Kollege Kohlmeier! Sie haben auch zitiert, was der Vollzugsbeirat dazu gesagt hat. Sie haben die Stellungnahme aber nur sehr unzureichend zitiert, denn der Vollzugsbeirat ist durchaus sehr offen für diesen Antrag und hat gesagt, er finde die Idee, die Institution des Vollzugsbeauftragten zu stärken und mit einem professionellen Unterbau zu versehen, sei genau der richtige Weg. Bei dem Satz, den Sie zitiert haben, haben sie gesagt, sie wollten eine Erweiterung nicht nur für den Strafvollzug haben, sondern auch für die Untersuchungshaft. Das ist der Halbsatz, den Sie uns hier vorenthalten haben.
Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass die SPD in Nordrhein-Westfalen – bisher nicht gerade der Hort der Progressivität im Chor der bundesweiten SPD – das alles grundlegend anders sieht und einen Antrag im Landtag gestellt hat, der den dort vorhandenen Vollzugsbeauftragten sogar gesetzlich absichern will. In diesem Antrag hat sie richtigerweise auch anerkannt, dass der Vollzugsbeauftragte offensichtlich eine wichtige Funktion erfüllt und es ein Bedürfnis nach einer unabhängigen Instanz im Strafvollzug gibt. Das ist in Berlin ganz genau so, denn hier ist im Wesentlichen der Vollzug nach den gleichen Grundsätzen organisiert. Es würde also dem Berliner Strafvollzug guttun, wenn wir den Vollzugsbeauftragten einführen würden. Er würde nämlich auch dazu beitragen, dass wir die Debatte über den Strafvollzug versachlichen.
Im Ausschuss wurde die Befürchtung geäußert, dass wir als Oppositionsfraktion dieses Instrument nur zur Skandalisierung der Zustände im Berliner Strafvollzug haben wollten. Weit gefehlt! Wenn man sich den Bericht anschaut, den der Vollzugsbeauftragte in NordrheinWestfalen abgegeben hat, dann sieht man: Das ist eine
sehr sachliche Schilderung über die Eingaben. Es gibt im Übrigen auch in größerem Umfang Eingaben von Bediensteten. Das ist also nicht nur eine Institution für die Gefangenen, sondern auch für die Bediensteten, die sich sowohl über ihre Belange, aber interessanterweise auch – und da scheint ein Ventil notzutun – in sehr großem Umfang Gedanken darüber machen, wie man das Leben im Gefängnis für die Gefangenen verbessern kann. Das hat der Vollzugsbeauftragte dort in den Bericht hineingeschrieben, und ich glaube, es würde dem Berliner Strafvollzug guttun, wenn die Bediensteten die Möglichkeit hätten, daran mitzuwirken, den Berliner Strafvollzug zu verbessern.
Meine Hoffnung ist zusätzlich, dass wir gerade in dem Bereich der Strafvollstreckungskammern – die Kollegin Seibeld hat das angesprochen –, die sich nicht immer als geeignete und günstige Institution für die Beilegung von Konflikten im Vollzug erweisen, in größerem Umfang von der Möglichkeit der Mediation Gebrauch machen, dass also der Vollzugsbeauftragte einerseits mit der Anstaltsleitung und andererseits mit den Gefangenen ins Gespräch treten und das eine oder andere Problem lösen kann. Das würde auch dazu beitragen, dass die langen Verfahrensstände bei den Strafvollstreckungskammern abgebaut und in viel größerem Umfang als bisher die Probleme zeitnah und zügig abgebaut werden können. Das würde die Situation in den Gefängnissen erheblich entspannen.
Ich muss noch einmal darauf zurückkommen, wie die Ausschussberatung abgelaufen ist. Der Kollege Dr. Lederer, der gleich sprechen wird, hat dort in erfrischender, aber auch erschreckender Ehrlichkeit gesagt: Wir lehnen grundsätzlich jeden Antrag der Opposition ab und überlegen uns dann hinterher einen guten Grund. – Ich denke, wenn man hier so mit der Opposition umgeht, dann werden wir nicht dazu finden, gemeinsam die Probleme des Strafvollzugs zu lösen. Das war die kalte Arroganz der Macht. Wir lassen uns davon aber nicht abschrecken.
Ich komme zum letzten Satz: Wir Bündnisgrünen jedenfalls werden uns davon nicht abschrecken lassen. Wir werden uns weiter im Detail mit den Zuständen in den Berliner Gefängnissen auseinandersetzen und sind Ansprechpartner sowohl für die Gefangenen als auch für die Bediensteten. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Behrendt! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Lederer das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir gerade das Protokoll geschnappt und nachgeschaut: Das, was der Kollege Behrendt eben hier vorgetragen hat, war ganz gewiss nicht das, was ich gesagt habe. Wenn ich mich recht erinnere, gab es auch keinen Antrag auf Schluss der Debatte, und im Rechtsausschuss gibt es auch keine Redezeitbegrenzung. Ich bin nach wie vor immer noch der Ansicht, dass wenn Fraktionen einem Anliegen zum Durchbruch verhelfen wollen, es in erster Linie an ihnen selbst liegt, Argumente und qualifizierte Debatte zu organisieren.
Nein! Das hat ein bisschen damit zu tun, das ist vielleicht eine andere Sache, Herr Kollege Dr. Behrendt, dass man bei den Grünen nie den Eindruck loswird, dass es ihnen nicht so sehr um die Sache geht, sondern um viel Wind.
Das ist auch der Grund, warum ich jetzt keine Lust habe, mich mit Ihnen auseinanderzusetzen, denn ich möchte gern zur Sache sprechen.
Strafvollzug ist die Ultima Ratio des Umgangs mit sozial inadäquatem Verhalten. Bedauerlicherweise, muss man sagen, ist der Gesellschaft noch nichts Besseres eingefallen, als bestimmte Handlungen von Menschen dadurch zu ächten, dass man sie pönalisiert und ihnen die Freiheit entzieht. Ziel des Strafvollzugs ist Resozialisierung. Es stimmt, das Gefängnis ist zunächst kein idealer Raum für Resozialisierung. Der libertäre Strafvollzugsdiskurs der 70er-Jahre wurde denunziert als Kuschelstrafe oder Hotelvollzug. Er hat es heute schwer, anders als beispielsweise in Hamburg in den vergangenen Jahren hält die rotrote Koalition aber an einem sozialtherapeutischen, resozialisierungsorientierten Strafvollzug fest. Und das ist die zentrale vollzugspolitische Aufgabe, die Berlin zu bewältigen hat. Die hätte hier auch eine Priorität verdient. Dazu gehören vernünftige Betreuung, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gute Vollzugsbedingungen und Sozialarbeit und die freien Träger, die in Berlin mitarbei
Kollege Lux! Sie sind ein kleiner Schreihals! Lassen Sie mich am besten einfach mal ausreden anstatt permanent dazwischenzuquaken! – Das ändert nichts daran, das Gefängnis ist ein Ort struktureller Gewalt. Daran ändert sich auch durch Vollzugsbeauftragte nichts. Das ist so. Deswegen braucht es öffentliche demokratische Kontrolle, es braucht besondere Aufmerksamkeit des Parlaments und der Verwaltung, und es braucht qualifiziertes Personal und gute inhaltliche Aufstellung.
Wir haben über den Vollzugsbeauftragtenvorschlag der Opposition tatsächlich intensiv diskutiert, selbst im Ausschuss. Das Protokoll gibt das her. Sie können einfach noch mal nachlesen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir den Vorschlag – ein Vollzugsbeauftragter nach dem Vorbild NRWs, entstanden aus den Vorgängen um den Mord in Siegburg – nicht unterstützen. Das ist nicht zu ächten, sondern man kann sich über die Gründe auseinandersetzen. Wenn Sie meinen, Sie haben bessere, tragen Sie sie vor! Bisher habe ich nicht viel gehört.
Es gibt ein Rechtsschutzsystem im Vollzug, das ausgesprochen gut funktioniert. Es spricht erst mal überhaupt nichts gegen die Funktion dieses Rechtsschutzsystems, dass Inhaftierte, die vor die Strafvollstreckungskammern gehen, oft gegenüber den Haftanstalten tatsächlich obsiegen. Es ist gut so, dass es diese Kontrolle gibt. Es gibt Vollzugsbeiräte und den Berliner Vollzugsbeirat, darüber ist schon gesprochen worden. Es gibt den Petitionsausschuss und Abgeordnete.
Der Beauftragtentrend, na ja, hat für mich immer etwas Symbolisches. Da holt man einen pensionierten Richter, und dann rennt der da herum und so. Aber im Großen und Ganzen löst der das strukturelle Problem des Vollzugs nicht, von dem ich eingangs geredet habe. Er löst auch unsere Probleme nicht, die wir in der Haushaltsnotlage immer wieder haben, nämlich dass es schwierig ist, für so etwas Ressourcen zu mobilisieren; darum müssen wir kämpfen. Das wird im nächsten Jahr in den Haushaltsdebatten wieder spannend werden. Da werden uns die Oppositionsparteien wieder erklären, dass man da noch endlos draufpacken müsste, das gilt in allen Einzelplänen. Im Großen und Ganzen werden sie aber sagen, Rot-Rot spart zu wenig. Und wir werden versuchen, mit Augenmaß und Balance das eine oder andere für den Berliner Vollzug herauszuholen. Also: Im Vollzug für bessere Ausstattung zu sorgen, aber auch in den Strukturen, die den Vollzug kontrollieren, für bessere Ausstattung zu sorgen, das ist der richtige Ansatz und nicht die Neuerfindung von Institutionen.
Die Ausstattung der Fraktionen ist, wie sie ist. Wir kennen die Haushaltssituation. Wir wollen nicht öffentlich eine bessere personelle Ausstattung der Fraktionen for
fordern, obwohl das eigentlich längst angebracht wäre. Wir sind nach wie vor ein Teilzeitparlament. Eigentlich ist das nicht adäquat.
Das Rechtsschutzsystem funktioniert. Und was den Vollzugsbeirat angeht, würde ich mir wünschen, dass wir uns mit ihm noch einmal darüber verständigen, an welchen Stellen wir seine Arbeit besser unterstützen können, als das bisher passiert ist, um ihn noch effektiver arbeiten zu lassen. Damit dürfte es dann sein Bewenden haben. Ansonsten können Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, alle Ihre Arbeit machen, wenn es Ihnen darum geht, sich um die Vollzugsbedingungen in den Berliner Haftanstalten zu kümmern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lederer! – Das Wort für eine erste Kurzintervention hat der Abgeordnete Behrendt. – Bitte sehr!
Kollege Dr. Lederer! Vielleicht eine Bitte um Lauterkeit in der Argumentation. Sie haben mir unterstellt, ich hätte Ihren Ausspruch falsch zitiert und haben Bezug genommen auf ein Protokoll des Rechtsausschusses. Hierzu möchte ich feststellen: Es gibt kein Wortlautprotokoll dieser Beratung des Rechtsausschusses, sondern ein Inhalts- und ein Beschlussprotokoll, welches das bekanntermaßen nur sehr fragmentarisch zusammenfasst. Deshalb weise ich diesen Vorwurf, ich würde unlauter argumentieren, in aller Entschiedenheit zurück und möchte Sie bitten, in Zukunft lauterer zu argumentieren.
Sie haben Ihre Erinnerung, Kollege Dr. Behrendt, ich habe meine Erinnerung. Ich erinnere mich daran, dass ich mich auf solche Plattheit gewiss nicht herabgelassen habe. Sie erinnern sich daran, dass ich das genau so gesagt hätte. An dieser Stelle steht Aussage gegen Aussage. Leben wir damit!
Das Einzige, was ich tue, weil mein Vertrauen in die Verwaltung dieses Hauses so unbeschreiblich groß ist, wenn ich mich nicht mehr genau an jeden Satz erinnere, ist, ins Protokoll zu gucken. Und was stelle ich fest? – Dass entgegen den Behauptungen der Opposition sehr ausführlich niedergelegt ist, wie die inhaltliche Debatte um Ihren Antrag war. Und Ihre Argumente waren einfach zu dünn, dafür kann ich nichts.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lederer! – Das Wort für eine weitere Kurzintervention hat Frau Abgeordnete Seibeld. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Lederer! Sie haben gesagt, der Vollzugsbeauftragte würde nicht zur Lösung von strukturellen Problemen beitragen. Das stimmt, dafür sind auch Sie verantwortlich. Sie sitzen nämlich in der Regierung, und Sie müssen die strukturellen Probleme, die es im Berliner Strafvollzug gibt, lösen.
Und wenn Sie sich vielleicht doch die Mühe gemacht hätten, den Antrag zu lesen, hätten Sie festgestellt, dass gerade das der Vollzugsbeauftragte auch nicht soll. Um es ein letztes Mal zu sagen: Die Idee des Strafvollzugsbeauftragten bezieht sich darauf, Einzelfallprobleme, Einzelfallkonflikte zu lösen, um gerade Bürokratie abzubauen, um eben nicht den Petitionsausschuss zu beschäftigen, um nicht die Gerichte zu beschäftigen, sondern vor Ort sinnvolle Lösungen zu finden. Das alles steht in unserem Antrag, den Sie offensichtlich bis heute nicht gelesen haben.