben erfahren. Wir wollten uns die Entscheidungen genauer anschauen, denn wir haben uns gefragt, was Sie eigentlich beschlossen haben oder besser: was Sie alles nicht beschlossen haben. Denn außer der Entscheidung, das ICC sanieren zu wollen, haben wir nichts weiter vom Senat gehört. Daran ändert auch die lapidare schriftliche Beantwortung nichts. Selbst in den dazwischenliegenden drei Monaten kam nur Senatsfunkstille. Viele wichtige Fragen bleiben offen, vier spreche ich kurz an.
Wie sieht die Finanzierung des Vorhabens aus? Bis heute fehlt ein belastbares Finanzierungskonzept. Sie selbst
sprechen davon, dass die bisher vorgelegten Zahlen nur grobe Schätzungen sind, sie keine Kostensicherheit geben. Nach den jahrelangen Vorbereitungen und Diskussionen ist dies ein unfassbarer Zustand.
Und noch schlimmer: Ein nächstes Gutachten wird den Steuerzahler wahrscheinlich noch einmal eine halbe Million Euro kosten. Hoffentlich wird die Senatsprognose dann endlich seriös. Bislang ist sie eine reine Luftnummer.
Wie sieht es mit den Planungen zur Deutschlandhalle aus? Den Abriss der denkmalgeschützten Deutschlandhalle konnten Sie bis heute niemandem erklären. Viele sagen, der Abriss der Deutschlandhalle sei das Gegengeschäft zum Abriss des Palasts der Republik. Ich hoffe nicht, dass diese Stimmen recht haben, allerdings tut die rot-rote Koalition nicht viel dafür, diesen Eindruck zu entkräften. Zunächst wird der Eissport trockengelegt, ohne dass klar ist, was auf dem Gelände passieren soll. Sie selbst schreiben in Ihrer schriftlichen Antwort, dass es keine konkreten Pläne für eine Messeerweiterung gibt. Daher bleibt die CDU-Fraktion bei ihrer Meinung: Wir sind gegen einen Abriss der denkmalgeschützten Deutschlandhalle.
Von welchen baulichen Lösungen gehen Sie aus? Die Entscheidung zur Erweiterung der Programmflächen, wie es so schön heißt, soll erst nach der technischen Sanierung des ICC entschieden werden. Was heißt das? – Ich stelle mir das ungefähr so vor, dass Sie während der Sanierung eines Einfamilienhauses irgendwann auf die Idee kommen, in die bestehende Fläche noch eine Küche integrieren zu wollen. Jeder Architekt würde den Kopf schütteln. Das macht deutlich, wie plan- und konzeptlos Ihr Vorgehen ist. Auch ist überhaupt nicht klar geworden, ob Sie mit der Messe ein Konzept erarbeitet haben, um während der Sanierungsphase einen reibungslosen Messe- und Kongressablauf zu gewährleisten.
Wie sieht es mit der Berücksichtigung von ökologischen Kriterien bei der Sanierung aus? Auch dazu haben wir bislang gar nichts gehört. Nachdem der Regierende Bürgermeister Klimaschutz zur Chefsache erklärt hat, müsste man erwarten, dass der Senat dieses Großprojekt nutzt und die Chance ergreift, um zu zeigen, wie ernst er es mit der Nachhaltigkeit und der Nutzung regenerativer Energien meint. Aber auch hier absolute Fehlanzeige!
Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass der Senatsbeschluss zum ICC eine Mogelpackung mit vielen offenen Fragen ist, bei dem die Deutschlandhalle allein als linkes Bauernopfer herhalten musste. Die Antwort auf die Große Anfrage war für mich und die CDU-Fraktion mehr als enttäuschend, denn wir haben keine neuen Informationen bekommen.
