Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Meine lieben Kollegen der Koalition! Wenn Ihnen die Position der Eltern so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie noch die Untersuchungsergebnisse des LEAK im Kopf. Knapp 90 Prozent der Eltern haben sich für die Qualitätssicherung und nicht für die Beitragsfreiheit ausgesprochen.

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Dann möchte ich Sie auch noch an etwas erinnern, Frau Scheeres: Sie haben gesagt, Sie wurden nicht getrieben. Selbstverständlich wurden Sie zu der Qualitätssicherung getrieben,

[Anhaltende Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

denn ohne den 6. Oktober hätte es das heutige Gesetz nicht gegeben. Nicht die Masse macht es, Frau Dr. Barth, die Qualität macht es!

[Martina Michels (Linksfraktion): Ja! Genau das machen wir!]

Mehr Kinder in den Kitas, mehr Schüler an den Schulen, mehr Studenten an den Hochschulen heißt noch immer nicht mehr Qualität. Das ist Ihr Verständnis dazu.

[Anhaltende Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Und in Bezug auf das Gesetz haben Sie Qualitätssicherung, was die Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher angeht, total außen vor gelassen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Machen wir!]

Ohne Qualifizierung gibt es auch keine Qualitätssicherung. Und das ist auch etwas, das sich eigentlich die LEAK-Leute sehr hoch auf die Fahne geschrieben haben. Das wissen Sie. Sprechen Sie hier nicht von Position der Eltern, die Ihnen nicht bekannt ist, weil Sie sie ignorieren!

[Beifall von Uwe Goetze (CDU)]

Herr Kollege Czaja! Es erfolgt noch eine Erwiderung von Frau Dr. Barth. Danke für Ihr kollegiales Verständnis!

Frau Demirbüken-Wegner! Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie auch mit dem Landeselternausschuss noch mal in Kommunikation treten würden.

[Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Das tue ich die ganze Zeit!]

Ich habe heute deutlich vernommen, dass der Vorsitzende gesagt hat, er ist froh darüber, dass die Beitragsfreiheit mit aufgenommen worden ist.

[Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion) und Markus Pauzenberger (SPD)]

Er hat deutlich gesagt, dass die Kita eine Bildungseinrichtung ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Warum soll die Kita, wenn Schule und Hochschule kostenfrei sind, nicht auch kostenfrei sein? Vielleicht muss man das einfach akzeptieren, auch wenn Ihnen das gegen den Strich geht, dann ist das so. Aber ich denke, wir haben ein gutes Ergebnis erreicht.

[Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Nicht Sie haben es erreicht!]

Und das gute Ergebnis kann man auch einfach mal so würdigen. Ich denke, da sind wir schon ein Stückchen weitergekommen. Im Übrigen können uns alle Ihre CDUgeführten Länder im Hinblick auf Kitapolitik überholen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Andreas Gram (CDU): Längst geschehen!]

Da haben sie alle noch eine große Aufgabe zu leisten. Insofern vielleicht beim nächsten Mal auch die „andere Seite“ ein bisschen würdigen!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Ja! Da gucken Sie besser hin!]

Vielen Dank! – Das Wort hat jetzt der Kollege Czaja von der FDP-Fraktion. – Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie so viel Verständnis zeigten!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann das im Grunde nur noch mal unterstreichen, und es war auch richtig, die Kollegin an der Stelle noch einmal zu Wort kommen zu lassen, denn wir müssen uns mal darüber klar werden, dass wir diese Debatte heute nur führen, weil die Eltern in der Stadt diese Debatte in dieses Haus getragen und dafür gesorgt haben, dass Sie sich in den letzten Wochen mit dieser Frage intensiver auseinandergesetzt haben.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Hätte es diese engagierten Eltern in Berlin nicht gegeben, hätten Sie diese Debatte heute auch nicht geführt und sich mit dieser Frage nicht so auseinandergesetzt – Frau Kollegin Barth hat es ausgeführt –, wie Sie es in den letzten Wochen getan haben. Deswegen geht zuallererst mein Dank an den Landeselternausschuss Kita. Ich möchte Sie hier herzlich begrüßen. Ich weiß, es ist dem Präsidenten überlassen, aber ich möchte es nicht versäumen, weil Sie an der Spitze gekämpft haben, Herr Entrup, Sie hier heute zu begrüßen. Herzlichen Dank für Ihr Engagement!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Aus Sicht der FDP-Fraktion haben Sie Großes vollbracht. Dennoch sind wir an dieser Stelle einer anderen Auffassung. Wir werden dem Gesetz heute nicht zustimmen, weil wir in einer wesentlichen Frage – und diese Ausführungen hatte ich auch bereits im Ausschuss getätigt – keine Nachhaltigkeit erkennen können, die über die Jahre 2011/12 hinausgeht.

[Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Lächerlich!]

