giesparkonzept fehlt – es ist eigentlich Ihre Aufgabe, ein solches vorzulegen, anstatt dies den Strom- und Fernwärmeanbietern aufzutragen. Was sollen die Opposition, die Unternehmen und die Verbände Ihnen eigentlich noch alles für Arbeit abnehmen, die Sie nicht in der Lage sind zu verrichten?
So klar wie die CDU-Fraktion hat sich keine andere Fraktion für den Energieträger Gas ausgesprochen. Wir haben uns auch nicht von Horrorszenarien etwaiger Preisentwicklungen oder dem Argument der Abhängigkeit von russischem Gas irremachen lassen. Vattenfall hat mit seinem jetzt vorliegenden Konzept diesen Energieträger auf den Plan gerufen. Wo es mit Kohle zu Ende geht, wird auf Biomasse und vor allem Gas auf Basis von Kraftwärmekopplung gesetzt und umgestellt. Das ist der richtige Weg.
Zu den Zweifeln: Im Einkauf ist Gas zwar teurer als Kohle, mit Gas lässt sich jedoch weit effizienter Strom und Wärme erzeugen. Selbst die modernsten Kohlekraftwerke nutzen nur gut 40 Prozent der im Brennstoff enthaltenen Energie. Moderne Gaskraftwerke erreichen hingegen gut 58 Prozent. Außerdem reduziert sich der CO2-Ausstoß um die Hälfte. Auch das macht Gas günstiger, da weniger Klimazertifikate hinzugekauft werden müssen. Es ist richtig, dass das meiste Gas für Berlin aus Russland bezogen wird. Daraus eine Abhängigkeit abzuleiten, hat nur eine relative, jedoch keine absolute Berechtigung, denn Fakt ist, dass die Bundesrepublik Deutschland über ergiebige Vorräte verfügt. Selbst bei einem längeren Lieferboykott, der bedeuten würde, das Russland auf erhebliche Einnahmen verzichtet, kann die ausbleibende Menge aus anderen Förderregionen kompensiert werden. Wir fordern den Senat auf, das jetzt vorliegende Energiekonzept von Vattenfall insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Senat über kein eigenes Energiekonzept verfügt, konstruktiv zu begleiten. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wilke! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Platta das Wort – bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! „Neue Energie für Berlin – ohne ein weiteres Kohlekraftwerk“ lautet das Thema der Aktuellen Stunde. Vor einer Woche wurden die Pläne des größten Energieversorgers in Berlin zur Weiterentwicklung seines Kraftwerkparks und letztlich zur Effizienzsteigerung veröffentlicht. Spekulationen darüber gab es, wie so oft bei diesen Themen, schon weitaus früher. Die Linke begrüßt im Land und im Bezirk Lichtenberg, dass sich der Konzern
Vattenfall nach längerem Zögern und Abwägen zu einer zukunftsträchtigen Entscheidung durchgerungen hat und diese offen präsentiert. Es wird kein weiteres Kohlekraftwerk in Berlin gebaut. Ja, es hat sich gelohnt, von Anfang an nach dem Bekanntwerden der ersten Vorstellungen von Vattenfall zu den Ersatzbauplänen für das Kraftwerk Klingenberg Anfang 2007 Kritik an der Größe und dem angedachten Energieträger zu äußern,
und zwar auch von Anfang an durch Senatsmitglieder unserer Partei, auch auf der Klimatagung unseres Landesverbandes im letzten Jahr, durch Einzelgespräche von Abgeordneten mit Vertretern von Vattenfall, in den Ausschüssen der BVV Lichtenberg und bei den Foren mit den Bürgern vor Ort. Herr Schäfer! Es ist falsch, dass lediglich Umweltverbände und Grüne die Kohlepläne in Berlin gekippt haben, wie Sie kürzlich den Lesern der „Berliner Zeitung“ weismachen wollten. In Klimaschutzfragen geht es schon lange nicht mehr um die Meinungsführerschaft einer einzelnen Partei.
Hier stehen schon lange völlig unterschiedliche Menschen nebeneinander, auch in der Bürgerinitiative „Nein zum Kohlekraftwerk – unserer Umwelt zuliebe“ und in dem Aktionsbündnis „Kein neues Kohlekraftwerk in Berlin“. Dass dies so ist, ist gut so und hängt nicht zuletzt mit den immer anschaulicher dargestellten Auswirkungen auf das Klima und dessen Folgen für das Leben in der Stadt und auf der Erde überhaupt zusammen.
