wie ich schon eingangs sagte, 2,5 Millionen Menschen bundesweit, in Berlin um mehr als 200 000 Menschen, die dringend, aber auch wirklich dringend auf eine Entscheidung warten, wie es nach 2010 weitergehen soll. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag zum zügigen Handeln auf. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Hier kommt kein Arbeitsmarktexperte, sondern hier kommt jemand, der sich wirklich wundert, Frau Grosse, über Sie und Ihre Fraktion. Mit wem regieren Sie denn derzeit auf Bundesebene?
Es ist doch vollkommen lächerlich, was Sie hier abziehen! Auf der einen Seite werfen Sie Ihrem Koalitionspartner vor, er sei ein potenzieller Verfassungsfeind, und jetzt stellen Sie sich her und schreien rum: Peinlich, peinlich, Frau Merkel! Ich fordere Sie auf, verlassen Sie die Bundesregierung, das wäre couragiert, das wäre anständig! Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen zum Deutschen Bundestag, gleichzeitig mit der Europawahl, das wäre mal eine Maßnahme, statt hier rumzujammern, rum
zulamentieren. Sie betreiben doch nichts anderes als durchsichtige, scheinheilige Agitation. Gehen Sie raus aus der Bundesregierung, dann glaube ich Ihnen Ihr Gesudere von gerade!
[Daniel Buchholz (SPD): Sie sind noch nicht im Bundestag, Herr Lindner! Sie sind noch im Berliner Landesparlament! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linke)]
Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Ich habe von Ihnen überhaupt nichts anderes erwartet. Sie spielen hier den kleinen Westerwelle auf Berliner Ebene, aber das hilft den Arbeitslosen überhaupt nicht.
wenn wir unsere Schularbeiten gemacht haben. Sagen Sie das doch Ihrem Partner, der sonst neben Ihnen sitzt und jetzt ausgezogen ist, den es heute überhaupt gar nicht mehr interessiert, Herr Lindner! Wir sind in einer Koalition, aber wir können doch nichts machen, das wissen Sie auch,
wenn der Koalitionspartner nicht handlungsfähig ist. Ich greife hier Frau Merkel an – was ist das für eine Führungsschwäche, entschuldigen Sie bitte! Auf der einen Seite sagt sie ja, und hinterher sagt sie in der Fraktion nein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns jetzt mitten im Bundestagswahlkampf – nicht erst seit Herrn Lindners Intervention, sondern seit den ersten Minuten der heutigen Sitzung. Die CDU hat den Saal ja bereits nach den unglücklichen und auch unzutreffenden Einlassungen von Frau Radziwill verlassen. Erstens hat das inhaltlich gar nicht gepasst, und zweitens war es unglücklich formuliert.
Und dann war es war auch nicht nötig, diese Situation, die ohnehin aufgeheizt war, seitens der Sitzungsleitung eskalieren zu lassen. Das hat die Sache nicht besser gemacht.
Herr Lindner hat völlig recht: Die große Koalition wurstelt sich nur noch durch und bringt nichts mehr zustande. An keiner anderen Stelle haben wir in den letzten Wochen die Handlungsunfähigkeit dieser Bundesregierung so deutlich demonstriert bekommen wie bei der Reform der Jobcenter.
Die große Koalition löst keine Probleme mehr in diesem Land, sondern verschiebt sie nur noch in die Zukunft. Das ist ein einmaliger Vorgang: eine CDU-Bundestagsfraktion, die mal eben so einen hart ausgehandelten Kompromiss zwischen dem Bund und den Ländern platzen lässt. Wir wissen alle, dass es nicht einfach ist, zwischen den Bundesländern, die normalerweise immer ihre Partei- und Landesinteressen in den Vordergrund stellen, einen einstimmigen Beschluss zu fassen. In der Frage waren sie sich einstimmig einig, dass man diese Verfassungsreform will. Da kommt eine CDU-Bundestagsfraktion daher und lässt diese Verabredung einfach mal platzen. Das ist nicht regierungsfähig. Das ist nur noch oppositionfähig, und vielleicht sollte sich die CDU nach der Bundestagswahl auch dorthin begeben.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen – was ich selten tue –, die Senatorin Knake-Werner dafür zu loben, dass sie sich so vehement auf allen Ebenen für den Erhalt der Jobcenter eingesetzt hat. Es gab in der Linkspartei schließlich auch Zeiten, da hieß es noch, „Hartz IV muss weg“, und Senatoren der Linkspartei, die bei der Umsetzung des SGB II auf der Bremse standen. Heute gibt es hier im Haus einen breiten Konsens, den die CDU teilweise mitträgt, auch wenn sie jetzt nicht mehr anwesend ist, dass der Grundgedanke der Hilfe aus einer Hand richtig und erhaltenswert ist.
Natürlich ist dieser Kompromiss nicht perfekt, sonst wäre er keiner. Auch bei uns werden Sie Stimmen finden, denen das an der einen oder anderen Stelle nicht weit genug geht. Die regionalen und kommunalen Zuständigkeiten sind immer noch nicht so gestärkt, wie wir uns das vorstellen. Aber angesichts der steigenden Zahl der Arbeitslosen und dessen, was real möglich ist, sagen wir: Dieser
Die CDU produziert stattdessen Chaos und schafft maximale Unsicherheit, wie es mit der Betreuung von Langzeitarbeitslosen weitergehen soll. Sie sind die Leidtragenden der Debatte, die uns hier von der CDU aufgedrängt wird, weil wir Bundestagswahlkampf haben. Das darf man nicht vergessen.
Seit Ende des Jahres 2007 wissen wir alle, dass diese Neuordnung ansteht. Das Bundesverwaltungsgericht – das wurde bereits zitiert – hat die Mischverwaltung für unzulässig erklärt. Die vielfältigen Probleme in den Jobcentern haben wir hier häufig genug diskutiert. Herr Hoffmann von der CDU war immer ein engagierter Kämpfer für Verbesserungen in den Jobcentern. Das Fördern der Erwerbslosen kommt zu kurz. Das wissen wir alle. Das Fordern wird zu sehr betont. Die Sanktionen werden immer mehr. Die Menschen werden in Maßnahmen gesteckt, die ihnen nichts bringen. Es gibt unzählige Klagen vor dem Sozialgericht, die auf die mangelhafte Arbeit der Jobcenter hinweisen. Die Situation der Jobcenter ist im fünften Jahr ihres Bestehens nicht besser geworden. Sie haben eine Reform dringend nötig.
Die Zusammenarbeit von Kommunen mit der Bundesagentur für Arbeit muss jetzt rechtlich solide ausgestaltet werden, denn – darüber sind wir uns grundsätzlich alle einig – sie ist richtig. Die Bundesagentur für Arbeit mit ihrer Vermittlungskompetenz auf der einen Seite und die Kommunen mit ihren sozialpolitischen Erfahrungen vor Ort auf der anderen Seite müssen auch künftig eng zusammenarbeiten. Die Betreuung und Förderung von Langzeiterwerbslosen ist kein kurzfristiges Vermittlungsgeschäft. Darin sind wir uns hoffentlich alle einig.
Die Jobcenter brauchen jetzt diesen Neuanfang. Die CDU hat bereits 2004 bei der Gründung der Jobcenter auf dem Rücken der Arbeitslosen hoch gepokert. Niemand anders als Roland Koch hat in der berühmten Nachtsitzung des Vermittlungsausschusses verfügt, dass die Jobcenter keine eigenen Behörden sein dürfen. Dieser Geburtsfehler der Jobcenter verfolgt uns bis heute mit Kompetenzgerangel und ungeklärten Verantwortlichkeiten. Dieser Geburtsfehler soll jetzt geheilt werden. Deswegen brauchen wir diesen Kompromiss.
Die Gründe der Unionsfraktionen für die Ablehnung überzeugen überhaupt nicht. Ich nenne diese kurz: Die im Dezember 2007 für verfassungswidrig erklärte Organisation der Jobcenter, sagt Herr Kauder, könne nicht dadurch korrigiert werden, dass man, wie im Kompromiss vorgesehen, einfach die Verfassung ändere. Außerdem sei der Kompromiss eher ein Programm zum Bürokratieaufbau,
sagt Herr Kauder weiterhin. – Angesichts des Mangels an rechtlich tragfähigen und realisierbaren Alternativen so eine platte und forsche Kritik zu äußern, finde ich nur noch zynisch.
Deswegen müssen alle diejenigen, die die Mischverwaltung geißeln, Alternativen präsentieren. Die CDU wäre hierzu gefragt gewesen. Ihr Antrag sagt einfach nur, es müsse eine schnelle Lösung gefunden werden. Wie soll die aussehen? Jede Regelung, die auf die Grundgesetzveränderung verzichtet, läuft darauf hinaus, dass die Verantwortlichkeit für Langzeitarbeitslose getrennt wird. Soll man ein Bundessozialamt für mehr als 6,5 Millionen Menschen in der Republik einführen? – Das will doch wohl keiner. Oder hofft die CDU auf eine schwarz-gelbe Bundesregierung, mit der sie das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit auf die Kommunen abwälzen kann? Damit wäre der Bund fein raus – Herr Lindner nickt –, und die notorisch klammen Kommunen hätten eine Riesenaufgabe und kein Geld dafür. – Das wollen wir nicht.