Okay. – Herr Gaebler! Halten Sie denn die Geschäfte, die die BVG im Rahmen von Cross-Border-Leasing gemacht
hat, die uns dann 200 Millionen Euro Schaden eingetragen haben, für zukunftsfähig und für so toll, dass sie der BVG auch noch die S-Bahn anvertrauen möchten?
Wir reden hier nicht über Finanzdienstleistungen, sondern über Verkehrsleistungen, die die BVG übernehmen soll.
Insofern glaube ich, dass die BVG sehr wohl die Kompetenz dazu hat. Ansonsten, Frau Hämmerling, ist dieses Thema ja ausreichend im Hauptausschuss behandelt worden und hat relativ wenig mit der heutigen Aktuellen Stunde zu tun.
Immer noch bestreitet die Bahn, dass die aktuellen Probleme bei der S-Bahn mit dem radikalen Sparkurs der vergangenen Jahre zusammenhängen. Herr Homburg! Hören Sie auf, sich und der Öffentlichkeit etwas vorzumachen! Sie haben ein Sparprogramm aufgelegt ohne Rücksicht auf die betriebliche Sicherheit. Hören Sie auf mit den Verschwörungstheorien! Die Probleme bei der S-Bahn sind hausgemacht. Die Verantwortung liegt allein bei Ihnen.
Wir fordern darüber hinaus die Mobilisierung aller verfügbaren Fahrzeuge, um auf allen Strecken Ersatzverkehre, gegebenenfalls auch mit Bussen, anzubieten. Die Deutsche Bahn rühmt sich, größtes Busunternehmen Deutschlands zu sein: Wo sind diese Busse? Wir erwarten, dass umgehend so viele Ersatzverkehre wie möglich eingerichtet werden, insbesondere da, wo überhaupt kein Zugverkehr mehr stattfindet.
Und: Alle Züge auf der Stadtbahn müssen selbstverständlich, mindestens während der S-Bahnsperrung, am Bahnhof Zoo halten.
Wir erwarten ein Informationsmanagement, wie es aktuellem technischen Standard entspricht. Handgeschriebene Aushänge und uninformierte Mitarbeiter auf den Bahnhöfen sind völlig inakzeptabel. Es muss doch wohl möglich sein, entsprechende Aushänge und Info-Mappen für Mitarbeiter kurzfristig an alle Bahnhöfe zu verteilen.
Wir fordern auch eine schnelle Entschädigung für alle betroffenen Fahrgäste. Es muss endlich Schluss sein mit dem billigen Gefeilsche um Entschädigungen.
Wir erwarten eine klare Festlegung der Bahn innerhalb von 14 Tagen. Die Entschädigung darf nicht nur für AboKunden gelten, sondern muss auch Monatskarteninhaber und besonders betroffene Pendlergruppen einschließen. Das ist kein Gnadenakt der Bahn. Die Fahrgäste haben einen Anspruch auf Entschädigung, und zwar schnell.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von Heidi Kosche (Grüne) und Joachim Esser (Grüne)]
Ein weiterer Punkt ist natürlich die Entlassung des Aufsichtsratsvorsitzenden der S-Bahn, des Diplom-Landwirtes Graf von der Schulenburg, und des hauptverantwortlichen ehemaligen Technikgeschäftsführers Thon. Es ist ein Skandal, dass diese Herren, die Regisseure des Katastrophenszenarios bei der S-Bahn, noch immer gut bezahlt bei der Bahn ihr Unwesen treiben dürfen. Das schafft kein Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Bahn, hier umzusteuern.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Haben Sie sich darum nie gekümmert?]
Ausgangspunkt für die überzogenen Gewinnerwartungen an die S-Bahn war die geplante Privatisierung der Deutschen Bahn AG. Die Berliner SPD hat diese Privatisierung immer abgelehnt,
mittlerweile auch bundesweit in der SPD eine Mehrheit dafür erstritten. Dieses Parlament hat sich mit klarer Mehrheit gegen die Privatisierung ausgesprochen.
Nach dem Debakel bei der Berliner S-Bahn müssen auch CDU und FDP endlich einsehen, dass die Privatisierung ein Irrweg ist. Also, meine Herren und wenigen Damen von Schwarz-Gelb: Hier und heute können Sie sich bekennen! Schluss mit den Privatisierungsplänen bei der Bahn!
Die geforderte schnelle Ausschreibung der Verkehre wäre im übrigen nur eine andere Form der Privatisierung, denn die BVG könnte sich aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht an einer Ausschreibung beteiligen. Die Deutsche Bahn müsste erst einmal wieder ein Zuverlässigkeitsnachweis erbringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen bei den Grünen! Was wird denn besser, wenn die Tochtergesellschaft eines französischen Atomstromkonzerns von Paris aus die Geschicke der S-Bahn steuert?
Haben Sie dann mehr Einflussmöglichkeiten? – Ja, Herr Esser, Ihre Wettbewerbsgläubigkeit ist wirklich schon FDP-würdig! Sie sind die Öko-FDP!
Wir wollen schnell wieder geordnete Verhältnisse im Berliner Nahverkehr. Wir wollen, dass die Berlinerinnen und Berliner weiterhin mit Bus und Bahn fahren und nicht aus Angst vor immer neuen Sicherheitsmängeln auf das Auto umsteigen. Dazu bedarf es schnell vertrauensbildender Maßnahmen.
Keine Zwischenfrage, nein! – Eine mögliche Lösung wäre die Übertragung der Verkehre an ein Unternehmen des Landes Berlin. Die BVG, Deutschlands größtes Nahverkehrsunternehmen, kann selbstverständlich auch S-Bahnverkehre fahren. In der derzeitigen Situation müssen alle möglichen Lösungen geprüft werden. Es darf keine Denkverbote hinsichtlich einer solchen Übernahme geben.
Nun zum Schauspiel, das Sie als wieder einmal kurzfristig vereinte Oppositionsfront hier aufführen. Meine Damen und Herren von Grünen, FDP und CDU! Lesen Sie eigentlich gelegentlich noch, was Sie öffentlich von sich geben? Zum einen beklagen Sie, dass Sie den Verkehrsvertrag nicht kennen, und fordern die umgehende Offenlegung. Zum anderen wissen Sie aber ganz genau, dass er schlecht verhandelt wurde und ganz viele Dinge nicht oder falsch geregelt wurden.
Herr Henkel forderte gestern Abend mit staatstragendem Tremolo die Verkehrssenatorin auf, umgehend den Vertrag nachzuverhandeln. Wenn es da keine Verbesserungen gebe, müsse sie gehen. Keine 12 Stunden später stellen Sie einen Dringlichkeitsantrag auf Entlassung der Senatorin, und Sie behaupten in Ihrem Antrag, Frau Junge-Reyer habe als zuständige Senatorin einen dilettantisch ausgearbeiteten Verkehrsvertrag verhandelt und unterschrieben.
Da liegen Sie schon bei den Tatsachen falsch. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung war Frau Junge-Reyer gar nicht im Amt. Herr Strieder und Herr Sarrazin haben gemeinsam den Vertrag mit der Bahn verhandelt. Die beteiligte Staatssekretärin war Frau Krautzberger, nicht Frau Junge-Reyer. Und das ist Ihr Grund, warum Herr Wowereit jetzt Frau Junge-Reyer entlassen soll? Das ist schon nicht mehr lächerlich, sondern nur noch peinlich, was Sie hier aufführen.
Und zur immer gern erhobenen Forderung nach Kündigung des Vertrages: Wenn ich in einer Wohnung wohne, und die Heizung fällt aus und wird tagelang nicht repariert, was mache ich dann?
Klagen! – Aber wenn ich zu dem Zeitpunkt keine andere Wohnung habe, kündige ich dann den Vertrag? – Nein! Ich stelle die Zahlungen ein oder reduziere sie und fordere sofortige Herstellung des Zustands, den ich vertraglich vereinbart habe.