Thomas Birk

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Herr Körting! Können Sie mir erklären, welches Kompetenzwirrwarr dazu geführt hat, dass die Veranstaltung der FIFA am Brandenburger Tor am 25. Juni 2011 genehmigt wurde, obwohl der CSD – wie jedes Jahr – seine Abschlusskundgebung zur CSD-Parade rechtzeitig für diesen
Ort beantragt hat? Nun soll er – wie schon einmal – ausweichen bzw. Kompromisse eingehen und wieder an der Siegessäule enden.
Nach der Ergänzung des Grundgesetzes um den Artikel 91 c wurde 2010 der IT-Planungsrat des Bundes und der Länder eingerichtet. Dank Parlamentsbeschlüssen, die auf Initiative der Grünen hier und in Sachsen herbeigeführt wurden, wurde die Geschäftsordnung dieses IT-Planungsrats dahingehend erweitert, dass bei Bedarf ein Vertreter des Landesdatenschutzbeauftragten hinzugezogen werden soll und dass bei fachübergreifenden IT-Standards die Interoperabilität gewahrt werden muss. Außerdem werden wir regelmäßig über die Arbeit des IT-Planungsrats informiert. Das ist gut, und immerhin konnten wir auf diese Weise auch von Berliner Landesebene aus Einfluss auf die Grundsätze des IT-Planungsrats nehmen. Aber noch schöner wäre es, wenn wir auf Landesebene auch so einen IT-Planungsrat hätten, denn der Abstimmungsbedarf zu IT-Planungen zwischen den Senatsverwaltungen und den Bezirken ist enorm. Die Mühlen der Verwaltung und der politischen Steuerung mahlen hier leider langsamer als der technische Fortschritt, und das kann sich eine moderne Metropole nicht mehr leisten.
Ich möchte in dem Zusammenhang daran erinnern, dass auch 2010 wie schon in den Jahren zuvor nur die Hälfte der Verwaltungen über ein mit der jeweiligen Behördenleitung abgestimmtes IT-Sicherheitskonzept verfügt. Und es gehen laufend neue Fachverfahren ohne IT-Sicherheitskonzept in Betrieb. Es gibt zwar eine landesweite AG ITSicherheit, aber die Teilnahme ist freiwillig, und wenn Behörden sich dem Thema IT-Sicherheit verweigern, passiert gar nichts außer einer Rüge durch den Berliner Datenschutzbeauftragten in seinem jährlichen Bericht. Das ist eines der Themen, die unbedingt auch in einem Berliner IT-Planungsrat beraten werden müssten Aber dieses Thema zeigt auch, dass dies nicht nur ein Beratungsgremium sein darf, sondern dass dort auch verbindliche Beschlüsse gefasst werden müssen.
Deswegen geht uns der Referentenentwurf des Senats zu einem E-Government-Gesetz an dieser Stelle auch nicht weit genug. Sie von Rot-Rot wollen auch einen ITPlanungsrat, aber er soll nur beraten und anders als der im Bund nicht verbindlich beschließen. Das ist typisch Berlin, aber nicht zielführend. Außerdem soll nach Ihrer Planung nur die Hälfte der Bezirke in dem Rat vertreten sein. Wenn es um die Einführung von einheitlichen ITStandards und IT-Sicherheit geht, sind auch wir durchaus bereit, über Einschränkungen bei der dezentralen Verantwortung zu reden. Dies wird aber nur was, wenn alle Senatsverwaltungen und alle Bezirke in so einem ITPlanungsrat sitzen. Wenn Sie sicherstellen wollen, dass der Senat bei Abstimmungen die Mehrheit behält, können Sie das ja über die Gewichtung der Stimmen regeln. RotRot wird ja gleich den CDU-Antrag für einen ITPlanungsrat ablehnen, weil Sie meinen, den würden Sie ja mit einem E-Government-Gesetz eh einführen. Aber wann wird das sein? Diese Legislaturperiode wollen Sie
das Gesetz nicht mehr verabschieden, und selbst wenn wir unter grüner Beteiligung dies Gesetz beschleunigt herbeiführen, wird es realistischerweise bis Frühjahr 2012 dauern, bis es beschlossen wird. Warum ein Jahr warten, wenn alle die Erkenntnis haben, dass wir dringend so ein Gremium brauchen? Sie regieren noch ein halbes Jahr, und wenn die Opposition Ihnen konstruktive Unterstützung anbietet, dann könnten Sie mal über Ihren Schatten springen und sie einfach annehmen.
Herr Felgentreu! Wie verträgt sich diese Prüfung durch den Senat mit Ihrem Wahlprogrammentwurf, worin geschrieben steht, dass Sie Doppelarbeiten und Doppelstrukturen abschaffen wollen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass man mit fast vollständiger Senatsriege solch ein Thema diskutieren kann. Allerdings fehlt der Senator, der die Blockade vollzieht, nämlich der Finanzsenator,
der hoffentlich per Lautsprecher mithört, was wir zu berichten haben.
Sie wollten, meine Damen und Herren von der Koalition, diese Legislaturperiode gestalten. Das hatten Sie sich vorgenommen.
Sie wollten eine umfangreiche Aufgabenkritik vornehmen, sie wollten Leistungsstandards über Rahmenzielvereinbarungen sichern.
Hier hätten Sie ein gutes Betätigungsfeld: die Volkshochschulen und Musikschulen. Die Vertreter der Bezirke zusammen mit den Senatsverwaltungen Inneres, Bildung und Finanzen haben zusammengesessen und wirklich einen hervorragenden Bericht vorgelegt. Finanzen hat sich leider vorzeitig von der Berichterstellung verabschiedet. Jetzt warten wir seit fast zwei Jahren auf die Mitzeichnung von Finanzen, damit man endlich loslegen kann.
Möglicherweise wird das Ergebnis dieser Kommission genauso wenig verwirklicht wie das Olympia-Modell für die Bibliotheken, das Herr Wowereit persönlich vom Tisch gewischt hat, der Kommmissionsbericht zur bezirklichen Kulturarbeit, das Mustergesundheitsamt, das Modellsozialamt, die bauenden und planenden Bereiche und demnächst womöglich das sozialraumorientierte
Musterjugendamt. Alle diese Arbeitsgruppenergebnisse harren der Umsetzung. Das ist beschämend für Berlin!
Wer sich von auswärts oder als Berliner demnächst in eine Kommission setzt, kann sicher sein, dass das Ergebnis in der Tonne landet. Das ist wirklich sehr ermutigend.
Wir hätten gern vom Musikschulbeirat gehabt, dass die Kommission extern besetzt wird. Es wurde dann eine intern besetzte Kommission. Ich habe bereits aufgezählt, wer in ihr gesessen hat. Gerade deshalb haben wir hohen Respekt vor dem Ergebnis, denn die Kommission ist nicht der Versuchung erlegen, einen Wunschkatalog aufzumachen, wie zum Beispiel der Runde Tisch vom Landesmusikrat. Der hat Ziele benannt, die erst in ferner Zukunft verwirklicht werden können, wenn man sich den Haushalt betrachtet. Nein, es sind sowohl bei der Personalausstattung als auch, was die fachlichen Ergebnisse angeht, Mindeststandards vereinbart worden, um zum Beispiel endlich die Warteliste von 6 800 Musikschülerinnen und schülern abzuarbeiten. Deswegen danken wir auch der Kommission, die sich pragmatisch mit der Situation auseinandergesetzt und ein machbares Ergebnis vorgelegt hat, für ihre hervorragende Arbeit.
Denn die Situation in Berlin ist beschämend, wenn man sie mit der in anderen Städten vergleicht. Wir erreichen sowohl, was die Personalausstattung mit festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeht, als auch, was das Angebot angeht, teilweise nicht mal die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Und das in einer Stadt, die Kultur und Bildung so hoch angesetzt und zum Schwerpunkt gemacht hat! Auch das geht nicht.
Und dann wird hier gesagt, es sei doch alles auf einem guten Wege. Ich habe einen persönlichen Brief von Herrn Nußbaum bekommen,
dass er diesen Bericht angesichts der Gefahr eines Aufwuchses der Globalsumme wohl kaum mitzeichnen könne. Dann müssen Sie sich wenigstens Alternativen überlegen! Es kann doch nicht sein, dass man jetzt einfach ergebnislos sitzen bleibt! Und es ist keineswegs so, dass es unbedingt ein Aufwuchs der Globalsumme sein muss, denn diese Mindestmengenbudgetierung, die vorgeschlagen wird, kann man – zum Beispiel, wenn man sich in der Produktkommission darüber unterhält, wie man diese Produkte gestaltet – auch umsetzen. Für die Umsetzung ist ja ein langer Zeitraum von drei bis vier Jahren angelegt. Die Summe, die hier veranschlagt ist, muss ja nicht von heute auf morgen draufgelegt werden.
Jetzt vergeigen Sie aber auch noch die Rückverlagerung der Stellen aus dem Stellenpool in die Musikschulen! Es war interessant, wie bei der Anhörung Marc Schulte,
immerhin der stellvertretende Landesvorsitzende der SPD, als Bezirksstadtrat wörtlich sagte, er fühle sich „verarscht“, wenn in drei Tagen das umgesetzt werden solle, was man sich als Kommission in drei bis vier Jahren vorgenommen hatte.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie werden die Wut der Musikschülerinnen und Musikschüler, der Volkshochschüler und der Eltern und Dozenten zu spüren bekommen. Es ist viel vom Wutbürger die Rede. Ich glaube, Sie werden demnächst von denen etwas gegeigt bekommen, damit Sie am Wahltag mit Pauken und Trompeten untergehen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ein weiteres Beispiel für ein Abweichen von einer Juryentscheidung war die Förderung der Hans-Wurst-Nachfahren, was wir begrüßt haben. Das haben Sie zweimal gemacht. Insofern ist es natürlich möglich. Deswegen frage ich Sie: Werden Sie, wenn Sie jetzt über Lösungen nachdenken, die Kammeroper in die Lage versetzen, sich weiter um die Basisförderung bewerben zu können? Dazu braucht man schließlich eine Finanzierung, die überhaupt ermöglicht, Aufführungen machen zu können.
Ich frage den Senat:
1. Wieso enthält das mit über einem Jahr Verspätung vorgelegte und von der Justizverwaltung in Teilen nicht mitgetragene Rahmenkonzept zur HIV-Prävention keine Quantifizierung der Zielgruppen und der
zielgruppenbezogenen Mittelvergabe, sodass keine Schwerpunktsetzung bei der HIV-Prävention des Senats erkennbar wird?
2. Weshalb meint der Senat, die bisherige Aufklärung unter Jugendlichen sei ausreichend, wenn der Bericht gleichzeitig auf eine erschreckend hohe Zunahme der HIV-Neudiagnosen bei 21- bis 24-jährigen Männern, die Sex mit Männern haben, verweist?
Bleiben wir beim Thema Jugendliche. Während Sie behaupten, dass weiterhin die Aufklärung in den Schulen stattfinde, wissen wir aus vielen Berichten, dass die Lehrerinnen und Lehrer das Thema Sexualität in der Schule meiden wie der Teufel das Weihwasser. Insofern frage ich Sie, wie Sie dazu kommen, sich zunächst einmal für die Aufklärung von Jugendlichen im Rahmenkonzept für unzuständig zu erklären, auf die Bildungsverwaltung und dann auf die Initiative sexuelle Vielfalt zu verweisen sowie auf die halbe Stelle, die dafür da sei, es eine Evaluation zur Auswertung des Rahmenplans geben soll, obwohl Sie ganz genau wissen – –
Meiner Information nach war Muschi schon längst gestorben. Aber das ist egal.
Ich habe eine ernsthafte Frage an den Finanzsenator: Herr Nussbaum! Ich wiederhole meine Frage an Sie, die ich schon am 1. Juli an Sie gestellt habe. Was hält Sie davon ab, den seit eineinhalb Jahren vorliegenden Abschlussbericht der Kommission zu Volkshochschulen und Musikschulen mitzuzeichnen, vor allem angesichts der Tatsache, dass wir eine erhebliche Anzahl von Lehrerinnen und Lehrern im ZEP haben, die rückversetzt werden sollen?
Wie wollen Sie eigentlich sicherstellen, dass die Umsetzung des Konzepts noch in dieser Legislaturperiode in Angriff genommen werden kann und sich überhaupt noch Menschen finden, die bereit sind, in Kommissionen Ergebnisse zu erarbeiten, wenn jedes Kommissionsergebnis, insbesondere von der Finanzverwaltung, letztlich vom Tisch gewischt wird?
Frau Senatorin! Wie beurteilen Sie denn die Tatsache, dass die Mitarbeiter, die die Briefe einscannen, diese auch vorher lesen müssen, um beurteilen zu können, was davon Originale und Urkunden sind, wenn Originale und Urkunden nicht vernichtet werden dürfen bzw. auch dem Kunden zurückgeschickt oder an das Jobcenter weitergeleitet werden müssen?
Ich habe eine Frage an den Finanzsenator: Herr Nußbaum! Woran scheitert in Ihrem Haus die Mitzeichnung der bereits seit einem halben Jahr vorliegenden Senatsvorlage zur Umsetzung des Strukturkommissionsberichts zu den Volkshochschulen und Musikschulen?
Es wäre erfreulich, wenn das so einfach wäre. Wir warten darauf. – Ich frage gleich nach dem nächsten Scheitern, nämlich: Warum verweigert Ihr Haus die Mitzeichnung eines Entwurfs zur Rahmenzielvereinbarung zur Kooperation von Musikschulen und Sekundarschulen im Ganztagsbetrieb, die dringend benötigt wird, damit im nächsten Schuljahr diese Kooperationen auf einer finanztechnisch sicheren Basis vereinbart werden können und die vom Schulgesetz ausdrücklich gewünscht sind?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wodurch kam es zur Verlängerung der Wartezeiten in den Kfz-Zulassungsstellen in Kreuzberg und Hohenschönhausen von bis zu sechs Stunden und der teilweise vorzeitigen Einstellung der Ausgabe von Wartenummern?
2. Welche personellen und organisatorischen Maßnahmen wird Senat ergreifen, um zu dem früher zeitweilig als vorbildlich geltenden Service der Kfz-Zulassungsstellen zurückzukehren?
Danke schön, Herr Freise! Aber Ihre Rechnung habe ich jetzt nicht verstanden. Wie wollen Sie denn vermeiden, dass, wenn jetzt noch mehr Terminkunden die Kfz-Behörden aufsuchen, die Spontankunden in eine noch längere Warteschleife geschickt werden, da ja die Bearbeitungskapazitäten begrenzt zu sein scheinen? Und die Ausweitung der Terminkunden hat ja dazu geführt, dass die Spontankunden länger warten müssen. Wenn Sie jetzt noch mehr die Terminkunden ausweiten – was wir begrüßen würden –, haben Sie das Problem bei den Spontankunden doch noch mehr. Wie wollen Sie gerade angesichts der bevorstehenden Ferienzeit zum Sommer hin dann vielleicht dazu kommen, dass die Aussage, die jetzt im Internet zu finden ist, dass zurzeit keine tagfertige Bearbeitung gewährleistet sein kann, wieder vom Tisch kommt?
Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Heute hätten Sie normalerweise – wäre keine Baustelle vor dem Roten Rathaus – zwei Tage vor den Respect-Gaymes die RegenbogenFahne gehisst. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das Rundschreiben aus dem Hause Körting, wonach erst am Tag der CSD-Demonstration am 19. Juni die Regenbogen-Fahne an den Berliner Rathäusern gehisst werden darf, obwohl dies an vielen Rathäusern traditionell in den beiden Wochen davor geschieht?
Das ist schön. Das wird dann sicher Herr Schulz in Friedrichshain-Kreuzberg auch so machen.
Ich frage Sie dennoch: Werden Sie sich noch einmal mit Herrn Körting zusammensetzen und ihn bitten, dieses Rundschreiben zurückzunehmen, damit wir nicht zum Auftakt des Aktionsplans gegen Homophobie einen unnötigen Flaggenstreit führen müssen?
Herr Wolf! Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass Sie viel abarbeiten. Können Sie uns irgendein konkretes Ergebnis der Zusammenarbeit im Bereich IT der letzten Jahre mitteilen? Denn da ist bisher, wie alle, die sich damit beschäftigen, wissen, nicht sehr viel an Ergebnissen erreicht worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der FDP zu E-Government ist verdienstvoll, sie geht aber an den aktuellen Problemen zum Teil vorbei. So haben Sie leider dem Senat ermöglicht, sich um die kritischen Themen, die wir im Ausschuss rauf und runter debattieren, herumzudrücken.
Eine Frage fehlt leider. Deswegen stelle ich sie hier. Warum arbeitet der Senat im Jahr 2010 eigentlich noch auf Basis eines E-Government-Masterplans von 2002 angesichts der rasant fortschreitenden Entwicklung in der digitalen Welt? Berlin braucht dringend einen aktuellen E-Government-Masterplan, der sich auf der Höhe der Zeit bewegt.
Ein großes Problem sind die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen einzelne Senatsverwaltungen und Bezirke das Thema E-Government behandeln. Während in einzelnen Teilbereichen erstaunliche Fortschritte gemacht worden sind – das will ich gar nicht in Abrede stellen –, leben andere Teile noch im digitalen Mittelalter. Das liegt auch daran, dass die inhaltlichen Vorgaben und organisatorischen Rahmenbedingungen unbefriedigend und nicht zeitgemäß sind.
Ein Beispiel: 39 Paragrafen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung beschäftigen sich mit Dienstpost, Zeichnungsrechten und Aktenführung, davon ganze anderthalb Paragrafen mit der Informationstechnik. Solange Beschäftige nicht wissen, wie der formal richtige Umgang mit einer E-Mail, einem elektronischen Ticket, der elektronischen Akte ist, werden sie kaum die nächste Stufe der digitalen Revolution zünden können. Wann kommt endlich die lange angekündigte und auch in dieser Beantwortung anvisierte Überarbeitung der GGO?
Hinter dieser Frage steckt übrigens noch viel mehr. Es ist bisher viel zu wenig realisiert worden, wie stark E-Government die Arbeitsweise der Verwaltung, damit auch den Personalbedarf und Personalentwicklung verändert. Dazu sollten sich alle Ressorts und auch dieses Haus mehr Gedanken machen.
Ein zweites Beispiel, oft von uns beklagt, aber immer noch richtig: Die Berliner IT-Strategie ist eigentlich keine, sondern lässt jeder Behörde ein Hintertürchen offen, so weiterzumachen, wie sie möchte. Wir haben dagegen dem Senat bereits 2007 einen Plan zur Umstellung der Verwaltung auf Open Source vorgestellt, dem eine Harmonisierung der Verfahren vorausgehen müsste. Inzwischen sind FDP und CDU an unserer Seite. Hätten wir das damals beschlossen, wären wir heute auch in Sachen E-Government ein schönes Stück weiter.
Drittes Beispiel: Natürlich ist die Verfassungslage zur Durchsetzung eines E-Government-Masterplans und einer IT-Strategie in Berlin kompliziert. Aber wenn Sie weiter davor zurückscheuen, einen Chief Information Officer, einen CIO, zu benennen, der in Teilen mit ähnlichen Kompetenzen ausgestattet ist wie der Finanzsenator, dann werden wir nie zu einer kunden- und nutzerfreundlichen, einheitlichen und effizienten E-Government-Struktur kommen. Wenn Sie das nicht wollen, dann nehmen wir uns doch wenigstens ein Beispiel am zukünftigen IT
Planungsrat zwischen Bund und Ländern. Dort sollen Standards, die übergreifend notwendig sind, mit einer qualifizierten Mehrheit entschieden werden, dann gelten sie aber auch für alle, und so etwas brauchen wir auch in Berlin.
Dazu müssen ein besseres Vertragsmanagement und Controlling kommen. Ein Fall MODESTA darf sich nicht wiederholen.
Wir legen mit „eGovernment@School“ ein 20-MillionenEuro-Programm auf. Wir gehen mit ISBJ für die Jugendhilfe in eine nächste millionenschwere Stufe. Da darf uns nicht passieren, dass wie bei der Feuerwehr das Notrufprogramm und das Einsatzprogramm nicht kompatibel sind.
Die systematische Zusammenarbeit mit dem Bund und anderen Bundesländern muss sich verbessern. Der Auftritt des IT-Staatssekretärs aus Brandenburg in der letzten Ausschusssitzung hat deutlich gemacht: Da stehen wir noch ganz am Anfang.
Der Bund dagegen – und das hatte seine Anfänge mit Deutschland-Online bei der früheren rot-grünen Bundesregierung – hat eine E-Government-Strategie. Ein überfälliger Fortschritt für Bund und Länder ist der neu eingefügte Artikel 91c Grundgesetz, der nun mit der Bildung des IT-Planungsrats von Bund und Ländern ausgestaltet werden soll. Hierzu gibt es allerdings die eben angesprochene Grünen-Initiative zur Ergänzung. Wir wollen, dass der IT-Planungsrat sichere, quelloffene Standards zum Grundsatz erhebt, damit verhindert wird, dass wir uns bei länderübergreifenden IT-Verfahren in die dauerhafte Abhängigkeit der allbekannten marktbeherrschenden Player der Softwareindustrie begeben.
Wir wollen den Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte stärker in der Arbeit des IT-Planungsrats verankern. So ist es ein Unding, dass nur die IT-Beauftragten, nicht aber die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder im IT-Planungsrat vertreten sein sollen.
In Sachsen schlossen sich SPD und Linke dieser Forderung der Grünen an, dies im Staatsvertrag zu ändern. Die CDU-FDP-Mehrheit hat immerhin die inhaltlichen Ziele übernommen. Ich bin gespannt, wie sich die Mehrheiten hier im Ausschuss dazu verhalten werden. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Wirtschaftssenator: Herr Wolf! Seit 28. Dezember ist der praktische Umsetzungsteil der Dienstleistungsrichtlinie in Kraft getreten, deswegen frage ich Sie: Halten Sie es für metropolengerecht und den Grundsätzen der Servicestadt Berlin entsprechend, dass sich die Öffnungszeiten und die Sprechzeiten des einheitlichen Ansprechpartners im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie auf werktags von 10 bis 13 Uhr beschränken?
Danke schön, Herr Wirtschaftssenator! Erklären Sie mir doch den Widerspruch, dass Sie einerseits eines der aufwendigsten Softwareprogramme erstellen, um diese Dienstleistungsrichtlinie zu gewährleisten, und auf der
anderen Seite eine Sprechzeit von drei Stunden täglich einrichten bei gleichzeitiger Tatsache, dass wir eine Genehmigungsfiktion von drei bzw. sechs Monaten haben, aber Sie davon ausgehen, dass nur jeder zehnte komplexe und nur jeder vierzigste einfachste Fall von dem einheitlichen Ansprechpartner überhaupt geregelt werden soll. Warum dieser Aufwand, wenn der einheitliche Ansprechpartner eine so untergeordnete Rolle spielen soll?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Gefallen, den jetzt vielleicht viele erwarten, hier nur eine EinMinuten- oder Zwei-Minuten-Rede zu halten, werde ich Ihnen nicht tun.
Wenn die FDP hier so wenig dazu zu sagen hat, erstaunt mich das zwar, aber wir sind in dieser Sache völlig einer Meinung. Ich möchte noch einmal betonen, was ich bereits beim letzten Mal ausgeführt habe – diesmal mit weiteren Belegen: Das politische Bezirksamt war Teil eines Gesamtkonzepts in Berlin. Es ging darum, eine umfassende Verwaltungsreform in Berlin durchzuführen. Das ist in den 90er-Jahren auf den Weg gebracht worden. Dazu gehören die Globalsumme, die Abschaffung der Fachaufsicht und – auch wenn wir uns kritisch damit auseinandergesetzt haben – die Gebietsreform. Als es darum ging, die Gebietsreform überhaupt mitzumachen, hat die SPD sich damals nur darauf eingelassen, wenn auch das politische Bezirksamt dazu gehört – wenn auch am St. Nimmerleinstag, der allerdings jetzt kommt, nämlich im damals verabredeten Jahr 2010.
Das soll nun alles nicht mehr gewesen sein. Man möchte sich nicht mehr zu seinem Wort von damals bekennen, und deswegen zitiere ich, was 1997 gesagt wurde. Herr Dr. Zotl hat sich z. B. als glühender Verfechter des politischen Bezirksamtes gezeigt, indem er sagte:
Die Zustimmung der SPD zur Bezirksreduzierung wurde damals an die Politisierung der Bezirke, an eine Aufgabenneuverteilung zugunsten der bezirklichen Selbstverwaltungsorgane, an die drastische Eindämmung der Vorschriftenflut sowie vor allem an die Einführung des politischen Bezirksamts gebunden. Diese inhaltlichen Forderungen fanden und finden die Zustimmung der PDS. Herauskommen sollen 12 Bezirke mit Großstadtdimension, aber ohne entsprechende politische, rechtliche und finanzielle Kompetenz. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.
Und das bleibt es noch.
Deswegen hielt er auch die unverzügliche Einführung des politischen Bezirksamts für bitter notwendig. Und Kollege Lorenz vergoss damals bittere Krokodilstränen, weil ja nur die CDU die SPD daran hinderte, das politische Bezirksamt sofort einzuführen. Er sagte damals:
Sie werden sich auf Dauer mit einem Proporz nicht regieren lassen.
Nämlich die Bezirke! – Und er kündigt dann noch an:
Wenn wir bei der nächsten Wahl, Herr Schellberg,
das war der Abgeordnete der Grünen –
dank der großen und populären Politik, die Sie machen, die Zweidrittelmehrheit haben, dann können wir das alles ändern. Sie werden uns an Ihrer Seite finden.
Tja! Wir sind an Ihrer Seite, aber Sie sind leider nicht mehr da und nehmen sogar in Ihrer Not noch die CDU
wieder mit ins Boot, nur um zu verhindern, was Sie damals politisch unbedingt wollten. Das ist ein Armutszeugnis.
Das ist auch ein trauriger Schlusspunkt der gesamten Verwaltungsreform in Berlin. Denn was war denn damals das Ziel? – Man hat die Bezirke in die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung gegeben, damit sie über politische Zielvereinbarungen oder wenigstens über Verwaltungszielvereinbarungen gesteuert werden konnten. Aber das hat in der Praxis leider wenig Anwendung gefunden, und schon gar keine Anwendung hier im Senat. Nur eine Senatsverwaltung, die Innenverwaltung, bemüht sich zwar gerade, in einer Rahmenzielvereinbarung mit den Bezirken zu Bürgerdiensten und Ordnungsämtern, aber alle anderen Verwaltungen haben einen Stillstand in Sachen Verwaltungsreform angetreten. Das beklagen wir schon lange.
Was wir auch unbedingt brauchen in dieser Stadt, und da verweigern Sie sich auch, ist eine Aufgabenkritik. Es gibt eine Steuerungsgruppe beim Regierenden Bürgermeister, die nennt sich Aufgabenkritik und Abgrenzung.
Ja, die gibt es. – Die wurde aufgrund des Koalitionsvertrags gegründet. Sie sollte schon zum letzten Doppelhaushalt ihren Abschlussbericht vorlegen, damit darauf der Doppelhaushalt abgebildet werden konnte. Wir haben den Abschlussbericht heute noch nicht, denn diese Gruppe hat nur zweimal getagt und sich über die Nummer 115 berichten lassen, ansonsten inhaltlich überhaupt nicht gearbeitet. Wir brauchen diese Ergebnisse dringend. Wir werden darauf dringen, dass endlich eine Aufgabenkritik in dieser Stadt stattfindet.
Ich bin auch am Ende meiner Rede. – Hier ist auch von Entbürokratisierung die Rede gewesen. Auch da warten wir auf den Abschlussbericht. Denn wenn Sie in dieser Legislaturperiode noch etwas auf den Weg bringen wollen, dann müssen Sie auch da endlich Ihre Arbeit machen, damit die Gesetze überhaupt noch geändert werden können. Alles, was Sie heute beschließen, ist ein Abgesang auf die Verwaltungsreform, und das bedauern wir sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SPD und Linkspartei möchten mithilfe der CDU klammheimlich und in Windeseile dem politischen Bezirksamt eine Beerdigung dritter Klasse verpassen und damit einen unrühmlichen Schlusspunkt unter eine jahrzehntelange Diskussion setzen.
Mit unserer Anmeldung dieses Themas im Prioritätenblock wollen wir unserer heftigen Kritik an diesem Vorgehen Ausdruck verleihen.
Das politische, durch die Mehrheit der Bezirksverordnetenversammlung gewählte Bezirksamt war einmal ein breit getragenes Ziel dieses Hauses. In der Verfassung, die 1995 von der Bevölkerung durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde, stand, dass die jetzige Regelung der Bezirksamtswahl – nach Proporz und mit Zählgemeinschaften für das Bürgermeisteramt – mit der Wahl 1999 auslaufe. An dessen Stelle sollte nach dem Willen aller Fraktionen – außer der CDU – das politische Bezirksamt treten. Dann gab es die sehr umstrittene Verfassungsänderung zur Bezirksgebietsreform 1998. Hier setzte sich die CDU durch und schob das politische Bezirksamt auf das Jahr 2010. Immerhin war der SPD das
Volker Thiel
politische Bezirksamt so wichtig, dass sie die Option dafür nach 2010 erhalten wissen wollte.
Neben uns Bündnisgrünen war es vor allem die Partei des demokratischen Sozialismus, die damals für das politische Bezirksamt kämpfte und zur Bedingung einer wie auch immer gearteten Bezirksgebietsreform machte. 1998 sagte von dieser Stelle Carola Freundl – heute Bluhm –:
Neben der Zahl und dem Zuschnitt der Bezirke halten wir allerdings die Frage nach der kommunalpolitischen Stellung der Bezirke in Berlin für die entscheidende. Wir treten für politisch starke Bezirke ein, ohne die Einheitsgemeinde auflösen zu wollen, und wir wollen eine deutliche Erweiterung der Willensbildungsrechte der Bezirksverordnetenversammlungen und das politische Bezirksamt.
Es folgte Beifall der PDS. Dann unterstrich sie:
Unsere Mitwirkung an einer Gebietsreform hing und hängt weiter von dieser Frage ab.
Mit der Umbenennung der Partei des Demokratischen Sozialismus in Die Linke scheint Ihnen in dieser Frage ein demokratischer Anspruch verlorengegangen zu sein.
Sie von der Linken geben endgültig und bedingungslos die politische Stärkung der Bezirke auf, nachdem Sie in den letzten acht Jahren tatkräftig daran beteiligt waren, die Bezirke auszubluten, und Sie nichts dafür getan haben, ihnen mehr politisches Gewicht zu verleihen. Um das in der Verfassung unumkehrbar zu verankern, bedienen Sie sich auch noch der Hilfe der CDU, die dieses unrühmliche Spiel genauso bedingungslos mitspielt.
Wie stark muss die Gier nach Macht und Posten sein, dass sich hierzu diese politischen Pole zusammenfinden?
Da hätten die Berlinerinnen und Berliner gleich die große Koalition behalten können.
Wir dagegen fordern damals wie heute, was Frau Bluhm für die PDS damals aufgelistet hat: Stärkung der Bezirke durch das politische Bezirksamt, Ausweitung der Entscheidungsrechte der BVV auf alle bezirklichen Aufgaben und damit automatisch eine bindende Wirkung bei bezirklichen Bürgerentscheiden, Aufwertung des RdB als Rat der Bezirksämter mit einem aufschiebenden Vetorecht gegen Verwaltungsvorschriften. Dazu schlagen wir eine Rückführung des Eingriffsrechts bei der Bauleitplanung auf das sonst übliche Normalmaß vor – so, wie es die SPD übrigens letztes Jahr auf ihrem Parteitag beschlossen hat.
Dies alles haben wir bereits in einem Gesetzespaket im Sommer eingebracht, und zu einem solchen oder einem
ähnlich gelagerten Paket hätte es eine Mehrheit in diesem Hause geben können. Aber dazu sind die beiden anderen linken Parteien zu hasenfüßig oder zu machtversessen.
Ein solches Paket hätte zu mehr Transparenz bei bezirklichen Entscheidungen geführt. Politische Blockaden innerhalb des Bezirksamtes würden durch das politische Bezirksamt aufgelöst, und damit würde das Verwaltungshandeln beschleunigt. Die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, dass die gewählte Mehrheit der BVV oder bei Bürgerentscheiden dann auch das politische Handeln des Bezirks bestimmt.
Übrigens ist eine Verfassungsänderung dazu keineswegs zwingend erforderlich. Das hätten Sie mal von der Linkspartei aus prüfen sollen, denn 1972, als das politische Bezirksamt abgeschafft und das Proporzbezirksamt nach Höchstzahlverfahren eingeführt wurde, blieb die Verfassung auch unberührt, und es hieß einfach nur: Die BVV wählt die Mitglieder des Bezirksamts. Das Nähere regelt das Gesetz. – Das sollten Sie noch einmal dringend prüfen, bevor Sie die Verfassung ändern.
Denn wenn die Verfassung einmal geändert ist, dann schlagen Sie alle Türen zum politischen Bezirksamt zu. Dann nützen Ihnen auch Parteitagsbeschlüsse nichts mehr wie der, den Sie auf Ihrem letzten Parteitag zu diesem Thema gefasst haben und wo Sie gesagt haben, das politische Bezirksamt wäre im Prinzip sinnvoll, wenn die Bezirke wieder mehr Kompetenzen erhielten. Das können Sie sich für alle Zeiten abschminken.
Damit komme ich auch zum traurigen Schluss.
Frau Lompscher! Viele Kinder konnten sich nicht in den Arztpraxen impfen lassen, weil der Kurierdienst mit dem Impfstoff noch nicht angekommen war. Wussten Sie, dass nur so wenige Kuriere in der Stadt unterwegs waren?
Senatorin Katrin Lompscher
Warum haben Sie nicht rechtzeitig dafür gesorgt, dass der beliefernden Apotheke ausreichend Kuriere zur Verfügung standen?
Herr Hoffmann! Ich spreche diesmal nicht nur als Abgeordneter der Grünen zu Ihnen, sondern auch als zweiter Vorsitzender des Vereins für selbstbestimmtes Wohnen im Alter. Ich möchte hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen, was ich Ihnen schon einmal persönlich gesagt habe: Wir sind ein Verein, der sich für die Wohnform Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz und für die Qualitätskriterien dort einsetzt. Alle Vereinsmitglieder und auch die meisten Träger auf diesem Feld, mit denen wir Kontakt haben, sind sehr daran interessiert, dass die Kontrollen sich auch auf diese selbstbestimmte Wohnform Wohngemeinschaft ausweiten, weil wir hier in Berlin einen riesigen Markt dafür haben – wahrscheinlich inzwischen weit über 400 Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz –, wobei es leider auch einen großen Missbrauch dieses sehr fortschrittlichen Modells gibt.
Wenn wir jetzt im Gesetz nachlesen können, dass der Träger nachweisen muss, dass es tatsächlich eine Trennung zwischen Vermieter und Anbieter von Pflege gibt, keine Verwandtschaften, keine sonstigen Abhängigkeiten, dann ist das ein Fortschritt. Und das muss auch überprüfbar sein. Um dieses zu überprüfen, braucht es auch das Ordnungsrecht. Selbst wenn diese Trennung gegeben ist,
Gregor Hoffmann
gibt es noch viel Missbrauch. Es gibt das Beispiel, wo ein Haus vier Wohngemeinschaften hat und nur eine Nachtwache diese vier Wohngemeinschaften betreut. Und es gibt Wohngemeinschaften mit zehn Personen, die nach dem Personalschlüssel nur von einer Person betreut werden, während in einer anderen WG drei Personen dafür zuständig sind. Für Betreuung und Pflege erhalten sie aber jeweils die gleiche Leistungspauschale und damit auch über Hilfe zur Pflege. Das heißt, der Steuerzahler zahlt dieselben Summen für eine ganz unterschiedliche Leistung. Diesem Missbrauch muss Einhalt geboten werden, und das kann darüber geschehen, dass die Aufsichtsbehörde bei eklatantem Fehlverhalten eines Pflegedienstes die Leitung, die Geschäftsführung oder die Pflegedienstleitung kommissarisch ersetzen kann, bis die Missstände abgestellt sind, oder dafür sorgen kann, dass die Wohngemeinschaften bei der Suche eines anderen Pflegedienstes unterstützt werden. Das alles steht in diesem neuen Gesetzentwurf. Dies kann ich nur begrüßen. Ich verstehe nicht, warum die CDU sich genau diesen Elementen des Gesetzes widersetzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Engert! Ihrer Argumentationsreihe unterlag leider ein Fehler: Die FDP ist in Hamburg nicht in der Bürgerschaft vertreten. – Herr Gram! Wenn Sie glauben, dass der Artikel 3 Homosexuellen und Transgendern einen umfassenden Schutz geben würde, dann fragen wir uns, warum es bis zum Jahr 1994 in Deutschland den § 175 StGB gab und wir bis zum heutigen Tag keine gleichen Rechte für verpartnerte und verheiratete Menschen in diesem Land haben.
Millionen Menschen haben in diesem Jahr in verschiedenen Städten zum Christopher-Street-Day für die Ergänzung des Artikels 3 Abs. 3 des Grundgesetzes um das Merkmal sexuelle Identität demonstriert. Es waren auch viele Heterosexuelle darunter, denn es geht nicht um Lobbypolitik, sondern es geht um eine Menschenrechtsfrage. Berlin hatte es kurzfristig geschafft, das Anliegen vonseiten des Parlaments zu unterstützen. Den Antrag dazu haben wir seit zwei Jahren in diesem Haus vorangetrieben. Auf das Ergebnis einer Bundesratsinitiative der drei Stadtstaaten sind wir Grüne stolz, denn nicht nur hier hatten wir unseren Anteil daran.
Was gibt es seit der letzten Rederunde Neues zu sagen? – Es gibt eine neue Qualität. Die Bundesratsinitiative wird von fast allen Fraktionen des demokratischen Parteienspektrums unterstützt, nur nicht in jedem Parlament. Hier war Rot-Rot-Grün dafür, die CDU dagegen, die FDP auch dagegen, bis auf den Kollegen Lehmann. Es gab darüber hinaus einen peinlichen Ausrutscher des Kollegen Kluckert zu Pädophilie und Sodomie. In Bremen hat die rotgrüne Koalition im August die Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Die Linke stimmte dem zu, die CDU dagegen, die FDP enthielt sich dort. In Hamburg hat die SPD den rot-rot-grünen Antrag aus Berlin abgeschrieben und eingebracht und dachte wohl, sie könne damit die schwarz-grüne Regierung in die Enge treiben. Dieser Versuch schlug fehl. Stattdessen gab es einen fraktionsübergreifenden Antrag von Grünen, CDU, SPD und Linkspartei – man höre und staune! Darüber sollten wir uns alle gemeinsam freuen. Die FDP gibt es – wie gesagt – in der Bürgerschaft nicht, deshalb wäre es spannend gewesen zu sehen, wie sie sich dort verhalten hätte, wenn sie dort gewesen wäre.
Wie geht es weiter im Bund? – Während Herr Westerwelle großspurig ankündigte, den Ländern, die Beschneidung anwenden und Homosexuelle verfolgen, die Entwicklungshilfe streichen zu wollen, erlaubt sich die alte Bundesregierung weiterhin die Ungleichbehandlung von verheirateten und verpartnerten Soldatinnen und Soldaten und Beamtinnen und Beamten. Wir sind gespannt, ob Herr Westerwelle daran etwas ändern will und der gesamte Themenkomplex sich im Koalitionsvertrag wiederfinden wird. Sollte es tatsächlich so kommen, dass eine von Ole von Beust geläuterte CDU die FDP zur Ergänzung des Artikels 3 Grundgesetz um sexuelle Identität bewegen könnte, dann wäre das allerdings ein Treppenwitz der Geschichte.
Die Berliner CDU ist jedoch weit davon entfernt. Während sie beim CSD gern mit dem dicksten Truck unterwegs ist, wollte sie im Kulturausschuss dem Schwulen Museum die neue Regelförderung streichen und hat natürlich hier gegen die Ergänzung von Artikel 3 gestimmt. So wird das nichts mit der modernen Großstadtpartei, Herr Gram und meine Damen und Herren von der CDU!
Wenn es um Verfassungsänderungen geht, liegt auch noch ein anderes wichtiges Anliegen auf Eis: die Aufnahme von Kinderrechten sowohl in das Grundgesetz als auch in die Verfassung von Berlin. Unsere Antragsinitiative dazu ist genauso alt wie die hier besprochene zur sexuellen Identität, nämlich aus dem Jahr 2007. Während sich die linke Hälfte des Hauses inzwischen auf eine Formulierung geeinigt hat, gibt es bei CDU und FDP noch keine Bewegung, und im Bund sieht es auch nicht danach aus. Das sollte sich möglichst rasch ändern, bevor die jetzige Kindergeneration erwachsen ist und es selbst machen muss.
Wir alle wissen: Verfassungsänderungen allein sind kein Garant für gesellschaftliche Veränderungen. Aber in Sachen Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen und im Kampf gegen Homophobie und Transphobie hat sich in Berlin im letzten Jahr gewaltig etwas bewegt. Vor zehn Monaten haben wir hier einen Aktionsplan gegen Homophobie beantragt, im April wurde er in veränderter Form beschlossen, und nur drei Monate später wurde er durch Arbeitsgruppen aus der Verwaltung und freien Trägern mit Maßnahmen unterlegt. Wie es scheint, wird er auch zur 2. Lesung im Hauptausschuss ausfinanziert sein. In vielen Bezirken – heute in Pankow – gibt es ähnliche Initiativen. Weil es der Sache dient, sind wir als Opposition und in bezirklicher Verantwortung gern die treibende, konstruktive Kraft.
Ja! – Ich möchte mit einem Zitat enden, und zwar mit einem Zitat von Roland Heintze, CDU-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg:
Mit dem Diskriminierungsverbot im Grundgesetz wird niemandem etwas weggenommen, aber vielen etwas gegeben.
Vielleicht sollten Sie noch einmal nachdenken, meine Damen und Herren von der CDU!
Herr Braun! Das ist doch gar kein Problem. Wir können uns ja darüber austauschen. Zum einen lag der Wirtschaftsplan vor.
Natürlich liegt er vor. Ein ausführlicher Wirtschaftsplan lag von Anfang an vor. Lesen Sie in der roten Nummer nach! Ich habe sofort hineingeguckt und ihn studiert. – Es liegt ein Wirtschaftsplan des Schwulen Museums vor, aus dem hervorgeht, dass zusätzlich zu der Förderung selbstverständlich noch weitere Förderung von außen kommen muss, denn es sind mehr Stellen eingestellt, als ausfinanziert sind. Das heißt, das Schwule Museum wird weiterhin auch Mittel von außen akquirieren und weiterhin viel ehrenamtliche Arbeit leisten, wie es bereits seit 25 Jahren geschieht. Es ist weltweit das einzige Museum dieser Art, es ist weltberühmt, und viele Leute kommen nur deswegen nach Berlin, um sich dieses Museum anzusehen. Bedauerlich, dass Sie es noch nicht in dieser Weise gewürdigt haben!
Auf der anderen Seite haben wir bei den freien Theatern und den anderen Theatern die Kriterien, die Sie eingefordert haben. Bei den Museen haben wir Sie in dieser Form, wie Sie sie hier vorgetragen haben, nicht. Und ich finde es unredlich von Ihrer Seite, dass Sie ausgerechnet dann, wenn ein Museum gefördert wird, mit dem Sie vielleicht Probleme haben, plötzlich Kriterien fordern, die Sie an anderer Stelle so auch nicht gefordert haben. Wenn man diese Kriterien möchte, sollte man das generell debattieren. Das kann man gern machen. Aber diesem Museum gleich die gesamte Förderung wieder wegnehmen zu wollen, die es jetzt bekommen soll, halte ich nicht für den richtigen Weg.
Ansonsten, glaube ich, haben Sie mich sehr wohl verstanden, was die Kritik an der CDU und übrigens auch an der FDP angeht – im Zusammenhang mit der Frage, warum Sie sich nicht dieser Grundgesetzänderung nähern wollen. Es ist natürlich ein grundsätzliches Problem, das Sie damit haben, und das können Sie nicht damit verschleiern, dass Sie sagen: Na ja, es gibt bei uns auch viele Lesben und Schwule und viele, die sich für Lesben- und Schwulenpolitik einsetzen. – Das gibt es, auch in Ihren eigenen Reihen. Ich sehe Frau Thamm da oben sitzen. Ich weiß ganz genau, wie sie sich einsetzt. Aber Sie sollten sich in Gänze vielleicht auch einmal weiterbewegen. Wenn Herr Gram sagt: „Wir haben etwas erkämpft.“, frage ich mich:
Wo war die CDU bei diesem Kampf? – Sie läuft jetzt ein Stück weit hinterher, und ich freue mich für jeden, der dazukommt. Aber eine wirklich überzeugende Arbeit in diesem Bereich haben Sie hier in Berlin in der Summe noch nicht geleistet. – Tut mir leid!
Herr Kluckert! Glauben Sie, dass das Benachteiligungsverbot für Menschen mit Behinderung im Grundgesetz auch nichts bewirkt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon vor zwei Jahren haben wir Bündnisgrünen hier einen Antrag für die Bundesratsinitiative für die Ergänzung des Artikels 3 Abs. 3 Grundgesetz um sexuelle Identität eingebracht, um die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen zu stärken. – Deswegen, Herr Kluckert, auch „sexuelle Identität“, um alle diese Gruppen zu erfassen, zum Beispiel beim Adoptions- und Steuerrecht für gleichgeschlechtliche Paare oder einem modernen Transsexuellenrecht. Hier geht es aber nicht um Klientelpolitik, sondern um eine Menschenrechtsfrage.
Heute werden wir das endlich beschließen. Das war ein ziemlicher Kraftakt, aber das Ergebnis zählt, und deswegen freuen wir uns auch über dieses Signal an den diesjährigen CSD, bei dem die Forderung zur Artikel-3-Ergänzung im Mittelpunkt steht.
Als junger Schwuler habe ich 1980 Jugendliche in einer Jugendfreizeiteinrichtung über Homosexualität aufgeklärt. Es war spannungsreich, aber es war möglich. Ich glaube, was Jugendliche betrifft, ist die Aufklärung über gleichgeschlechtliche Lebensweisen in der Schule und in Jugendfreizeiteinrichtungen heute nicht einfacher als vor 30 Jahren. Ich würde mir aber wünschen, wir hätten im unveräußerlichen Grundrechtekatalog eine Formulierung, die eindeutig und unmissverständlich festhalten würde, dass niemand wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Das würde die Diskussion als Ausgangspunkt unvergleichlich erleichtern.
Und es wäre spannend, mit den Jugendlichen darüber zu diskutieren, warum unsere Groß- oder Urgroßeltern vor 60 Jahren bei der Abfassung des Grundgesetzes nicht im Traum daran dachten, eine solche Formulierung aufzunehmen. Man könnte mit den Jugendlichen zum Beispiel über das Verfassungsgerichtsurteil von 1957 reden, das den § 175 in der von den Nazis verschärften Fassung rechtfertigte, wo es zum Beispiel hieß:
Anders als der Mann wird die Frau unwillkürlich schon durch ihren Körper daran erinnert, dass das Sexualleben mit Lasten verbunden ist. … So
Susann Engert
gelingt der lesbisch veranlagten Frau das Durchhalten sexueller Abstinenz leichter, während der homosexuelle Mann dazu neigt, seinem hemmungslosen Sexualbedürfnis zu verfallen.
Also sei die „Gefahr der Verbreitung gleichgeschlechtlicher Einstellung... beim Manne größer … als bei der Frau“ und müsse folglich strafbar bleiben. Was uns heute schmunzeln lässt, brachte damals Männer zigtausendfach ins Gefängnis. Es gab 50 000 Urteile von 1945 bis 1969, mehr als in der Nazi-Zeit, machte sie erpressbar, trieb sie in Doppelleben oder schlimmer, in den Selbstmord. Deswegen ist es dringend an der Zeit, diese Urteile aufzuheben und die Überlebenden zu entschädigen.
Heute ist die Justiz in Deutschland weiter in der Rechtsprechung, aber bezüglich der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen doch eine Schnecke. In der Begründung des Antrags verweisen wir auf einen Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2007, wo die Versagung des Familienzuschlags für eine verpartnerte Beamtin mit dem Fehlen des Diskriminierungsmerkmals in Artikel 3 Grundgesetz gerechtfertigt wird. Dazu, Herr Gram, brauchen wir eine entsprechende Verfassungsänderung.
Da ist der Europäische Gerichtshof mit wegweisenden Urteilen fortschrittlicher. Das liegt natürlich daran, dass in Europa eine entsprechende Formulierung bereits in der EU Grundrechtecharta existiert. Herr Kluckert! Ich weiß, dass Sie in der FDP dazu einen offenen Konflikt haben, aber wollen Sie ernsthaft behaupten, die Europäische Grundrechtecharta oder die Berliner Verfassung würden Pädophile oder Sodomisten schützen? Was für eine gruselige Argumentation, die Sie da im „Tagesspiegel“ abgegeben haben. – In Artikel 3 steht auch „religiöse und politische Anschauungen“. Das heißt zum Beispiel auch nicht, dass im Namen der Anschauung Volksverhetzung betrieben werden darf. Und wenn Sie die Hauptforderung des CSD ablehnen, meine Damen und Herren von der FDP, aber auch von der CDU, dann sollten Sie schleunigst Ihre Wagen abmelden, die sind nämlich dort angemeldet.
Der Lesben- und Schwulenverband hat bereits vor zwei Jahren eine neue Kampagne zur Ergänzung des Artikels 3 um sexuelle Identität gestartet. Wir waren erstaunt, dass der Antrag der Grünen dazu im Jahre 2007 für eine Berliner Bundesratsinitiative zunächst von der SPD-Fraktion abgelehnt wurde. Diese Entscheidung brachte den Regierenden Bürgermeister bei einer Versammlung des LSVD ganz schön in die Bredouille. Erst jetzt, wo in Berlin und in ganz Deutschland beim CSD für die Grundgesetzänderung demonstriert wird, ist auch die Berliner SPD wieder mit im Boot und hat sich sozusagen last minute unserer Initiative angeschlossen. Ich warte heute noch auf den Dank des Regierenden Bürgermeisters, dem ich damit aus der Patsche geholfen habe.
Ich komme zum letzten Satz. Hier zeigt sich mal wieder, wie so oft, Bündnis 90/Die Grünen sind und bleiben der Motor für die Durchsetzung der Rechte von Lesben, Schwulen und Transgender. Das war beim Aktionsplan gegen Homophobie so, bei den Gleichstellungsgesetzen bei den Kammerberufen. Der Igel ist eben immer zuerst da, aber der Wettbewerb belebt das Geschäft. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Ihnen heute ein umfangreiches Antragspaket zur Umsetzung des politischen Bezirksamts und zur Stärkung der bezirklichen Demokratie vor. Es ist mit Bezirksvertreterinnen und -vertretern gemeinsam erarbeitet worden, und wir unterstreichen hiermit: Wir stehen zu den Bezirken und lassen uns unsere Überzeugungen auch nicht abkaufen.
Wir erinnern uns: Auf der letzten Plenarsitzung ist etwas sehr Bemerkenswertes passiert. In einem Änderungsantrag der Koalition zu einem Antrag zu den Bezirksfinanzen wurde in einem letzten unscheinbaren Absatz das Proporzbezirksamt gelobt und damit das politische Bezirksamt begraben. Damit wurde eine Frage von Verfassungsrang mal eben ad acta gelegt. Warum musste das von Rot-Rot an dieser Stelle betont werden? – Weil dahinter ein Deal stand.
Der Finanzsenator musste noch einmal 8 Millionen Euro zusätzlich für die Bezirke herausrücken. Dafür verzichtete die Linkspartei wie angekündigt auf das politische Bezirksamt. So billig ist die Linkspartei zu haben. Demokratie zum Schleuderpreis! Das war ein ungeheuerlicher Vorgang.
Damit setzt Rot-Rot einen traurigen Schlusspunkt in der Abkehr von ihrer eigenen Programmatik bezüglich der Bezirke.
Die SPD amüsierte uns letztes Jahr mit einem Vorschlag, wonach ein Bezirksbürgermeister eine Machtausstattung bekommen sollte wie ein direkt gewählter Oberbürgermeister, ohne direkt gewählt zu sein. Dann sollte es neben einem halben politischen Bezirksamt mindestens einen Vertreter der Opposition im Bezirksamt geben dürfen. Dieser zusammengepuzzelte Unsinn fiel zu Recht auf Ihrem Landesparteitag durch.
Die Linkspartei trickste sich selbst aus und formulierte, dass ein politisches Bezirksamt, das man eigentliche begrüße, nur Sinn mache, wenn die Bezirke mehr Aufgaben und eine solide Finanzausstattung erhielten. So hatte man sich selbst zum Misserfolg verdammt, denn fortan galt es zu verhindern, dass Aufgaben und Finanzen über die Bezirke kamen.
Meine Damen und Herren! Seien Sie doch einfach ehrlich! Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass Sie nur Ihre Pfründe in den Bezirksämtern sichern wollen und deswegen am Proporzbezirksamt festhalten!
Bündnis 90/Die Grünen legen dagegen heute ein Gesetzes- und Antragspaket vor, das nicht nur unser Plädoyer für das politische Bezirksamt unterstreicht, wir verbinden damit gleichzeitig eine Stärkung der bezirklichen Demokratie und der Selbstverwaltung in den Bezirken.
Unser Modell sieht so aus: Die Bezirksverordnetenversammlung wählt das Bezirksamt entsprechend ihrer Mehrheit. Damit kann die Bevölkerung klarer die politische Verantwortung für das Verwaltungshandeln im Bezirk nachvollziehen. Die BVV wird gleichzeitig selbst gestärkt, indem sie bei allen Bezirksangelegenheiten das Entscheidungsrecht erhält. Das wiederum hat weitreichende Folgen für Bürgerentscheide. Die werden nämlich bindend für die Verwaltung. Damit entsprechen wir einer klaren Forderung von Mehr Demokratie e. V. und stärken die direkte Demokratie.
Wir wollen den Rat der Bürgermeister in ein Entscheidungsgremium von mehr Gewicht verwandeln. Er soll Rat der Bezirksämter heißen, mit jeweils zwei Vertreterinnen bzw. Vertretern pro Bezirk ausgestattet sein und ein stärkeres Vetorecht gegen Senatsentwürfe von Rechtsvorschriften erhalten, das nur durch das Abgeordnetenhaus abgewendet werden kann. Aber der RdB soll nicht nur reagieren, sondern auch durch verstärkte horizontale Zusammenarbeit selbst Qualitätsverbesserungen des Verwaltungshandelns anregen. Um einen bezirklichen Koalitionswechsel während der Legislaturperiode zu ermöglichen, entfällt die Zwei-Drittel-Mehrheit zur Abwahl von Bezirksamtsmitgliedern. Die Abwahl kann aber nur durch
Präsident Walter Momper
ein konstruktives Misstrauensvotum erfolgen. Der politische Beamtenstatus von Bezirksamtsmitgliedern soll entfallen, um im Fall einer vorzeitigen Abwahl Besoldungs- und Versorgungsansprüche zu vermeiden. – Sie sehen, wir haben an alles gedacht.
Wir wollen aber auch die Bezirke als Ganzes stärken, indem wir zum einen das Eingriffsrecht des Senats bei der Bauleitplanung auf das Maß zurückschrauben, wie es für die anderen Bereiche bereits gilt. Das heißt, die alte Lex Strieder, die einen ungebremsten Eingriff von der Würstchenbude bis hin zu Bebauungsplänen vorsah, wird abgeschafft und ebenso die unsinnige Schlussprüfung bereits beschlossener Bebauungspläne durch die Senatsjuristen. Das ist gleichzeitig unser Beitrag zur Entbürokratisierung. Zum anderen sollen die Bezirke einen abgeschlossenen, gesetzlich fixierten Aufgabenkatalog erhalten, damit die Berlinerinnen und Berliner, aber auch wir, endlich begreifen, was die Bezirke eigentlich alles leisten. Nur auf Basis eines solchen Aufgabenkatalogs kann dann auch eine Aufgabenanalyse und -kritik stattfinden. Die halten wir für dringend notwendig.
Zusammen mit unseren Alternativen zur Finanzierung der Bezirksaufgaben haben wir damit ein Paket vorgelegt, das mehr Transparenz bei der Aufgabenzuordnung und der politischen Verantwortung schafft. Wir verbinden damit eine klare Botschaft: Ein starkes Berlin braucht starke Bezirke. – Vielen Dank!
Sie wird auch wirklich kurz sein! – Herr Kleineidam! Sie haben uns falsch aus dem Gesetz zitiert. Ich möchte das richtigstellen.
Wir wollen nicht ein Vetorecht gegen beschlossene Gesetze hier im Abgeordnetenhaus durch den Rat der Bezirksämter. Das würde wahrhaftig zu weit gehen! Das kann keiner wollen. In unserem Entwurf steht:
Lehnt der Rat der Bezirksämter einen vom Senat vorgelegten Entwurf einer Rechts- und Verwaltungsvorschrift mit zwei Dritteln der Anzahl der Bezirke ab, bedarf eine Inkraftsetzung eines Abweisungsbeschlusses des Abgeordnetenhauses.
Es geht also vor allem um Verordnungen und dergleichen, die aus dem Senat kommen, im RdB eingebracht werden und Entwürfe sind. Insofern soll dann der RdB ein Vetorecht haben, damit sich das Abgeordnetenhaus in solchen Konfliktfällen, die ziemlich hochgezogen sein müssen, wenn zwei Drittel der Bezirke sie ablehnen, damit befas
sen muss und ihnen dann entsprechend zustimmen oder sie ablehnen muss. Wenn es um Gesetzentwürfe geht, dann geht es nur darum, einer vom RdB bestimmten, beauftragten Person auf Verlangen die Teilnahme an der Sitzung des Senats mit Rederecht einzuräumen. Das heißt, zu Gesetzentwürfen, die aus dem Parlament kommen und in der Regel im Senat beraten werden, soll im Senat ein Mitglied des Rats der Bezirksämter seine Position vortragen können. Die Änderungen in § 16a AZG sind nur geringfügig. Da haben wir einfach nur festgestellt, dass der Rat der Bezirksämter zu einem Gesetzesantrag dem Abgeordnetenhaus eine Stellungnahme zuleiten kann. Ansonsten ändert sich an der Stelle nichts. Ich möchte nur, dass richtig zitiert wird, was wir vorschlagen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema haut die Leute vom Hocker, das musste in die Prioritätenrunde. Aber das Anliegen dieser beiden Anträge der Koalition zu den Ordnungsämtern und den Bürgerdiensten ist durchsichtig. Da wollen sich die Fraktionen von Rot-Rot mit Prozessen in der Verwaltung schmücken, die entweder ohnehin kurz vor dem Abschluss stehen oder die aufgrund des technischen Fortschritts unumgänglich sind.
Zunächst sei meinen kritischen Bemerkungen vorangestellt: Der Prozess der Evaluation und der Rahmenzielvereinbarungen sowohl bei den Bürgerämtern als auch bei den Ordnungsämtern ist gut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die daran beteiligt sind, haben unsere Unterstützung, und sie haben Vorbilder für die bevorstehende Standardisierung und Leistungsoptimierung in anderen Themenfeldern geschaffen. So weit, so gut!
Aber – und nun komme ich zu dem Antrag „Ordnungsämter konsequent weiterentwickeln“ – was Sie da gemacht haben, ist wirklich billig. In den letzten Plenarsitzungen hat die CDU – das wurde schon mehrmals erwähnt – zwölf Anträge zu Ordnungsämtern eingebracht, das Meiste davon völlig überflüssig, weil der Prozess der Optimierung, der Vereinheitlichung der Ordnungsämter zumindest als Denkprozess abgeschlossen ist, gemeinschaftlich erarbeitet von den Bezirken und der Innenverwaltung. Auf das Ergebnis haben sich in einer Rahmenzielvereinbarung fast alle Beteiligten selbst verpflichtet.
Und nun kommen Sie daher, im Mai – im Februar ist die Rahmenzielvereinbarung geschlossen worden –, und machen den gleichen Unsinn wie die CDU. Sie greifen sich Punkte aus der Rahmenzielvereinbarung und erheben sie zum Antrag, um sich dann später einen positiven Abschlussbericht abzuholen. Ein bisschen mehr eigene Kreativität, um parlamentarische Erfolge zu erzielen, hätte ich schon von Ihnen erwartet.
Allerdings können Sie mit einem Änderungsantrag von uns rechnen. Es ist nämlich unabdingbar, dass endlich – wie versprochen – das IT-unterstützte Anliegenmanagement auf den Weg gebracht wird.
Nein, Herr Zotl, wir machen das im Ausschuss. Ich möchte den Leuten hier nicht die Zeit stehlen.
Es wäre wirklich an der Zeit, dass das IT-unterstützte Anliegenmanagement auf den Weg gebracht wird. Unser Stadtrat Nilson Kirchner in Pankow hat extra auf eine Insellösung verzichtet, weil das ja auch Sinn macht, für alle Bezirke in Berlin ein einheitliches Anliegen- und Beschwerdemanagement zu schaffen. Dann machen Sie es aber auch und beauftragen endlich eine Firma damit, und befördern Sie auch die Ordnungsämter in die virtuelle Welt, gerade wenn Sie die Bürgerdienste ja laut Antrag schon auf die nächste Stufe der virtuellen Welt heben wollen!
Noch eine weitere Kritik zu den Ordnungsämtern an Sie, Herr Innensenator: Die Innenverwaltung hat gerade eine Änderung der Aufgabenzuordnung für die Ordnungsämter trotz der gerade beschlossenen einheitlichen Ämterstruktur in den Rat der Bürgermeister eingebracht. Das mag ja im Detail inhaltlich diskussionswürdig sein. Aber wir mussten uns hier anhören, dass an der Zuordnung der Grünflächen zum Tiefbau in der Gesetzesvorlage nichts mehr zu rütteln sei, weil das der Rat der Bürgermeister als Kompromiss so wollte, und wenn man an einer Stelle rütteln würde, dann würde der ganze Kompromiss platzen. Und nun machen Sie genau das selbst. Sie wollen Teile des Lärmschutzes zu den Ordnungsämtern geben, ebenso die Genehmigung von Straßenfesten und die Sondernutzung von Grünflächen. Das entspricht nicht dem Abschlussbericht zur Optimierung der Ordnungsämter. Da ist nur von besserer Koordination die Rede. Und Sie wollen den Deal sogar so schnell und unbemerkt durchziehen, dass das Votum des RdB-Innenausschusses als Votum des gesamten RdB gelten soll, um zu verhindern, dass andere Bereiche dann auch ihre Änderungswünsche formulieren. Sie werden dann das Gesetz zur einheitlichen Ämterstruktur durch Rechtsverordnung entsprechend ändern. Dazu haben Sie sich selbst per Gesetz ermächtigt. Diese Strategie verstehe, wer will. Ich kann nur sagen, dann werden wir auch noch mal überlegen, ob wir nicht neue Verhandlungen in Sachen Grünflächen fordern.
Noch ein paar letzte Worte zu Ihrem Antrag zu den mobilen Bürgerdiensten. Das sind eigentlich alles alte Kamellen, die wir im Ausschuss zigmal besprochen haben, elektronische Terminvereinbarung, Onlinedienste ausbauen
usw. Da kann ich nur sagen, warum sind wir nicht längst weiter mit der elektronischen Signatur, dass endlich mehr Anliegen abschließend online erledigt werden können? Und wenn Sie die mobilen Bürgerämter ausbauen wollen, dann müssen Sie auch mal sagen, mit welchem Personal, zumal die Altersstruktur in den Bürgerämtern beängstigend ist und wir bald ein extremes Nachwuchsproblem bekommen. Oder muss der letzte Absatz so verstanden werden, dass Sie eigentlich Bürgerämter schließen wollen, wie Sie eben schon angekündigt haben, obwohl hier neulich über sehr lange Wartezeiten wegen des BerlinPasses diskutiert worden ist, und sollen die mobilen Bürgerämter dann als Billig- und Schmalspurvariante diese Lücken übertünchen? Kündigt sich hier eine pauschale Budgetabsenkung für die Bürgerdienste an? Dann reden Sie auch mal Klartext. Dies werden wir in den Ausschussberatungen kritisch vertiefen. Ansonsten tut es mir leid, dass Sie die beste Redezeit mit zwei so langweiligen Anträgen vergeuden mussten. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Tage, da macht Politik auch bei ernsten Themen einfach richtig Spaß. Wir Bündnisgrünen haben es geschafft, Sie als rot-rote Koalition mit unserem Antrag für einen Berliner Aktionsplan gegen Homophobie dazu zu bewegen, einen Aufschlag für eine systematische Herangehensweise an das Thema vorzulegen. Das sollte eigentlich heute mit den Stimmen der CDU einstimmig beschlossen werden. Da sind sicher einige erleichtert, dass sie hier die Hand nicht heben müssen. „Man könnte meinen“, um Frau Radziwills Worte zu wählen, der ganze Konflikt vorhin sei nur inszeniert worden, damit die CDU hier nicht mitstimmen muss.
Dennoch ist es ein Riesenerfolg für Lesben, Schwule und Transgender in dieser Stadt. Das hat Vorbildcharakter, insbesondere für den Bund. Da kommt einfach Freude auf.
Mit dem heutigen Beschluss bekundet das Parlament, dass die Akzeptanz sexueller Vielfalt ein überparteilich getragenes gesamtgesellschaftliches Ziel ist. Dieser Beschluss richtet sich daher auch ressortübergreifend an den gesamten Senat. Daran werden wir bei Gelegenheit deutlich erinnern.
Der Schwerpunkt der Beschlussempfehlung liegt im Bereich Bildung. Ich fasse das Auftragspaket an den nicht anwesenden Herrn Zöllner zusammen: Lehrkräfte und Pädagoginnen und Pädagogen sollen im Studium und in der Ausbildung im Umgang mit Diversity und sexueller Vielfalt befähigt werden. Der Senat stellt sicher, dass Lehrkräfte, Schulpsychologinnen und -psychologen, Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, Erzieherinnen und Erzieher zu Diversity und sexueller Vielfalt verpflichtend weitergebildet werden. Bis Schuljahresende 2010 ist sicherzustellen, dass an jeder Schule eine Lehrkraft als Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin für sexuelle Vielfalt mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung steht usw.
Zu allen diesen Punkten in Sachen Bildung soll es bis Ende 2010 Berichte geben, insbesondere zur Analyse der Defizite, warum die Behandlung von sexueller Vielfalt in der Schule trotz entsprechender Rahmenrichtlinie bisher nicht klappt. Denn nur 0,6 Prozent der Schülerinnen und Schüler werden im Jahr durch Aufklärungsträger wie ABqueer erreicht. Damit das nicht so bleibt, muss die Bildungsverwaltung mit ihrer politischen Spitze endlich
aktiv werden, wozu wir Sie nachdrücklich auffordern, Herr Zöllner!
Zwei weitere Senatorinnen und Senatoren sind gefordert, nämlich der Innensenator und die Justizsenatorin. Klar, Polizeipräsident Glietsch muss nicht mehr überzeugt werden, dass Homophobie bekämpft werden muss.
Aber die Botschaft muss auch bei den mittleren und unteren Führungsebenen ankommen. Wenn vermutlich 90 Prozent der homophoben Straftaten nicht zur Anzeige kommen, hat das auch mit Erfahrungen der Opfer mit der Polizei zu tun. Ein aktuelles Beispiel: Mein Mann, Mitbegründer des schwulen Überfalltelefons Maneo, ist gestern vor unserer Haustür im Schöneberger Homokiez sexuell bedrängt worden, wobei ihm aus der vorderen Jeanstasche das Handy geraubt wurde. Mit Gebrüll brachte er den Täter dazu, das alte Handy wieder herauszurücken. Er rief die 110, aber die Polizei war nicht bereit zu kommen, obwohl klar war, in welche Kneipe der Täter geflohen war. Auf die Frage meines Mannes, ob er denn als Alternative wegziehen solle, war die Antwort: Das müsse er dann wohl tun.
Genau solche Reaktionen führen dazu, dass die Szene über Selbstbewaffnung diskutiert, statt Anzeigen zu erstatten. Wir brauchen mehr Fortbildungen bei der Polizei und gezielte Kriminalprävention unterstützt von fachkundigen Trägern. Hier sehe ich ganz klar, den Etat der Innenverwaltung gefordert.
Die Justizsenatorin soll prüfen, wie das Sicherheitsgefühl und das Vertrauen der Opfer bei Strafverfolgung und verfahren erhöht werden kann. Meines Erachtens gilt auch hier: Umso mehr gewährleistet ist, dass Richterinnen und Richter, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen das Thema ernst nehmen und Verfahren sich nicht über Jahre hinziehen, umso weniger wird die Forderung nach Verschärfung des geltenden Rechts durch die Betroffenen selbst erhoben werden, was wir genauso ablehnen wie die Koalition.
Wo wir beim Recht sind: Mit dem heutigen Beschluss fordern die anwesenden Fraktionen die völlige rechtliche Gleichstellung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und Bundesratsinitiativen zur Wiedergutmachung von Verurteilungen wegen des § 175 und für die Rechte von Transgender und Transsexuellen. Ich bedauere außerordentlich, dass die CDU, die in den Ausschüssen zugestimmt hat, zu diesem Punkt fehlt.
Noch etwas anderes haben einige vielleicht übersehen, denn es sollen im Rahmen einer Diversity-Richtlinie, die es leider noch nicht gibt, alle Verwaltungen konkrete Maßnahmen vorlegen, die sie umsetzen sollen. Auf den versprochenen Bericht dazu bin ich ganz besonders gespannt.
Wo wir beim Geld sind, da fordern wir in dem gemeinsamen Beschluss so einiges: eine fortlaufende Studie über Diskriminierungserfahrungen von Schwulen, Lesben und Transgender und die Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen, stärkere Unterstützung der Projektträger für Aufklärung, Beratung und Opferhilfe und eine breite Akzeptanzkampagne und vieles mehr. Wir unterstützen das ausdrücklich alles, aber die Mittel dazu können nicht nur aus dem kleinen 500 000-Euro-Topf der Projektförderung kommen.
Ich komme zum letzten Satz! – Spätestens bei den Haushaltsberatungen werden wir genau hinschauen, wie ernst dieser Antrag gemeint ist. – Vielen Dank!
Frau Senatorin! Auch von meiner Seite herzlichen Glückwunsch! – Meine Nachfrage: Wie wollen Sie sicherstellen oder sind Sie bemüht sicherzustellen, dass das bewährte Personal aus den Koordinierungsstellen Rund ums Alter auch bei der dann veränderten Finanzierungs- und Geldgeberstruktur in die neuen Pflegestützpunkte möglichst weitestgehend übernommen werden kann?
Ich frage den Senat:
1. Welche kurz- und mittelfristigen Lösungsvorschläge verfolgt der Senat, um dem offensichtlich von Senat und Bezirken unterschätzten zusätzlichen Kundinnen und Kundenansturm auf die Bürgerämter und Wohnungsämter durch die Einführung des Berlin-Passes und die Wohngeldnovelle dauerhaft angemessen begegnen zu können?
2. Erwägt der Senat, die Ausgabe des Berlin-Passes für die entsprechenden Anspruchsberechtigten in die Jobcenter und Sozialämter zu verlagern und darüber hinaus die direkte Versendung mit den zugehörigen Leistungsbescheiden zu ermöglichen, um den Betroffenen unnötige Wege zu ersparen?
Zum einen erst einmal die Bemerkung: Es gibt das Konnexitätsprinzip, das auch für Entscheidungen für zusätzliche Leistungen, die hier getroffen werden, gilt. – Meine Frage noch einmal: Wenn ich mich als Studierender rückmelde und die Bestätigung der Rückmeldung bekomme, erhalte ich automatisch den Studierendenausweis zugeschickt, dafür brauche ich gar nichts zu tun. Warum ist es nicht möglich, auch beim Berlin-Pass alle Antragsberechtigten automatisch mit dem Berlin-Pass zu versorgen, damit die Bürger und insbesondere die Jugendlichen, die sogar vierteljährlich zum Amt laufen müssen, diese Wege nicht machen müssen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie der Presse zu entnehmen war, hat die CDU eine ganze Antragsflut zu den Ordnungsämtern erarbeitet. Neben den drei heute vorliegenden Anträgen sollen noch zehn weitere folgen. Hier will sich die Union wohl als Law-and-Order-Partei profilieren. Bei genauer Betrachtung Ihrer Anträge muss ich allerdings konstatieren: Wenn die weiteren Anträge auf diesem Niveau bleiben, wird das nichts mit der Profilierung, so leid es mir tut, werte Kollegen!
Aber zunächst ein Rückblick: In einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Regierung, Opposition – übrigens auch den Grünen – und den Bezirken wurden vor viereinhalb Jahren die Ordnungsämter errichtet. Wir waren als Grüne prinzipiell dafür. Uns missfiel allerdings die Ausrichtung der Ämter auf den Schwerpunkt Sauberkeit und Ordnung. Wir hätten uns stattdessen stärker eine Verfahrensvereinfachung und Koordination bei Genehmigungsaufgaben und eine stärkere Betonung der Präventionsarbeit gewünscht. Das Hauptmanko war aber, dass bei der Einrichtung auf ein einheitliches Aufgabenprofil verzichtet wurde. Nun wird es im Zuge der bereits für die nächste Legislaturperiode beschlossenen einheitlichen Ämterstruktur ab 2011 auch ein einheitliches Aufgabenprofil für die Ordnungsämter geben. Die Kuh wäre also auch vom Eis.
Der Weg zum einheitlichen Ordnungsamt ist meines Erachtens allerdings tatsächlich vorbildlich. Nach einer aufwendigen Evaluation läuft seit 2007, wie Herr Kleineidam schon erwähnte, das Projekt Optimierung der Ordnungsämter mit Unterstützung der KGSt. In mehreren Teilprojekten und im Kernteam sind die Bezirke, also auch zahlreiche CDU-Stadträtinnen und -räte, das Landesamt für die Bürger- und Ordnungsangelegenheiten und
die Senatsverwaltung für Inneres vertreten. Alle sonstig thematisch beteiligten Senatsverwaltungen sind in der Lenkung eingebunden. Alle Protokolle aller Sitzungen stehen online. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ich bin nicht bekannt dafür, dass ich mit Kritik hinterm Berg halte, schon gar nicht in Sachen Verwaltungsreform, aber hier muss ich einfach sagen: Da gibt es nicht viel zu meckern!
Ich wünsche mir allerdings sehr, dass sich die Bezirke und die anderen Senatsverwaltungen diesen erfolgreichen Prozess für andere Ämter und Aufgaben zum Vorbild nehmen und auch im Sinn des Antrags der Koalition, wonach die einheitliche Ämterstruktur für alle Ämter genutzt werden soll, um eine Geschäftsprozessangleichung und -optimierung zu organisieren. Lassen Sie uns hier einmal alle Parteiegoismen überwinden und zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes diesen Optimierungsprozess angehen! Die grüne Unterstützung dafür haben Sie.
Nun zu den CDU-Anträgen im Einzelnen. Antrag 1, Einheitliches Leitbild für die Ordnungsämter entwickeln: Wie den Protokollen zu entnehmen ist, ist es bereits fertig und steht kurz vor der Veröffentlichung. Der Antrag kommt also zu spät, meine Damen und Herren.
Antrag 2, Zivilgesellschaftliche Verknüpfung der Arbeit der bezirklichen Ordnungsämter: Mir ist nicht ganz klar, wohin die Reise gehen soll. Wenn Sie meinen, dass vorhandene Bürgerinitiativen, Präventionsräte oder Gremien des Quartiersmanagements einbezogen und gemeinsame Konzepte entwickelt werden sollen, habe ich damit kein Problem. Was wir sicher nicht wollen, sind bürgerwehrähnliche Gruppen, die zu Polizei und Ordnungsämtern einen direkten Kontakt halten, um ihre Nachbarn anzuschwärzen.
Den dritten Antrag zur Rechtssicherheit für die bezirklichen Ordnungsämter habe ich nicht verstanden. Einerseits fordern Sie eine enge Zusammenarbeit von Ordnungsämtern und Polizei, andererseits eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten. Diese Abgrenzung steht bereits im Gesetz zur Errichtung der bezirklichen Ordnungsämter und in den zugehörigen Verordnungen. Wenn Sie da Änderungsbedarf sehen, warum konkretisieren Sie das dann nicht?
Ich hoffe, dass die weiteren Anträge über das hinausgehen, was derzeit im Prozess befindlich ist, denn es gibt durchaus noch viele offene Fragen, die ich zum Optimierungsprozess habe, z. B.: Wie bewältigen die Ordnungsämter die zusätzlichen Aufgaben im Jugendschutz und bezüglich des Nichtraucherschutzgesetzes? Da reicht offenbar das Personal bisher kaum, zumal es in den Außendiensten enorme Krankenstände gibt und die Maßnahmen zum Teil in enger Kooperation mit dem Jugend
amt erfüllt werden sollen, wo es auch an Personal fehlt. Was wird aus den Ankündigungen von Frau Lompscher zum gesundheitlichen Verbraucherschutz im Rahmen der Ordnungsämter? Da herrscht auch Schweigen im Walde.
Oder wie lösen Sie den Zielkonflikt, dass die Ordnungsämter verstärkt präventiv arbeiten sollten, wenn diese Prävention aber Erfolg hat, die Einnahmen durch weniger Bußgelder sinken und sich damit die Produkte im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung verteuern? Wie schaffen wir da finanzielle Anreize, sich trotzdem in der Prävention zu engagieren? Schließlich: Welche Rolle werden die zentralen Anlauf- und Beratungsstellen der Ordnungsämter neben der bezirklichen Wirtschaftsförderung im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie spielen?
Das sind aktuelle Fragen, die in den weiteren Prozess der Geschäftsprozessoptimierung eingespeist werden sollten. Denn so sehr ich den Prozess gelobt habe, die Ordnungsämter selbst haben durchaus noch großen Optimierungsbedarf. – Vielen Dank!
Frau Senatorin! Ist bei dem Softwareprogramm sichergestellt, dass die Überleitung der alten Daten von Wohngeldempfängerinnen und -empfängern in die neue Software nahtlos stattfinden kann, sodass nicht wie beispielsweise bei ProSoz sämtliche Daten per Hand vollständig neu eingegeben werden müssen?
Danke, Frau Präsidentin! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister – wenn er mir sein Ohr leiht – zum Bieterverfahren Atelierhaus Wiesenstraße. – Wann und wie werden Sie in Ihrer Funktion als Kultursenator und Regierender Bürgermeister mit Richtlinienkompetenz Ihrem erklärten Willen zum Verkauf des Atelierhauses Wiesenstraße 29 an die dort tätige Künstlergenossenschaft auch tatkräftig Ausdruck verleihen und entsprechenden Einfluss ausüben?
Herr Regierender Bürgermeister! Laut eines Briefs Ihres Staatssekretärs an den Liegenschaftsfonds vom 13. November, den der Kollege Flierl öffentlich gemacht hat, folgen Sie seiner – also Schmitz’ – Einschätzung, dass die Entscheidung des Liegenschaftsfonds, die Verhandlungen mit der Künstlergenossenschaft für gescheitert anzusehen, auf z. T. sachlich falschen und überholten Behauptungen und Voraussetzungen beruhte, und haben Ihre Verwaltung gebeten, beim Liegenschaftsfonds zugunsten der Künstlergenossenschaft zu intervenieren. Nachdem Herr Schmitz dies vergeblich versucht hat, wieso erlösen Sie dann die Künstlergenossenschaft nicht selbst aus ihrem kafkaesken Alptraum –
und setzen faire Kaufverhandlungen zwischen dem Liegenschaftsfonds und den Künstlern durch? – Die Frage war jetzt erst gestellt!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kennen das alle – Herr Sarrazin und seine berüchtigten Folien. Vor gut zwei Jahren war es einmal wieder so weit, Herr Sarrazin präsentierte einen Städtevergleich zwischen den Berliner Bezirken und 27 weiteren Städten. Was wurde verglichen? – In der Regel eine einzige Kennzahl, zum Beispiel die Anzahl der Fälle bei Sozialleistungen oder die Größe der Grünflächen, mit der Anzahl der Vollzeitäquivalente. Das war es. Kein Wort darüber, inwieweit die Leistung vom Amt selbst oder durch kostenverursachende Externe erbracht wurde, kein Wort zu den tatsächlichen Kosten – nicht einmal zu den Personalkosten –, die tatsächlich bei den Kommunen anfallen! Kein Wort zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, kein Wort zur Ausstattung der Behörden, kein Wort zur Qualität der Leistungen, zum Beispiel zu Wartezeiten, zur Bearbeitungsdauer oder zur Zufriedenheit der Kunden! – Das ist kein professioneller Vergleich, Herr Sarrazin!
Auch kein Wort darüber, dass einige der Kommunen selbst in der Haushaltssicherung stecken und quasi nur den Mangel verwalten! Solche Vergleiche bringen Schlagzeilen, sie sorgen sicher für Unmut bei den Beteiligten, aber professionell sind sie nicht.
Das treibt dann solche Blüten wie das Verhältnis von Medienbestand und Vollzeitäquivalenten in Bibliotheken. Wir wissen, dass der Medienbestand der bezirklichen Bibliotheken seit Jahren sinkt, weil die Bezirke Kürzungen der Sachmitteletats vornehmen mussten. Aber sollen sie deswegen jetzt auch noch ihr Fachpersonal wegsparen?
Da wäre es sinnvoller, andere Fragen zu stellen: Wie können wir so geschickt durch Technik rationalisieren und gleichzeitig die Leistungen der Bibliotheken so steigern, dass der Bildungsauftrag der Bibliotheken erhalten bleiben kann, und das möglichst in allen Bezirken zu gleicher Qualität? – Dazu hatte der letzte Senat unter Flierl mit den Bezirken ein Modell entwickelt. Aber es wurde von Herrn Wowereit persönlich vom Tisch gewischt, mit der Folge, dass weitere Bezirksbibliotheken schließen mussten und die Qualität weiter sehr zu wünschen übrig lässt – übrigens zu einem relativ hohen Preis. So werden die Reformbemühungen von diesem Senat erstickt, und das ist leider kein Ausnahmebeispiel.
Noch ein kurzes Beispiel: Gestern war ich mit Frau Kosche im Gesundheitsamt in Marzahn-Hellersdorf mit dem Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung. Dort gibt es im ganzen Hause nur zwei Computer, die einen Internetanschluss haben. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen zu Hause im Internet arbeiten. Übrigens waren auch drei Stellen nicht besetzt, für die zwar das Geld vorhanden ist, aber nicht die Genehmigung, sie zu besetzen. – Das sind die Standards in der Berliner Verwaltung 2009. Es ist erbärmlich.