Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Hierzu kann aus unserer Sicht dieser gemeinsame Appell beitragen. Überdies ist es für jede parlamentarische Partei wichtig und richtig, an Bürgerrechte zu gemahnen. Zentral ist diese Mahnung für eine liberale Partei. Gerade das Wahlrecht ist ein unverzichtbares Bürgerrecht. Im Parlamentarismus muss das auch nicht unbedingt betont werden. Das Bürgerrecht ist ein gesetzlich verankertes Recht, das ein Staat seinen Bürgern zugesteht. Hierzu gehören neben dem Wahlrecht alle anderen Grundrechte, die nicht Menschenrechte sind, denn die gelten qua Menschsein und nicht erst auf vertraglicher Gesellschaftsebene.

Nun haben wir das Einklagen der Bürgerrechte und die friedliche Revolution in der DDR 1989, die zu deren

Überwindung und zur Einheit Deutschlands führte, bereits mit einem Feiertag bedacht, nämlich dem 3. Oktober. Dieser zentrale Gedenktag für alle Deutschen in Ost und West gemahnt neben der nationalen Komponente vor allem an eines: an die Gewinnung der Bürgerrechte, die von einem Teil der Deutschen in Kirchen, auf Straßen und Plätzen gegen Repressionen und massive Bedrohung durch den Staat eingeklagt wurden. Der 3. Oktober ist der Tag der Deutschen Einheit. Auch der 9. November, wenn er auch aus ferneren historischen Gründen kein Einheitstag werden konnte, ist so etwas wie ein inoffizieller Einheitsfeiertag geworden und geblieben. Schon der vom 3. Oktober abgelöste 17. Juni war zu Zeiten der alten Bundesrepublik im Westen nicht nur ein freier Tag, sondern ein wahrer Feiertag, der die Bedeutung eines unverzichtbaren Bürgerrechts, wie es das Demonstrationsrecht ist, eindrucksvoll darstellte. Entscheidend war nicht das Scheitern des Aufstandes 1953, sondern der im wahrsten Sinne demonstrative Versuch.

Was will ich damit sagen? – Ich will darlegen, dass es bereits Identifikationsmöglichkeiten mit Bürgerrechtsbewegungen an mehreren Gedenktagen gibt. Diese Identifikationsmöglichkeiten gehen weiter als der vorliegende Antrag, der sich explizit auf das Datum der Kommunalwahlen bezieht. Aber dieser heutige Antrag bildet sozusagen eine Brücke zwischen dem nationalen Gedenken und dem regionalen Gedenken. Grundsätzlich hielten wir als FDP es für begrüßenswert, wenn Gemeinden die Möglichkeiten hätten, den historischen Ereignissen entsprechend eigene Gedenktag zu begehen und damit die jeweiligen Geschehnisse vor Ort zu würdigen. Was in Leipzig der 9. Oktober mit einer Demonstration von 80 000 Menschen war, war in Plauen ein anderes Ereignis zu einer anderen Zeit. Dem sollten die Parlamente Rechnung tragen.

[Beifall bei der FDP]

Der Ansatz ist richtig, dieses Gedenken im Bewusstsein der Bürger zu verankern und die Unverzichtbarkeit von Bürgerrechten darzustellen und bildend weiterzugeben. Daran zu gemahnen und historisches Geschehen zu vermitteln ist notwendig. Deshalb stimmen die Liberalen diesem Antrag in der jetzt vorliegenden Form zu.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Der Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme des Antrags mit neuer Überschrift und in neuer Fassung. Wer so gemäß Drucksache 16/2374 beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Sehe ich nicht. Enthaltungen? – Sehe ich auch nicht. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Die lfd. Nr. 25 steht auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 26:

Zusammenstellung

Vorlagen – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 VvB

Drs 16/2369

Das ist die Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen. Überweisungswünsche liegen mir nicht vor. Das Haus hat damit von den Verordnungen Kenntnis genommen.

Die lfd. Nr. 27 steht auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 28 war Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 4 b.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 29:

Antrag

Planfeststellungsverfahren für den Weiterbau der A 100 einstellen

Antrag der Grünen Drs 16/2376

Für die Beratung steht eine Beratungszeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt und spricht Frau Hämmerling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!

[Christian Gaebler (SPD): Schon wieder! Hämmerling 2:0! – Weitere Zurufe]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Ja, ich will Ihnen das nicht ersparen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! – Sehr geehrte Frau JungeReyer! Wir fordern Sie auf: Stellen Sie das Planfeststellungsverfahren für den 16. Bauabschnitt der A 100 ein! – Das geht, Herr Gaebler! Erzählen Sie nichts Gegenteiliges! Das stimmt einfach nicht.

Dieses Vorhaben stammt aus der verkehrspolitischen Mottenkiste. Es ist fehlerhaft und völlig unsinnig. Es erübrigt sich, auf die falsche verkehrspolitische Weichenstellung durch den geplanten Autobahnneubau hinzuweisen. Es ist bekannt, dass der Autoverkehr in den Städten Klimakiller Nr. 1 ist. Es ist auch bekannt, dass neue Autobahnen immer mehr Autoverkehr induzieren und dass sich in ihrem Umkreis Stadtwüsten ohne jede Lebensqualität entwickeln. Denken Sie dabei an den Bundesplatz oder an den Heidelberger Platz! Es ist kein Trost, dass die Mieten dort gesunken sind. Wir sagen den Menschen, die die Forderung erheben, dass die Autobahn in den Osten geführt werden muss, weil sie im Westen auch vorhanden ist, gerne noch einmal: Ersparen Sie Ostberlin solche Orte! Es ist schlimm genug, dass Westberlin auf diese Weise verschandelt wurde.

