Vielen Dank, Herr Gaebler! – Frau Senftleben möchte antworten und hat dazu die Gelegenheit. – Bitte sehr!
Herr Gaebler! Ich freue mich immer wieder! – Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Erst einmal zu Herrn Pestalozza. Den bringen Sie immer gern als Beispiel. Ich erinnere nur daran, dass es auch Herr Pestalozza war, der dem Regierenden Bürgermeister Recht gegeben hat, als es um die Tricksereien im Bundesrat beim Einwanderungsgesetz ging.
Das muss man schlicht und ergreifend hier einmal feststellen. Auch bei den Herren und Damen Juristen gibt es in jedem Fall mindestens zwei verschiedene Meinungen. Das wissen wir alle sehr genau.
Jetzt komme ich zum Bundesverfassungsgericht. Auch hier ist die Aussage nachvollziehbar. Wir sagen doch nicht, Ethikunterricht finden wir schlecht.
Begreifen Sie es endlich! Wir diffamieren nicht diejenigen, die in den Ethikunterricht gehen. Das tun wir genau nicht. Wir wollen – damit komme ich zu Ihrem ersten Punkt – in der Tat die gleichberechtigte Stellung zwischen dem Religionsunterricht
und dem Ethikunterricht. Das unterstützen wir und nichts anderes will die Initiative für die Wahlfreiheit. Jetzt sage ich Ihnen noch etwas:
Es ist richtig, dass wir auch gemeinsame Unterrichtseinheiten behandeln müssen. Das wissen wir, und das wissen auch die Religionsgemeinschaften. Das sieht die Initiative „Pro Reli“ genauso, es ist deren Ziel, gemeinsame Projekte durchzuführen.
Eines sage ich Ihnen auch noch: Wenn wir uns über gemeinsame Werte und Werte vermittelnden Unterricht unterhalten, müssen wir die Frage stellen, wer eigentlich diese Werte vermittelt. Schafft das wirklich eine sogenannte neutrale Person, die den Ethikunterricht vermittelt? Gibt es überhaupt eine neutrale Person? – Die kann es eigentlich gar nicht geben. Deshalb ist es mir lieber,
dass sich die Schülerinnen und Schüler entscheiden, ob sie am Unterricht ihrer eigenen Religion teilnehmen oder in einen staatlichen Ethikunterricht gehen. Das ist die entscheidende Frage. Wir wollen die Gleichberechtigung und die Wahlfreiheit. – Vielen Dank!
Die Vorlage mit der Drucksachennummer 16/2147 ist hiermit zur Kenntnis genommen. Zum Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 16/2198 ist die sofortige Abstimmung beantragt. Zu diesem Entschließungsantrag ist von der Fraktion der CDU die namentliche Abstimmung beantragt.
Ich bitte den Saaldienst – der ist schon dabei –, die vorgesehenen Tische aufzustellen. Ich bitte die Beisitzerinnen und Beisitzer nach vorn. Eine namentliche Anstimmung ist mit Namensaufruf durchzuführen. Ich bitte ein Mitglied des Präsidiums – ich habe gehört, das macht Frau Müller –, die Namen zu verlesen. – Wenn Sie sich bitte im Präsidium untereinander einigen. – Die Namen verliest jetzt Frau Senftleben. Ich weise darauf hin, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach Namensaufruf möglich ist. Nur so ist ein reibungsloser und geordneter Wahlgang möglich. Sie finden Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind. Eine Urne für die Ja-Stimmen, eine für die Nein-Stimmen und eine für die Enthaltungen sowie eine für die nicht mehr benötigten restlichen Karten und Umschläge. Ich bitte nun, mit dem Namensaufruf zu beginnen. – Frau Senftleben!
Hatten jetzt alle Abgeordneten die Möglichkeit der Stimmabgabe? – Ich rufe noch einmal alle Kollegen und Kolleginnen auf, die bislang ihr Stimmrecht nicht wahrgenommen haben, ihre Stimme abzugeben. Wir werden in Kürze den Wahlgang schließen.
Noch immer haben viele Kollegen ihre Stimme nicht abgegeben. Das ist der allerletzte Aufruf. Ansonsten lassen wir es dabei. – Wir schließen den Wahlgang. Ich habe wiederholt aufgerufen. Alle hatten die Gelegenheit zur Stimmabgabe. – Vielen Dank!
Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen. Wir wollen mit der Tagesordnung fortfahren. Gegebenenfalls können Sie Ihre Gespräche draußen fortsetzen.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Herr Zillich. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie jetzt alle von der namentlichen Abstimmung erschöpft sind! Immer wenn über notwendige Änderungen in der Schule die Rede ist, immer wenn gefragt wird: Was muss sich denn da verändern, wie müssen wir die Qualität verbessern? – wird völlig zu Recht sehr schnell gefragt: Sind die Lehrerinnen und Lehrer denn eigentlich dafür ausgebildet? – Sicherlich haben wir keine in toto schlechte Lehrerausbildung, aber eins ist, denke ich, ganz klar: So wie die Ausbildung jetzt ist, wird sie den Anforderungen, die wir an die Schule stellen, nicht gerecht. Deshalb will die Koalition mit dem vorliegenden Antrag grundlegende Änderungen der Lehrerausbildung in Berlin auf den Weg bringen.
Die Lehrerausbildung in Berlin wurde 2003 mit der Änderung des Lehrerbildungsgesetzes verändert. Es wurden die Bachelor- und Master-Anteile eingeführt. Wir haben eine Erprobungsphase, die bis September 2012 läuft. Mit dem Antrag wollen wir die Ergebnisse der Evaluation dieser Erprobungsphase abfordern. Aber bis zum Ende der Erprobungsphase sind wird gefordert, eine Entscheidung über die Zukunft der Berliner Lehrerausbildung zu treffen. Der Antrag, den wir vorgelegt haben, soll die notwendigen Vorbereitungen dazu in die Wege leiten.
Mit einem viersemestrigen Masterstudium für alle Lehrämter wollen wir die Weichen für eine gleichwertige Lehrerausbildung stellen. Wir haben jetzt, das mag vielleicht manchen verwundern, – die Kunstfächer und die berufliche Bildung lasse ich einmal außen vor – vier verschiedene Lehrämter mit sehr unterschiedlichen Ausbildungszeiten. Wir haben einerseits den sogenannten Ein- und den sogenannten Zwei-Fach-Lehrer, L 1 und L 2, mit einem jeweils zweisemestrigen Masterstudiengang, wir haben die Sonderpädagogen mit einem dreisemestrigen Masterstudiengang, und wir haben die Studienräte mit einem viersemestrigen Masterstudiengang. Nicht nur die Ausbildungszeiten sind unterschiedlich; daran knüpfen sich dann wieder ganz unterschiedliche Laufbahnen und Lehrbefähigungen für den Schuldienst. Die Ein- und Zwei-Fach-Lehrer dürfen die Jahrgangsstufen von 1 bis 10 unterrichten, die Studienräte die Jahrgangsstufen von 7 bis 13 und die Sonderpädagogen die Jahrgangsstufen von
1 bis 13. Die sogenannten Ein-Fach-Lehrer werden vorwiegend an den Grundschulen eingesetzt, die Lehrer mit zwei Fächern vorwiegend an den Sekundarstufenschulen, die Studienräte an den Gymnasien und den gymnasialen Oberstufen der Gesamtschulen.
Diese Ungleichwertigkeit der Lehrämter ist angesichts der von uns angestrebten Entwicklung hin zu längerem gemeinsamen Lernen, hin zu einer Überwindung der Gliederung des Schulsystems nicht mehr gerechtfertigt. Sie ist auch gegenüber den Lehrkräften, die in allen Schulen eingesetzt sind, nicht gerechtfertigt. Sie ist nicht sinnvoll für eine Kooperation zwischen Grundschulen und Sekundarstufenschulen, und sie entspricht auch nicht der Qualität der Lehrämter. Denn es gibt keine inhaltliche Begründung dafür, dass Lehrkräfte, die vorwiegend in Grundschulen tätig sind, eine kürzere Ausbildung als Studienräte benötigen. Die Anforderungen in den jeweiligen Jahrgangsstufen sind zwar unterschiedlich, aber sie sind gleichwertig. Deswegen ist die Weiterentwicklung der Lehrerbildung, die zu gleichwertigen Lehrämtern führt, eine wichtige Grundlage für das Gelingen einer Schulreform.
Wenn wir Gleichwertigkeit wollen, dann bedeutet das für uns ein einheitlich viersemestriges Masterstudium für alle. Das bedeutet für uns auch einheitliche Ausbildungszeiten für das Referendariat, die jeweils mit der Masterphase verzahnt werden sollen.
Wir brauchen gegenüber den sogenannten Fachwissenschaften in allen Lehramtsstudiengängen eine Stärkung der Berufswissenschaften, die den Lehrer als Lehrer ausbilden. Wir wollen, dass die Physiklehrerin und der Physiklehrer nicht vor allen Dingen Physikerin oder Physiker sind, sondern vor allem als Lehrerin und als Lehrer ausgebildet werden. Auch dafür wollen wir mit diesem Antrag die Weichen stellen.
Wir wollen den Praxisbezug des Studiums erhöhen. Wir wollen Studierende besser auf die Realität des Schulalltags vorbereiten, auf eine Realität mit heterogenen Lerngruppen, eine Realität mit Jahrgangsmischung, eine Realität mit Klassen und Lerngruppen mit einem sehr hohen Migrantenanteil. Außerdem sollten die Studierenden schon zu Beginn ihrer Ausbildung austesten können, inwieweit sie persönlich sich für einen Lehrerberuf eignen.
Wir wollen und müssen die Schule verändern. Deshalb wollen wir die Lehrerausbildung verändern und verbessern. Wir wollen diesen Antrag schnell beraten, damit der Auftrag und die Richtung des Senatshandelns bestimmt sind.
Noch ein letzter Punkt, der nicht in dem Antrag steht: Ich bin davon überzeugt, dass das nur ein erster Schritt sein kann, denn wir werden nicht umhinkommen, aus der laufbahnrechtlichen und beamtenrechtlichen Organisation des Lehrerberufs auszusteigen. Aber wenn wir jetzt erst
einmal die Ausbildung verbessern, dann ist das schon ein richtig großer und auch notwendiger Schritt. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zillich! – Für die CDUFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Luchterhand das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass über die Ergebnisse der Erprobungsphase für die modularisierten Studiengänge der Lehrerausbildung berichtet werden soll. Zum angedachten Konzept bleibt die Frage, ob die 2006 entwickelten Vorstellungen der Regierungsfraktionen zur Lehrerbildung in Anbetracht der veränderten Entwicklungen noch aktuell sind. Sind diese Veränderungswünsche bei den Sitzungen der Kultusministerkonferenz von Berlin eingebracht worden? Wenn ja – wie haben die anderen Bundesländer reagiert? Fakt ist, dass der jetzige Antrag Ihre Beschlusslage wiederspiegelt, somit also Zeit genug war, dies bundespolitisch abzustimmen, damit es keine Anerkennungsschwierigkeiten für Berliner Absolventen gibt. Eine Einengung auf eine abweichende Berliner Situation würde die Absolventen beruflich auf dem nationalen Arbeitsmarkt benachteiligen und kann nicht in ihrem Sinne sein.
Einige Eckpunkte des zu entwickelnden Konzeptes lassen im Ansatz nicht deutlich erkennen, ob sich hier – gewollt oder zufällig – eine Entwicklung zum Universallehrer anbahnt und unterschiedliche Schulfakultäten glattgezogen werden sollen. Es fehlen zudem ein entscheidender Hinweis zum Eignungsverfahren und zu der strukturierten Organisation von Praxisphasen bereits während der Studienzeit zum Bachelor of Education sowie eine Eignungsfeststellung vor Beginn des aufbauenden Studiums zum Master of Education, wenn es sich darum handelt, den Berufswunsch Lehrer in der Schulform umzusetzen.
Wir sind es den Absolventen der Bachelor-Studiengänge schuldig, die beruflichen Möglichkeiten aufzuzeigen, die ohne Weiterführung zum Master möglich sind. Die Attraktivität des Lehrerberufs hat deutlich gelitten. Der daraus resultierende Mangel an qualifiziertem Nachwuchs ist vorprogrammiert und hätte gravierende Konsequenzen. Die Weiterentwicklung der Lehrerbildung muss diese Berufsattraktivität wiederherstellen und den Nachwuchs zum Lehreramt motivieren.
Es ist keine Zeit zu verlieren. Die Vielzahl von Anträgen und Besprechungspunkten zum Thema Lehrerbildung seitens der Opposition bei der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses zeigt, dass die Koalition in dieser Legislaturperiode noch kein nachhaltiges Interesse hatte, sich einer verantwortlichen Diskussion über die Leh