Dabei versuchen Sie sich gegenseitig zu übertrumpfen und uns in die Ecke zu treiben. Aber meine Damen und Herren von der CDU! Ihren Anträgen fehlt offensichtlich jedes inhaltliche Konzept.
Sie jagen im Wochentakt neuen Überschriften hinterher und versprechen jedem alles. Sie wecken damit Erwartungen, denen Sie in Regierungsverantwortung nicht gerecht werden könnten, vor allem deshalb, weil Sie keinen der hier vorliegenden Anträge finanziell untersetzt haben. Das nenne ich unseriös und unverantwortlich.
Sie wollen nämlich alles und alles sofort. Schauen wir uns Ihre Anträge etwas genauer an: Rechtsanspruch sofort für alle ab 0, halbtags oder doch Teilzeit ab 2 oder doch erst Teilzeit für alle ab 3, Personalschlüssel pro Altersgruppe, ein Kind weniger mit oder ohne zusätzliche Vor- und Nachbereitungszeit, Leitungsschlüssel und Zeit für Fort- und Weiterbildung inklusive oder extra obendrauf. Mit Ihren Anträgen wollen Sie sogar Gesetze ändern, und wissen nicht, was Sie eigentlich ganz genau wollen.
Dass Ihnen ein Konzept fehlt, wurde auch bei den Einzelabstimmungen im Fachausschuss deutlich, von Vorschlägen zur Finanzierung ganz zu schweigen. Ich sagte es schon. Immerhin reden wir in diesem Zusammenhang – wir haben es einmal durchgerechnet – von ca. 300 Millionen Euro, die das Gesamtpaket kosten könnte. Da hilft auch der Vorschlag der Grünen nicht, die Beitragsfreiheit zurückzustellen, denn das würde nur 17 Millionen Euro pro Jahrgang in die Kasse bringen.
Ich wünschte mir, wir könnten uns über Parteigrenzen hinweg einig werden, welchen Schritt wir als Nächstes tun. Für uns Linke ist klar: Wir wollen in die Personalausstattung investieren.
Natürlich kann man nicht genug für die Förderung der Kinder tun, doch wir kommen nicht umhin, das Wünschenswerte vom Notwendigen zu trennen, Prioritäten zu setzen, Schritte festzulegen und zu überlegen, wie wir das finanzieren können. Bitte bedenken Sie: Berlin wird allein in diesem Jahr 1,6 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen müssen. Wir haben zu Beginn der Sitzung in der
Begründungsrunde zur Aktuellen Stunde gehört, dass die Neuverschuldung des Landes Berlin zunehmen wird und die Opposition angesichts dessen einen harten Sparkurs fordert.
Wir werden heute die vorliegenden Anträge erneut ablehnen, weil ein Gesamtkonzept inhaltlicher und finanzieller Art nicht erkennbar ist. Eine andere Entscheidung wäre unverantwortlich.
Danke schön, Frau Kollegin Dr. Barth! – Für die FDPFraktion hat nunmehr Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön, Frau Senftleben!
Herr Präsident! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Kita ist Bildungszeit, und ich finde es wunderbar, dass wir das alle hier immer wieder aus vollem Herzen betonen. Die Kollegen von Rot-Rot haben das auch heute wieder mit wahrer Wolllust getan. Angeblich klappt alles wunderbar. Da kann ich nur sagen: Vorsicht! Das ist Augenwischerei, wenn wir genauer hingucken.
Die Ergebnisse sind, wie sie sind. Eine hohe Wiederholungsquote in der Schulanfangsphase, eine nach wie vor hohe Quote der Schulanfänger mit unzureichenden Deutschkenntnissen. Das ist die Realität, und die ist nicht gerade erfreulich.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot, versprechen in dieser Legislaturperiode nun die Beitragsfreiheit für alle drei Kitajahre. Mit diesem Versprechen verzichten Sie bewusst auf Gelder, die zur Qualitätsverbesserung dringend gebraucht werden. Das nenne ich in höchstem Maße unverantwortlich.