[Beifall bei den Grünen]

Ich finde es ulkig, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, aber Ihnen müsste es eigentlich peinlich sein: Was die Verkehrsplaner da an Planauslegung abgeliefert haben, steckt voller Fehler und Abwägungsmängel. Das Baumgutachten beschreibt Bäume, die es nicht gibt, aber Bäume, die vorhanden sind, werden nicht aufgeführt. Es gibt keine belastbare Verkehrsprognose, die zwingend ist für ein solches Projekt, und es fehlen Aussagen über den Schwerlastverkehr ab 2,8 Tonnen. Damit ist auch das Lärmgutachten nur noch Makulatur. Ich sage Ihnen: Stampfen Sie diese Planungen ein, und verzichten Sie auf eine teure Neuauflage! Das ist Unsinn.

[Beifall bei den Grünen]

Denn obwohl die Datenbasis für das Vorhaben ungenügend und falsch ist, kommen Sie trotzdem zu dem Ergebnis, dass es Grenzwertüberschreitungen bei Feinstaub, Stickoxiden und Lärm gibt. Damit bestätigen Sie die Abwertung der Wohngebiete. Dagegen wird es Klagen geben. Frau Junge-Reyer! Die neue Autobahn bringt eben nicht die von Ihnen beschworene Aufwertung in den benachbarten Wohngebieten. Sehen Sie sich doch die Silbersteinstraße an! Das sage ich auch dem Regierenden Bürgermeister. Er soll mir die Leute zeigen, die davon begeistert sind, dass sich der Verkehr verlagert. Es sind minimale Effekte. Die Autobahn entlastet nicht, sondern belastet zusätzlich.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU]

Ich will nicht weiter auf die Mängelliste eingehen, sondern auf die verkehrlichen Auswirkungen, denn die sind erheblich. Wenn nämlich die Autos in Treptow die A 100 verlassen, ist Schluss mit lustig. Dann stehen 60 000 Fahrzeuge zusätzlich im Stau – an dem hochbelasteten Elsenknoten. Wie soll das funktionieren, wenn die A 100 fertiggebaut ist? Das kann bis heute keiner sagen. Das gibt auch der Senat in seiner Propagandabroschüre zu und verweist auf den 17. Bauabschnitt. Da fragt man sich allen Ernstes, ob schon Schwarz-Gelb regiert oder RotRot die Regierung von Schwarz-Gelb vorbereitet, denn durch die Verlängerung der A 100 mit dem 17. Bauabschnitt wird die Zerstörung von Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg vorbereitet.

[Ah! von der CDU – Weitere Zurufe von der CDU]

Ja, das ist so! – Und das nur, um einigen Autolobbyisten einen scheinbaren Vorteil zu verschaffen!

[Beifall bei den Grünen]

Ich sagen Ihnen, wie diese Zerstörung aussehen wird: Der S-Bahnhof Treptow hat künftig den Charme des Heidelberger Platzes – Sie kennen Ihn alle – und der S-Bahnhof Frankfurter Allee den des Bundesplatzes. Der Rudolfkiez und andere Wohngebiete werden zu Schleichwegen am Stau vorbei. Der Baustellenverkehr wird über Jahre sämtliche Quartiere einschließlich der Wasserstadt Stralau beeinträchtigen, ganz zu schweigen von den Baumaßnahmen in der idyllischen Alten Bahnhofstraße, wo die

Autobahn doppelgeschossig in offener Bauweise gebaut werden muss.

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Ja, Herr Czaja, Sie verstehen das nicht. Aber gucken Sie nach Köln, wie das ausgesehen hat, als die U-Bahn gebaut wurde! So wird Kreuzberg aussehen. Und ich sage Ihnen: Die Kreuzberger werden sich dagegen wehren, und sie werden Unterstützung bekommen von allen Anwohnerinnen und Anwohnern.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Ich frage allen Ernstes: Wollen Sie die innere Sicherheit aufs Spiel setzen wegen eines solchen Projektes, oder wollen Sie den Notstand verhängen, oder wie stellen Sie sich das vor? – Wir sagen: Fangen Sie gar nicht erst an mit diesem Unsinn! Wer die Geister ruft, wird sie möglicherweise nicht mehr los. Wir sagen: Tun Sie etwas für Bus und Bahn. Das danken Ihnen die Berlinerinnen und Berliner. Das danken wir Ihnen auch. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Hämmerling! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2376 an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, wozu ich keinen Widerspruch höre. Dann wird so verfahren.

Die lfd. Nr. 30 hatten wir bereits in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 11 beraten. Die lfd. Nr. 31 war Priorität der Fraktion der CDU unter dem Tagesordnungspunkt 4 d. Die lfd. Nrn. 32-34 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 35 war Priorität der Fraktion der Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 4 a.

Wir kommen jetzt zur

lfd. Nr. 35 A:

Dringlicher Antrag

Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den Luftbrücken-Piloten Gail Halverson

Antrag der CDU Drs 16/2411

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Die Beratung wird gewünscht. Dann hat für die CDUFraktion der Kollege Braun das Wort. – Bitte schön, Herr Braun!