Von einem Gleichgewicht auf dem Wohnungsmarkt gehen Sozialdemokraten aus, wenn es gelingt, die soziale Mischung zu erhalten und Entmischungstendenzen wirksam entgegenzuwirken. Es geht nicht um quantitative Gleichgewichte, sondern es geht um qualitative Gleichgewichte. Einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen müssen weiterhin die Möglichkeit haben, auch in den innerstädtischen Quartieren zu leben und dort ihrer Arbeit nachzugehen. Eine wachsende Ausdifferenzierung am Wohnungsmarkt ist daher auf diesen Aspekt hin sorgsam zu beobachten, und es sind spezifische und zielorientierte Instrumente auf dem Berliner Wohnungsmarkt sorgfältig zu prüfen und umzusetzen. In diesen Kontext reihen sich Ihre vorliegenden Anträge ein.
Die Zielsetzung ist eine Veränderung des Mietrechts auf der Bundesebene. Wir Sozialdemokraten wollen nicht gleich den Bundesstaat und nach der Solidarität der anderen Bundesländer rufen, sondern zuerst sind die Auswirkungen der Segregation und Gentrification in innerstädtischen Bezirken, auch in Kreuzberg-Friedrichshain anzugehen – in den letzten zwei Monaten hat man sich der Problematik angenommen. Erst dann ist die Landes- und Stadtpolitik gefragt. Die Reihenfolge ist für uns wichtig, um Erfahrungen – auch negative – zu sammeln, um für weitere Maßnahmen auch auf Bundeseben gerüstet zu sein.
Es geht uns nicht nur um den Mietenspiegel, um die Kappungsgrenzen im sozialen Wohnungsbau – wo bei einigen der Groschen noch fallen muss –,
sondern die SPD hat sich auf ihrer Klausurtagung orientiert. Auch wir wollen die bundesweit geltenden Regelungen für Mieterhöhungen mieterfreundlich modifizieren. Hierbei sollte eine Entlastung von Mieterinnen und Mietern durch die Begrenzung von Mietpreissteigerungen nach Möglichkeit auch mit einer Entlastung der Vermieter korrespondieren. Das wird in den nächsten Jahren wichtig sein, und hier kann ich nur die Vermieterverbände aufrufen mitzutun, denn wer weiß, wie sich die Wirtschafts- und Finanzkrise auch auf den Immobilienmarkt auswirken wird. Da gibt es aus meiner Sicht gute Korridore des gemeinsamen Handelns, nicht nur im Bund, sondern auch in der Stadt Berlin.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Arndt! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Heide das Wort. – Bitte sehr!
Liebe Kollegen! Liebe Präsidentin! Selten bin ich von den Zwischenrufen von der linken Seite so begeistert wie jetzt. Die Bemerkung: Nur Probleme genannt, keine Lösung präsentiert! ist wirklich das, was man zu diesem Redebeitrag sagen kann. Es war eine Aneinanderreihung von Sprechblasen, aber keine Lösungen, wo der Spannungsbogen ist: Auf der einen Seite, billige Wohnungen für alle, schöne Wohnungen für alle und billig soll es sein, und auf der anderen Seite will ich aber auch Wohnungsbaugesellschaften haben, die „schwarze Zahlen“ schreiben, lebensfähig sind und die Geld zum Investieren haben.
Genau dort, in diesem Spannungsfeld erwarte ich konkrete Maßnahmen, erwarte ich konkrete Entscheidungen und mehr als Sprechblasen. Seit mehreren Jahren, zumindest seit Sie an der Regierung sind, fehlt ein konkretes Programm, wie die Mieten sich entwickeln sollen, welche Maßnahmen es gibt, welche Rolle der soziale Wohnungsbau in dieser Stadt noch spielen wird, und wie das Verhältnis zu dem normalen privaten Wohnungsbaugesellschaften ist, wo keine Begrenzungen sind und für die von der Preisbildung her der Mietspiegel gilt. Diese vermisse ich, um ehrlich zu sein.
Sie haben erzählt, Sie waren in Fleesensee und hatten dort eine große Veranstaltung, eine Klausurtagung, wo Sie dieses Thema entwickelt und einen Beschluss gefasst haben. Ich darf mal aus der Pressemitteilung BBU vom
17. Februar zitieren. Was sagt der BBU hinsichtlich dessen, was dort von Ihrer großen Vorstellung, von der einzig und allein die Senkung der Kappungsgrenzen übriggeblieben ist?: Damit wäre das von der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auf ihrer Klausurtagung in Fleesensee vor weniger als einem Monat beschlossene Papier schon Makulatur. – Bei so einer kurzen Halbwertzeit fragt man sich, warum dieses Papier überhaupt beschlossen worden ist.
Wir reden jetzt nicht von diesem Papier, sondern Sie sind jetzt schon einen Schritt weiter. Das heißt, dieses abgemagerte Papier ist dann in den Senat gekommen. Der Senat hat es beschlossen und einen Tag darauf wird es im Hauptausschuss schon wieder zurückgezogen – nach dem Motto: Nein, so haben wir das nicht gemeint. –, weil Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner nicht einigen können. Ich frage: Was ist das für eine Mietenpolitik, die Sie hier betreiben?
Das Einzige, was ich in den letzten Jahren festgestellt habe, ist, dass Sie immer dann, wenn es um das Thema geht, wie kann ich Nebenkosten steigern, ganz weit vorne sind. Das ist das Straßenausbaubeitragsgesetz, das sind die Wasserkosten, das sind die Grundsteuern. Alles das sind Kosten, die die Mieter direkt belasten, denn den normalen Mietern ist es relativ egal, ob er seine Kaltmiete bezahlt oder die Betriebskosten weiterhin bezahlt.
Nun lassen Sie mich zwei Dinge zu den Anträgen sagen. Zum einen das Thema Mietgrenzen oder die Mietpreissteigerungen bei Neuvermietungen begrenzen. Wir haben eben in Berlin das Problem, dass wir keinen vernünftigen Wohnungsmarkt haben, sondern dass wir immer noch unter der administrativen Festsetzung der Mieten in der Vergangenheit leiden. Das bedeutet, dass das Thema der Kieze und Ortsteile im Prinzip überhaupt nicht berücksichtigt ist. Das heißt, wir haben auf der einen Seite im Mietspiegel dargestellt ein Gebiet wie etwa NeuköllnNord gleichwertig mit beliebten Wohngebieten, und wir haben über den Preis dort keinerlei Regulierungen.
Wenn ich dazu noch Wohnungsbaugesellschaften habe, die aus Trägheit oder Anweisung des Senats über Jahrzehnte Mieterhöhungen verabsäumt haben und deshalb auch lange Zeit in den „roten Zahlen“ gewesen sind, dann habe ich dort relativ geringe Bestandsmieten. Nun sagen Sie mir, wo die soziale Gerechtigkeit ist, wenn ich diese Bestandsmieten auf Dauer fortsetze? Ich nenne Ihnen ein einfaches Beispiel, und Sie hatten auch Gelegenheit, als wir neulich im Ausschuss die GEWOBAG hatten, die aus der Praxis berichtet hat. Die haben große Bestände im Bereich Prenzlauer Berg, einem außerordentlich beliebten Wohngebiet, wo sie sagen, das würde bedeuten, dass sie jetzt im Prinzip unter dem Marktpreis vermieten müssten.
Da geht es in der Tat um die Frage, ob bei Kollegen aus meiner Firma, die aus München, Stuttgart, Salzburg oder
wie auch immer kommen, wo ein Ehepaar 100 000 Euro verdient, ob ich bei denen noch künstlich die Miete dadurch subventionieren muss, wenn sie in Prenzlauer Berg wohnen, oder ob ich da nicht ruhig 3 Euro mehr nehmen kann, mit denen ich auf der anderen Seite in anderen Gebieten die Miete wieder heruntersubventioniere, das heißt, da, wo ein sozialer Brennpunkt ist, wo keine Nachfrage ist, wo ich Wohnungen damit vermietbar mache.
Das heißt, ich muss die Gesellschaften in die Lage versetzen, dass wir einen sozialen Mix haben, dass ich dort, wo ich keine Bedürftigen habe und dort, wo ich Wohnlagen habe, wo dieses gewünscht und möglich ist, höhere Preise nehmen und auf der anderen Seite entsprechend geringere Preise nehmen kann.
Wir werden diese Sachen mit Sicherheit noch einmal im Ausschuss miteinander besprechen. Ich erwarte vom Senat: Machen Sie endlich ein vernünftiges Konzept, und doktern Sie nicht nur an einzelnen Symptomen herum, das hilft niemandem, sondern führt nur zu Verunsicherungen!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Heide! – Herr Arndt, ich gehe davon aus, dass Sie eine Kurzintervention machen wollen? – Gut! Dann haben Sie das Wort. – Bitte!
Herr Dr. Heide! Ich kenne Sie als vernünftigen Mann, als Leiter des Ausschusses für Bauen und Wohnen, aber Sie müssen in den letzten Monaten irgendwie geistig abwesend gewesen sein.
Sie gerade von der Fraktion der CDU haben noch vor Weihnachten, in der letzten Sitzung, gesagt, Mietenpolitik in dieser Stadt sei kein Problem. Sie kamen mit abenteuerlichen Zahlen rüber, wie die Mieten steigen, Sie haben sich gegen die Veränderung des Mietspiegels ausgesprochen. Das ist die Realität.
Das wurde seitdem korrigiert – das ist gerade zwei Monate her. Ich gebe Ihnen ja sogar recht: Wir haben als Sozialdemokratie noch nicht das Konzept, die innerstädtischen Kleinquartiere, die gefährdete Durchmischung, aufzulösen und zum Guten hinzuwenden. Die Instrumente dazu gibt es noch nicht. Sie werden aber im nächsten Vier
teljahr entwickelt werden. – Das werde ich Ihnen versprechen: Wenn Sie da wieder nur auf dem Puffer der Bahn sitzen bleiben, dann: Gute Nacht CDU!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Arndt! – Herr Dr. Heide! Möchten Sie replizieren? – Dann haben Sie drei Minuten lang die Möglichkeit. – Bitte sehr!
Herr Kollege! Wir machen es relativ kurz: Sie kündigen hier ein Konzept innerhalb eines Vierteljahres an. Dann frage ich mich wirklich, was Sie zu diesem Thema die letzten sieben Jahre gemacht haben!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Heide! – Jetzt hat Herr Doering für die Linksfraktion das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Buchholz! Ich erlaube mir jetzt tatsächlich einmal, zu den Anträgen zu reden. Um die geht es ja wohl!
Sehr geehrter Herr Otto! Sie haben gestern in einer Pressemitteilung erklärt, dass die Koalition Ihren Antrag „Mietsteigerungen bei Neuvermietung begrenzen!“ ohne Begründung abgelehnt hat. Ein Blick in das Ausschussprotokoll wird Ihnen allerdings zeigen, dass wir unsere Ablehnung durchaus begründet haben. Ich kann Ihnen unsere Argumente gern noch einmal aufzählen.
Erstens – das habe ich auch schon in der 1. Lesung zu diesem Antrag gesagt –: Wir unterstützen eigentlich das Anliegen des Antrags, was die Frage betrifft, die Miethöhe bei Neuvermietung zu begrenzen. Wir haben jedoch Zweifel, ob das der richtige Lösungsansatz ist.
Zweitens wird im Wirtschaftsstrafgesetz formuliert, dass die Mieten unangemessen hoch sind, wenn sie infolge der Ausnutzung eines geringen Angebotes an vergleichbaren Räumen in der Gemeinde die üblichen Mieten um 20 Prozent übersteigen.
Jetzt reden wir also über den Mietenmarkt in der Stadt und über die Situation am Wohnungsmarkt in dieser Stadt und werden feststellen, dass sie durchaus anders ist, als in den vergleichbaren Großstädten der Bundesrepublik Deutschland. Warum sage ich das? – Weil sich daraus die Frage ergibt, ob eine von Ihnen angeregte Bundesratsini
tiative Erfolgsaussichten hat. Wo wären denn die Bündnispartner, die dem Anliegen Berlins beispringen, angesichts der Situation, dass sie eine andere Marktsituation haben, was den Wohnungsmarkt angeht. Wo sind die Bündnispartner, und wo bleibt die Initiative der Grünen im Bundestag? – Außerdem warte ich noch immer auf die Initiative aus Hamburg und Bremen.
Das Problem bei der gesetzlichen Regelung ist drittens, dass der Wohnungsmarkt über die gesamte Stadt betrachtet wird. Da ist die eine Wahrheit, dass der Wohnungsmarkt in der Tat – über die gesamte Stadt betrachtet – ausgeglichen ist, aber es gibt auch die andere Wahrheit, dass wir in der Stadt, bezogen auf die Mieten, sehr unterschiedliche Entwicklungen haben. Es gibt Wohngegenden, in denen bei Neuvermietungen über 20 Prozent höhere Mieten als ortsüblich vereinbart werden. Genau da muss angesetzt werden!
Die Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg, Frau Emmerich, hat im Rat der Bürgermeister einen Antrag eingebracht, der den Senat auffordert, auf der Bundesebene mit dem Ziel aktiv zu werden, dass es den Kommunen ermöglicht wird, Obergrenzen für Wohnungsmieten in einzelnen Wohngebieten festlegen zu können. Das ist das Problem in der gesetzlichen Regelung! Wir müssen dazu kommen, dass wir nicht die gesamte Stadt betrachten, sondern auf die Ortsteilebene kommen. Da müssen wir regeln.