Protokoll der Sitzung vom 14.01.2010

weil es sich um eine Frage handelt, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S-Bahn interessiert. Auch das sind Berlinerinnen und Berliner, für die wir verantwortlich sind, für die wir sorgen müssen, wenn es um ihre Arbeitsplätze geht.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Das hat Frau Hämmerling vorher schon dargestellt!]

Deshalb sage ich ausdrücklich: Auch bei einer Teilausschreibung können wir einen Betriebsübergang garantieren, das heißt, eine Situation, in der die Arbeitsverhältnisse übergehen mit allen Rechten und Pflichten und übernommen werden. Wir können garantieren, dass die geltenden Tarifverträge Bestandteil der jeweiligen individuellen Arbeitsverträge wären.

[Beifall bei den Grünen]

Die neue Rechtsverordnung aus Brüssel, die seit Dezember in Kraft ist, gibt uns diese Möglichkeit. Wir können deshalb garantieren, dass es keine Verschlechterung für die Kolleginnen und Kollegen gibt.

Lassen Sie mich bei der Gelegenheit sagen: Sie hätten es, bei dem, was sie im Augenblick leisten, nicht verdient, dass sie auch nur irgendwie Befürchtungen um die Sicherheit und die Qualität ihrer Arbeitsplätze bei der Übernahme der S-Bahn durch andere haben müssen. Deshalb wiederhole ich noch einmal, was ich im Ausschuss gesagt habe: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S-Bahn können sicher sein, dass der Senat ihre Arbeitsplätze nicht gefährdet.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wie ist es jetzt mit der Zwischenfrage des Kollegen Meyer von der FDP-Fraktion?

Aber gerne!

Bitte schön, Herr Meyer!

Danke, Herr Präsident! – Frau Junge-Reyer! Sie haben eben gesagt, dass Sie das Monopol der Deutschen Bahn und damit der S-Bahn GmbH brechen wollen.

[Frank Zimmermann (SPD): Der Deutschen Bahn, nicht der S-Bahn!]

Wie bewerten Sie, wenn Sie das so für die Zukunft formulieren, den Verkehrsvertrag, den Ihre Koalition im Jahr 2003 für das Jahr 2004 geschlossen hat? Sind Sie der Auffassung, dass das ein Fehler war, sich an einen Monopolisten zu ketten?

Der Verkehrsvertrag, der im Jahr 2003 verhandelt worden ist – das ist Ihnen, aber auch anderen hier mehrfach und von mehreren schon geschildert worden –,

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

ist unter der Voraussetzung abgeschlossen worden, dass es keinen anderen Anbieter gab, mit dem man überhaupt hätte verhandeln können. Das Verhandlungsergebnis ist hier betrachtet worden, auch im Jahr 2003 und im Jahr 2004. Damals gab es unterschiedliche Auffassungen in diesem Hause, aber es gab keine Kritik an der Tatsache, dass ein solcher Verkehrsvertrag zugunsten des Landes Berlin, zugunsten der Berlinerinnen und Berliner den Betrieb der S-Bahn gesichert hat. Das war das, was damals Ziel all unserer Vorgänger gewesen ist. Es ist ihnen gelungen. Das kritisieren wir nicht. Das hat mit der derzeitigen Situation nicht das Geringste zu tun.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei der Linksfraktion]

Die zweite Option ist die Alternative, das landeseigene Unternehmen BVG im Wege einer Direktvergabe zu beauftragen oder, so wie Herr Gaebler zutreffend gesagt hat, auch ein eigenes anderes Unternehmen zu gründen. Ich glaube, dass wir diese Alternative sehr sorgfältig prüfen müssen, dass es notwendig ist, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und in welcher Weise die BVG diese Leistung erbringen kann. Ich glaube, dass sie vom Grundsatz – und das sehen wir gerade – ein leistungsfähiges Unternehmen in einer Krise ist. Deshalb lasse ich die BVG nicht schlechtreden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Andreas Otto (Grüne): Muss man nicht schlechtreden!]

