Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Die entscheidende Frage ist: Wer ist bereit, wirklich Regierungsverantwortung zu übernehmen? Wer ist bereit, auch unbequeme Wege im Interesse der Stadt zu gehen? Wer kann inhaltlich überzeugende Antworten geben und ist auch bereit, sie in dieser Stadt durchzusetzen? Und weil diese Koalition dazu bereit ist, diesen schwierigen Weg zu gehen, sich den Fragen zu stellen und Antworten zu geben, deswegen arbeitet diese Koalition so gut und vertrauensvoll. Deswegen steht diese Regierung auch bis zum Ende 2011.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Wir haben das alles im Jahr 2006 schon direkt nach der Wahl erlebt, die Artikel, die klugen Kommentare und auch hier die Gewissheit im Abgeordnetenhaus: Das hält alles keine drei Monate, die Mehrheiten sind viel zu knapp, die Aufgaben viel zu schwierig, das funktioniert alles gar nicht. – Und möglicherweise ist für den einen oder anderen Opposition verführerisch. Irgendwie mischt man immer mit. Man sitzt hier ganz gut, warm und trocken, aber man ist nie wirklich verantwortlich. Man muss sich nie rechtfertigen, nie den Kopf hinhalten, wenn es auch mal schwer wird.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Ich will es hier ganz deutlich sagen: Mir reicht das nicht. Wer etwas gestalten will, wer etwas bewegen will in dieser Stadt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, muss auch Regierungsverantwortung annehmen und zu diese Regierungsverantwortung stehen. Darum geht es, und dazu sind Sie gar nicht bereit und nicht in der Lage.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir haben uns den schwierigen Aufgaben sofort mit Beginn der Legislaturperiode gestellt, sofort den Haushalt beraten und verabschiedet – 2007 –, so wie wir es in diesem Jahr auch machen werden. Da gibt es überhaupt keine Frage.

Wir haben uns dann dem wichtigen Feld der Bildungspolitik zugewandt – wie auch schon in der letzten Legislaturperiode. Wir sind weitere Schritte gegangen, zu einem längeren gemeinsamen Lernen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Da waren Sie auch lernfähig! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Die Pilotphase der Gemeinschaftsschule ist eingerichtet, und in allen Bezirken arbeiten diese Schulen sehr gut. Wir haben die Schulstrukturreform weiter vorangetrieben. Wir diskutieren darüber in diesen Tagen sehr konkret. Wir wollen und werden die Hauptschule abschaffen, um endlich den Kindern in dieser Stadt, den Schülerinnen und Schülern, eine echte Perspektive für ihren weiteren Lebensweg, für ihren beruflichen Weg bieten zu können.

Das sind alles keine einfachen Wege, keine einfachen Schritte, aber sie sind richtig im Interesse der Menschen. Und dass es darüber auch mal eine kontroverse Debatte gibt – na und?

[Zurufe von den Grünen]

Wir sind uns nicht in jedem Spiegelstrich einig. So ist es nun einmal in einer Koalition. So ist es manchmal selbst in den eigenen Parteien und Fraktionen so, dass man bei einem solchen schwierigen Weg auch mal miteinander streitet. Das ist überhaupt kein Problem. Das Entscheidende ist, dass man diese Punkte anpackt und bereit ist, zu einem schwierigen Weg zu stehen. Ich sage es hier ganz deutlich, gerade beim Thema Bildung: Dass wir einen solchen Wert darauf legen, von der gebührenfreien Kita über die Schulstrukturreform und über die Ganztagsangebote bis zum kostenlosen Studium, dass wir diese Bildungskette so im Blick haben, hat einen Grund. Uns ist

die Bedeutung dieses Themas für die Menschen in dieser Stadt bewusst. Hier geht es konkret um Chancengleichheit. Hier geht es konkret um soziale Gerechtigkeit, und dafür steht diese Koalition.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Umsetzung aller dieser Punkte ist natürlich von entscheidender Bedeutung. Ich will deswegen in diesem Zusammenhang unser Konjunkturpaket anführen und auch, wie wir es umsetzen. Da sagen nun viele: Das ist gar kein Berliner Beitrag. Das ist alles Bundesgeld. – Quatsch! Erstens bezahlen wir das über die Steuermindereinnahmen durch die bundesweiten Beschlüsse sowieso mit. Aber neben den 470 Millionen Euro, die von der Bundesebene hier ankommen, kommen noch einmal direkt aus dem Haushalt, bei dieser schwierigen Finanzsituation, 158 Millionen Euro dazu. Das sind 630 Millionen Euro, die konkret für die Infrastruktur in dieser Stadt zur Verfügung stehen, und auch an der Stelle wieder eindeutig der bildungspolitische Schwerpunkt: Über 400 Millionen Euro fließen direkt in Kita, Schule und Hochschule.

[Zuruf von Michael Braun (CDU)]

Das, was wir da machen, ist nicht, irgendwie Geld auszugeben, sondern ein Investitionspaket für die Zukunft Berlins. Darum geht es, und wir machen es obendrein auch noch so, dass die Menschen und die Unternehmen in dieser Stadt davon profitieren. Es gibt eine kleinteilige Auftragsvergabe. Die regionale Wirtschaft profitiert davon. Ohnehin ist das eines unserer weiteren wichtigen Themenfelder, dass die Unternehmen gestärkt und Arbeitsplätze erhalten bleiben und gesichert werden. In diesem Zusammenhang muss man unsere ganze Aktivität zum Ausbau des großen Flughafens in Schönefeld nennen. Das ist doch alles kein Selbstzweck, nur weil wir es schön finden, einen großen Flughafen zu haben. Hier geht es konkret um Perspektiven für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es geht um 10 000 Arbeitsplätze. Da kann man nicht mit der Zukunft Berlins spielen. In einer solchen Frage muss man dann einen schwierigen Weg gehen, und das haben wir getan.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der CDU und der FDP]

Ich will auch noch betonen: Diese Koalition steht mit Sicherheit für das Zusammenwachsen der Stadt und für ein friedliches Miteinander in dieser Stadt. Wir freuen uns über Zuwanderung, die es in unsere Stadt gibt. Die Menschen unterschiedlicher Kultur, Religion und Herkunft sind eine Bereicherung für unsere Stadt. Wir fordern von diesen Menschen auch etwas, nämlich sich aktiv in unsere Gemeinschaft, in unsere Bürgergesellschaft einzubringen. Wir fordern sie auf, die Sprache zu lernen und ihre Kinder auf deren Bildungsweg aktiv zu unterstützen. Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben – und auch diese Aufgabe nehmen wir an –, dass wir diesen Prozess aktiv unterstützen und die entsprechenden Angebote machen.

Ich möchte deswegen einen weiteren Punkt nennen, und das ist unser bildungs- und integrationspolitisches An

gebot durch den Ethikunterricht. Es ist nur ein Baustein, nur ein Bestandteil. Ich weiß, dass das nicht allein glückseligmachend ist. Aber es war wichtig, diese Debatte in der Stadt zu führen – eine Debatte, die viele gescheut haben und wo Sie uns vorwerfen, wir spalten darüber die Stadt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Mit diesem integrationspolitischen Angebot führen wir die Menschen in der Stadt zusammen. Das hätte man sich vielleicht auch einfacher machen können. Wir gehen diesen schwierigen Weg. Wir halten dem Widerstand in der Presse und in der Öffentlichkeit auch stand, weil wir erkannt haben, dass es das richtige bildungs- und integrationspolitische Angebot ist. Deshalb gehen wir diesen Weg. Wir haben für unsere Inhalte geworben, und wir haben mit diesen Inhalten überzeugt. Das hat auch das Ergebnis am Wahltag gezeigt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich will noch einen Punkt nennen, den Sie in der Begründung zur Aktuellen Stunde genannt haben. Das ist das Thema 1. Mai. Es ist eine Unverschämtheit, dass Sie uns vorwerfen, wir seien – wie haben Sie es genannt? – ein Sicherheitsrisiko für die Stadt. So oder so ähnlich war die Formulierung.

[Dr. Manuel Heide (CDU): Das ist eine Tatsache!]

Es ist völlig klar – und ich weise alles andere eindeutig zurück –, dass wir für ein friedliches Zusammenleben in dieser Stadt stehen und konsequent gegen alle Gewalttäter in dieser Stadt vorgehen werden.

[Zurufe von der CDU]

Aber eines ist auch richtig: Das Konzept der ausgestreckten Hand und der Deeskalation ist das richtige Konzept für die Stadt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir wollen nicht zurück zu einer Konfrontation, wie wir sie über viele Jahre unter CDU-Innensenatoren in dieser Stadt auch hatten, wo die Bürger gegen die Polizei aufgestanden sind. Wir wollen, dass Bürger und Polizei gemeinsam gegen Randalierer aufstehen. Das ist unsere Vorstellung von einer aktiven Bürgergesellschaft.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Björn Jotzo (FDP): Dann setzen Sie das um! – Zurufe von der CDU]

Wenn ich ständig Ihre albernen Zwischenrufe höre: Während wir Politik gemacht haben, waren Sie mit sich selbst beschäftigt.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist leider um!

In den acht Jahren dieser rot-roten Koalition war es doch so: Immer dann, wenn Sie gesagt haben, Rot-Rot sei am Ende, war als Erstes ein CDU-Fraktionsvorsitzender am Ende.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Das gehört zur Wahrheit dazu. Sie haben sich nicht mit Politik auseinandergesetzt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich komme zum Schluss:

Zum Schlusssatz bitte!

Wir sind in vielen für die Stadt wichtigen Themenfeldern ein großes Stück weitergekommen,

[Christoph Meyer (FDP): Bei welchen denn?]

und 2011, zum Ende dieser Legislaturperiode, werden wir sehen, dass wir weiter vorangekommen sind – beim Thema Flughafen, beim Thema Arbeitsplätze, in der Bildungspolitik, in der Hochschule, bei der Umsetzung des Konjunkturpakets –, und das alles mit einer verantwortungsvollen Finanzpolitik, die den Mentalitätswechsel nicht infrage stellt und Schwerpunkte gut ausstattet. Das ist konkrete Politik, nicht Ihr alberner Zirkus mit mehreren Abstimmungen über die Aktuelle Stunde und Hammelsprung.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt im Schlusssatz sein!

Wir machen konkrete Politik, um die Lebenssituation für die Menschen in dieser Stadt zu verbessern.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Frank Henkel. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Müller hat versucht, die mühsamen Kompromisse der vergangenen zweieinhalb Jahre als großen politischen Masterplan zu verkaufen. Dass es eine erfolgreiche Arbeit dieser rotroten Koalition gibt, würden in unserer Stadt sicherlich nur die allerwenigsten Menschen unterschreiben.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Aber viel interessanter als das, was Kollege Müller eben aufgeführt hat, ist das, was er weggelassen hat: Kein Wort der Selbstkritik, kein Wort etwa zum Brandbrief aller 68 Schulleiter aus Mitte, kein Wort zum Kita-Notstand in Friedrichshain-Kreuzberg, kein Wort zu steigenden Gewaltexzessen der linksextremen Szene! Sie mögen sich

damit abfinden, Kollege Müller! Meine Fraktion und ich tun das nicht.

[Beifall bei der CDU]