Berlin ist Spitzenreiter im Kitabereich, wenn es um die Quantität geht. Quantität ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, liebe Frau Scheeres, sehr geehrte Frau Dr. Barth! Die andere, noch viel wichtigere ist die Qualität. Hier muss Berlin besser werden. Konkret heißt das: Erstens gibt es nach wie vor erhebliche Mängel bei der Aus- und Fortbildungssituation des Personals, zweitens liegt das Eltern-Kind-Verhältnis im Argen, und drittens fehlt es auch an einer Evaluation der Bildungsstandards bei Vorschulkindern sowie bei der pädagogischen Qualität. Wissenschaftliche Rückkopplung muss sein, sonst haben wir hier Stückwerk, und das können wir uns einfach nicht mehr leisten.
Die drei genannten Punkte sind Voraussetzung für die Qualität einer Kita, und für diese dringend notwendigen
Qualitätsverbesserungen brauchen wir Geld. Geld, das eigentlich nicht da ist, und wie ich Sie, Herr Finanzsenator Nußbaum, einschätze, besitzen auch Sie nicht die Gabe eines Goldesels, so schön die Vorstellung auch sein mag. Indem Sie uns jetzt aber die Beitragsfreiheit hier als Segen verkaufen wollen, damit den Koalitionsvertrag erfüllen und Ihre Klientel bedienen, verabschieden Sie sich ganz klar von der Bildungseinrichtung Kita, und damit setzen Sie weiterhin auf Quantität statt auf Qualität, und Sie verbauen weiterhin Kindern dieser Stadt ihre Bildungschancen. Ohne Qualitätsverbesserung bleiben die Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern schlicht in der Tagesstätte sitzen. Besser wäre es, sie in Kinderförder- und Bildungszentren voranzubringen. Setzen Sie auf Klasse statt auf Masse!
Eines haben Sie alle noch nicht begriffen. Bei dem Thema Kita habe ich den Eindruck, dass das nicht nur bei RotRot so ist, da gucke ich auch zur CDU und zu den Grünen. In Zeiten finanzieller Notlage muss die Stadt erstens verantwortungsbewusst und zweitens effizient mit den Geldern umgehen. Das hat der Finanzsenator leider nicht gehört, er kann es aber nachlesen.
Nun kommen wir zur notwendigen, überfälligen Verzahnung von Kita und Grundschule. Das ist auch ein Thema. Auf dem Papier – im Gesetz – steht diese Forderung bereits, aber wie so oft gilt auch hier: Papier ist geduldig, jedenfalls bei Rot-Rot. Die Verzahnung von Kita und Schule funktioniert nicht – das zeigt die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage des Kollegen Steuer –, wenn es jeder sechste Zweitklässler nicht schafft, in die dritte Klasse zu kommen, sondern er „verweilen“ muss. Schöner Ausdruck!
Die Kritik des pädagogischen Personals an den Schulen ist unisono gewaltig. Erstens: Die Kinder kommen schlecht gefördert in die Schule. Zweitens: Sonderpädagogische Förderung erst in der dritten Klasse. Drittens: Die Sprachkenntnisse sind teilweise völlig unzureichend. – Und das sind schon ganz viele negative Vorzeichen, Defizite, mit denen diese Kinder in die Schule kommen. Die Lehrkräfte wissen oft nicht, womit sie anfangen müssen, um diese Defizite auszugleichen. Nehmen Sie endlich diese Kritik zur Kenntnis und reagieren Sie!
Denn eines ist klar: Die schlechten Ergebnisse stehen erstens in direktem Zusammenhang mit der fehlenden qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung und zweitens mit der fehlenden Verzahnung von Kita und Schule, die insbesondere für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern unabdingbar ist.
Sie kennen die Vorschläge der FDP-Fraktion. Wir wollen eine verbindliche Startklasse, in der Erzieher und Lehrkräfte die Kinder angemessen – spielend lernend – auf die Schule vorbereiten. Das hilft allen.
Sie kennen aber auch einen anderen Vorschlag der FDPFraktion. Das ist die Einrichtung einer Summer-School. Nein! Keine Sorge! Ich habe in diesem Jahr diesen Antrag nicht wieder gestellt, denn es ist zwecklos. Nein, diese Maßnahme – und das wissen wir alle – wäre direkt unterstützend. Das wäre eine direkte Maßnahme, die den Kindern helfen würde. Die Infrastruktur ist sogar vorhanden, aber all das ficht Sie nicht an. Sie gehen lieber alte, ausgelatschte Wege, die leider in die Sackgasse führen.