Ende Mai gingen viele davon aus, dass die Sanierung des ICC klar sei. Heute wird deutlich, dass eine ganze Reihe
offener Fragen zur Sanierung existiert und uns weiter beschäftigen wird. – Es bleibt abzuwarten, mit welcher Kraft Sie, Herr Senator Wolf, diese Sanierung vorantreiben werden. Es ist bekannt, dass Sie immer für einen Abriss und gegen eine Sanierung waren. Ihre eigenen Parteigenossen konnten Sie offensichtlich nicht für die Entscheidung pro Sanierung gewinnen, denn der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Herr Liebich, sagte am 9. Juni im Wirtschaftsausschuss, dass er die Senatsentscheidung für grundsätzlich falsch halte. Er sprach sogar von einer finanzpolitisch abenteuerlichen Entscheidung des Senats. Damit wird deutlich, dass in der Frage um die Sanierung des ICC ein Riss durch die rot-rote Koalition geht, der genauso tief ist wie der Grand Canyon. Wie will die Linke den Senatsbeschluss zum ICC bei elementaren Bedenken eigentlich mittragen? Sie gaukeln uns vor, in Sachen ICC entschieden zu haben, Herr Wolf, aber es wurde deutlich, dass vor uns noch ein langer, steiniger, verminter Weg liegt, bis wir uns an einem rundum sanierten ICC erfreuen können. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Monaten haben uns immer wieder Studien über die wirtschaftliche Entwicklung Berlins ereilt, die alarmierend sind und die die gesamte Inkompetenz in Sachen rot-roter Wirtschaftspolitik belegen. Die jüngste Studie der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ sieht Berlin im Städtevergleich wie im Vorjahr im Niveau, aber auch in der dynamischen Entwicklung auf Platz 50 – von 50 Städten, die verglichen wurden.
Wir möchten in der heutigen Aktuellen Stunde daher über dieses wichtige Thema, nämlich die wirtschaftliche Entwicklung Berlins reden, denn eine gute Wirtschaftspolitik würde den Rahmen dafür schaffen, neue Arbeitsplätze in Berlin entstehen zu lassen.
Wir haben daher einen Antrag mit folgendem Titel eingebracht: „Wirtschaftsstandort Berlin trägt leider die rote Laterne: Laut Studie unattraktiv, höchste Arbeitslosenquote bundesweit, Investoren werden verprellt. Und dank Rot-Rot ist kein Aufbruch in Sicht!“
Die besagte Studie sieht Berlin wirtschaftlich unattraktiver als „Weltstädte“ wie Münster, Herne oder Gelsenkirchen. Und was sagt der Wirtschaftssenator Wolf dazu? – Er bezeichnet die Studie als unfair, sagt, Regionen wie Berlin hätten ihre Widersprüche oder je nach Studie ergäben sich verschiedene Bilder. Diese hier sei einseitig. – Aha, Herr Wirtschaftssenator! Wir haben also keine Probleme. Ich finde das realitätsfremd und zynisch.
Tatsache ist, dass Berlin die wenigsten Einwohner zwischen 15 und 65 Jahren hat, die über keinen Job verfügen. Tatsache ist auch, dass Berlin die höchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer hat und mit 13,8 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt von 7,6 Prozent liegt. Wäh
rend bundesweit die Arbeitslosenzahlen sinken, stieg sie in Berlin im August wieder an. Tatsache ist auch, dass 46 Prozent der Berliner ihre finanzielle Situation schlechter als vor Jahresfrist einschätzen. Der Aufschwung, Herr Senator Wolf, kommt bei den Berlinerinnen und Berlinern nicht an.
Tatsache ist auch – da Sie ja immer so gern auf die Rahmenbedingungen und die Geschichte Berlins in diesem Zusammenhang verweisen –, dass sich Städte wie Chemnitz, Leipzig oder Dresden viel dynamischer entwickeln, aber ebenso mit Strukturproblemen zu kämpfen hatten, die diese Städte ganz offensichtlich besser gemeistert haben.
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Sie haben gesagt, je nach Studie ergäben sich verschiedene Bilder. Wenn Sie damit meinten, dass alle Bilder gleichzeitig düster und alarmierend sind, dann allerdings gebe ich Ihnen recht.
Die CDU-Fraktion will gerne wissen, was der Berliner Senat tut, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen. Die Abwicklung von Tempelhof, die Beschimpfung von Investoren oder Sprachlosigkeit wie beim Thema Mediaspree sind sicherlich nicht die richtigen Antworten.
IHK und DGB sind wie wir besorgt über die hohe Arbeitslosigkeit und kritisieren, dass sich der Senat zu wenig um die Ansiedlung von Unternehmen kümmert und nach wie vor zu wenig für eine wirtschaftsfreundliche und effiziente Ausrichtung der Berliner Verwaltung unternimmt. Die CDU-Fraktion hat dazu Vorschläge vorgelegt. Wir haben Vorschläge zur Verbesserung der Aufstellung der Wirtschaftsförderung vorgelegt. Wir haben vorgeschlagen, in einem Maßnahmepaket einen Ansiedlungsstaatssekretär und Investorenlotsen in Berlin zu installieren, um Unternehmen nach Berlin zu locken.
Dabei geht es primär nicht um die Unternehmen, sondern um die Arbeitsplätze, die entstehen sollen. Wir wollen den Menschen, die Ihr Senator Sarrazin gern bei Sparmenü und Pullover in Hartz IV sitzen sieht, eine Perspektive in Berlin eröffnen. Dafür steht die Union in Berlin. Über diesen Weg wollen wir heute gerne mit Ihnen debattieren, weil wir glauben, dass das eine dringliche Frage ist.
In einer bekannten Berliner Zeitung schreibt ein bekannter Kolumnist – ich zitiere:
Der Regierende Bürgermeister Wowereit behauptet seit seinem Amtsantritt, Industriearbeitsplätze könne man heute nicht mehr schaffen. Das ist nicht wahr. Der Städtevergleich straft seine Worte Lügen. Wahr ist aber, dass sich der Wowereit-Senat seit seinem Amtsantritt 2001 nicht darum gekümmert hat, neue Industriearbeitsplätze anzusiedeln. Er hat es gar nicht erst versucht. Politiker können
keine Arbeitsplätze schaffen, aber sie können sehr viel dafür tun, dass Unternehmen in die Stadt kommen und für Arbeit sorgen. Sie können, wenn sie wollen. Im Falle von Wowereit und Wolf bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht können oder auch gar nicht wollen. Wie auch immer – ich mache die rot-rote Politik dafür verantwortlich, wenn unsere Kinder nach der Ausbildung oder dem Studium diese schöne Stadt verlassen müssen, weil sie hier keine Arbeit finden.
Dieser Aufsatz endet mit: „Hat Schupelius recht?“ – Ich finde, an dieser Stelle hat Schupelius recht.
Ich war es, und ich möchte von Ihnen gern Folgendes wissen: Wenn Sie davon reden, dass Sie die Deutschlandhalle abreißen wollen, um der Messe einen Neustart zu ermöglichen, können Sie mir dann auch verraten, welche Nachnutzung auf diesem Gelände vorgesehen ist? – Ich habe zumindest die Senatserklärung so gelesen, dass darüber erst später entschieden werden soll, aber vielleicht haben Sie schon neuere Erkenntnisse, die Sie mit uns teilen wollen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz unstrittig nennen Sie ein überaus wichtiges Thema. Sie haben selbst gesagt, dass in Diskussionen mit Unternehmen, mit kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch mit größeren Unternehmen – ich erinnere mich an ein Gespräch mit dem Chef von Berlin-Chemie, Herrn Uppenkamp, – immer wieder daraufhingewiesen wird, dass dies eine relevante Frage im Sinn eines Standortfaktors ist, der uns insbesondere im Wettbewerb mit südlichen Bundesländern einiges Kopfzerbrechen bereitet.
Es ist unstrittig keine Frage der Berliner Politik, wenngleich diese hier noch eine spezifische Besonderheit aufweist, auf die ich gleich zurückkomme, es ist eine bundesweite Diskussion, die gerade stattfindet. Sie ist deshalb
wichtig, weil der Aufschwung, der durch die Bundesregierung unter Angela Merkel eingesetzt hat, durch den Fachkräftemangel nicht abgewürgt oder gar beendet werden darf. Die Bundesregierung hat deshalb angekündigt, im Herbst ein Programm gegen Fachkräftemangel vorzulegen. Wirtschaftsminister Glos hat in einer Regierungserklärung noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig dieses Thema für die Bundesrepublik Deutschland ist.
Die Zahlen sind aufgrund der demografischen Entwicklung in der Tat dramatisch. 2015 erwartet man rein rechnerisch, dass der Anzahl von Arbeitsplätzen genauso viele Arbeitsuchende gegenüberstehen, im Jahr 2050 kommt es dann allerdings zu dem krassen Missverhältnis, dass 44 Millionen angebotenen Arbeitsplätzen 18 Millionen Arbeitsanbietende gegenüberstehen. Deshalb müssen wir uns der Herausforderung stellen. Bis zum Jahr 2010 fehlen allein in der Region Berlin-Brandenburg rund 100 000 Fachkräfte. Experten sind sich weitgehend einig, was die Maßnahmen anbelangt: Verbesserung der Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmer, bessere Erwerbsmöglichkeiten und -bedingungen für Frauen, Nachqualifizierung – wir haben eben über die Ausbildung gesprochen, es müssen verstärkte Bildungsanstrengungen auf allen Ebenen in der Schule beginnend bis hin zu den Universitäten unternommen werden –, aber auch die gesteuerte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Natürlich muss die Priorität auf der Förderung inländischer Fachkräfte liegen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat gesagt:
Ich möchte nicht, dass es in der Wirtschaft zugeht, wie bei vielen deutschen Fußballclubs: daheim wenig ausbilden und die guten Spieler im Ausland kaufen.
Das sehe ich genauso. Dennoch darf man sich einer solchen Diskussion nicht verschließen. Die CDU hat sich dieser Diskussion nicht verschlossen, nur Arbeitsminister Müntefering, wie heute in der „Berliner Morgenpost“ nachzulesen ist, weigert sich strikt, den Gedanken aufzunehmen. Die Überschrift dazu lautet: „Müntefering gegen Zuwanderung – Vizekanzler will Arbeitsmarkt trotz Fachkräftemangel weiter abschotten.“ – Realität und Intention, meine Damen und Herren von der SPD, gehen hier auseinander.
Die Koalition in Berlin hat das Thema Fachkräftemangel bisher nicht wirklich auf der Agenda gehabt. Das macht auch dieser – tut mir leid, dass ich das sagen muss – Prosaantrag mit dem Wünsch-dir-was-Charakter deutlich, insbesondere, wenn ich mir die erste Forderung ansehe. Während das Arbeitsministerium in Brandenburg bereits 108 konkrete Vorschläge gemacht hat, ist der Berliner Senat noch nicht einmal ansatzweise so weit. Meine Kollegin Görsch hat im Mai eine Kleine Anfrage gestellt. Eine Frage lautete: Wie entwickelten sich der Bedarf und die Möglichkeiten der Versorgung mit geeigneten und qualifizierten Fachkräften im Bereich Bauen, Vertrieb,
Management, Technik und IT-Branche? Die Antwort darauf lautet:
Dem Senat liegen keine einschlägigen statistischen und empirischen Ergebnisse vor. (...) Von einem generellen Fachkräftemangel kann nicht gesprochen werden.
Ich nenne so etwas Blindflug.
Um Fachkräfte und Menschen, die hier arbeiten wollen, nach Berlin zu holen, braucht man attraktive wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Hier darf man nicht nur den Status quo betrachten, sondern es geht um Wirtschaftsansiedlungen. Die Realität in Berlin sieht aber anders aus. Die industrielle Produktion ist jahrelang vernachlässigt worden. In diesem Umfeld konnten sich keine geeigneten Arbeitsplätze entwickeln. Natürlich haben hier Fachkräfte das Nachsehen und müssen sich nach anderen Optionen, meist im Süden der Republik umsehen. Sparmaßnahmen an Schulen und Universitäten haben zu dem heutigen Fachkräftemangel beigetragen. Viele, die wir in Berlin ausbilden, gehen in besser strukturierte Landstriche – ich habe darauf bereits hingewiesen – meist im Süden der Republik. Die Attraktivität des Wirtschaftstandortes leidet ebenfalls durch Ihren Umgang mit der regionalen Wirtschaft. Wir haben im Wirtschaftsausschuss über die mangelhafte Vergabepolitik gesprochen, den Umgang mit Investoren – hier sei das Thema Tempelhof noch einmal exemplarisch erwähnt –, aber auch Rahmenbedingungen wie Wasserpreise oder Verordnungen wie die Umweltzone tun ihr Übriges. Man hat den Eindruck, dass die Antwort von Rot-Rot auf den Fachkräftemangel insbesondere darin besteht, Unternehmen, die Fachkräfte benötigen, nicht nach Berlin zu holen oder eine Abwanderung billigend in Kauf zu nehmen.
Sie hören, dieses Thema ist extrem facettenreich. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Ausschuss, die dann aber hoffentlich substanzieller ist als Ihr Antrag, den Sie heute vorgelegt haben. Appellieren möchte ich – da schließe ich mich Ihnen an – an die Berliner Wirtschaft mit einem Zitat des Handwerkskammer-Präsidenten Stefan Schwarz aus der „Handwerkszeitung“ aus dem Juli:
Eigenverantwortung jetzt und hier ist der einzige Garant, den zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern. Abwarten hieße, auf Wertschöpfung zu verzichten und die Verantwortung für den eigenen Erfolg abzugeben. Das entspricht keiner modernen, zukunftsorientierten Unternehmensphilosophie. Auf den Lorbeeren ausruhen, das wird sich niemand mehr leisten können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ich frage den Wirtschaftssenator: Bewertet der Senat die Vorschläge, das ICC zu einer Spielbank bzw. zu einem Automuseum mit angeschlossener Autowerkstatt umzuwidmen, als seriös und belastbare Alternative zu einer Nachnutzung des ICC? Wenn nein, welche seriöse Alternative zur Nachnutzung sehen Sie?
Kann sich die Messe Berlin auf Ihr Wort verlassen, dass es noch vor der Sommerpause zu einer Entscheidung und damit zu Planungssicherheit für den Messe- und Kongressstandort hinsichtlich des ICC in Berlin kommen wird? Wie bewerten Sie die Forderung nach weiteren Gutachten, um die offensichtlich unseriösen Zahlen, die bisher bekannt sind, noch einmal zu überprüfen? Wird dieses Gutachten und von wem in Auftrag gegeben?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wirtschaftliche Situation Berlins ist nach wie vor unbefriedigend, geprägt durch hohe Arbeitslosigkeit, Miniwachstum und Werksschließungen wie z. B. bei JVC oder Samsung. Der durch die Bundespolitik unter Kanzlerin Merkel initiierte Aufschwung ist zwar auch in Berlin spürbar – und das ist gut –, aber der Abstand zu den anderen Bundesländern wird eher größer denn kleiner.
Der Senat und der zuständige Wirtschaftssenator Wolf reden zwar viel über rote Teppiche für Investoren, in Wahrheit aber werden Investoren vor den Kopf gestoßen.
Mit dem roten Teppich bringt man bei diesem Senat allenfalls Wowereits Premieren- oder Party-Auftritte in Verbindung.
Deswegen legen wir Ihnen heute zu zwei wichtigen wirtschaftspolitischen Themen Anträge vor, gewissermaßen als kostenlose Nachhilfestunde.
Stichwort Wirtschaftsförderung: Die Evaluation der Wirtschaftsförderung, die Mummert Consulting 2006 vorgelegt hat, kommt zu folgendem Ergebnis:
Die Neuordnung war grundsätzlich sinnvoll und wirksam.
Das finden wir auch. Dann geht es weiter:
Allerdings bedarf die Berliner Wirtschaftsförderung einer weiteren Entwicklung, insbesondere bei der Organisation der Bestandspflege und der Bestandsentwicklung.
Hier setzt genau unser Antrag ein. Organisationen wie IBB, TSB oder BTM müssen sich dem übergeordneten Ziel einer effektiveren Wirtschaftsförderung unterordnen.
Schön, dass das Publikum noch munter ist! – Auch in der Bestandsbetreuung müssen wir besser werden, und deswegen nimmt die CDU-Fraktion gern die Idee von DGB-Chef Dieter Scholz auf, der eine Task Force gefordert hat, und genau diese Forderung finden Sie in unserem Antrag auch wieder.
Viele haben diese Absage an die Fusion kritisiert, und Wirtschaftssenator Wolf hat mitgeteilt, er halte an dem Beschluss fest. Darin können wir ihn nur bestärken. Allerdings ist die Durchsetzungsfähigkeit nicht unbedingt Senator Wolfs Stärke, wie man aus der Kapitulation vor seiner zA-Belegschaft weiß, die nicht in das LudwigErhard-Haus ziehen wollte, und wie wir auch bei dem Thema Wassertarife feststellen konnten. Mal sehen, ob Sie sich dieses Mal durchsetzen können, Herr Wolf!
Auch 2006 lag der Regierende Bürgermeister beim Thema Wirtschaftspolitik daneben, als er das postindustrielle Zeitalter in Berlin ausrief. Im Gegenteil: Berlin braucht Wertschöpfung und damit industrielle Arbeitsplätze. Industriepolitik, das sagen UVB bis DGB, muss wieder Priorität gewinnen, und unser Antrag soll dies nterstützen.
n abgesc
n Berlin mit sich.
u Wenn Sie unseren Argumenten nicht folgen, dann vielleicht denen von anderen. In einem Zukunftsprogramm „Berlin“ der IG-Metall finden Sie folgenden Satz:
Am Anfang einer solchen Industriepolitik steht eine realistische Bestandsaufnahme, verbunden mit einer fortlaufenden Entwicklungsberichterstattung. Die Berliner Wirtschaft und Politik leidet teilweise noch immer unter einem Erkenntnisdefizit über die tatsächliche Situation. Viel zu lange hat man Dienstleistung als Entwicklungsselbstläufer für die Stadt beschworen. Erkenntnisse über Entwicklungspotenziale und Entwicklungsmöglichkeiten des Industriesektors waren demgegenüber auch bei verantwortlichen Stellen nur gering ausgeprägt.
Und der IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder hat heute Folgendes gesagt – und dies ist bei „ddp“ nachzulesen: Eder betonte, dass ein Industriearbeitsplatz im Durchschnitt drei andere Arbeitsplätze nach sich zieht. Darum wünschen wir uns ein klares Bekenntnis aller Senatsmitglieder für den Industriestandort und vollen Einsatz bei der Akquise von Unternehmen, womit sich der Kreis wieder schließt.
Die CDU-Fraktion will keine reaktive Industriepolitik, die wartet, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern eine aktive, neue Industriepolitik für Berlin. Auch in diesen beiden wichtigen wirtschaftspolitischen Fragen wollen wir Sie, in dieser lahmen rot-roten Koalition, mit beiden Anträgen gern unterstützen und Ihnen Beine machen. Ich freue mich schon jetzt auf eine lebhafte Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jahnke! Ich bin wirklich gespannt, was bei Ihnen „sachgerecht, in Ruhe prüfen“ heißt. Das kann eigentlich nur heißen: verschieben auf den Sankt-NimmerleinsTag. Das kann auch nur die einzige Begründung dafür sein, warum Sie im Vermögensausschuss eine Diskussion mit den Stimmen der rot-roten Koalition verhindert haben. So sollte man mit einem so wichtigen Thema nicht umgehen.
Deshalb ist es gut, dass wir heute im Parlament noch einmal über die GSG reden, denn wann immer eine Entscheidung zum Verkauf von Vermögenswerten getroffen wird, gibt es Für und Wider.
Aber – lassen Sie mich das gleich vorweg sagen – in Abwägung von Für und Wider überwiegt für uns deutlich das Für. Wir haben eben von Herrn Thiel gehört, was es für Zusagen gibt: Firmensitz zwanzig Jahre in Berlin. Orco ist ein Immobilieninvestor, keine böse Heuschrecke, wie es immer wieder suggeriert wird. Die Mitarbeiter erhalten eine Beschäftigungsgarantie. Die jetzigen Mieter haben das Angebot, bei gleichen Konditionen ihr Mietvertragsverhältnis zu verlängern. Am Ende des Tages macht das Land Berlin einen guten Schnitt, nämlich 400 Millionen €.
Ich bin der Auffassung, dass die Konditionen, die Orco angeboten hat, gute sind, von denen „man nicht weiß, ob man sie so noch einmal bekommt“. Dieser Spruch ist – da
brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln, Herr Jahnke – nicht von mir, sondern das ist ein Zitat von Herrn Wolf aus dem Wirtschaftsausschuss am 11. Dezember 2006. Ich stimme ihm ausdrücklich zu, was nicht sehr häufig vorkommt.
Was können denn nun die Gründe sein, die gegen einen Verkauf sprechen? – Sie haben eben damit argumentiert, dass wir den Verlust eines wichtigen Förderinstruments in Berlin zu befürchten hätten. Weit gefehlt, Herr Jahnke, denn weder der Wirtschaftssenator noch Berlin Partner GmbH noch andere Akteure, die sich ernsthaft mit Wirtschaftförderung in Berlin auseinandersetzen, benutzen die GSG als wichtiges Förderinstrument. Insofern ist dieser Hinweis absoluter Quatsch und kommt aus dem Wunschdenken, das möglicherweise in der Wirtschaftskompetenz Ihrer Fraktion liegt, hat aber mit der Realität absolut nichts zu tun.
Andere argumentieren mit dem Wegfall günstiger Gewerbemieten. Im Wirtschaftsausschuss hat Herr Senator Wolf deutlich gemacht, dass eine solche Problematik überhaupt nicht existiert.
In der Spontanen Fragestunde während unserer letzten Plenarsitzung hat er gesagt, wenn Berlin eines im Überfluss hat, dann Gewerberaum. – Ich sage es nicht gern, aber auch hier stimme ich Herrn Wolf erneut zu. Das ist vielleicht eine Premiere, Herr Wolf, dass ich Ihnen so oft zustimme!
Das stimmt, genau! – Wer mit offenen Augen und Ohren durch die Stadt geht, der wird erkennen, dass es ausreichend Gewerberaum gibt. Wer sich dann noch die Zahlen der GSG ansieht und erkennt, dass insgesamt 35 % der Flächen leerstehen – davon übrigens 60 % im Ostteil der Stadt –, der kann wirklich nicht, Herr Jahnke, von Gewerberaumknappheit und überhöhten Mieten sprechen. Völliger Unfug!
Während SPD und PDS offensichtlich gegen den Verkauf sind, sind die Senatoren Wolf und Sarrazin für ihn, so jedenfalls die Äußerungen. Die CDU unterstützt die beiden Senatoren ausdrücklich in dieser Haltung. Die CDUFraktion legt jedoch auch Wert auf die Feststellung, dass die Erlöse nicht im Haushalt versacken dürfen. Die Stärkung der Kapitalkraft der IBB als unserer Förderbank, um sie in die Lage zu versetzen, die Wirtschaftsförderung als ihre Kernaufgabe noch besser betreiben zu können, ist für uns extrem wichtig. Die IBB hat bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt, was damit alles getan werden könnte. Diese Papiere sind Ihnen ja bekannt. Eine ganze Reihe von Dingen: Haftungsfonds, Wohnungen im Alter, CO2Minderungsprogramme, kreatives Kapital usw. bis hin zur Filmwirtschaft. All dies sind wirtschaftspolitisch wichtige Aktivitäten, und wir wollen, dass die IBB ihrer Kernaufgabe nachkommt. Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Situation unbedingt erforderlich.
Es ist so, dass die IBB damals bei Übernahme der GSG von der Finanzdienstleistungsaufsicht eine Ausnahmegenehmigung erhalten hat, dass sie von KWG-rechtlichen Fragestellungen freigestellt worden ist, nämlich Einzelobergrenzen. Diese Freistellung läuft am 31. August 2007 ab. Mit anderen Worten würde, wenn wir nicht eine andere Lösung finden, wenn wir alles so beließen, wie es ist, ein KWG-Verstoß zustande kommen. Das ist das Letzte, was die IBB gebrauchen kann. Darauf sollten wir auch Rücksicht nehmen.
Ich bin gespannt, wie die rot-rote Koalition mit ernsthaften Argumenten, insbesondere nach dem Karlsruher Urteil, die Ablehnung dieses Vermögensgeschäfts seriös begründen möchte. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es hierfür ausschließlich ideologische Gründe gibt. Möglicherweise spielt bei dem einen oder andern von Ihnen noch das Lokalkolorit eine Rolle, bei Herrn Jahnke vielleicht die persönliche Erfahrung, weil er gerade eine Mieterhöhung bekommen hat. Das weiß ich nicht. Aber es gibt dafür keine logischen Begründungen. Herr Senator Wolf hat ausnahmsweise richtig beschrieben, wie die Gewerbemietensituation in Berlin ist.
Sollten die Zusagen von Orco auch wirklich so im Vertrag stehen – Herr Wolf hat uns zugesagt, diesen Vertrag auch einsehen zu können, falls es dazu kommt, was ich sehr hoffe –, dann wird die CDU-Fraktion dem Verkauf der GSG zustimmen.
Deshalb unterstützen wir auch den Antrag, den die Fraktion der FDP vorgelegt hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!