Der Senat hat im Juni des Jahres die Berliner Landeskonzeption gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus vorgelegt. Darin wird dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche ein breiter Raum gewidmet. Es geht darum, Demokratie in der Schule und im außerschulischen Kontext erlebbar und erfahrbar zu machen und sich erfolgreich mit rechtsextremistischem und rassistischem Gedankengut auseinanderzusetzen. Es geht natürlich auch darum, Pädagoginnen und Pädagogen sowie andere, die mit jungen Menschen zu tun haben – z. B. Übungsleiterinnen und Übungsleiter aus Sportvereinen –, zu qualifizieren. Dabei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass viele zivilgesellschaftliche Institutionen und Einrichtungen bereits jetzt entsprechende Angebote vorhalten. Auch hier spielen übrigens die Bündnisse eine wichtige Rolle. Damit das so bleibt, ist es wichtig, dass das Engagement, die vielen Maßnahmen, Initiativen und Projekte eine solide Finanzierung erhalten. Dabei sehen wir auch die Bundesebene in starker Verantwortung. Auch dazu wäre ein Zeichen im Antrag begrüßenswert gewesen.
Was sich als gut und richtig erwiesen hat, muss verstetigt und ausgebaut werden. Gleichzeitig muss für Neues und Innovatives eine Basis vorhanden sein. Hier werden wir auch im Hinblick auf die anstehenden Haushaltsberatungen weiterdiskutieren und gegebenenfalls Schwerpunkte setzen müssen.
Danke schön, Frau Kollegin Weiß! – Für die FPD spricht nun der Kollege Dragowski. – Bitte schön, Herr Dragowski, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Wir werden uns bei dem Antrag enthalten. Noch sind wir nicht überzeugt, Frau Kollegin Herrmann, über zwei Punkte müssen wir noch sprechen.
Die Ausstattung der bestehenden Bildungsträger und der Beratungseinrichtungen muss dem Bedarf angepasst werden.
Damit haben Sie aus Ihrer Sicht sicherlich recht. Andererseits gibt es sehr viele Jugendprojekte, die eine bedarfsgerechte Finanzierung benötigen. Deshalb werden wir uns das gemeinsam mit Ihnen im Hauptausschuss ansehen und uns auf eine konstruktive Diskussion mit Ihnen darüber freuen, wie eine bedarfsgerechte Finanzierung gewährleistet werden könnte.
Ferner heißt für uns Extremismus nicht nur Rechtsextremismus. Sie haben völlig recht, es ist sehr wichtig, gegen Rechtsextremismus vorzugehen!
Herr Dr. Albers, ich wollte Sie jetzt nicht ansprechen, ich wollte es allgemein halten! – Es gibt für uns auch das Thema Linksextremismus.
Auch aus diesem Grund werden wir uns enthalten und mit Ihnen, Frau Kollegin Herrmann, noch einmal im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie darüber debattieren, ob wir eine gemeinsame Linie finden können.
Ja, Herr Kollege Oberg, ich beeile mich schon, dann können wir hinterher noch entre nous reden! Ich verstehe Ihre Zurufe nur schlecht. – Das Präventionsprogramm, das Sie in den Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen, Hochschulen und dem Landessportbund fordern, ist richtig. Das halte ich fest.
Wir haben uns Gedanken gemacht zu dem Thema, welche Präventionsansätze eventuell noch fehlen könnten bzw. noch einmal betont werden müssten. Bei der Herausbildung politischer Einstellungen spielen Persönlichkeitsmerkmale und Sozialisationserfahrungen eine wichtige Rolle. Dabei möchte ich das Stichwort Resilienz erwähnen. Das ist eine Fähigkeit, individuelle Krisensituationen konstruktiv bewältigen zu können. Wir benötigen – da widerspreche ich Ihnen, Frau Weiß – eine Präventionsarbeit, die grundsätzlich ist, d. h. einen grundsätzlichen präventiven Ansatz, der sowohl bei Jugend und Sucht wirkt, bei Jugendgewalt, der aber auch hier beim Thema Erreichbarkeit für extremistische Positionen ansetzt. Wir brauchen eine Präventionsarbeit, die die Kinder und Jugendlichen als Persönlichkeiten festigt und stärkt.
Herr Präsident! Grundsätzlich tue ich das immer, aber meine Fraktion hat mir signalisiert, dass sie dieses wichtige Thema zügig diskutieren möchte. Deshalb lasse ich das jetzt nicht zu.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die politische Deprivation – Herr Oberg, das ist das Gefühl, politisch einflusslos zu sein. Hier müssen wir bei der Kinder- und Jugendarbeit ansetzen und auch über deren gesellschaftliche Teilhabe diskutieren. Wir müssen die Demokratie für junge Menschen erfahrbar machen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben wir heute im Rahmen des Demografiekonzepts gemacht. Auch geringe emotionale Wärme und Ablehnung durch die Eltern ist ein Faktor, der für extremistische Positionen erreichbar macht. Hier ist die Elternarbeit und die Schaffung von Familienzentren ein wichtiger Fortschritt.
Der präventive Ansatz, den wir fordern, setzt nicht erst an, wenn Kinder oder Eltern auffällig geworden sind. Unsere Präventionsansätze greifen sehr früh und sind somit eine echte Chance gegen Extremismus bei jungen Menschen.
Ein weiterer Ansatz im Kampf gegen den bei Links- und Rechtsextremen vorhandenen Antisemitismus ist beispielsweise ein stärkerer Jugendaustausch mit Israel. Wenn man den antisemitischen Einstellungen einiger extremistischer Menschen Gleichaltrige jüdischen Glaubens gegenüberstellt, ist ein erster wichtiger Schritt gegen Antisemitismus und für ein offenes Verhältnis zum Judentum und zu Israel getan. Damit bekommen Themen wie jüdischer Glaube oder jüdische Kultur ein eigenes Gesicht. Der Austausch zwischen Gleichaltrigen – Herr Saleh bemerkte es bereits – ist geeignet, um uns im Kampf gegen Antisemitismus weiterzubringen.
Damit allerdings ein solcher Austausch zwischen jungen Berlinerinnen und Berlinern auf der einen Seite und jungen Israelis auf der anderen Seite möglich ist, ist der Senat gemeinsam mit dem Bund und den Bezirken aufgerufen, Lösungen der finanziellen Fragen zu finden.
Wir Liberale sind bereit, an diesen Lösungen mitzuwirken. Wir Liberale ächten jede Form von politischem Ex
tremismus, egal ob von links oder rechts, und freuen uns auf die konstruktive Ausschussberatung. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Dragowski! – Gegen den Überweisungsvorschlag des Ältestenrats federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptausschuss höre ich keinen Widerspruch. Damit wird das so gemacht.
Die Empfehlungen der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ für Berlin nutzen! (I): Eine zukunftsfähige Kulturmetropole braucht einen Kulturentwicklungsplan!
Auf eine Beratung wird verzichtet. Gegen den Überweisungsvorschlag des Ältestenrats an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten höre ich keinen Widerspruch. dann ist das so beschlossen.
Ist das der Fall? – Herr Birk, wenn Sie das Wort wünschen, bekommen Sie es, aber Sie machen sich damit unbeliebt. – Bitte, Herr Birk, Sie haben das Wort!
Laut der Absprache mit der SPD wollten wir reden, und das tue ich jetzt auch. – Meine Damen und Herren! Zum Einstieg in unseren Antrag möchte ich Ihnen ein Erlebnis schildern. Im Sommer war ich mit meinem Mann auf einer Feier mit Freunden in Birkenwerder. Als wir nachts um halb drei zurückfahren wollten, war der Bus gerade weggefahren, und wir beide standen allein an der Bushaltestelle zusammen mit betrunkenen, männlichen Jugendlichen, die dort abhingen. Sie brüllten gleich: S-BahnSchwuchteln! – und jagten uns durch nervöses Hin- und Hergerenne ordentlich Angst ein. Mein Mann und ich
gingen auf körperliche Distanz zueinander und taten unbeeindruckt. Kurz bevor der Bus endlich kam, trafen mit der S-Bahn aus der Richtung Oranienburg 15 Skinheads mit weißen Schnürsenkeln ein, die nach Berlin wollten. Im Bus fühlten wir uns noch einigermaßen sicher, aber in der S-Bahn, die ab Frohnau wieder fuhr, wollten wir hinter dem S-Bahnfahrer in den ersten Wagen einsteigen, wobei wir allerdings die Fahrtrichtung verwechselten und uns mit den Skinheads im letzten Wagen wiederfanden.
Finden Sie das lustig? Wir jedenfalls nicht. – Mein Mann stellte sich schlafend. Ich saß mit deutlicher Distanz zu ihm mit Herzklopfen in der S-Bahn, bis die Jungs endlich am Bahnhof Gesundbrunnen umstiegen. Als Heteropaar hätten Sie wahrscheinlich auch Angst gehabt, aber Sie wären wahrscheinlich näher zusammengerückt. Wir haben genau das Gegenteil getan. Wir haben unsere Liebe verleugnet, und dafür schäme ich mich bis heute.
Unser Erlebnis ging glimpflich aus. Für viele andere war es dieses Jahr nicht so. Wir wissen nicht, ob es eine gefühlte Zunahme von Überfällen auf Schwule, Lesben und Transgender in Berlin gibt. Deswegen fordern wir regelmäßige Umfragen und eine bessere Polizeistatistik, aber die bekannt gewordenen Übergriffe waren besonders brutal.
Neu ist auf jeden Fall, dass sich Protest in der Szene regt. Hunderte Menschen – in Kreuzberg waren es einmal 2 500 – haben dieses Jahr spontan nach Übergriffen auf Schwule, Lesben und Transgender protestiert. Nach der Schändung des Denkmals für die während des Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im August wurde vom Lesben- und Schwulenverband ein nationaler Aktionsplan gegen Homophobie gefordert. Er wird von dieser Bundesregierung wohl kaum kommen. Wir können aber in Berlin schon einmal beginnen, denn die meisten Themen betreffen ohnehin die Landesebene. Deswegen haben wir den Antrag vorgelegt.