Dennoch sind wir verpflichtet, die Frage, was ein solches Unternehmen finanziell mit Unterstützung des Landes Berlin stemmen kann, sehr sorgfältig zu prüfen. Dazu haben wir die Zeit, indem wir uns eine solche Option offenhalten und sie ebenfalls in den kommenden Monaten genau betrachten.

Die dritte Option, die wir prüfen, ist der Erwerb der S-Bahn durch das Land Berlin. Ich glaube, dass es aussichtsreich erscheint, sich vorzustellen, als Betreiber einer S-Bahn die Mittel, die wir zurzeit für den laufenden Betrieb im Rahmen des Vertrags zu bezahlen, einzusparen. Dann stellen Sie sich auch noch vor, die in Aussicht genommenen Gewinne der Deutschen Bahn sich gegebenenfalls anschauen und sagen zu können, wie wir denn eigentlich mit dem Reichtum umgehen, der dort von der S-Bahn irgendwann wieder einmal erwirtschaftet wird. Das müssen wir genau betrachten und solche Verkaufsgespräche führen.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Ich behaupte hier aber nicht, dass wir dies auf jeden Fall tun werden. Das tut man schon eben deshalb nicht, weil man in Verkaufsgesprächen nicht sagt, wie viel Geld man ausgeben will und wozu man bereit ist. Deshalb sage ich ausdrücklich: Ich sehe im Moment nicht, welchen finanziellen Wert die S-Bahn tatsächlich haben könnte.

[Joachim Esser (Grüne): Na eben!]

Das müsste schon, wie der Finanzsenator gesagt hat, ein Schnäppchenpreis sein. Aber mit den diesbezüglichen Vorarbeiten beginnen wir. Wir werden Ihnen dann im Anschluss an diese Erkundungen mitteilen, welche Auffassungen wir gemeinsam haben.

Lassen Sie mich Ihnen zum Schluss wenige Worte grundsätzlicher Art zur Situation der Deutschen Bahn und ihrer Rolle sagen. Ich glaube – das ist hier mehrfach angeklungen –, wir müssen uns mit dem Ergebnis der Bahnreform auseinandersetzen. Wir haben es hier mit einem nach der Definition der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen zu tun. Demnach ist die Bahn in dieser Form zu führen. Das ist der politische Beschluss gewesen. Wir haben gleichzeitig ebenfalls in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland an der gleichen Stelle die Verpflichtung formuliert, dass die Bahn ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen ist und sie vom Eigentümer als ein solches gemeinwohlorientiertes Unternehmen zu führen ist.

[Beifall von Dr. Andreas Köhler (SPD)]

Ich weiß, dass dieser vermeintliche Widerspruch aufzulösen ist und aufgelöst werden muss. Ich glaube, dass die Bundesregierung und, Herr Friederici, auch der Verkehrsminister da durchaus in der Pflicht sind, zu sehen wie sie diese Eigentümerstellung auch unter dem Eindruck der S-Bahnkrise zukünftig im Interesse des Gemeinwohls stärker ausfüllen. Mein Gespräch mit dem

Verkehrsminister hat mir allerdings deutlich gezeigt, dass er die Vorstellungen der CDU Berlin noch nicht kannte. Offensichtlich waren sie noch nicht zu ihm vorgedrungen. Sie müssen also einfach sehen, ob Sie nicht einmal einen gewissen Kontakt zu Ihrem Bundesverkehrsminister herstellen können.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Das, was er mir bisher gesagt hat, Herr Friederici, ist, dass er den Eindruck hat, die Deutsche Bahn bemüht sich. Bemühen genügt hier wirklich nicht mehr.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Im Ergebnis: Wenn ein im öffentlichen Eigentum befindliches Unternehmen offensichtlich die Gewinnorientierung vor das Gemeinwohl setzt, dann gehört entweder eine starke Konkurrenz und ein Brechen des Monopols an die erste Stelle der Überlegungen, oder es bedarf eines neuen Eigentümers, der sich der Verpflichtung zum Gemeinwohl sehr wohl bewusst ist und der danach handelt. Das Land Berlin ist dazu bereit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. Ich lasse abstimmen, zunächst zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/2626 – Stichworte: längere Züge – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Grüne, CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2596 – Stichwort: S-Bahndesaster. Hierzu empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen, den Antrag auch mit Änderungen abzulehnen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Grünen, die CDU und die FDP. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Es enthält sich niemand. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Der Vorabüberweisung des FDP-Antrags Drucksache 16/2837 hatten Sie eingangs bereits zugestimmt. Zum Antrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/3908 – Stichwort: S-Bahnchaos – wird die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr vorgeschlagen, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4 a:

