Ich meine, dass Sie jetzt in die Verlegenheit kommen, den Innensenator rechtfertigen zu müssen, der sich aus dem Staub gemacht hat, der die internationale Verantwortung, die diese Stadt auch hat, nicht getragen hat – das mag ihm ja noch nachgesehen sein. – Frau Hertel! Sie fragen uns auch ganz konkret: Was hat das mit Innenpolitik zu tun? – Natürlich müssen die Länder in einem föderalen System beweisen, dass sie bereit sind, bestimmte Personen aufzunehmen, wenige Personen aufzunehmen, die eben nicht schuldig sind,
die eben nicht zu bestrafen sind. Dafür müssen wir auch hier in Berlin stehen, und das haben wir heute vermisst. Das ist wirklich zu bedauern.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux! – Frau Hertel möchte reagieren und hat hierzu die Gelegenheit. – Bitte sehr!
Da habe ich ein Problem, dafür eine Verantwortung zu sehen. Mir ist nicht bekannt, dass wir da in irgendeiner Form beteiligt waren. Nichtsdestotrotz ist aus humanitären Gründen natürlich die Frage zu stellen, wie das Problem – das ein internationales ist – gelöst werden kann.
Das habe ich beschrieben. Ich habe auch explizit darauf hingewiesen, das ganz klar ist, dass es den Inhaftierten von Guantánamo, weil sie keiner ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzuführen sind, schwer fällt, ihre Schuld oder Unschuld zu beweisen, zu belegen, und dass ich aber auch glaube, dass wir es in diesen Fällen, nicht bei jedem, mit sogenannten, ich nahm das Wort: Chorknaben zu tun haben.
Ich werde Ihnen – nachdem das Protokoll meine erste Rede aufgeschrieben hat – dieses noch einmal zur Verfügung stellen, damit Sie das noch mal ganz genau nachlesen können, Herr Lux. Tatsache ist, dass die ganze Aufregung, die Sie hier verbreiten, für meine Begriffe nur einem einzigen – nämlich einem sehr populistischen – Zweck dient,
und das – dass muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – halte ich dieser eigentlich sehr ernsten Situation und dem sehr ernsten Thema für nicht angemessen. Das, Herr Lux, gebe ich Ihnen mit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hertel! – Für die FDPFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Jotzo das Wort. – Bitte sehr!
Herr Jotzo! Kann ich Sie kurz unterbrechen! Es gibt intern noch etwas, was wir klären müssen, das hat mit Ihnen nichts zu tun, Sie verlieren auch keine Zeit.
Ich habe mich noch einmal vergewissert, Herr Jotzo, Sie sind vollkommen richtig an dieser Stelle, und Sie haben das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Eines ist sicherlich seitens der FDP-Fraktion vorauszuschicken: Die Schließung von Guantánamo ist uneingeschränkt zu begrüßen. Guantánamo ist eine Einrichtung, die mit einem liberalen Verständnis eines jeden Rechtsstaats absolut unvereinbar ist.
Es ist dahingehend zuzustimmen, Frau Hertel, dass es in allererster Linie amerikanische Verantwortung ist, mit diesem Problem umzugehen. Es ist aber vollkommen falsch, wenn Sie, Frau Hertel, hier behaupten, es gäbe überhaupt keine Mitverantwortung der Bündnispartner der USA in dieser Angelegenheit. Ich erinnere daran, es war ein grüner, und es ist ein roter Außenminister,
die dafür verantwortlich sind, dass CIA-Überflugrechte und Gefangenentransporte auch den deutschen Luftraum und die deutschen Umschlagflughäfen genutzt haben, um Gefangene nach Guantánamo zu transportieren. Und das ist die deutsche Verantwortung, auch wenn Sie beide heute davon nichts mehr wissen wollen.
Und wenn Sie, Herr Lux, nun beantragen, dass wir als Berliner in die Vorleistung gehen sollen, dann meine ich schon, dass dies einiges für sich hat. Andererseits zäumen Sie den Gaul von hinten auf. Es ist zuallererst Verantwortung der USA, ein Ersuchen an die Bündnispartner zu starten.
Es ist zweitens sodann die Verantwortung der Europäer, der europäischen Ebene, sich zu einigen. Es ist dann Sache des Bundes und der Länder, sich mit dieser Anfrage zu beschäftigen und eine sachgerechte Einzelfallentscheidung zu treffen. Da liegt unter anderem auch der handwerkliche Fehler in Ihrem Antrag, Herr Lux. Und der liegt darin – –
Danke, Frau Präsidentin! – Danke, Herr Kollege Jotzo! Würden Sie denn die Anfrage des US-Vizepräsidenten,
Joseph Biden, unlängst auf der Sicherheitskonferenz in München, die Partner mögen doch Bereitschaft signalisieren, bestimmte Personen aus Guantánamo aufzunehmen, als solche diplomatische Voranfrage verstehen, oder würden Sie das nicht so verstehen?
Ich bin sehr dankbar für Ihre Frage, Herr Lux, ich glaube aber, dass dies doch Angelegenheit der außenpolitischen Vertreter unseres Landes – und zwar der Bundesrepublik Deutschland – ist, sich zu diesem Ersuchen unserer Verbündeten zu positionieren, und dass es dann nachgelagert ggf. die Verantwortung wäre – insbesondere auch unserer Landesinnenminister der verschiedenen Länder –, sich zu einem solchen Ersuchen im Benehmen mit dem Bundesaußenminister zu positionieren.
Das ist das eine: Sie zäumen mit Ihrem Antrag zunächst einmal den Gaul von hinten auf, und das, meine ich, ist nicht sachgerecht. Des zweite ist der handwerkliche Mangel, der auch schon bei Ihrem Beitrag, Frau Hertel, angeklungen ist, dass Sie von nicht tatverdächtigen Gefangenen sprechen. Wer soll denn die Frage beantworten, inwieweit einer dieser Gefangenen tatverdächtig oder nicht tatverdächtig ist? Wo liegt denn Ihre Schwelle eines Tatverdachts?
Herr Lux! Es ist schwierig – entweder Sie sagen, so, wie Sie es jetzt sagen, eines jeden Gefangenen, oder Sie definieren, welche Stufe eines etwaigen Tatverdachtes Sie meinen. Das ist, meine ich, bei Ihnen nicht durchdacht genug, und es reicht mir und uns nicht, dass Sie das in Ihrem Antrag nicht hinreichend zum Ausdruck bringen.
Ich fasse noch einmal zusammen, worauf es ankommt: Das Erste ist zunächst ein konkretes Ersuchen. Das liegt ggf. vor, das hat die Vertretung unserer Bundesrepublik im Außenverhältnis zu prüfen. Das Zweite ist eine staatenübergreifende Lösung unter Involvierung unserer Bündnispartner, der Bündnispartner im Rahmen der Nato, aber auch der Europäischen Union. Das Dritte ist eine adäquate Einzelprüfung. Ich erwarte auch, Herr Körting, dass Sie diese adäquate Einzelfallprüfung aus Gründen der Humanität sachgerecht mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene und in den Ländern durchführen. Ich erwarte, dass Sie angemessene Lösungen finden, und ich erwarte, dass Berlin sich nicht ein kategorisches Nein leistet. Das, Herr Körting, meine Damen und Herren, würde auch der Verantwortung unseres Landes nicht gerecht.