Protokoll der Sitzung vom 14.01.2010

[Beifall bei der Linksfraktion]

Gleiches gilt für die Planung zur Erschließung eines Areals zur Sicherung der ILA am Standort Berlin-Brandenburg nahe der Ortschaft Selchow. Auf Grundlage der vom Senator erläuterten regelmäßigen Abstimmung, an der auch die Messegesellschaft Berlin beteiligt ist, soll zügig ein Masterplan erstellt werden, der Zeitplan, Umsetzungsschritte, Kosten und Verantwortlichkeiten festlegt. Spätestens bis zum zweiten Quartal dieses Jahres müssen – darüber sind wir uns im Klaren – die Voraussetzungen dafür geschaffen sein, dass die ILA auch 2012 in Brandenburg nahe Berlin stattfinden kann. Eine Verlagerung des Messegeschäfts vom Messegelände am Funkturm zu einem Standort außerhalb von Berlin – wie Selchow – unterstützen wir nicht. Das ist damit auch nicht verbunden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass z. B. die ITB oder die Grüne Woche mit ihren Veranstaltungen nach Selchow gehen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Senat Erfolg hat mit seinem Anliegen – auch vom Senator erläutert –, dass die Messe Berlin GmbH auch das zusätzliche Veranstaltungsgelände in Selchow betreiben kann und damit ein weiteres ergänzendes Angebot aufbaut – auch für die Timeslots, die wir auf dem Gelände der Messegesellschaft derzeit nicht mehr bedienen können.

Berlin ist allemal auch eine Messe wert. Das zeigt das Geschäft unserer Messegesellschaft. Das zeigen auch – Herr Melzer hat es gesagt – die zahlreichen anderen Ausrichter von Kongress- und Tagungsveranstaltungen in der Stadt jenseits der Messegesellschaft. Aber in 24, 23, 22 Sekunden schaffe ich es nicht mehr, auch darauf noch einzugehen. Dafür arbeitet dieser Senat, und das ist auch gut so.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Esser.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

[Andreas Gram (CDU): Lieber Herr Esser!]

Diese Große Anfrage und vor allem die Beantwortung durch den Senator zeigt, dass der Senat nicht arbeitet, Herr Klemm! Wir sind das schon gewohnt. Die einen schlafen bei der Beantwortung durch Herrn Wolf ein, und die anderen haben das Gefühl, dass es leichter ist, einen Pudding an die Wand zu nageln, als den wirklichen politischen Entscheidungsinhalt seiner Antworten auf die Große Anfrage der FDP zu entdecken.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Vielleicht liegt es an den Fragen!]

Herr Wolf hat gesagt: Wir brauchen zügige Entscheidungen. – Das fand ich einen tollen Schlüsselsatz. Ich nehme aber an, lieber Harald Wolf, Sie sind sich bewusst, dass Sie Senator sind. Ich nehme an, die anderen Damen und Herren, die jetzt nur teilweise hier sitzen, sind sich auch bewusst, dass sie Senatorinnen und Senatoren sind. Das heißt, insgesamt sollte sich der Senat eigentlich dessen bewusst sein, dass er die Regierung von Berlin stellt und die politischen Entscheidungen treffen muss. Diese politischen Entscheidungen in Sachen Messe treffen Sie seit Jahren nicht. Deswegen verstehe ich die Große Anfrage und sage Ihnen, dass es doch zumindest vier Entscheidungen gibt, die Sie längst getroffen haben sollten:

Entscheidung Nummer 1: Die ICC-Sanierung muss beginnen. Diese Entscheidung von Ihnen fehlt.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Entscheidung Nummer 2 ist die, darauf zu verzichten, die Altgebäude in Tempelhof als ein zweites Messe-, Ausstellungs- und Veranstaltungsgelände zu missbrauchen, und sie stattdessen einer dauerhaften Nutzung und entsprechenden Nutzern zuzuführen. Ideen dazu gibt es eine Menge.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Entscheidung Nummer 3 wäre die, hier zu erklären und es auch der Messegesellschaft noch mal klipp und klar zu

sagen: Der Bau einer neuen Messehalle oder weiterer Dinge, die Herr Klemm angesprochen hat, hängt einzig und allein davon ab, dass die Messe ihre Wirtschaftlichkeit so weit steigert, dass sie in der Lage ist, diese Bauten zu finanzieren.