Wichtig für die Wirtschaftsunternehmen wie Vattenfall sind neben diesen Positionen auch die Informationen aus Wissenschaft und Forschung. Inzwischen immer klarer formuliert, kommen die Meldungen aus dem Bereich der Klimaforschung. Aktuelle Meldungen der letzten Monate tragen Überschriften wie: „UN-Studie stellt Höchststand von Kohlendioxid in der Atmosphäre fest“, „Forscher pessimistisch: Klimawandel kaum noch umkehrbar“, „Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Risiken für Klimawandel nehmen weiter zu“ und auf der Klimakonferenz in Kopenhagen hieß es „Meeresspiegel steigt bis 2100 um einen Meter“. Vor kurzer Zeit hieß es noch, es würden nicht mehr als 60 Zentimeter sein. Die WWFStudie schließlich warnt „Klimawandel erwärmt die Flüsse – Kraftwerken drohen Probleme“. Auch Ökonomen wie Prof. Dr. Olav Hohmeyer von der Universität Flensburg sprechen zum Thema und erinnern die Kraftwerksbetreiber mit fossilen Energieträgern an die Vorrangigkeit der kommenden regenerativer Energien nach dem erneuerbaren Energiegesetz. Und sie rechnen vor, wie unwirtschaftlich gerade schwer regelbare Kohle und auch Atomkraftwerke in diesem Zusammenhang sind. Hier arbeitet also auch die pure Ökonomie für den Klimaschutz und die Klimaschutzbewegten.
All das geht nicht ungehört an Unternehmen der Energieversorgung wie Vattenfall vorbei. Hinzu kommen Imageprobleme, die sich nicht durch die Unterstützung von Märchentagen wegzaubern lassen. Sie erinnern sich sicher
noch an die Kundenverluste, die Vattenfall in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte. Die Firmenphilosophie Vattenfalls besteht darin, gut daher zu kommen, wie wir am 12. März in einem aufgeschlossenen Gespräch erfahren konnten. Vattenfall positioniert sich in Berlin. Klimaschutz ist wichtig, Vattenfall steht für „Wir machen Strom sauber“, und die Klimaziele Berlins werden anerkannt – nun auch vom Energieriesen zunächst mit Worten unterstützt.
Betrachten wir einmal die rot-rote Politik in Berlin bis zu diesem Zeitpunkt rückblickend. Es sind Klimaschutzvereinbarungen mit verschiedensten Unternehmen wie GASAG, Wohnungsunternehmen, Krankenhäusern, BSR und anderen geschlossen worden. Dazu kommen Firmenansiedlungen aus der Solarbranche, eine Windkraftanlage, auf die heute schon mehrfach hingewiesen worden ist. Mehrere Blockheizkraftwerke und eine der größten Solaranlagen bei den Wasserbetrieben gehen in Berlin ans Netz. Das Kompetenzfeld Energie wird entwickelt. Tagungen fanden statt, unter anderem zum Thema Biomassenpotenziale und, nicht zu vergessen, die Zukunftswerkstatt für den Flughafen Tegel mit der schönen Idee eines Aufwindkraftwerks. Energiesparberatungen für Geringverdiener wurden angeschoben und stärken den effektiven und damit kostengünstigen Umgang mit Energie auch in den Haushalten. Klimaschutzziele des Senats sind formuliert und Maßnahmepläne in mehreren Senatsverwaltungen vorbereitet worden. Die Konjunkturpakete – das eigene aus dem Land und das aus dem Bund – unterstützen die energetische Sanierung der Gebäude.
Folgerichtig war also die Entscheidung des Energieriesen jetzt. Vattenfall kann und will nicht abseits stehen und zeigt nun seinerseits Verhandlungswillen. So ist eine Klimaschutzvereinbarung in Aussicht gestellt. Die Halbierung der CO2-Emissionen des Unternehmens gegenüber 1990 bis 2020 wird angeboten. Und wir sehen bei der Vorstellung des Konzepts auch an der Reduzierung von 7,5 Millionen Tonnen CO2 im Vergleich zum Mittel der letzten drei Jahre, dass es um weitere 15 Prozent bis 2020 weitergehen wird. Das bedeutet eine zusätzliche Reduktion von einer Million Tonnen CO2. Die Bauanträge werden erst nach weiteren Prüfungen gestellt. Fest stehen die ersten Standorte Lichterfelde, Rummelsburg und Marzahn sowie die Energieträger Erdgas und Biomasse. Selbst bei den Größenordnungen kann es nach den Angebotsphasen der Hersteller noch Korrekturen geben.
Wichtig ist: Die dezentrale Versorgung, die wir hier im Hause oft diskutiert haben, wird in Berlin beibehalten. Die weitere Öffnung für innovative Energien wird nicht verbaut. Aber unsere Koalition mahnt auch die zügige Ausarbeitung des fehlenden Energiekonzepts für Berlin an. Hier müssen Aussagen über zukünftige Mengenangaben für notwendige und bedarfsgerechte Wärme und Strom enthalten sein. Klar ist, dass die Klimaschutzziele Berlins, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nicht nur durch Energieträgerwechsel hin zu emissionsärmeren erreicht werden
können. Einsparungen im Verbrauch von Wärme und Strom sind zwingend notwendig und machbar. Die aktuellen Gebäudebestandsanalysen decken erhebliche Reserven auf, und das wird selbst vom Mieterverein bestätigt.
Grundsätzlich sollen Größenordnungen für die notwendige Energieherstellung auch nach Nachhaltigkeitskriterien bestimmt werden. Aussagen zur Entwicklung über das Jahr 2020 hinaus fehlen auch bei Vattenfall noch und müssen nachgefragt werden. Keiner von uns ist hier im Hause zufrieden damit, dass nur 6 Prozent erneuerbare Energien dabei sind. Da besteht noch Entwicklungsbedarf.
In die Klimaschutzvereinbarung zwischen dem Land Berlin und Vattenfall gehören neben den CO2-Reduktionszielen Aussagen zur Herkunft der verwendeten Biomasse aus nachhaltiger Bewirtschaftung sowie Anstrengungen zur Wärmerückgewinnung des Wärmeüberschusses im Sommerbetrieb zur weiteren Effizienzsteigerung und zur Vermeidung von überdimensionierten Kühltürmen. Die Zeit der Energieverschwendung schon bei der Produktion ist vorbei. Das kann sich auch heute schon niemand mehr leisten. Wir leisten uns in und mit der Koalition, beim Klimaschutz auch die wichtige Frage nach der Bezahlbarkeit von Wärme und Strom in der Mieterstadt Berlin anzugehen. Hier wollen wir noch über bestehende Konzepte und Programme hinaus arbeiten und so die Berlinerinnen und Berliner nicht in der sprichwörtlichen „finsteren Kälte“ stehen lassen. Dazu brauchen wir ein breites Bündnis mit allen beteiligten gesellschaftlichen Kräften. Dann erreichen wir ein klimafreundliches Zeitalter. Sie als Grüne werden es nicht als Erste, sondern wir werden es nur gemeinsam erreichen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Platta! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Herr Abgeordnete Schäfer das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas unangenehm, Herr Buchholz, wie Sie versuchen, sich hier mit fremden Lorbeeren zu schmücken! Ich möchte doch noch einmal zu den Fakten kommen: Herr Michael Müller und auch Frau Senatorin Lompscher haben dieses Kohlekraftwerk als wichtige Investition für diese Stadt bezeichnet – beide hier im Plenum, die Frau Senatorin im Dezember 2006, der Herr Müller dann einige Monate später.
Den Oppositionsantrag „Kein neues Kohlekraftwerk“, der klar formuliert war, über den wir lange mit Ihnen verhandelt haben, dem Sie nicht beitreten wollten, haben Sie hier abgelehnt.
Der Regierende Bürgermeister hat sich zweieinhalb Jahre lang nicht positioniert und sich dann gegen das Kohlekraftwerk ausgesprochen, acht Wochen nachdem Vattenfall entschieden hat, die Kohlepläne zu beerdigen. Glauben Sie wirklich, dass es dieser starke Druck war, unter dem Vattenfall da eingeknickt ist?
Wenn Sie uns hier vorwerfen, dass wir mit CDU, FDP und IHK zusammenarbeiten, dann verstehe ich den Vorwurf nicht. Dass wir breite Bündnispolitik machen, das wollen Sie uns vorwerfen?
Wir hätten auch sehr gern mit Ihnen, Herr Gaebler, zusammengearbeitet! Wir haben es versucht. Wir haben ein halbes Jahr versucht, einen Allfraktionenantrag gegen ein neues Kohlekraftwerk hier hinzukriegen. Sie haben sich dem verweigert und haben stattdessen Ihren Wischiwaschi-Antrag eingebracht. Da machen wir nicht mit.
Herr Schäfer! Ich glaube, es ging nicht grundsätzlich darum, ob man mit CDU oder FDP zusammenarbeitet, sondern darum, dass Sie mit Atomkraftbefürwortern ein solches Bündnis gegen ein Kohlekraftwerk schmieden. Das ist die Frage, zu der Sie sich auch mal äußern müssen.
Herr Gaebler! Es ging hier nicht darum. Wir haben kein Alternativkonzept mit Atomkraft in Berlin vertreten. Keiner hat das getan. Es ging um einen konkreten Fall. In dem sind wir zu konkreter Bündnispolitik bereit. Und weil Sie nicht zur Verfügung standen, haben wir uns andere gesucht. Und wir waren erfolgreich. Und das macht Sie so sauer!
Ich muss die Linkspartei ein bisschen ausnehmen. Sie war Teil des Bündnisses zumindest in Lichtenberg. Sie hat
sich hier im Abgeordnetenhaus leider auch nicht getraut, für einen klaren Antrag zu stimmen – aber immerhin! Aber auch in Lichtenberg war mit der SPD nichts anzufangen. Und wenn Sie uns hier vorwerfen, mit der CDU zusammenzuarbeiten, überlegen Sie noch mal, wer die Partei ist, mit der Sie die Bundesregierung bilden!
Also, IHK, CDU – sie alle haben es hinbekommen, sich klar gegen dieses Kohlekraftwerk auszusprechen. Das haben Sie erst geschafft, nachdem die Entscheidung gegen das Kraftwerk schon gefallen war. Damit können Sie sich jetzt noch so sehr nach den Lorbeeren strecken, da wird nichts bei Ihnen landen. Das ist klar.
Ich möchte jetzt aber die Herausforderungen beschreiben, vor denen wir stehen. Die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre wächst weiter exponentiell. Die jüngsten Klimaforschungsergebnisse zeigen, dass ein Anstieg des Meeresspiegels von 75 bis 190 cm bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu befürchten ist. Diese neuen Klimamodelle berücksichtigen, dass die Regenwälder weiter austrocknen und riesige Waldbrände Unmengen neues CO2 in die Atmosphäre blasen würden. Sie berücksichtigen, anders als der Weltklimabericht, dass die Dauerfrostböden in der Tundra, unter denen riesige Mengen Biomasse lagern, abschmelzen könnten und auch schon abzuschmelzen beginnen und dass die Treibhausgase, die dadurch frei werden, um ein Zweifaches das übertreffen, was wir bisher als Menschen zum Treibhauseffekt beigetragen haben. Das heißt: Wir kommen an einen Punkt, wo die Erderhitzung sich ohne menschliches Zutun quasi selbst weiterträgt. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen.
Herr Regierender Bürgermeister! Wenn ich mir diese Herausforderung angucke und sehe, dass 600 Millionen Menschen im Laufe dieses Jahrhunderts ihre Lebensgrundlage verlieren werden, wenn wir so weitermachen wie bisher, dann verstehe ich nicht, warum Sie sich dieses Thema, das eine zentrale Gerechtigkeitsfrage dieses Jahrhunderts sein wird, nicht zu eigen machen und sich dessen annehmen.
Ihre Kollegen aus London, Rom, Paris und New York haben sich zu einem Bürgermeisterkonvent zusammengetan und gesagt: Wir gehen über die Ziele, die die EU jetzt hat, hinaus. – Über diese Ziele geht auch Berlin hinaus. Aber die anderen Bürgermeister haben sich auch verpflichtet, konkrete Handlungskataloge vorzulegen und ein Monitoring zu machen, regelmäßig zu sagen: Wie weit sind wir? – Warum waren Sie da am 10. Februar nicht dabei, als das in Brüssel beschlossen wurde? Warum ist Berlin da im Abseits? Das verstehe ich nicht.
Sie haben im Juni 2008 das sogenannte klimapolitische Arbeitsprogramm Ihres Senats vorgestellt. Es war unambitioniert, aber es enthielt ein paar konkrete Punkte, wo Senatoren zugesagt haben: Bis Ende 2008 machen wir das, das und das. – Kaum etwas davon ist erledigt worden. Der Berliner Energiestandard liegt nicht vor. Ein Entwurf für ein Berliner Klimaschutzgesetz liegt nicht vor. Ein Bericht zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Berlin liegt nicht vor. Alles war für Ende letzten Jahres zugesagt. Und wenn es nicht kommt, muss eine Senatskanzlei doch mal einen Anruf machen: Hört mal, macht eure Arbeit endlich! – Wir haben den Eindruck, dass Sie das gar nicht interessiert.
Herr Wowereit! Es wäre Ihr Job, dafür zu sorgen, dass Ihre Senatoren die Jobs, die sie zu tun haben und die sie zugesagt haben, auch machen. Aber diesen Job machen Sie selbst nicht. Das ist das Kernproblem.