Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zehn Artikel miteinander zu verbinden. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 3, Drucksache 16/0460, bzw. Artikel 1 bis 10 Drucksache 16/2756. Hierzu ist Beratung vorgesehen. Das hat Wort hat für die CDU Frau Demirbüken-Wegner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kindertagesstätten müssen zu echten Bildungseinrichtungen werden. Kinder müssen gefördert und gefordert werden. Die schlechte personelle Ausstattung hat dazu geführt, dass Kinder nicht ausreichend betreut und nach ihren Talenten gefördert werden konnten – dies zeigen die Sprachstandsfeststellungen der letzten Jahre. Nicht einmal die Senkung des Testniveaus hat eine statistische Verbesserung bewirken können. Das anspruchsvolle Berliner Bildungsprogramm ist aber mit der derzeitigen Personalausstattung in den Kindertageseinrichtungen nicht umsetzbar – das wissen wir nicht erst seit heute, und doch können wir erst jetzt darüber abstimmen.
Nach lang anhaltender Verweigerungshaltung des Senats wird jetzt endlich die Ausstattung der Kitas verbessert. Wenn auch zögerlich und nur unter dem Druck eines Kitavolksbegehrens und letztlich eines höchstrichterlichen Eingreifens, so werden jetzt stufenweise bis zum Jahr 2011 die Kitaleitungskräfte wieder freigestellt und die Betreuungsgruppen verkleinert. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine Teilzeitbetreuung im letzten Jahr vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht entspricht dabei unseren langjährigen Forderungen, da sie den Anspruch auf eine möglichst frühe vorschulische Förderung erweitert.
Eine grundlegende Systemverbesserung durch zusätzliche Zeiten für Fortbildung und Kooperationsmaßnahmen werden vom Senat und den Fraktionen von SPD und Die Linke nicht unterstützt – so die Aussage bei Beratungen im Ausschuss. Für die Bildungsqualität einer Kita wird also weiterhin die Motivation der Erzieherinnen entscheidend sein, ihre Bereitschaft, sich fortzubilden und die notwendigen Kooperationsbeziehungen mit den schulischen Einrichtungen zu organisieren. Eine frühzeitige Förderung der Kitakinder kann in der Kita jedoch nur gelingen, wenn gute Erzieherinnen und Erzieher bereitstehen und die Träger über ausreichende Mittel verfügen. Die Berliner Kindertagesstätten müssen hierzu qualifiziert und besser ausgestattet, die Erzieherinnen besser ausgebildet und fortgebildet werden, damit das Bildungsprogramm tatsächlich umsetzbar ist.
Dafür, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen aus der Regierung, reichen die jetzt vorgesehenen Mittel des Stufenplans noch lange nicht aus, weil auch die Her
ausforderung vielfältiger sozialer Hintergründe und Herkunftssprachen noch Berücksichtigung finden müssen.
Mit unserem Änderungsantrag möchten wir erreichen, dass hierfür die notwendigen strukturellen Vorgaben im Gesetz Berücksichtigung finden, nämlich: dass verbindliche Kooperationssysteme vertraglich geregelt werden können, dass die Evaluationsergebnisse als Grundlage für die zukünftige Qualitätsausstattung herangezogen werden, dass die Verbesserung der Sprachrückständler vor Eintritt in die Schule dokumentiert wird. Für Berlin mit 36 Prozent Kinderarmut – Spitzenreiter im Bundesvergleich – reicht es eben nicht aus, auf ein quantitativ gutes Betreuungsangebot hinzuarbeiten – Familien wollen mehr: Bildungsqualität und die Gewähr, dass die Erkenntnisse über frühkindliche Bildungs- und Entwicklungsprozesse aus den letzten Jahren in den Kindertagesstätten umgesetzt werden. Die große und breite Zustimmung zum Volksbegehren hat dies ebenso verdeutlicht wie die hohe Nachfragequote nach Betreuungsplätzen.
Grundsätzlich unterstützen wir deshalb die Neuregelung, in den drei Jahren vor Beginn der regelmäßigen Schulpflicht eine Kostenbeteiligung lediglich für den Verpflegungsanteil zu erheben. Wir hätten jedoch für die Verbesserung der pädagogischen Qualität die Mittel lieber erst in die Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher investiert und dann in die stufenweise Beitragsfreiheit umgesetzt.
Würde der Regierende Bürgermeister Wowereit mehr auf seine Forderung nach kleinen Betreuungsgruppen in der Kita schauen, die er noch zu Beginn des Jahres bundesweit angemahnt hat, und sich nicht nur an sein Wahlversprechen von vor vier Jahren erinnern, wäre vielen Kindern mehr gedient. Und, Herr Wowereit, Sie könnten in mehr als nur 160 glückliche Augenpaare Ihrer gestern zu Nikolaus beschenkten Patenkinder blicken. Stimmen Sie daher unserem Änderungsantrag zu, stimmen Sie für mehr Qualität und für mehr glückliche Augen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Demirbüken-Wegner! Ich finde es super, wie Sie sich jedes Mal so für die Kitas engagieren. Ich würde mich freuen, würden Sie sich so auf Bundesebene dafür engagieren, dieses unsägliche Betreuungsgeld wegzuschaffen, weil dies unsere positiven Ansätze absolut konterkariert!