Antrag

Neuvermietungsmieten bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften steuern

Antrag der Grünen Drs 16/2900

Das Wort hat die antragstellende Fraktion, die Grünen. Es beginnt der Kollege Otto.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Wohnungspolitik ist für uns Sozialpolitik. Uns geht es darum, dass Menschen mit wenig Einkommen, mit geringem Einkommen in Berlin in möglichst vielen Wohnlagen leben können, eine Wohnung finden können. Wir haben als Stadt, als Kommune verschiedene Instrumente, um Menschen zu unterstützen: Förderung von Neubau gibt es in Berlin im Prinzip nicht mehr. Sozialer Wohnungsbau aus der Vergangenheit, das ist eine Geschichte von jahrzehntelanger Fehlsubventionierung, davon, dass Geld nicht bei den Richtigen angekommen ist, sondern bei Banken, Beratern, Geschäftemachern, auch bei Baufirmen.

Wir haben als letzte Säule – Sie können daran sehen, dass das eine sehr wichtige ist – die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Ich glaube, wenn wir uns aus dem sozialen Wohnungsbau Stück für Stück oder mit einem großen Ruck verabschiedet haben werden, dann sind die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften das einzige und umso wichtigere Instrument, um überhaupt Wohnungspolitik auf Landes-, auf Kommunalebene in Berlin aktiv betreiben zu können. Deshalb haben wir uns mit der Frage zu beschäftigen: Wie ist das eigentlich, was für eine Rolle spielen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, wie kommen die zu ihren Mieten, und insbesondere: Wie machen die das, wenn Wohnungen neu vermietet werden? – Sie alle wissen, auch aus vorangegangenen Diskussionen hier im Haus: Neuvermietung ist im Prinzip der Vorgang, der dazu führt, dass das Mietniveau insgesamt steigt, und der dazu führt, dass viele Menschen, die eine neue Wohnung suchen, in bestimmten Lagen in der Stadt, insbesondere in der Innenstadt, keine Wohnung mehr finden können. Dem wollen wir entgegenwirken, und dafür ist dieser Antrag eingebracht.

[Beifall bei den Grünen]

Wir haben im Frühjahr 2009 einen Antrag eingebracht, der sich insgesamt mit dem Thema Neuvermietung beschäftigte. Der hatte zum Inhalt eine Bundesratsinitiative, die wir starten wollten. Wir wollten insgesamt für alle im Mietrecht eine Verbesserung erreichen. Sie haben uns hier gesagt, insbesondere die Koalition: Das ist ein löbliches Anliegen, aber das geht nicht, Bundesratsinitiative ist zu schwierig; selbst die SPD in der Bundesregierung hilft uns da nicht weiter. Sie haben das abgelehnt. Dann haben wir gesagt – das können Sie in diesem Antrag lesen –: Wenn es uns nicht gelingt, auf der Bundesebene Veränderungen zu erreichen, dann müssen wir das in Berlin tun.

Dann müssen wir das mit den Mitteln tun, die uns hier direkt zur Verfügung stehen, deswegen dieser Antrag.

[Beifall bei den Grünen]

Ich habe in einer Kleinen Anfrage gelesen – das ist möglicherweise ein exemplarisches Beispiel –, wie landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bei Neuvermietungen verfahren. Es gibt eine Drucksache 12797, das war der Kollege Dr. Lederer, der hatte gefragt nach der GESOBAU und Neuvermietungen in Pankow. Es ging um Wohnungen am Bürgerpark. Ich zitiere die Antwort des Senats zu der Frage 10: