Berlins rote Männer verhindern Frauenführung in Berliner Betrieben – so müsste eigentlich die Überschrift lauten.
Verstoß gegen geltende Gesetze, gegen die Berliner Verfassung, Negierung laut Landesgleichstellungsgesetz verlangter Förderung von Frauen,
Gesetzwidrig geschlossene Verträge mit Männer sollten nichtig sein – so könnten die Schlagzeilen der morgigen Presse lauten, die nach dieser Missbilligung zur Besetzung von Vorstandsposten der IBB nicht daran vorbeikommen wird, sich zu äußern. Mag sein, dass es die rote Presse als Spiegel einer einseitigen öffentlichen Meinung wie ein Kavaliersdelikt betrachten möchte, ein Delikt, das gewöhnlich als moralisch fast einwandfrei gilt, ein adliges Vergehen ohne Ehrverlust und ohne Unrechtsgehalt, wenn auch im konkreten Fall durch die eigenen Berliner Gesetze verboten.
Wir können es nicht hinnehmen, dass der Senat seine eigenen Gesetze angeblich nicht kennt und einfach umgeht,
mit einem Frauensenator, der sich immer mit Frauenthemen schmückt oder dahinter versteckt, besonders wenn es um wichtige wirtschaftliche Probleme dieser Stadt geht.
Doch handelt es sich hier nicht um eine Bagatelle. Es ist vielmehr ein Delikt, das aus Bequemlichkeit und Kungelei heraus begangen wurde und – wie so oft bei den Delikten der roten Kavaliere – die Allgemeinheit trifft und bei dem der Schaden durch öffentliche Mittel kompensiert werden muss. Allein das letzte Argument verdeutlicht den Unrechtsgehalt der Kungelentscheidung.
Im Falle der Rücknahme der Entscheidung kostet es den Steuerzahl sehr viel Geld. Denn lauthals für die private Wirtschaft nach weiblichen Führungskräften rufen und sie fordern und den Unternehmen vorschreiben wollen, wie sie ihre Unternehmen zu führen haben, ist einfacher, als die eigenen Gesetze einzuhalten.
Führungskräfte müssen Spitzenkräfte sein, auch in den Berliner Betrieben – ob Mann oder Frau –, und keine kurzfristig denkenden Manager, die verwalten und erhalten. Dafür konnte keine Frau gefunden werden? – Das ist doch wohl nicht glaubwürdig!
Ich frage Sie hier und heute: Wer könnte das besser als eine Frau? – Frauen, die langfristig handeln, die erneuern und entwickeln, die darauf achten, dass die Mitarbeiter in Übereinstimmung mit dem Unternehmen und den Behörden stehen – das sind doch alles weibliche Eigenschaften! Frauen Mut zu machen, Verantwortung zu übernehmen: Das verstehe ich unter Frauenpolitik, Herr Bürgermeister und Senator!
Frauen in Führungsposition oder Frauen on top ist ein Dauerbrenner, der nie langweilig wird und manchmal auch amüsant ist. Mehr Spitzenpositionen mit Frauen besetzen, ist eine uralte Forderung, so alt wie nahezu unerfüllt. Man braucht dazu keine Hilfen für Frauen, weil sie es allein nicht gebacken kriegen, keine Steigbügelhalter für die Frauen.
Man braucht dazu keine Steigbügelhalter für die Frauen, weil sie es aus eigener Kraft nicht auf das Pferd oder in den Sattel schaffen. Aber man braucht für Frauen faire Bedingungen und im Bereich der öffentlichen Hand einen Senat, der diese Bedingungen schafft und seine eigenen Regeln einhält.
[Beifall bei der CDU und den Grüne – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wie viele Frauen gibt es denn im CDU-Vorstand?
Mit einem Senat wie dem unsrigen, der „Frauen fördern“ spricht und „mit Männern kungeln“ handelt, werden wir uns in der weiblichen Führungsmacht noch lange zwischen Visionen und Wirklichkeit bewegen. Frauen im Chefsessel und nach Leistungen beurteilt, wird unter RotRot keine Selbstverständlichkeit. Es ist nur Gerede, und schöngefärbte Berichte über Frauenpolitik trüben nicht unseren Blick.
Danke schön, Frau Kollegin Görsch! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Kollegin Baba das Wort. – Bitte schön, Frau Baba!
Zu der CDU und Ihren Äußerungen, Frau Görsch, möchte ich jetzt nichts sagen. Ich glaube, das werden die Wählerinnen und Wähler bewerten. Die Frage ist jedoch, wie viele Frauen sitzen denn im CDU-Fraktionsvorstand?
Bevor man andere kritisiert, sollte man erst einmal in die eigene Fraktion gucken. Hier stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich von Abgeordneten dieses Parlaments schon so manche Äußerung gehört und so manches Zitat in den Medien zu den Besetzungen der vakanten Vorstandsposten landeseigener Betriebe mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Ähnlich erging es mir heute bei den Vorrednerinnen der Opposition. Nicht dass ich nicht über die Handlungsweise von Herrn Sarrazin im BVG-Vorstand empört gewesen wäre oder kritisiere, dass aus Zeitgründen keine Frau für den IBB-Vorstandsposten zu finden gewesen sei,
schließlich war auch ich froh, dass mit Dr. Birgit Ross, deren Weggang ich sehr bedauere, die paritätische Besetzung des Vorstands der Investitionsbank Berlin möglich gewesen war.
Nein! Mir greifen die derzeitige Polemik insbesondere der Grünen-Fraktion und auch der Antrag der Grünen viel zu kurz. Warum fällt der Opposition gerade jetzt eine durchaus kritikwürdige, aber in den letzten Jahren nicht nur unter Rot-Rot übliche Vergabepraxis bei den Vorstandsposten auf? Sich nun hierzu in bester Wahlkampfmanier zu echauffieren, ist meines Erachtens unglaubwürdig, liebe Grünen!
Ich möchte mich jedenfalls heute und hier nicht damit auseinandersetzen, was die große Koalition oder die rotgrüne Übergangsregierung vor unserer Regierungsbeteiligung für die Besetzung von Spitzenpositionen mit Frauen alles getan oder besser nicht getan haben.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass wir noch Gesetze brauchen, damit die Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Frauen durchgesetzt und patriarchisches Denken, welches ganz offensichtlich bei einigen noch vorhanden ist, überwunden werden kann.
Wir sind als rot-rote Regierungskoalition angetreten, in Vorständen und auf den Führungsebenen von Unternehmen mit Beteiligungen des Landes Berlin den Frauenanteil so zu erhöhen, dass diese geschlechterparitätisch besetzt werden.
Ein aktuelles Beispiel sind Vivantes und Charité. Da sind in einem halben Jahr zwei Posten mit Frauen besetzt worden.
Das bedeutet allerdings, wir haben zwar in Berlin einen kontinuierlichen und deutlichen Anstieg bei Frauen auf Führungsebenen erreicht, aber es gibt noch immer Bereiche, wo Männer weitgehend unter sich sind. Insbesondere in den Vorständen versuchen Männer, ihre Machtposition zu behaupten und Seilschaften zu erhalten.
Wenn es mit dem Landesgleichstellungsgesetz offenbar – ich bin selbst keine Rechtsexpertin – für die Besetzung von Vorstandsposten keine eindeutige Rechtslage gibt, dann muss diese durch eine Präzisierung des Gesetzes hergestellt werden. Daran arbeiten wir auch.
Ich möchte aber noch auf etwas anderes eingehen. Nicht die fehlende öffentliche Ausschreibung, an der sich der Streit entzündet, ist das Problem,
sondern wie Frauen und deren Netzwerke erfahren, welche Spitzenpositionen zu besetzen sind, wie und ob sie überhaupt angesprochen werden. Denn öffentliche Ausschreibungen, Frau Kofbinger, garantieren nicht automatisch eine paritätische Besetzung von Vorständen oder die Chancengleichheit für Frauen.
Eines steht fest: Es gibt sie längst, die Frauen mit den erforderlichen fachlichen Qualitäten und Führungsqualitäten. Wir müssen sie nur erreichen und mehr unterstützen. Das muss politisch gewollt sein sowie sozial und rechtlich abgesichert werden. Es müssen Verfahren entwickelt werden, um die Information über vakante Stellen rechtzeitig an Frauen weiterzuleiten und ihnen durch ein genügend großes Zeitfenster Entscheidungsspielraum sowie Unterstützung zu geben. Dass die Suche nach qualifizierten weiblichen Führungskräften von den verschiedenen Senatsressorts, ihren Findungskommissionen und beauftragten Personalagenturen mit Priorität verfolgt wird, ist dabei sicherzustellen. Dabei müssen Listen, die den zuständigen Gremien zur Personalfindung zur Personalfindung vorgelegt werden, mindestens so viele Frauen wie Männer enthalten. Zum Nachweis sollte es künftig dokumentiert und ausführlich begründet werden, wenn von diesem Prinzip abgewichen wird. Allein mit Ausschreibungen wird nichts besser, Frau Kofbinger. Geschlechtergerechtigkeit ohne passgenaue, zielgerechte Frauenförderung gibt es noch lange nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!