Unser Ziel ist es, möglichst viele Kinder in die Kita zu bekommen – auch mit diesem Gesetz, das wir heute beschließen werden.
Mit Ihrem Betreuungsgeld entziehen Sie diese Kinder der Kita, die diese Bildung dringend nötig haben.
Auf das Kitagesetz möchte ich nur kurz eingehen, weil wir sicherlich gleich bei den Haushaltsplänen darüber noch intensiver diskutieren werden. Wir werden das Kitagesetz heute beschließen, und ich finde, dass das ein besonderer Tag für die Kinder, die Familien und die Erzieherinnen in Berlin ist. In den letzten Monaten haben wir sehr intensive Diskussionen über die frühkindliche Bildung in Berlin geführt, und wir hatten mehrere Anhörungen zum Kitagesetz. Die Koalition hat viele Anregungen der Fachleute aufgegriffen. Von diesem Kitagesetz werden alle profitieren – die Kinder, weil sie bessere Bildungsmöglichkeiten erhalten, die Erzieherinnen werden davon profitieren, weil sie bessere Arbeitsbedingungen vorfinden werden, und die Familien werden finanziell entlastet – alle haben etwas von diesem Gesetz. Wir verbessern stufenweise die Personalsituation und den Leitungsschlüssel in den Kitas, wir führen stufenweise den Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz ein, was bedeutet, dass die Berliner Kinder künftig sieben Stunden – ohne Bedarfsprüfung – in die Kita gehen können. Bis 2011 werden wir die Kita beitragsfrei gestalten. Genau das ist es, was die Koalition mit ihrem Stufenplan anstrebte; vor anderthalb Jahren haben wir bereits einen solchen Plan mit genau diesen Punkten auf den Weg gebracht. Wir wollten qualitative Verbesserungen und die Beitragsfreiheit gleichermaßen, dazu mussten wir auch nicht getrieben werden. Diesen Stufenplan gibt es seit anderthalb Jahren, und was mich natürlich sehr freut, das ist, dass uns die IHK genau für diese beiden Schritte sehr lobt, die Beitragsfreiheit und Qualitätsverbesserung auf den Weg zu bringen.
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich beim Landeselternausschuss und beim Senat und allen Beteiligten bedanken, dass es parallel zu den Haushaltsberatungen einen Kompromiss gegeben hat, wie die wesentlichen Inhalte des Volksbegehrens umgesetzt werden können. Diese Punkte sind im Kitagesetz enthalten, und wir haben uns über weitere Punkte bis 2013 bereits geeinigt – vielen Dank also für die konstruktive Diskussion und das Ergebnis! Dies ist ein Erfolg, der von Augenmaß geprägt war; die Eltern mussten zudem einen langen Atem haben, weil wir ihnen gesagt haben, dass wir dieses Geld nicht im Vorfeld der Haushaltsberatungen zur Verfügung stellen können, sondern dass es ganz normal in die Haushaltsberatungen einfließen wird. Das wird im Rahmen des Einzelplans 10 gleich noch einmal dargestellt werden.
Ich freue mich sehr, dass wir als Land Berlin unsere Vorreiterrolle, die wir im Kitabereich haben, ausbauen und in Zukunft noch mehr in die Kitas investieren werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat ein guter Tag für die Kitas, die Kinder und die Familien in dieser Stadt, weil eine notwendige und lang versprochene Verbesserung der Personalausstattung in den Berliner Kindertagesstätten endlich beschlossen und im nächsten Jahr kommen wird. Es ist die stufenweise Verbesserung der Erzieherinnen-Kind-Relation, die Freistellung für die Leitungsaufgaben, es kommt die Beitragsfreiheit und – für uns sehr wichtig – der Teilzeitplatz für die Kinder ab drei Jahren, das heißt, das Bedarfsprüfungsverfahren fällt weg – auch das ist ein wichtiger Schritt, Hürden beim Zugang zu den Kitas abzubauen.
Es gibt mehr Zeit für die Bildung und Förderung der Kinder – das ist ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit, vor allem für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen. Es ist aber kein Grund für die Koalition, sich so zu feiern, wie Sie das heute hier getan haben. Herr Müller! Eine hervorragende Ausstattung – zumindest was das Personal angeht – haben wir in den Berliner Kitas damit leider immer noch nicht.
Diese Verbesserungen sind lange schon überfällig, sie sind lange versprochen worden, und – Sie wissen es alle – sie sind nur auf Druck des Volksbegehrens und durch das Urteil des Landesverfassungsgerichtshofs durchgekommen. Das ist ein Armutszeugnis für eine Koalition, die sich soziale Gerechtigkeit und den Schwerpunkt Bildung auf die Fahne geschrieben hat.
Es zeugt auch von wenig Souveränität, dass Sie Änderungsanträge der Opposition zuletzt pauschal abgelehnt haben, auch die, die keine finanzielle Auswirkung haben bzw. Bürokratie entschlacken und so gar zu Einsparungen führen. Trotzdem sind wir froh, dass das Kitagesetz heute verabschiedet wird. Es bleibt dann zwar noch immer eine Menge zu tun. Wir müssen die Erzieherinnen und Erzieher sichern. Wir müssen auch noch die Finanzen über das Jahr 2011 hinaus sichern. Sie können ganz sicher sein, dass wir die Qualität der Bildung von der Kita über die Schule bis zur Hochschule auch im nächsten Jahr immer wieder auf die Tagesordnung setzen und da auch die Koalition weiter zur Bewegung treiben werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 12. November haben wir in diesem Haus die Erste Lesung des Gesetzes zur beitragsfreien Förderung im Kindergarten und zur Änderung weiterer Vorschriften durchgeführt. Heute, knapp einen Monat später, werden wir es verabschieden. Das ist eine sehr kurze Zeit für ein Gesetz, das von so grundsätzlicher Bedeutung ist. Und das war nur möglich, weil sich die Initiatoren und Initiatorinnen des Kitavolksbegehrens und der Senat schnell nach dem Urteil des Berliner Verfassungsgerichts geeinigt haben. Es war nur möglich, weil der Senat den Inhalt der Einigung zügig als Vorlage – zur Beschlussfassung – im Abgeordnetenhaus vorgelegt hat und weil auch hier alle Beteiligten gut zusammengearbeitet haben. Dafür an dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön!
Dieses gilt ausdrücklich auch der Verwaltung des Abgeordnetenhauses. Mit der heutigen Abstimmung wird ein Gesetz auf den Weg gebracht, das einen Stufenplan für wichtige pädagogische Verbesserung in der vorschulischen Förderung beinhaltet. Es ist sicherlich nicht das Ende, aber schon zu Beginn des Jahres 2010 werden wir die Wirkungen erleben. Bereits ab Januar 2010 haben nämlich alle Kinder im Jahr vor der Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im Umfang von fünf bis sieben Stunden. Ab dem 1. April 2010 wird der Personalschlüssel in den Kitas um 0,5 Kinder in allen Altersgruppen angehoben und ab dem 1. Januar 2011 um ein Kind. Ab dem 1. Januar 2011 erhalten auch die Kinder im vorletzten Kitajahr den Rechtsanspruch auf eine Teilzeitförderung. Und der Anspruch auf einen Teilzeitplatz wird auch auf zweijährige Kinder ausgedehnt, wenn sie einer besonderen Sprachförderung bedürfen. Die Kitaleiterinnen und -leiter bekommen mehr Zeit für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit. Ab 1. Januar 2013 haben dann alle Kitakinder in Berlin einen Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz. Die Kitaleiterinnen und -leiter werden noch einmal zeitlich von der Gruppenarbeit entlastet.
Aber besonders hervorheben möchte ich, dass mit diesem Gesetzentwurf an der Koalitionsentscheidung zur Fortführung der Beitragsfreiheit festgehalten wird. Es gab und gibt bis heute Meinungen, die Beitragsfreiheit im Widerspruch zur Qualitätsverbesserung diskutieren. All denen sage ich, das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Es bleibt dabei, wir wollen möglichst viele Kinder in guten Kitas haben.
Vielleicht noch ein Wort zu Frau Jantzens Aussage: Ja, wir haben ein gutes Ergebnis erreicht. Sicherlich – und das ist völlig normal – muss man auch immer weiter darüber nachdenken, wie man die Bedingungen weiter verbessern kann. Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg. Vielleicht stimmen Sie heute diesem Gesetz auch zu. Das würde mich sehr freuen.
Wir jedenfalls setzen damit unseren Reformprozess fort, den Rot-Rot mit der Übernahme von Regierungsverantwortung vor nunmehr acht Jahren eingeleitet hat.
Ich will nicht länger darüber reden, wir haben viel dazu gesagt, aber eine Äußerung dennoch: Ich habe mich heute sehr gefreut, als ich über einen Radiosender das engagierte Interview mit dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses gehört habe. Was kann es Besseres geben, wenn die Positionen der Eltern mit den Positionen der Abgeordneten übereinstimmen? Genau das machen wir heute mit der Verabschiedung des Gesetzes. Stimmen Sie bitte diesem Gesetz zu!
Verzeihung, Herr Kollege! Wir haben eine Kurzintervention der Abgeordneten Demirbüken-Wegner übersehen.
Meine lieben Kollegen der Koalition! Wenn Ihnen die Position der Eltern so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie noch die Untersuchungsergebnisse des LEAK im Kopf. Knapp 90 Prozent der Eltern haben sich für die Qualitätssicherung und nicht für die Beitragsfreiheit ausgesprochen.