Protokoll der Sitzung vom 19.02.2009

und befürworten auf der anderen Seite, dass man das Nutzungskonzept völlig einem Dritten überlässt, der das dann alles selbst entscheidet, nämlich dem Filmstudio

Babelsberg. Das ist ein Widerspruch. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU! Auch Sie werden das sicherlich nachvollziehen können. Ich bin jedenfalls froh, dass das Land Berlin die volle Gestaltungsmöglichkeit in der eigenen Hand behält.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der Regierende Bürgermeister wurde von dem Investor „Bread and Butter“ angesprochen. Auch das wurde kritisiert. Dass potenzielle Investoren den Regierenden Bürgermeister ansprechen, wünsche ich Ihnen übrigens jeden Tag, Herr Wowereit!

[Christoph Meyer (FDP): Wir auch!]

Wenn ein Investor vor der Tür steht, dann muss gehandelt und die Chance beim Schopf gepackt werden. Der Ideenwettbewerb „Call for Ideas“ hat ergeben, dass sich Tempelhof auch als Kreativ- und Medienstandort eignet. Daher ist der Mietvertrag mit „Bread and Butter“ auch mit den Ergebnissen des Ideenwettbewerbs kompatibel. Für das Gelände und auch für das ehemalige Flugfeld bieten sich nach wie vor enorme Entwicklungspotenziale an. Der Regierende Bürgermeister hat darauf geachtet, dass das Alliiertenmuseum und das Technikmuseum am Standort Tempelhof einen Platz haben können, sodass man damit der historischen Bedeutung des Ortes gerecht werden kann.

Selbstverständlich wird es neue Stadtquartiere geben. Wir bewerben uns um die Internationale Gartenausstellung. Die Landschaft wird ein zentraler Park für ganz Berlin.

[Kai Gersch (FDP): Sprechen Sie eigentlich für den Senat oder für das Parlament?]

Das Interesse für Tempelhof spricht für den Standort, der sich zu einer internationalen Marke entwickelt. Das hätten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, vor einigen Monaten nicht für möglich gehalten!

Zum Schluss möchte ich gern an die Zeit erinnern, wo es hier einen großen Aufschrei gab, als „Bread and Butter“ verkündet hatte, dass sie die Stadt verlassen. Ich habe noch diesen Aufschrei im Ohr. Ich zitiere gern aus einer Presseerklärung von Herrn Braun, CDU, am 25. Oktober 2006. Er erklärte:

Die heutige Bekanntgabe der Veranstalter der „Bread and Butter“, diese sehr wichtige Modemesse künftig nur noch in Barcelona und nicht mehr in Berlin durchzuführen, ist ein schwerer Schlag für Berlin.

Weiter hieß es:

Der Senat von Berlin wird aufgefordert, Auskunft darüber zu geben, seit wann er von den Plänen der Veranstalter, die Messe in Berlin nicht mehr durchzuführen, Kenntnis hatte, welche Anstrengungen er unternommen hat, um die Messe in Berlin zu halten, und ob er wenigstens jetzt bereit ist, alles zu tun, um die Veranstalter noch umzustimmen.

Herr Braun! Das Land Berlin hat alles getan, um „Bread and Butter“ wieder in die Stadt zu bekommen, und zwar mit Erfolg.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wo ist diese Pressemitteilung von Ihnen? Die haben wir vermisst!

Frau Kolat! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Ich bin schon am Ende. – Welches Theater würden Sie heute hier aufführen, wenn wir vor einigen Wochen die Nachricht bekommen hätten, „Bread and Butter“ gehe nach Mailand, weil der Senat noch Beratungsbedarf hat oder dies gern im Parlament abstimmen würde. Ich glaube, der Aufschrei wäre sehr groß. Bitte, nehmen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, zur Kenntnis: Der Senat handelt, während Sie nur sprechen. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kolat! – Für die CDUFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Henkel das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kolat! Nach der eben gehörten Rede wundere ich mich noch mehr, dass sich die Koalition diesem Thema für die Aktuelle Stunde angeschlossen hat. Wenn Sie heute endlich aus der Defensive hätten kommen wollen,

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Wer ist hier in der Defensive?]

dann ist das gründlich misslungen.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Sie haben deutlich gezeigt, dass Sie offenbar genauso wenig konkrete Informationen über dieses Vermietungsgeschäft wie alle anderen haben. Hier geht es mir ein Stück weit wie meinem Vorredner, dem Kollegen Lindner. Mir geht in diesem Zusammenhang ein Satz nicht aus dem Kopf, der an dieser Stelle vor etwa drei Wochen gefallen ist. Damals ging es um das Volksbegehren „Pro Reli“ und um einen Regierenden Bürgermeister, der gegen jede Vernunft und auf dem Rücken der Steuerzahler einen möglichst ungünstigen Termin für den Volksentscheid durchpeitschen wollte. Eben dieser Regierende Bürgermeister hat die gesamte öffentliche Kritik an seiner Person, die vielen Zweifel an seinen Motiven, mit einem einzigen Satz weggewischt, der schon zitiert wurde: Ich

bin die Regierung. – Diesen Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Zitieren Sie den Satz mal ganz!]

Das können Sie nachher machen, Herr Regierender Bürgermeister! Mit dem Satz haben Sie aus meiner Sicht den Geist des Absolutismus wiederbelebt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Das zeigt nicht nur Ihr Umgang mit „Pro Reli“, sondern es zeigt sich auch an der Art und Weise, wie Sie den Flughafen Tempelhof abgewickelt haben, daran, dass Sie den Ausgang des ersten Volksentscheids schon im Vorfeld für irrelevant erklärt haben. Herr Regierender Bürgermeister! Sie legen damit eine Arroganz der Macht an den Tag, die wahrhaft ihresgleichen sucht.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Natürlich steht deshalb auch heute wieder Tempelhof im Mittelpunkt. Wieder geht es um die Lücke, die Sie in die Stadt gerissen haben und die Sie nicht füllen können.

Was haben Sie den Menschen schon alles versprochen? – Das Tempelhofer Feld solle schnell für alle geöffnet werden. Und jetzt gibt es dort eine eingezäunte Brache, von der selbst die BIM sagt, es ginge schon aus Gründen der Kostenstrukturen nicht, sie einfach mal nur aufzumachen. Hinzu kommt, dass Sie jahrelang verabsäumt haben, ein sinnvolles Nachnutzungskonzept für das Areal zu präsentieren.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Da war ja der Ende 2008 ausgerufene und mittlerweile offensichtlich völlig wertlose „Call for Ideas“ sogar ein kleiner Fortschritt, nach dem Motto: Wenn der Senat schon keine Ideen hat, was er mit diesem toten Flughafen anfangen soll, dann sollen sich wenigstens andere Gedanken machen. – Das war ein kleiner Fortschritt. Über die Ergebnisse, Herr Regierender Bürgermeister, kann man streiten. Dass die Idee eines Rotlichtviertels überhaupt in die engere Auswahl gekommen ist, sagt viel über Ihre Hilflosigkeit, Frau Stadtentwicklungssenatorin.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber unabhängig von den Ergebnissen geht es hier erst einmal um Menschen, die Geld und Energie in ihre Ideen gesteckt haben und ein Recht darauf haben, Herr Regierender Bürgermeister, mit Respekt behandelt zu werden. Herr Wowereit! Mit Ihrer einsamen Entscheidung haben Sie nicht nur ein schlüssiges Gesamtkonzept unwahrscheinlich gemacht und Ihre Stadtentwicklungssenatorin vor den Kopf gestoßen, sondern alle die Menschen, die sich in einem laufenden Wettbewerbsverfahren beteiligt haben.

[Beifall von Dr. Frank Steffel (CDU)]

Das ist auch wieder einmal ein schlechtes Signal an Investoren, wenn Herr Woebcken von den Filmbetrieben Berlin-Brandenburg in der „Morgenpost“ erklärt, er fühle sich vom Berliner Senat instrumentalisiert und verprellt.

[Beifall bei der CDU]

IHK-Geschäftsführer Eder hat völlig recht mit der Aussage, dass Ihr Verhalten der Verlässlichkeit der Stadt schadet. Ich sage, dem ist nichts hinzuzufügen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Mit Ihrer selbstherrlichen Entscheidung haben Sie dafür gesorgt, dass Investoren wie die Filmstudios Babelsberg abgesprungen sind, die sicher nicht nur ein Taschengeld investiert hätten. Der Regierende Bürgermeister hat die Stadt vor vollendete Tatsachen gestellt und offenbar im kleinsten Zirkel eine langfristige Schlüsselentscheidung getroffen.

Ich bekomme gerade eine aktuelle dpa-Meldung herein:

[Och! von der SPD]

Ja, dass Ihnen das unangenehm ist, glaube ich, aber hören Sie einfach einmal zu! –

Studio Babelsberg kritisiert Sarrazins Äußerungen zu Tempelhof.

Im Streit um die Vermietung des Flughafens Tempelhof hat Studio Babelsberg die Aussagen des Finanzsenators Sarrazin zurückgewiesen.

Jetzt kommt es! –

Sarrazin lüge, wenn er behaupte, er habe die Vorstände des Studios in einem Gespräch über die Pläne mit der Modemesse „Bread and Butter“ informiert. „Wir haben von den Abschlüssen aus der Presse erfahren“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

Das ist der Stil, wie Sie mit Investoren in unserer Stadt umgehen!