Dann muss man, Herr Wolf, auch dazu sagen, momentan haben wir eine Situation, wo der Schuldendienst für die Neubauten ungefähr gleich groß bzw. größer als der Gewinn der Messe ist, je nachdem, wie die zukünftige Entwicklung stattfinden wird. Jedenfalls wäre da, wenn ich 45 Millionen Euro refinanzieren muss, nicht sehr viel Luft. Und da wünscht man sich dann doch ein anderes Verhältnis. Das sollte man aber auch hier und öffentlich klar sagen, anstatt die Messeleitung ihre Wunschzettel über die Zeitung verbreiten zu lassen.

[Beifall bei den Grünen]

Und schließlich fehlt ein klares Wort zu dem Unsinn, am Gelände des BBI ein neues Messe-, Ausstellungs- und Veranstaltungsgelände zu errichten. Da muss man sowohl der Öffentlichkeit als auch den Partnern dort klar und deutlich sagen, dass Berlin auf einen solchen Schritt, wirkliche Überkapazitäten darzustellen, definitiv verzichtet. Das wären mal vier Aussagen aus meiner Sicht, die man hätte treffen können und die man wie immer nicht getroffen hat, weil es weder in der Koalition noch zwischen der Messegesellschaft bzw. ihrer Leitung und dem Senat Einigkeit gibt. Und das kennen wir ja seit Jahr und Tag, dass hier nicht mit einer Stimme gesprochen wird. Ich will die Punkte einzeln noch einmal kurz durchgehen.

Thema ICC: Ich weiß nicht, haben wir inzwischen eine fast zweistellige Anzahl von Gutachten, wenn man von Anfang an rechnet? Ja, fast. Da können Sie jetzt noch drei Gutachten machen und vier Gutachten machen, am Ende werden Sie eine politische Entscheidung treffen müssen, die sich an folgenden Fragen orientiert: Erstens: Wollen wir die Großkongresse in der Stadt, die, wie Herr Jahnke vorhin richtig gesagt hat, nachlesbar in der Ifo-Studie, zitiert in dieser Woche in der „Wirtschaftswoche“, eine etwa fünffache Umwegrentabilität aufweisen gegenüber einer einfachen Messeveranstaltung, weil diese Kongressteilnehmer mehr ausgeben? Da ist meine Antwort jedenfalls ein klares Ja. Diese Veranstaltungen wollen wir in der Stadt. Und deswegen kommt das, was Herr Klemm hier über irgendwelche kleinen Einfachhallen philosophiert, überhaupt nicht infrage, sondern dann braucht man etwas in der Größenordnung des ICC.

Zweitens muss man in dem Zusammenhang meiner Ansicht nach klären: Ist das Land Berlin bereit, diese Investition zu stemmen? Und ist das dann noch im Rahmen des finanziell Vertretbaren? – Sie werden da niemals auf den Cent eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zwischen Alternativen durchführen können. Und da ist es bisher so, dass von den Möglichkeiten, die Betriebskosten zu mindern, als auch von den Baukosten her das im Rahmen des Vertretbaren ist gegenüber einem Neubau und einem Abriss. Ein Abriss ist im Übrigen von den ganzen Kosten einer neu aufgetauchten Asbestproblematik mindestens genauso

betroffen wie ein Umbau und eine Sanierung – wenn nicht teurer; das haben wir am Palast der Republik doch gelernt.

[Beifall bei den Grünen]

Zu der Frage Tempelhof und Erweiterungen Messehalle habe ich vorhin die Grundsätze schon gesagt. Man muss sich nur einmal angucken, was passiert. Die YOU marschiert jetzt vom Messegelände nach Tempelhof, die Popkomm marschiert vom Messegelände nach Tempelhof, die Berlin Vital marschiert vom Messegelände nach Tempelhof. Und das werden möglicherweise nicht die letzten sein. Das zeigt, dass Ihre Aussage in der Zeitung, die Rollenverteilung sei klar, falsch ist. Das liegt doch überhaupt nicht in Ihrer Hand. Der Veranstalter und der Aussteller sucht sich aus, wo er hingeht, und nicht der Wirtschaftssenator, auch wenn er von der ehemaligen Staatspartei gestellt wird. Nicht der Senator diktiert, wo die hingehen und wo die nicht hingehen, in diesem Lande jedenfalls nicht.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wenn irgendeiner meint, er geht zum BBI, dann geht er zum BBI. Sie wissen das auch. Deswegen haben Sie ja in der Zeitung fortgesetzt: Wenn alle Hallen belegt seien – das wird die nicht kümmern – oder ein Veranstalter den Flughafen bevorzugt. – Na ja, das ist das, was ich sage: Wenn er etwas anderes bevorzugt, geht er woanders hin. Sie steuern und bestimmen das eben nicht. Deswegen müssen wir zusehen, keine Überkapazitäten aufzubauen, weil Überkapazitäten auch genutzt werden. Wir haben dann überall die Kosten und die mangelnde Auslastung auf zwei oder drei Geländen.

