Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die BaFin, ist im öffentlichen Interesse tätig. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem vertrauen können.
Ich will es ganz klar sagen – wir haben das mit denen in Berlin auch schon erlebt, die Landesbanken haben es erlebt, jetzt erleben wir es auf der Bundesebene: Wenn 1 600 Mitarbeiter nie irgendetwas mitkriegen, kann man sie abschaffen, und zwar ersatzlos und sofort!
Rund 500 Milliarden Euro umfasst dieses Rettungspaket. 400 Milliarden sind dazu da, die Geschäftsbeziehungen von Banken mit Bürgschaften zu stabilisieren, und 100 Milliarden sind vorgesehen für konkrete Hilfen und Beteiligungen. Das ist alles in allem eine unvorstellbare Summe. Aber Berlin kann und wird sich seiner gesamtstaatlichen Verantwortung an dieser Stelle natürlich nicht entziehen.
Wir haben es gerade vom Regierenden Bürgermeister gehört: Es wird nun ein Gesamtpaket geben, an dem auch die Länder beteiligt sind. 65 Prozent trägt der Bund und 35 Prozent die Länder. Das wird höchstwahrscheinlich bedeuten, dass dreistellige Millionenbeträge als Belastung auf uns zukommen werden. Es ist trotz allem ein ganz wichtiger Kompromiss, den die Ministerpräsidenten in den letzten Stunden durchsetzen konnten. Die Deckelung von 7,7 Milliarden Euro bedeutet auch Planbarkeit und Berechenbarkeit für uns, für unsere Haushaltsberatungen in den nächsten Jahren und für die Berlinerinnen und Berliner.
Die Mitsprache- und Kontrollrechte der Länder, die durchgesetzt werden konnten, sind wichtig. Wenn man zahlt, will man auch wissen, was mit diesen Zahlungen passiert. Da muss man auch beteiligt sein an der Umsetzung. Auch das ist ein gutes Verhandlungsergebnis.
Als Drittes will ich an dieser Stelle nennen: Gut ist natürlich für Berlin auch, dass es erreicht werden konnte, dass nur die Länder Verantwortung für die Landesbanken tragen, wenn sie noch Anteile an diesen Landesbanken haben. An dieser Stelle zahlt sich aus, welch schweren Weg wir in Berlin in den letzten Jahren gegangen sind.
Ich weiß sehr genau, wieviele das damals kritisch gesehen haben. Der Regierende Bürgermeister hat darauf hingewiesen, dass das mit unserer Bankgesellschaft ein langwieriger, schmerzhafter Prozess war. Aber das zahlt sich jetzt aus.
Wir haben noch sehr genau in Erinnerung, wer damals mitmachen wollte: Linke und SPD haben diese Risikoabschirmung getragen. Die CDU hat sich enthalten. FDP und Grüne wollten wieder einmal keine Verantwortung zeigen. Mal sehen, wie es heute wird, wie es an dieser Stelle wird!
Ich glaube – weil jetzt schon wieder so etwas vorliegt –, die Zeiten für Resolutionen und Ultimaten sind jetzt wirklich nicht da. Jetzt muss man sich politisch verhalten. Bund und Länder wollen gemeinsam Verantwortung übernehmen, damit aus dieser Krise keine Katastrophe wird. Da ist jeder aufgefordert, sich politisch zu verhalten. Ich glaube, dass es richtig ist, diesem wichtigen und guten Verhandlungsergebnis – wenn auch auf Grundlage einer schlimmen Situation – im Bundesrat zuzustimmen.
Diese Entscheidungen sind aus meiner Sicht richtig. Richtig ist auch, dass sie so schnell getroffen werden. Sie werden und müssen unser Wirtschafts- und Finanzsystem verändern. Aber das wird auch gesellschaftspolitische Diskussionen beeinflussen. Alle spüren in diesen Tagen, dass jetzt etwas grundsätzlich neu geordnet und etwas neu verabredet werden muss. Im Mittelpunkt dieser Finanzkrise stehen auch die Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Das ganze Gerede von ständiger Deregulierung und Privatisierung ist endlich erledigt.
Ich habe eben gesagt, alle spüren es. Es sind vielleicht doch nicht alle. Es gibt tatsächlich noch ein paar, die es noch nicht begriffen haben. Da gibt es den Bundesvorsitzenden der FDP; da gibt es den Bundeswirtschaftsminister – falls man die Namen vergessen hat, sie tauchen in letzter Zeit ja nicht mehr auf: Glos und Westerwelle heißen die beiden –; es gibt Herrn Merz, der noch über das Kapital schreibt; und es gibt die Berliner FDP. Schön, dass wir an dieser Stelle auch noch die Berliner FDP
haben! Ihr Verhalten, Herr Dr. Lindner, ist doch an Peinlichkeit nicht zu überbieten! Erst wollen Sie überhaupt nicht – bei Ihrer hohen wirtschaftspolitischen Kompetenz – über dieses Thema diskutieren. Ihre Fraktion hat noch am Montag angemeldet, hier über Parkplätze in der Innenstadt zu diskutieren. Das wollte die FDP-Fraktion!
Dann haben Sie gemerkt, dass das an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist, und sich schnell in die andere Richtung umgedreht und gesagt: Jetzt muss aber ganz besonders stark privatisiert werden, jetzt wollen wir auf einmal auch die BSR privatisieren! – Damit nicht genug. Herr Kollege Lindner, ich meine es ganz ernst. Eigentlich ist es zu peinlich und zu albern. Aber was Sie sich vorhin wieder geleistet haben, als im Zusammenhang mit dieser Debatte Kollegen hier vorne gestanden und gesagt haben, welche Anforderung sie an diejenigen haben, die Verantwortung tragen für diese ganze Katastrophe – da rufen Sie, das sei alles billiger Populismus, aber da seien sich Linke und NPD schon immer einig gewesen. Das ist ein Skandal, und es ist peinlich und schädigend für dieses Parlament, wie Sie sich verhalten!
Es gibt viele Sozialdemokraten, die in den letzten Jahren vor diesen Entwicklungen gewarnt haben. Peer Steinbrück hat Verkehrsregeln für die internationalen Finanzmärkte vorgelegt. Ich erinnere auch gern daran, wie Franz Müntefering belächelt wurde, als er von den Heuschrecken gesprochen hat, die ja nichts anderes sind als ein Synonym für ein krankes System. Und ein System ist krank, wenn Börsenkurse steigen, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden. Das ist es, was Franz Müntefering, völlig zu Recht, wie ich finde, kritisiert hat.
Wir haben uns engagiert für KMU, für Mikrokredite. Es wurde wieder gelächelt: Was soll das? Ihr müsst euch um die Großen kümmern! – Jetzt auf einmal sind KMUFonds mit im Anforderungskatalog der Bundesregierung für konkrete Hilfen. Als wir die Sparkasse an den Verband verkauft haben – wieder nur ein mildes Lächeln: Ihr müsst doch endlich einmal internationales Know-how in die Stadt holen! –, haben viele gesagt.
Und heute wissen wir, wie gut es war, dass wir so gehandelt haben, wie wir es getan haben. Wir wissen, wie gut das Dreisäulensystem in unserem Land ist und dass wir uns so sehr dafür auf europäischer Ebene eingesetzt haben. Die Sparkassen sind diejenigen, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger genießen.
Ich halte noch einmal fest: Private können tatsächlich nicht alles besser, der Staat kann auch nicht alles besser. Er muss auch nicht alles machen. Aber, Herr Kollege Lindner, wir müssen genau unterscheiden: Dort, wo die Lebensgrundlagen der Menschen betroffen sind, dort, wo es um die Daseinsvorsorge geht, muss der Staat Regeln aufstellen, besser noch in eigener Verantwortung halten.
Deshalb ist es uns so wichtig, landeseigene Unternehmen zu haben. Mit Ihnen erfüllen wir einen wichtigen Teil sozialer Verantwortung und Absicherung in unserer Stadt. Es ist unsere Aufgabe, für die Gering- und Mittelverdiener, also die Mitte der Gesellschaft, die Chance auf wirtschaftlichen Erfolg und soziale Sicherheit zu ermöglichen. Das ist die politische Aufgabe. Zur sozialen Sicherheit gehören auch Sparkonten und Alterssicherung. Wer damit spielt, hat die Rote Karte verdient.
Abschließend: Wir wissen noch nicht, wie hoch die Belastungen für Berlin durch die Beteiligung am Stabilitätsfonds werden. Frühestens Ende 2009 wird das voraussichtlich absehbar sein. Deshalb, Herr Kollege Henkel, habe ich Ihre Ausführungen zum Nachtragshaushalt nicht verstanden. Frühestens Ende 2009 weiß man es, die Zahlungen werden entsprechend später erfolgen. Eines jedoch steht fest: Haushaltspolitisch kommen harte Zeiten auf uns zu. Die Konsolidierung, die Konsolidierungslinie des Senats, die wir als Koalition mittragen, ist richtig und wichtig. Wenn es Ihnen nicht reicht, Herr Kollege Henkel, dann werden Sie konkret und nennen uns Ihre finanzpolitischen Vorstellungen, wo man noch mehr sparen kann. Ich glaube, da wird wie bei all Ihren Vorgängern nicht all zu viel kommen.
Dieser Rettungsplan ermöglicht eine längerfristige Strategie, das ist richtig. Es muss nicht von Fall zu Fall gehandelt werden. Die Strategie muss mit harten Bedingungen einhergehen für diejenigen, die Hilfe in Anspruch nehmen. Die Bedingungen müssen auch durchgesetzt werden. Es darf keinen Blankoscheck für Bankrotteure geben. Nur so kann man wieder Vertrauen schaffen und die Märkte beruhigen. Wir tun dies alles im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land und im Interesse der Wirtschaft. Deshalb ist es so wichtig, jetzt gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Die SPD-Fraktion unterstützt deshalb das Gesetz zur Finanzmarktstabilisierung. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Müller! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr die Vorsitzende, Frau Eichstädt-Bohlig, das Wort. – Bitte schön, Frau Eichstädt-Bohlig!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In einem sind wir uns einig: Diese Finanzkrise erschüttert Wirtschaft und Gesellschaft weltweit in ihren Grundfesten. Deshalb dürfen wir das Thema nicht herunterspielen. Ich glaube aber auch, dass wir ehrlich zugeben müssen, dass die staatliche Einflussnahme eine Entscheidung von dramatischer und von niemandem überschaubarer Tragweite ist. Wer behauptet, wir wüssten, welche Folgen die
morgen im Bundestag anstehende Entscheidung haben wird, der ist größenwahnsinnig. Wir wissen wirklich nicht, welche Folgen diese 500 Milliarden Euro für die Gesellschaft und die Wirtschaft haben werden.
Ich möchte ebenfalls auf das hinweisen, was bereits gestern Ministerpräsident Platzeck in Brandenburg gesagt hat: Vor fast 20 Jahren ist der real existierende Sozialismus untergegangen, jetzt erleben wir den Untergang des spekulativen Kapitalismus. Ich werbe sehr dafür, den Unterschied zwischen sozialer – als Grüne sagen wir sozialökologischer – Marktwirtschaft und spekulativem Kapitalismus zu begreifen. Es ist der zentrale Fehler, dass Marktwirtschaft und Kapitalismus in den vergangenen Jahren einfach gleichgesetzt worden sind.
Berlin hat mit der Bankenkrise ebenso Erfahrung wie mit dem moralischen Dilemma, vor dem Gesellschaft und Politik jetzt erneut stehen: Banken und Finanzinstitute erhalten für faule Geschäfte eine Risikoabschirmung in Milliardenhöhe – so ist es damals im Land Berlin geschehen und so soll es nun im Bund erneut sein –, wobei das eigentliche Ziel darin besteht, nicht den Banken zu helfen, sondern den Bürgerinnen und Bürgern bei der Sicherung ihrer Vermögen und der Wirtschaft bei der Sicherung ihrer Tätigkeit. Ich hoffe, dass wir auch in diesem Punkt übereinstimmen.
Die Ursache des Kollapses der großen Banken und Finanzmärkte – bereits von allen Vorrednern angesprochen – liegt darin, dass immer mehr Finanzprodukte entwickelt worden sind, die sich von der realen Wirtschaft entfernt haben, die rein spekulativ waren, in denen Risiken versteckt worden sind. Es wurden leere Fonds als Wertpapiere gehandelt, Hedgefonds ohne Eigenkapital haben riesige Unternehmen, Wohnungsunternehmen übernommen. 25 Prozent Rendite waren das rauschhafte Ziel. Das ist absurd, das kann real gar nicht erwirtschaftet werden. Es ist das zentrale Problem, dass der StakeholderValue in extremer Form zugenommen hat.
Aber auch an dieser Stelle müssen wir ehrlich sein. Die Landesbanken haben kräftig mitgezockt, unabhängig davon, welche Farbe die jeweilige Landesregierung hatte. Berlin hat jetzt das Glück im Unglück, dass unsere Bankenkrise ihren Höhepunkt bereits seit einigen Jahren überschritten hat und in den vergangenen sechs bis sieben Jahren nicht mehr mitgezockt hat, sondern mit Aufräumen beschäftigt war.
Aus grüner Sicht ist es erstes und zentrales Ziel, dieses Las Vegas im Banken- und Investmentgeschäft zu beenden. Dies muss als Zeichen von Bundesregierung und Bundesrat morgen klar ins Zentrum gestellt werden.
Es darf nicht sein, dass die Wünsche der Ackermänner weiter Geltung haben. Ich sage dies deshalb so deutlich, weil sich bereits wieder abzeichnet, dass die Amerikaner
zwar etwas Regulierung der sehr schillernden Finanzprodukte und etwas mehr Transparenz haben wollen, aber dass sie keine Abschaffung der Produkte wollen, die sich fast an der kriminellen Schwelle befinden. Deshalb muss von Europa, von Deutschland aus entschieden dafür gekämpft werden, dass weitreichende Regulierungen kommen. Es muss einen klaren Ordnungsrahmen geben.
Ich kritisiere das von der Bundesregierung geschnürte Paket, das sie morgen zur Abstimmung stellt. Der US-Kongress hat während der Beratungen über die 700 Milliarden Dollar, die er bewilligt hat, in einem 110-seitigen Dokument seine Forderungen festgelegt. Dazu gehört, dass mit der Bewilligung dieser 700 Milliarden Dollar die Regierung verpflichtet wird, spätestens bis zum 30. April 2009 einen Reformplan für die Regulierung der Finanzmärkte vorzulegen. Solche klaren Forderungen wünsche ich mir auch vom Bundesrat und von unserem Regierenden Bürgermeister. Auch vom Bundestag wünsche ich mir klare Verabredungen und nicht nur allgemeine Absichtserklärungen.
Wenn das nicht passiert, kann es sein, dass dem faulen Geld der Finanzjongleure das gute Geld der ehrlichen Steuerzahler hinterhergeworfen wird und dass wir, die Politik, Mitverantwortung dafür tragen. Wenn es tatsächlich dazu kommt, dass der von meinen Vorrednern ausgestrahlte Optimismus nicht zum Zuge kommt, kann es uns passieren, dass wir nach der Finanzkrise nicht nur eine Wirtschaftskrise, sondern sogar eine Staatskrise bekommen, weil wir die uns demokratisch anvertrauten Steuergelder der Bürger dem Kapital zum Fraß vorgeworfen haben. Ich möchte nicht, dass das passiert, aber ich möchte auch nicht die Illusion verbreiten, diese Gefahr bestehe nicht.
Wir Grüne haben an vielen Stellen deutlich gemacht, dass wir nicht gegen Stabilisierungsmaßnahmen sind. Dazu gibt es in diesem Moment keine Alternative. Leider! Aber, Herr Kollege Müller, ich muss sagen, dass das Gesetz der Bundesregierung – so, wie es uns zur Stunde vorliegt, und wir haben es uns im Unterschied zu einigen anderen sehr genau angeschaut – nach wie vor ein Blankoscheck für das Bundeskabinett und den Bundesfinanzminister ist