Ihre bisherigen Maßnahmen zur besseren frühkindlichen Bildung sind, auf einen Nenner gebracht, ein Fiasko. Und Sie ahnen es auch. Sie versuchen nämlich, das Ganze zu kompensieren, zum Beispiel mit dem Thema „JÜL für alle“. Das floppt bereits jetzt. Sie wollen es auch mit der sogenannten Schulstrukturreform kompensieren, und diesen Flopp sage ich Ihnen heute bereits voraus. Eines haben jedoch alle Bildungsreformen rot-roter Art gemeinsam: Sie werden eingeführt, ohne den Fachkräften vor Ort die notwendigen Rahmenbedingungen zu gewährleisten, und damit ist der Flopp abzusehen, und zwar jeder Flopp.
Eine weitere notwendige Verzahnung in dieser Stadt wird sträflich vernachlässigt. Das ist die Zusammenarbeit mit den Eltern. Eltern müssen und sollten früh in den Erziehungs-/Bildungsprozess eingebunden werden, es muss sozusagen präventiv gearbeitet werden. Wir dürfen nicht erst abwarten, bis Fehlentwicklungen offensichtlich werden. Warten wir nicht auf Jungendhilfe, warten wir auch nicht auf die Supernanny, dann ist es nämlich schlicht zu spät.
Kitas und Schulen als Kompetenzzentrum für Erziehung und Bildung zu begreifen, diese Erkenntnis hat sich offensichtlich beim Senat noch nicht so richtig durchgesetzt und auch nicht bei Ihnen, liebe Kollegen und Kolleginnen. Liebe Frau Scheeres! Gerade im Familienbeirat – da sind Sie auch drin – wissen wir alle, dass das ein richtiger Weg ist. Insofern kann ich überhaupt nicht verstehen, dass Sie diesem Antrag der Grünen nicht zustimmen. Der ist in der Tat vernünftig.
Und Familienzentren sind wichtig. Wir haben doch das Anliegen, dass wir die Kinder aus den bildungsfernen Elternhäusern, die begabt sind, die wollen, dass wir die auch wirklich fördern. Deswegen sind sie wichtig.
Abschließend zum Thema Bürokratie, die natürlich auch hier nicht haltmacht. Bildungsdistanzierte Eltern werden durch den Formulardschungel und Prüfverfahren abgeschreckt. Das ist kontraproduktiv. Die Teilzeitförderung muss zum Regelfall werden. So schafft man Hürden ab, entlastet Verwaltung und schafft Bürgernähe, auch mal was Schönes. Ein nettes, in Muttersprache verfasstes Begrüßungsschreiben inklusive Kitagutschein zum dritten Geburtstag des Kindes, um die Vorzüge einer frühen Bildung aufzuzeigen, das wäre doch mal eine echte Alternative zum bisher eher ätzenden Verfahren. – Vielen Dank!
Da ist der Gesetzesantrag der Grünen – Drucksache 16/0999 – Stichwort: Kinder früher fördern – in Fach- sowie Hauptausschuss mehrheitlich – gegen Grüne, bei Enthaltung FDP – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Gegenprobe! – Das sind Linke, SPD und CDU. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Enthaltungen? – Der FDP!
Dann kommt der Gesetzesantrag der CDU – Drucksache 16/1208 – Stichwort: Rechtsanspruch für einen Krippenplatz –, in Fach- sowie Hauptausschuss mehrheitlich – gegen CDU und Grüne, bei Enthaltung FDP – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU und die Grünen. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Und die FDP enthält sich.
Dann kommt der Antrag der CDU – Drucksache 16/0418 – Stichwort: Bildungsstand von Kitakindern –, im Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU und FDP – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenprobe! – Das sind die drei anderen Fraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Enthaltungen sehe ich nicht.
Dann kommt der Antrag der CDU – Drucksache 16/0205 – Stichwort: Musikerziehung stärken –, im Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU und FDP, bei Enthaltung der Grünen – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Und die Grünen enthalten sich.
Dann kommt der Antrag der Grünen – Drucksache 16/1192 – Stichwort: Kinder- und Familienzentren –, im Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU, Grüne und FDP – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, Grüne und FDP. Gegenprobe! – Das sind SPD und Linke. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Enthaltungen sehe ich nicht.
Dann kommt der Antrag der Grünen – Drucksache 16/1193 – Stichwort: Bildungs- und Erziehungspartnerschaft –, im Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU,
Grüne und FDP – abgelehnt. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, Grüne und FDP. Gegenprobe! – Das sind SPD und Linke. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Enthaltungen sehe ich nicht.