Letzter Punkt, noch mal zu diesem Schildbürgerstreich – so sehe ich das – am BBI in Selchow. Das hätte der Stadtrat von Schilda, wenn es den gibt, wirklich nicht besser hinkriegen können als Rot-Rot. Der BBI dehnt sich aus auf das bisherige Gelände der ILA. Irgendwann fällt Ihnen das auf. Jetzt müssen wir für eine einzige Messe, um eine Zwischenlösung im Jahr 2012 zu finden, 7 Millionen Euro im Doppelhaushalt ausgeben, Berlin und Brandenburg zusammen, für eine einzige Veranstaltung! Allein das ist schon ein finanzpolitischer Skandal.

[Beifall bei den Grünen]

Und dann kommt da hinterher ein Investitionsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe. Und der wird sich, anders als Sie das gesagt haben, durch irgendwelche Gefälligkeiten der Flughafengesellschaft auch nicht mindern. Das wissen Sie, und das wissen die fachlich Befassten im Parlament. Der Regierende Bürgermeister und die Flughafengesellschaft haben klipp und klar erklärt: Von uns keinen einzigen Euro und auch keine einzige Bauleistung, die wir nicht unbedingt benötigen, die dann für dieses ILAGelände zur Verfügung stünde, sondern das müsst ihr schon eigenständig finanzieren. Und wer soll das denn finanzieren? – Da sagen Sie: Das geht ja nur über einen privaten Investor. Der wird aber so wenig finanzpolitischen Selbstmord begehen wie wir, indem er 100 Mil

lionen in ein Gelände steckt, auf dem er alle zwei Jahre eine einzige Veranstaltung machen kann. So wurde das Pferd von hinten aufgezäumt, nur um die ILA zu retten, die eine hoch fragwürdige Veranstaltung des militärischindustriellen Komplexes ist mit relativ wenig wirtschaftspolitischem Nutzen für Berlin und Umgebung. Es gibt Ausnahmen, Rolls Royce z. B. Um eine einzige Veranstaltung finanzieren zu können, muss ich in der Schlussfolgerung ein ganzjähriges, mir Konkurrenz machendes Messegelände machen. Ich sage Ihnen ehrlich, so etwas nennt man Schildbürgerstreich. Da muss der Senat erklären: In diese Richtung führt überhaupt gar kein Weg, so traurig das für andere – ich bin da weniger traurig – vielleicht im Hinblick auf die ILA ist. Wir kriegen das nicht hin, weil dieser Preis für eine einzige Veranstaltung, die man einfach so vor sich her trägt, eindeutig zu hoch ist. Also bitte, Senat: ICC-Sanierung sofort beginnen und ansonsten Aufbau von Überkapazitäten ganz entschieden vermeiden, und alle Investitionen bitte ohne den Staatshaushalt und aus den Überschüssen der Messe heraus, wenn sie notwendig sind! – Danke!

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Vielen Dank! – Die Große Anfrage Drucksache 16/2896 ist damit begründet, beantwortet und besprochen. Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2119 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Niemand. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nr 9 steht auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 10 haben wir in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 8 behandelt. Die lfd. Nrn. 11 und 12 stehen auf der Konsensliste.

Lfd. Nr. 13:

Beschlussempfehlung

Seiteneinsteiger für das Lehramt an beruflichen Schulen zur Abdeckung des Fachkräftebedarfs gezielt fördern

Beschlussempfehlung IntArbBSoz Drs 16/2824 Antrag der CDU Drs 16/1871

Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen CDU und FDP die Ablehnung des Antrags Drucksache 16/1871. Die Fraktionen haben sich jedoch inzwischen darauf verständigt, den Antrag zur Beratung in den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie zurückzuüberweisen. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Die lfd. Nr. 14 haben wir in Verbindung mit der Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 beraten.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 15:

a) Beschlussempfehlung

Energieausweis an Mieterinnen und Mieter herausgeben

Beschlussempfehlung BauWohn Drs 16/2846 Antrag der Grünen Drs 16/1978

b) Antrag

Energetische Transparenz bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften verbessern

Antrag der Grünen Drs 16/2899

Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Zum Antrag Drucksache 16/1978 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen Grüne und FDP bei Enthaltung der CDU – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der Grünen und der FDP. Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag Drucksache 16/2899 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Bauen und Wohnen, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 16: