Herr Dragowski! Sie haben, bei allem Respekt, in Ihrem Antrag die Formulierung, die Risikobereitschaft solle gefördert werden. Na ja, in den vergangenen Monaten haben wir gelernt, dass Risikobereitschaft nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg sein muss. Vielleicht sollten wir das noch einmal umschreiben und eher davon reden, dass wir die Schüler lehren, mit Risiken umzugehen bzw. Risiken richtig einschätzen zu können.
Aber ich denke, das sind Dinge, die wir im Ausschuss noch ausführlicher behandeln können und bei denen wir sicherlich in den Fachausschüssen noch zu einem Ergebnis kommen, das respektabel ist und vor allem den Schülerinnen und Schülern unserer Stadt nützt und den nachfolgenden Generationen dienlich ist. Das ist die Aufgabe, die wir im Parlament haben, Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen. – Herzlichen Dank!
Da sind Ideen gefragt. Der Antrag, so zeigt die Nummer an, ist der erste in einer Reihe und soll so etwas wie ein Auftakt sein. Ich glaube, viel Neues ist danach nicht zu erwarten. Und mit Europa – das haben schon andere gesagt – hat der Antrag nun außer in der Überschrift und in der Reihe – wahrscheinlich kommen dann noch II und III und IV und V bis zur Europawahl, aber so oft tagen wir gar nicht mehr – nicht viel zu tun.
Da irren Sie sich! Dass wir eine Europawahl vor uns haben, das begrüße ich sehr, aber die haben wir auch ohne den Antrag, und auch in all ihrer Schönheit.
Mehr Wirtschaftskompetenz soll in die Schule, steht in der Überschrift. Die Schule solle mehr Wirtschaftskompetenz vermitteln, steht im Text. Das Thema ist bei der FDP nicht neu und auch sonst nicht. Vor gut einem Jahr – Sie haben es selbst gesagt – hat Herr Kollege Dragowski eine Kleine Anfrage zum Thema gestellt.
Die Antwort auf diese Kleine Anfrage ist im Prinzip auch die Antwort auf den Antrag. Sie verweist auf den Querschnittcharakter des Themas, auf den Umgang mit dem Thema Wirtschaft im Unterricht schon jetzt, auf die Projektarbeit, auf die vielfältigen Angebote, die hierfür bestehen, und darauf, in welcher Weise sie auf- und angenommen werden. In welcher Weise sie auf und angenommen werden, das liegt in der Entscheidungskompetenz der Schulen. Das ist auch richtig so.
Der Antrag folgt einem bekannten Muster. Es gibt eine Idee dazu, was die Schule über das Bisherige hinaus noch leisten soll. Der Senat wird beauftragt: Mach was dafür
und berichte anschließend! – In der Praxis bewirkt das meistens wenig, stört allerdings auch nicht allzu sehr. Klar, es ist sinnvoll, den Schulen Anregungen, Materialien, Unterstützung zu geben und sie dann entscheiden zu lassen. Hierzu findet sich allerdings im FDP-Antrag nichts Neues.
Im Gegenteil: Die besondere Hervorhebung von Unternehmertum, von unternehmerischen Kompetenzen – meine Vorredner haben dazu schon etwas gesagt – bedeutet wohl eher Einseitigkeit und Einengung. Insofern beißt sich der Antrag auch mit dem Thema Eigenständigkeit der Schulen, das die FDP sonst – meist zu Recht – immer so hoch hält. Manchmal ist es aber so, dass die politische Symbolik einen flexiblen Umgang mit den eigenen bildungspolitischen Überzeugung erfordert. Soweit zur Sache, soweit das geht.
Symbolik ist aber wichtig, gerade in Zeiten wie diesen. Ich kann mir schon vorstellen, wie das gelaufen ist. Da saß die FDP an einem schönen, oder vielleicht nicht ganz so schönen Abend zusammen, und es wurde sinniert. Die Zeiten sind schlecht. Die CDU will Banken verstaatlichen. Die eigene Parteiprominenz fordert Subventionen, wie Herr Brüderle heute. Der Finanzmarkt ist übel beleumundet, und das Managertum ist auch nicht gerade en vogue. Was also tun? – Da muss dagegen gehalten werden. Da muss mal wieder etwas Neoliberales gesagt werden und wenn es auch nur symbolisch ist.
Deshalb wurde dieser Antrag wohl gestellt. Deshalb ist er dann auch abermals in den vergangenen Sitzungen vertagt worden, damit er heute kraftvoll als Priorität präsentiert werden kann. Der Europabezug scheint mir bei aller Kritik an der Lissabon-Strategie, wie wir sie grundsätzlich haben, dann doch eher sehr bemüht. Insofern werden wir sehen, welche Anträge Sie zu diesem Thema noch stellen. Wenn dann die Reihe komplett ist, werden wir sie sicherlich auch, wie es im Bildungsausschuss – ich begrüße das nicht nur – üblich geworden ist, im Ganzen und im Paket behandeln. – Danke schön!
Ja, lieber Kollege Zillich! Nur weil Sie die Kleine Anfrage angesprochen haben und wir uns nicht missverstehen, will ich kurz den Punkt nennen. In beruflichen Schulen werden Existenz- und Unternehmensgründungen thematisiert. Das steht in der Antwort – jeder kann sie nachlesen. Zu der Frage, wie Unternehmer und Gründer in der Schule thematisiert werden, fallen Begriffe wie „die Vermittlung eines geschlossenen Bildes vom unternehmerischen
Erfolg oder Misserfolg steht jedoch im Widerspruch zu pluralistischen Gesellschaftstheorien und zum Indoktrinationsverbot der Schule“. So viel zur qualifizierten Antwort der Senatsverwaltung auf meine Anfrage.
Herr Kollege! Einen letzten Hinweis möchte ich noch geben, weil Sie es so herunterspielen. An dem größten Unternehmerspiel für junge Leute beim deutschen Gründerpreis nehmen sicherlich auch Berliner Schulen in kleiner Anzahl teil. Seit 2000 sind viele Brandenburger Schulen, Schulen aus Sachsen, Schulen aus anderen Bundesländern unter die ersten zehn gekommen, aber keine einzige Schule aus Berlin. Das zeigt auch ein wenig, wie stark der Senat das Thema hier in Berlin anpackt. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere daran, dass wir uns beim Prioritätenblock befinden. Es ist die Priorität der FDP. Jedenfalls habe ich durch die Beiträge von Herrn Dragowski immer noch nicht verstanden, was er überhaupt will.
Geht es um die Lissabon-Strategie? Es tut mir leid, wenn Sie die Lissabon-Strategie auf diesen einen Teil reduzieren, werden Sie der Lissabon-Strategie nicht gerecht. Wir haben in der Berliner Schule, in Berlin im Bildungssektor viel größere Probleme als uns jetzt darüber Sorgen zu machen, ob genug Wirtschaft in der Berliner Schule im Unterricht vermittelt wird. Ich nenne einmal einige: Lehrer wandern scharenweise ab. Der Unterrichtsausfall stagniert. Die Gewalt an Schulen steigt. Eine Bildungsgerechtigkeit ist auch unter Rot-Rot kein Thema in dieser Stadt. Sie kommen jetzt als FDP daher und tun so, als sei an Problemen in der Berliner Schule nichts mehr da. Jetzt müsse die Wirtschaft in der Schule forciert werden. Jetzt müsse dafür gesorgt werden, dass die Jugendlichen alle zu guten Unternehmern werden. So geht es nicht. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass Sie unsere Unterstützung für diesen Antrag nicht haben.
Entsprechend der Lissabon-Strategie sollen bis 2010 elementare Bereiche reformiert werden und im Rahmen des globalen Ziels der nachhaltigen Entwicklung ein Vorbild für den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt in der Welt zu sein.
Sie machen nichts Anderes, außer dieses Wörtchen Wirtschaft herauszunehmen und daraus einen dreiseitigen
Antrag zu formulieren. Dabei weiß aber keiner in diesem Haus noch nicht so richtig, was Sie damit wollen. Wir werden im Fachausschuss sicherlich noch einiges zu reden haben. Im Europaausschuss wollen Sie den Antrag sicherlich auch behandeln. Dort werden wir deutlich machen, dass die Verkürzung der Lissabon-Strategie auf Wirtschaft, mit diesem Antrag der falsche Weg ist. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Berlin in sonstigen Bereichen und im Bildungsbereich reformiert wird, aber nicht alles nur auf das Thema Wirtschaft reduziert wird.
Wir wissen, dass Berlin in punkto Schülerfirmen – das muss ich hier auch zugeben – nicht gerade Schlusslicht ist, sondern schon sehr erfolgreich arbeitet. Wir wissen, dass zahlreiche Firmen oder Wirtschaftsunternehmen in der Stadt viele Kooperationen auch mit Berliner Schulen betreiben. Hier das Bild an die Wand zu malen, keine Wirtschaft in der Schule, und es ist alles blöd, was in der Schule in Bezug auf Unternehmertum läuft, das finde ich falsch. Es verkürzt die Debatte. Da würde ich Ihnen raten, Herr Kollege Dragowski, in die Schulen zu gehen und sich Ihnen erzählen zu lassen, welche vielfältigen Kooperationen bereits existieren. In dem jeweiligen Fachausschuss werden wir Ihnen gern einmal aufzählen, worin diese bestehen.
Ich will die Diskussion hier nicht unnötig verlängern. Uns wurde sie durch Ihre Kurzintervention schon verlängert. Wenn Sie dem Ziel einer Europatauglichkeit dieser Stadt gerecht werden wollen, wenn Sie mehr Europa in den Schulen haben, wenn Sie auch dem Ziel der LissabonStrategie gerecht werden wollen, müssen Sie in Ihren zukünftigen Anträgen mehr liefern als bei diesem.
Vielen Dank! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2040 – Neu – federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg, wozu ich keinen Widerspruch höre.
und gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Es wurden 142 Stimmen abgegeben. Für den Antrag stimmten 108 Abgeordnete. Mit Nein stimmten 32 Abgeordnete. Es gab eine Enthaltung. Der Antrag
Die Begründungsstrategie für die automatisierte Schülerdatei ist bekannt. Es sollen hier wie andernorts mehr Transparenz, mehr Steuerung und Kontrolle ermöglicht werden. Das erklärte Ziel der Schülerdatei ist eine Verbesserung des Schulsystems. Was das aber konkret heißt – da gehen die Interessen auseinander. Der Innensenator will eine bessere Vernetzung zwischen Polizei, Jugendämtern und Schulen, vor allem zum Datenaustausch von Straftaten, die Schüler betreffen. Die Justizsenatorin will „effektiv gegen Schulschwänzer und junge Straftäter“ vorgehen. Der Bildungssenator, getrieben von seinem Misstrauen gegenüber den Schulen wegen absichtlicher Falschinformationen über Schulanmeldungen, bezeichnet die Schülerdatei als Voraussetzung für eine gute Bildungspolitik. Die Datei würde Doppelanmeldungen von Schülern verhindern und die Lehrerinnen- und Lehrerausstattung optimieren. Und seitens der Mehrheit meiner Fraktion dient die Schülerdatei neben der Umsetzung der Schulpflicht vor allem zur Verbesserung der Organisation der Schulausstattung. Und genau diese z. T. in ihrer Ausrichtung sehr unterschiedlichen, offen oder weniger offen vorgetragenen Begehrlichkeiten im Zusammenhang mit einer solchen Schülerdatei, machen mir eine Zustimmung unmöglich.
Die Schülerdatei wird die uns allen bekannten Probleme im Berliner Bildungswesen nicht lösen. Sie ist lediglich eine aufwendigere Verwaltung der Bildungsmisere. Denn nicht nur, dass die Ausstattung der Schulen mit Personal wie Schulhausmeistern, Schulsekretärinnen, Lehrerinnen und Lehrer hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückbleibt, nun sollen diese neben ihrer eigentlichen pädagogischen Aufgabe, Schülerinnen und Schüler beim Lernprozess zu begleiten, auch noch Daten sammeln und verwalten. Eine planbarere Lehrkräftezuteilung an den Einzelschulen könnte aber nach wie vor nicht erfolgen. Denn dafür bedürfte es u. a. einer weit vor Schulbeginn festgesetzten Anmeldefrist. Die Anmeldefristen für die Schulwahl sind aber wesentlich kürzer. Doppelanmeldungen ließen sich also weder vermeiden noch wesentlich frühzeitiger erkennen, sieht man dazu einmal davon ab, dass es außerdem auch im Laufe des Schuljahres immer wieder zu Schulwechseln und damit zu Ummeldungen kommt. Unberücksichtigt bei der Planung bleiben ebenfalls die erforderlichen Ersatzkräfte für die vielen krankenbedingten Stundenausfälle.
Ich teile nicht die Auffassung, dass die Schülerdatei ein geeignetes und ein verhältnismäßiges Mittel zum Zweck einer besseren Ausstattungs- und Bedarfssteuerung ist. Noch weniger teile ich das Ziel, mit einer Schülerdatei die Ursachen von Schuldistanz oder Jugendkriminalität zu bekämpfen. Auch in Berlin empfinden Kinder und Jugendliche die Schulzeit oft als bedeutungslos und assoziieren Schule eher mit Problemen anstatt sie als Lebensort
zu erleben. Perspektivlosigkeit, Überforderung, Langeweile durch Unterforderung sowie fehlende Anerkennung führen oft zu Verdruss und Schulunlust bzw. -distanz. Dieses Problem lässt sich weder durch Zwangsvorführungen zum Unterricht noch Bußgeldern beheben. Die vernünftigste Planungsgröße ist dafür immer noch die Einrichtung von Klassen, verbunden mit einer möglichst kleinen Richtfrequenz und Bandbreite. Die Schule muss entscheiden können, welcher Zusatzbedarf besteht. Und dabei ist das Kriterium „Migrationshintergrund“ bzw. „nichtdeutsche Herkunftssprache“ nicht aussagekräftig. Grundlage könnte eher der Sozialindex sein.