Und bei aller Richtigkeit und der inhaltlichen Bedeutung, die in dem Gesetz verankert ist, ist das für uns grundentscheidend. Diese Grundentscheidung konnten Sie nicht herbeiführen, dass wir eine gewisse Nachhaltigkeit dafür in der Stadt Berlin erreichen. Auch das sind wir den Berlinerinnen und Berlinern, den Kindern in dieser Stadt schuldig. Dafür treten wir als FDP-Fraktion entschieden ein.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie sich die Schlagzeilen der letzten Wochen und Monate anschauen, so titelte die „Welt“ am 28. Oktober

2009: „Berlins Senat gibt nach“, der „Tagesspiegel“ am 11. Dezember 2009: „Einsteins Opfer“. Hier wird deutlich, dass dieser Senat nicht in der Lage war, sich mit diesem Thema allein auseinanderzusetzen, sondern letztlich erst auf Betreiben der Eltern und dann auf Betreiben eines Gerichtsurteils entsprechend zu der Entscheidung gekommen ist, sich dieser Frage anzunehmen. Ich will das an dieser Stelle noch einmal deutlich unterstreichen und deutlich sagen, dass Sie hier in der Verantwortung sind, die Nachhaltigkeit auch herzustellen.

Wenn Sie sich die Frage stellen, wieso wir eigentlich in dieser Situation sind, werden Sie schnell zu der Erkenntnis kommen – das wurde heute am Morgen auch schon durch viele Vorredner deutlich –, dass man hier lieber eine kontrollierte Niederlage – wie ich es einmal formulieren möchte – hingenommen hat, als im Jahr 2011, im Jahr der Wahl, die Auseinandersetzung um das Wahlgeschenk Wowereits zu führen. Also, Herr Wowereit, mein Eindruck und unser Eindruck als FDP-Fraktion ist, dass Sie sich hier lieben in die Ecke haben treiben lassen und einen kleinen Kompromiss im Jahr 2010 hingenommen haben, der nicht in Gänze der große Wurf ist, den wir uns auch inhaltlich vorstellen, sondern haben hier für sich die Situation entsprechend genutzt, um eine kontrollierte Niederlage am Ende zu einer Win-win-Situation womöglich zu steuern.

[Beifall bei der FDP – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Zu welchem Thema sprechen Sie? Wenn Sie noch einmal einen Augenblick in der Historie verweilen, werden Sie sich daran erinnern, dass Senator Zöllner derjenige war, der die größten Einschnitte in sei- nem Bereich hinnehmen musste, die er nicht selbst vorge- tragen hat, sondern die der Finanzsenator, der dieser De- batte nicht beiwohnt, herbeigeführt hat. [Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Das ist eine 08/15-Rede!]

Es hilft auch nichts, dass der Finanzsenator gegenüber der DDP die Auffassung vertritt, dass in diesem Geschäft keine Emotionen Platz hätten und dass Emotionen keine Wertschätzung erführen.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Sprechen Sie immer noch zur Kita?]

Ich sehe das schon so, dass der Wissenschaftssenator und für Kita verantwortliche Senator hier ordentlich übergangen wurde und die Entscheidungen rein haushaltspolitisch getroffen wurden, um ein einziges Wahlgeschenk abzusichern.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie sich anschauen, warum dieses Wahlgeschenk abzusichern war, war es das Große und Ganze, was versprochen wurde, aber nicht das Detail. Sie hatten auch kein Interesse, sich mit diesem Detail auseinanderzusetzen. Sie hatten in den letzten Wochen kein Interesse, sich dieser Details anzunehmen. Wenn man sich die Zwischentöne auch der Anhörung im Ausschuss einmal deut

Dr. Margrit Barth

lich anhört, kommt man zu der Auffassung, dass Sie die vielen Zwischentöne, die auch in der Anhörung deutlich geworden sind, mit in Ihr Gesetz aufgenommen hätten, hätten Sie sich frühzeitig mit dieser Debatte auseinandergesetzt.

Herr Kollege! Sie müssen jetzt leider zum Schluss kommen.

Sie hätten dafür sorgen können, dass das Gesetz runder wird, und hätten nicht dieselben Fehler gemacht, die Sie bei der Schulstrukturreform machen, von oben herab eine Umsetzung in dieser Stadt vorzuschreiben, sondern hätten aus der Mitte der Stadt heraus agiert. Sie hätten die vielen zahlreichen Akteure mitgenommen, um ein rundes, schlüssiges Konzept vorzulegen. Das haben Sie nicht getan. Stattdessen sorgen Sie dafür, dass die wesentlichen Lasten im Jahr 2012/2013 zu tragen sind und die Nachhaltigkeit bis heute ausbleibt.

[Beifall bei der FDP]

Ich kann Sie nur ermuntern, sich von dieser Last-minutePolitik zu verabschieden und in der Zukunft, diese Baustelle, die Ihnen hier aufgezeigt wurde, im Bereich der Kitapolitik auch entsprechend deutlich zu untersuchen, damit Sie nicht weiterhin dieselben Fehler bei anderen Projekten in dieser Stadt machen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, meine Damen und Herren! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird einstimmig vorgeschlagen, den Antrag Drucksache 16/0460 für erledigt zu erklären. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch.